Protokoll der Sitzung vom 05.11.2003

Nur die Hälfte dieses Betrags würde das, was Sie vorhaben, nämlich die Kürzung der Projektförderung, verhindern.

Sie streichen die Grundwasserabgabe und leisten Widerstand gegen eine Erhebung der Vermögensteuer. Die Vermögensteuer hat Hessen im Jahr 1996 900 Millionen DM eingebracht. Der Ministerpräsident beklagt sich über Steuerausfälle. Aber er selbst blockiert eine Wiedereinführung der Vermögensteuer. Das ist eine wenig solide Argumentation in dieser Debatte.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Auch die Ablehnung der Landesregierung, durch die Erbschaftsteuer leistungslose Vermögenszuwächse angemessen zu besteuern, hat die Einnahmesituation in Hessen weiter verschlechtert. Das gehört ebenfalls zu der Debatte.

Hören Sie deshalb auf,Krokodilstränen zu weinen.Sie haben es mit Ihrer Mehrheit im Bundesrat in der Hand, dafür zu sorgen, dass die Vermögensteuer wieder erhoben wird, was Hessen rund eine halbe Milliarde c bringen würde, und dass eine erhöhte Erbschaftsteuer erhoben wird, was dem Land weitere 250 Millionen c bringen würde.

(Zuruf von der CDU: Fragen Sie doch einmal Ihren Bundeskanzler!)

Hören Sie daher auf,Krokodilstränen zu weinen.Das sind notwendige Maßnahmen. Sie beklagen doch auch die soziale Schieflage in dieser Gesellschaft. Das wären notwendige Steuern, um Geld bei denen zu holen, die es mit ihren breiten Schultern auch tragen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben es in der Hand, bei der Steuerverwaltung aufzustocken. Ich habe einen Bericht des Rechnungshofs Baden-Württemberg, der eindeutig zeigt, dass ein ganz normaler Steuerbeamter – ich rede jetzt von D-Mark,weil die Zahlen so im Bericht stehen – etwa 100.000 DM im Jahr kostet, aber 200.000 DM pro Jahr einbringt. Bei den Steuerfahndern haben wir noch ganz andere Zahlen. Sie haben es in der Hand, auch über diesen Weg die Einnahmensituation des Landes Hessen zu verbessern. Es ist im Übrigen eine Frage der Steuergerechtigkeit, dass die Steuern, die dem Land zustehen, auch tatsächlich eingenommen werden. Das hat etwas mit der personellen Ausstattung der Steuerverwaltung zu tun.

Meine Damen und Herren, es ist auch ein Skandal – der „Spiegel“ hat es an zwei Beispielen belegt –, dass in Hessen Steuerflüchtlinge, aus welchen Gründen auch immer, weder strafrechtlich noch steuerrechtlich in ausreichendem Maße verfolgt werden. Für die Landesregierung, die sich null Toleranz für Straftäter auf die Fahnen geschrieben hat, ist das ein Skandal. Wir werden im Untersuchungsausschuss dieser Frage mit allem Nachdruck nachgehen.

(Beifall bei der SPD)

Ihre Streichliste ist ein Wählerbetrug. Durch sie wird deutlich, dass der Ministerpräsident die Wähler betrogen hat. Er hat mehr Polizeibeamte und mehr Mittel für den Straßenbau versprochen, und er hat versprochen, dass es keine Sonderopfer für Beamte geben würde. Herr Ministerpräsident, in Zukunft können Sie sich auf Ihre Fahnen schreiben: Es gilt das gebrochene Wort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihre Streichliste hat auch auf die Arbeitsplätze verheerende Auswirkungen. Es gibt Berechnungen, wonach 15.000 Arbeitsplätze in diesem Land dadurch bedroht werden, dass Sie bei den Investitionen heruntergehen, nicht mehr einstellen und im sozialpolitischen Bereich kürzen.

