Protokoll der Sitzung vom 25.11.2003

Für das Jahr 2004 wird im Moment ein Minus von 32 Millionen c geschätzt. Aber das steht derzeit natürlich alles unter dem Vorbehalt des Ergebnisses des Vermittlungsausschusses.Deshalb gibt es im Moment keinen Anlass,an dieser Stelle ad hoc etwas zu ändern. Im Übrigen ist ein Betrag von 32 Millionen c bei einem Gesamtbetrag von mehr als 11 Milliarden c natürlich eine Marge, die verschwindend klein ist. Wir müssen schauen, wie wir damit umgehen.

Das war die Regierungsbefragung.

Meine Damen und Herren, ich komme dann zum weiteren Fortgang der Tagesordnung und rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der SPD für ein Achtes Gesetz zur Änderung des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung – Drucks. 16/731 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion. Das Wort hat Herr Kollege Schaub für die SPDFraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir bringen einen Gesetzentwurf ein, mit dem wir mehr Rechtssicherheit für Polizeibeamtinnen und -beamte erzielen wollen. Die Gründe für unseren Antrag sind sicher nachvollzieh

bar. Polizeibeamtinnen und -beamte sind vor Ort in extremen Situationen schwierigsten Entscheidungen ausgesetzt. Der finale Rettungsschuss, um den es uns heute geht, ist ganz sicher die äußerste und letzte Maßnahme. Die Polizeibeamtinnen und -beamten müssen sich nach einem solchen möglichen Vorfall immer staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen stellen. Bei einer sehr engen Grenze zu den §§ 211, 212 und 226 des Strafgesetzbuchs – Mord, Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge – führt das dazu, dass dort die Rechtssicherheit nicht immer vorhanden ist.

Wir wollen aber,dass sich Beamtinnen und Beamte in diesen schwierigen Situationen auf sehr präzise Rechtsgrundlagen verlassen können.

(Beifall bei der SPD)

Wie ist die Situation? Die Beamtinnen und Beamten stehen einem Täter, einer Täterin mit Tötungsabsicht gegenüber.In einer solchen Situation geht es immer um die Rettung von Leben. Es geht nicht um die Tötung eines Störers, sondern es geht um die Rettung eines anderen Rechtsgutes.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen – und das wird auch in unserem Gesetzentwurf klar – diese Rechtsgrundlage nur für den Fall, in dem es keine andere Erfolg versprechende Maßnahme gibt.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Deshalb haben wir eine sehr präzise verfassungsrechtliche Abwägung getroffen. Dabei stoßen wir immer darauf, dass es eine doppelte Verpflichtung des Staates gibt: Auf der einen Seite ist es Verpflichtung des Staates, die Würde des Menschen zu achten und möglichst keine Eingriffe vorzunehmen. Auf der anderen Seite ist es aber auch die Verpflichtung des Staates, dafür zu sorgen, dass Eingriffe anderer in die Würde eines Menschen nicht stattfinden können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das Ergebnis dieser Prüfung war sehr eindeutig und klar: Die Berufung auf die allgemeinen Grundsätze der Notwehr sind aus unserer Sicht nicht präzise genug.

Wir haben eine sehr enge Fassung vorgelegt und deutlich gemacht, dass wir das restriktiv gehandhabt wissen wollen. Die Formulierung ist klar: nur dann, wenn der finale Rettungsschuss das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.

Neun andere Bundesländer haben diese Regelung bereits beschlossen. Die Formulierung, die wir vorlegen, ist auch eine Empfehlung der Innenministerkonferenz.

Jetzt bin ich an dem Punkt, an dem wir vor einigen Wochen schon einmal überrascht waren – oder eigentlich auch nicht überrascht, denn wir kennen die Art und Weise des Umgangs des Kollegen Bouffier mit solchen Dingen: wie wenig er an dieser Stelle wiederum Parteipolitik, öffentlichen Schauauftritt und tatsächlich ernsthafte Auseinandersetzungen mit der Materie auseinander halten kann.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Bouffier,wer vor vier Wochen noch Begriffe wie „Effekthascherei“ und Ähnliches in die Welt setzt, dann aber unsere Formulierung abschreibt und sie uns am

vergangenen Donnerstag in anderer Form vorlegt, der muss aufpassen, dass er bei diesem Thema noch überall ernst genommen wird.

(Beifall bei der SPD)

Wer mit einem solchen Thema, mit einer derart präzisen Vorlage in solcher Weise umgeht, der zeigt nur, dass es ihm um große Worte geht,nicht aber um den Ernst der Sache.

