Protokoll der Sitzung vom 27.11.2003

aber es ist das Typische für die Sozialdemokraten: Sie haben ein gestörtes Verhältnis zur Elite. Das habe ich schon einmal gesagt, und das ist so.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Heike Ha- bermann und Michael Siebel (SPD))

Wir sagen: Wir brauchen in dieser Republik technische Eliten, geistige Eliten, politische Eliten usw. Dazu gehört auch ein Schloss Hansenberg.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Habermann, Sie haben doch neulich erst bei einer ganz interessanten Podiumsdiskussion im Kreise von Gesamtschulleitern öffentlich auf Nachfrage erklärt, wofür die Sozialdemokraten in diesem Bundesland stehen: Sie wollen die Einheitsschule für alle Schüler von Klasse 5 bis Klasse 10. – Das haben Sie dort öffentlich geäußert. Deswegen ist es gut für dieses Land, dass der liebe Gott und der Wähler es verhindert haben, dass Sie dieses Land regieren.

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin spricht Frau Abg. Henzler für die FDP-Fraktion.

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Danke schön, ich bekomme schon Vorschusslorbeeren. – Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr verehrter Kollege Herr Irmer,der Blick in die Vergangenheit, mit dem Sie, wie immer, Ihre Rede angefangen haben, zeigt

(Dr. Walter Lübcke (CDU): Wir wollten Sie auch loben!)

er mag vielleicht notwendig gewesen sein –, wie groß die Kehrtwende in diesem Bereich ist, die Sie jetzt nach den vier Jahren Koalition vorgenommen haben. Damit beweisen Sie nur die Kehrtwende.

(Michael Boddenberg (CDU): Frau Henzler, fangen Sie nicht auch noch an, Sie wissen es doch besser!)

Lieber Herr Boddenberg, hören Sie einfach einmal zu. – Die Menschen, die jetzt auf die Straße gehen, sind maßlos enttäuscht, und das zu Recht.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Heike Habermann (SPD))

In dem Wahlkampf von 1999 haben Sie die Unterrichtsgarantie versprochen. Wir haben gesagt, wir schaffen genügend Lehrerstellen, damit der Unterricht nach der Stundentafel abgedeckt werden kann. Wir haben gesagt, wir machen Hessen zum Bildungsland Nummer eins.

(Zuruf des Abg. Dr.Walter Lübcke (CDU))

Die Menschen haben uns das 1999 geglaubt. Sie haben die CDU und die FDP damals mit einem Sitz Mehrheit in den Landtag gewählt. Wir haben vier Jahre lang versucht, das umzusetzen, was wir versprochen hatten. Dabei waren viele finanzielle Opfer nötig, aber wir haben es getan. Daraufhin sind wir wieder in den Wahlkampf gegangen und haben gesagt: Hört einmal zu, wir haben das gemacht, was wir versprochen haben, wählt uns wieder. – Dieses Mal sind Sie mit einem Sitz Mehrheit gewählt worden.

(Michael Boddenberg (CDU): Bisher ist alles richtig!)

Was passiert jetzt? – Jetzt enttäuschen Sie die Eltern maßlos.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Heike Habermann (SPD))

Mit diesem Haushalt ist das Ende der Unterrichtsgarantie eingeläutet, die weitere Qualitätsverbesserung ist gestoppt – im Gegenteil, es gibt gar keine, es ist gar keine Rede mehr von Qualitätsgarantie.

(Michael Boddenberg (CDU): Hören Sie doch auf! – Gegenruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Natürlich, sie hat doch Recht!)

Dabei sieht dieser Haushalt auf den ersten Blick noch ganz geordnet aus. Sie haben auch erst später im Ausschuss gemerkt, was wirklich auf die Schulen zukommt. Der Etatansatz umfasst 3,6 Milliarden c,das ist immerhin eine Steigerung um rund 100.000 c gegenüber dem Vorjahr.Wir begrüßen es,trotz des gesamten Sparprogramms, dass dort mehr Geld ausgegeben wird. Aber diese Erhöhung muss man sich eben einmal genau angucken. Es fällt auf, dass die Mittelerhöhung nicht dort zum Einsatz kommt,wo sie zur inhaltlichen Qualitätsverbesserung beitragen würde.Allein 110 Millionen c sind im Kultusministerium eine Steigerung aufgrund der Tariferhöhungen bei den Personalkosten. Das hat nichts mit Qualitätssteigerung zu tun. Das ist einfach ein Betrag, der eben ausgegeben werden muss, weil die Tariferhöhungen so waren, wie sie sind.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das kann man doch nicht vorwerfen!)