Mit Verlaub, Herr Kollege Hahn hat Recht. Er hat in der ersten Debatte über die Streichliste gesagt: Es ist das Dümmste, was man tun kann, bei den Investitionen in diesem Land zu streichen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Streichliste hat auch ganz erhebliche Auswirkungen auf die Kommunen.Die Kommunen geraten unter Druck, gerade im sozialpolitischen Bereich als Ausfallbürge für diese Landesregierung eintreten zu müssen. Wer Schuldnerberatungen und andere Hilfseinrichtungen streicht, wird die Kommunen belasten, weil die Leute am Ende, wenn sie nicht mehr auf eigenen Füßen stehen können und keine Beratung mehr haben, auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Herr Ministerpräsident, dass Sie die Lasten auf die Kommunen übertragen und im Bundesrat anscheinend auch noch die Reform der Gewerbesteuer blockieren wollen, schwächt die finanzielle Grundlage der Kommunen in Hessen. Das ist eine völlig verkehrte Politik.

(Beifall bei der SPD)

Mit dem Bruch des Hochschulpakts hat die Landesregierung eines ihrer zentralen Wahlversprechen nicht eingehalten. Die Wiedereinführung von Studiengebühren – Kollege Siebel wird darauf noch einmal eingehen – wird insbesondere sozial benachteiligte Studenten in ganz schwierige Situationen bringen. Die Studiengebühren treffen gnadenlos diejenigen, die darauf angewiesen sind, ihren Unterhalt selbst zu finanzieren. Das ist eine völlig verkehrte, eine unsoziale Politik.

Dass Sie auch noch die innere Sicherheit bedrohen,macht der Brandbrief deutlich, den die Staatsanwaltschaften an den Ministerpräsidenten geschrieben haben.Der Bezirksstaatsanwaltschaftsrat schreibt an den Ministerpräsidenten:

Die sich abzeichnende Entwicklung wird daher zu einem Rückstau von Verfahren führen und in der Bevölkerung zu Recht den Eindruck erwecken,

dass eine funktionierende Strafverfolgung nicht mehr gesichert ist.

So weit sind wir in Hessen, dass eine funktionierende Strafverfolgung nicht mehr gesichert ist.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung hat den Abstieg Hessens zu verantworten, und zwar nicht nur finanzpolitisch, sondern auch wirtschaftlich. Dass die Ratingagentur Standard & Poor’s Sie heruntergestuft hat, macht deutlich, wo wir gelandet sind. Wegen der Verschuldungspolitik ist es zu einer Abwertung gekommen. Da über die Helaba auch die Sparkassen davon betroffen sind, werden insbesondere kleine und mittelständische Betriebe in diesem Land die Folgen tragen müssen; denn sie werden nicht mehr die günstigen Zinsbedingungen bekommen, die es bei einem Triple-A gab.

Das Schlimme ist, dass diese Landesregierung auch noch die kleinen und mittelständischen Unternehmen in diesem Lande schädigt. Das, was Sie tun, hat Auswirkungen. Das Rhein-Main-Gebiet ist im internationalen Vergleich von Rang drei auf Rang acht abgerutscht. Auch beim Wirtschaftswachstum sind wir nicht mehr Spitze.Das zeigt doch, wie verkehrt Ihre Politik ist. Mit Ihrem finanzpolitischen Desaster gefährden Sie auch die wirtschaftliche Stärke dieses Landes. Meine Damen und Herren von der CDU, wenigstens das müsste Ihnen zu denken geben.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Schluss. Diese Landesregierung zerstört die Zukunft unseres Landes. Dagegen werden wir kämpfen. Dessen können Sie gewiss sein. Diese Landesregierung will eine andere Gesellschaft. Sie wird dabei auf unsere Gegenwehr treffen und, wie ich hoffe, auch auf die Gegenwehr vieler sozialer Initiativen in diesem Land. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile dem Herrn Abg. Milde, CDU-Fraktion, das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Haushalt 2004 sichert die Landesregierung die Zukunft des Landes Hessen.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Zukunft des Landes Hessen wäre besser ohne diese Landesregierung! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Schon der erste Satz ist falsch!)