Schon vor einigen Tagen haben wir einen ähnlichen Fall miterleben müssen. Die FDP-Fraktion hat zu einem wichtigen Thema – Hütchenspieler – einen Gesetzentwurf vorgelegt – wie auch wir nur deshalb,weil die Regierung nicht entsprechend initiativ geworden ist. Wir haben sehr früh signalisiert – und das halte ich auch für den richtigen Weg –, wenn es richtig ist, einer solchen Initiative zuzustimmen. Sie haben Wochen und Monate und wiederum große Worte gebraucht, um die Kurve dahin zu bekommen. Sie haben uns immer wieder auf eine große Vorlage vertröstet.

Herr Kollege Bouffier, es muss auch noch einmal klar werden: Damit solche wichtigen Punkte wie das Problem der Hütchenspieler und das des finalen Rettungsschusses nicht mit einer Reihe anderer Vorlagen vermischt werden, die aus unserer Sicht datenschutzrechtlich bedenklich sind,

(Beifall bei der SPD)

werden wir weiter darauf achten, dass unser Gesetzentwurf vorangetrieben wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir werden – und das werden wir am Donnerstag noch thematisieren – dem Gesetzentwurf der FDP zum Hütchenspiel zustimmen, und wir erwarten bei diesem sehr ernsthaften Thema finaler Rettungsschuss, dass Sie auch unserem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abg. Rhein, CDU-Fraktion.

(Günter Rudolph (SPD): Ganz ruhig, Herr Kollege!)

Oh, lieber Kollege Rudolph, ich bin immer ruhig, wie Sie wissen. Aber es ist schwierig, bei dem ruhig zu sein, was der Kollege Schaub hier vorgetragen hat: Er sei überrascht. Parteipolitik sei betrieben worden. Schauauftritte hätten stattgefunden. – Ich finde, es ist schon bodenlos, was Sie hier vorgetragen haben, Herr Kollege Schaub, so kann das nicht stehen bleiben.Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang – so muss ich meinen Fraktionsvorsitzenden zitieren.

(Lachen des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Ich will Ihnen hier einmal die Chronologie der HSOGReformen vor Augen halten, die wir durchgeführt haben.

Als die Bürgerinnen und Bürger uns 1999 die Regierungsverantwortung in Hessen übertragen haben, haben wir insbesondere im Bereich der inneren Sicherheit von Ihnen verheerende Hinterlassenschaften vorgefunden.

(Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): So ist es!)

Wir haben schrottreife Kfz vorgefunden, historische Computer, museumsreife Software.

(Zurufe des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und von der SPD)

Lieber Herr Schaub, daran waren Sie doch beteiligt.

Lieber Herr Schaub, insbesondere aber haben wir eines vorgefunden:eine Situation,in der die hessische Polizei an der ganz kurzen Leine des Gesetzgebers geführt worden ist, geradezu am gesetzgeberischen Gängelband,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wird hier immer doller!)

und mit antiquiertem rechtlichen Handwerkszeug arbeiten und ein Verbrechertum bekämpfen musste, das mit immer aktuelleren Methoden vorgegangen ist und vorgeht. Dieses hessische Gesetz über die Sicherheit und Ordnung, das Sie uns hinterlassen haben, befand sich wirklich in einem antiquierten Zustand. Sie haben die Polizei künstlich daran gehindert,

(Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

sich auf gleicher Augenhöhe mit denen zu messen, die sie bekämpfen sollte. Natürlich war das auch ein Ausdruck – weil der Herr Al-Wazir hier etwas infantil lacht – Ihrer Skepsis gegenüber allem, was mit Sicherheit und Polizei zu tun hatte. Deswegen haben wir uns doch noch am ersten Tag unserer Regierungsübernahme, gemeinsam mit der FDP, daran begeben, konsequent unser Programm umzusetzen, und die rot-grünen Versäumnisse der Vergangenheit beseitigt.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie einmal die Sache etwas definierter diskutieren?)

Wir haben Wort gehalten, und wir haben die notwendigen Maßnahmen eingeleitet. Gemeinsam haben wir die größte Ausstattungs- und die größte Modernisierungsoffensive in der Geschichte der hessischen Polizei durchgeführt.

(Beifall bei der CDU)

Stichworte: 10.000 neue Computer, 1.300 neue PKW.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt einmal etwas zum Gesetzentwurf!)