Dies erfolgt unter der Rahmenbedingung, dass wir eine Bundesregierung haben, die dringend und schnellstens abgelöst werden muss.

(Beifall bei der CDU)

Herr Schmitt, ich werde auf ein paar Zahlen eingehen. Ich kann Ihnen nur vorab sagen: Fast alle Zahlen, die Sie genannt haben, waren falsch. Aber wir werden im Haushaltsausschuss darüber reden.

(Beifall bei der CDU)

Einen solchen Haushaltsentwurf vorzulegen ist mutig. Er ist für andere Länder vorbildlich. Gekennzeichnet ist er unstrittig durch sehr schmerzliche Einschnitte und klare Prioritätensetzungen, damit Hessen weiter an der Spitze Deutschlands bleibt.

Der Haushalt 2004, den die Landesregierung vorgelegt hat, ist damit ein großer Schritt in die richtige Richtung, der – das sage ich am Anfang unverhohlen – den Bürgern und auch den Mitarbeitern des Landes Hessen viel abverlangt. Gemeinsam müssen wir den Herausforderungen begegnen. Das ist eine Aufgabe für alle, die in diesem Land Verantwortung tragen.

Mit der so genannten „Operation sichere Zukunft“ wird ein Konzept vorgelegt, das notwendig ist, um die Zukunftsfähigkeit zu erhalten sowie Wirtschaft und Wohlstand in diesem Land langfristig zu sichern.

(Beifall bei der CDU)

Die aktuelle wirtschaftliche Wachstumsschwäche zwingt alle öffentlichen Haushalte, Prioritäten neu zu setzen und damit die notwendigen Standards zu überprüfen.

Herr Kollege Hahn, Herr Kollege von Hunnius, ich komme nochmals auf den FDP-Antrag von Mai 2003 zurück. Logischerweise müssen alle vom Land zu erbringenden Leistungen geprüft, muss Landesvermögen aktiviert, muss die Verwaltungsreform vorangetrieben und müssen die Personalkosten abgebaut werden. Genau das wird mit der „Operation sichere Zukunft“ gemacht und wird auch in Zukunft gemacht werden müssen.

(Beifall bei der CDU)

Für die nun erforderlichen Maßnahmen hat die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Hessen auch deshalb Verständnis, weil die Belastungen gleichmäßig verteilt werden. Die Demonstrationen haben eines gezeigt: Die Polizisten, die Lehrer, die Sozialverbände und die Gewerkschaften beklagen sich gleichermaßen. Das ist ein deutliches Signal dafür, dass die Belastungen einigermaßen gleichmäßig verteilt wurden.

Die Beamten werden – ganz oder teilweise – auf das Urlaubsgeld und auf Teile des Weihnachtsgeldes verzichten müssen. Langzeitstudenten werden künftig Gebühren zahlen müssen, und die freiwilligen Leistungen werden um ein Drittel gekürzt. Das ist die Wahrheit, auch wenn die Einschnitte für viele sehr schmerzhaft sind.

Der Haushalt zeigt einen berechenbaren Kurs und klare Vorgaben. Es ist natürlich unser Ziel – das haben wir gestern schon gesagt –, auch mittelfristig einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Im Gegensatz zur Politik in Berlin wissen die Menschen in Hessen aber, was auf sie zukommt. Das schafft Vertrauen,

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und das ist die Voraussetzung dafür, dass wieder investiert wird und dass es aufwärts gehen kann.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin gestern auf die bundespolitischen Rahmenbedingungen und auf die volkswirtschaftliche Situation eingegangen. Ich kürze es deshalb heute ein bisschen ab.Trotzdem muss gesagt werden: Seit drei Jahren leidet Deutschland unter einem nicht von uns, sondern von Rot-Grün in Berlin verursachten wirtschaftlichen Nullwachstum. Wir haben im Schnitt über 4,5 Millionen Arbeitslose. Im Winter werden es wahrscheinlich 5 Millionen sein. Das ist die traurige Wahrheit in Deutschland.