Wir sagen ganz klipp und klar zu diesem Haushalt:Wir befürworten unter den gegebenen Rahmenbedingungen eine Verlängerung der Arbeitszeit der Beamten. Das haben wir immer zugesagt, und dazu stehen wir auch heute noch.Wenn Sie einen Blick auf die sozialen Einrichtungen werfen, die jetzt von der anderen Seite des Sparens be

troffen sind. Dort wären viele Angestellte froh, wenn sie 3,5 Stunden in der Woche mehr arbeiten könnten und dürften,wenn dafür diese Einrichtungen überhaupt erhalten blieben. Die stehen nämlich vor dem Ende.

(Beifall bei der FDP)

Wir begrüßen auch, dass im Rahmen dieses Sparprogramms die Kürzungen für die Sachausgaben relativ moderat und vertretbar ausgefallen sind. Es gibt eine geringe Erhöhung für den Landesschülerrat, es gibt eine Reduzierung des Investitionspools Erwachsenenbildung, eine geringere Erstattung an private Sportstättenträger und, sehr bedauerlich, aber eben auch nicht zu ändern, die Kürzungen bei den Lernmitteln.

Wir begrüßen darüber hinaus, dass trotz des Sparzwangs gemeinsame Projekte, die wir in vier Jahren angestoßen haben, wie die Hochbegabtenförderung – und zwar in der Breite und auf Schloss Hansenberg –, die Betreuungsangebote an Grund- und Sonderschulen, Leseförderung, Ganztagsangebote und Medieninitiativen, auf dem bisherigen Niveau oder sogar leicht erhöht fortgeführt werden.

Das jedoch ist das Ende unserer Begrüßung dieses Haushalts. Denn das, was zusätzlich gemacht worden ist, zeigt eine deutliche Trennung von dem, was wir die letzten vier Jahre gemeinsam getan haben. Erzählen Sie mir jetzt nicht immer und immer wieder, es komme hier nicht auf die Köpfe an, es komme auf die Stunden an. Gehen Sie doch einmal zu den Schulen vor Ort. Reden Sie mit den Staatlichen Schulämtern, die jetzt dabei sind, erst einmal das zu erfassen und dann in irgendeiner Form umzusetzen, was zum 1. Februar passieren soll.

Alle Schulen bekommen zum 1. Februar neue Stundenpläne. Sie wissen, wie schön das nach dem Ende der Sommerferien mit den neuen Stundenplänen war. Nur, dieses Mal sind keine Ferien dazwischen, sondern es geht von einem Schultag auf den anderen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das stimmt doch gar nicht!)

Herr Irmer, natürlich brauchen Sie neue Stundenpläne, wenn Sie plötzlich neue Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen haben und ein Teil abgeordnet werden muss.

(Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Schulen müssen neu organisiert werden. Reden Sie doch einmal mit den kleinen Grundschulen. Diese überlegen jetzt schon, ob sie eine Klasse um 8 Uhr anfangen lassen, die andere um 10 Uhr, und dann geht der Unterricht eben bis in den Nachmittag.Was sollen sie denn sonst mit den 30 Unterrichtsstunden einer Lehrerin machen, wenn die Klasse nur 25 Unterrichtsstunden in der Woche hat?

(Beifall bei der FDP und der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn Sie das wirklich einmal vor Ort sehen würden! Die geben sich Mühe, das muss man wirklich sagen. Auch die Schulämter geben sich Mühe, das umzusetzen.Aber es ist schlicht und ergreifend organisatorisch nicht 1 : 1 umsetzbar. Diese Rechnung wird nicht aufgehen.

Das Zweite sind die jungen Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen,die jetzt noch mit BAT-Verträgen – vielleicht noch bis Ende dieses Jahres oder bis zum Februar – angestellt sind und die sehr engagiert gearbeitet haben. Die sind jetzt alle schon beim Arbeitsamt gewesen und haben sich für danach arbeitslos gemeldet. Damals haben wir ih

nen vorgegaukelt, wir hätten Stellen, sie hätten gute Chancen. Die haben sich im Referendariat engagiert, und sie engagieren sich auch jetzt noch. Was aber passiert dann? Zum Dank dafür werden sie auf die Straße gesetzt.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Dass die Imagekampagne für Lehrer gerade zu diesem Zeitpunkt kommt, mag auf Bundesebene noch in Ordnung sein.Dass das aber gerade in Hessen zu diesem Zeitpunkt kommt – da hätte man sich vielleicht doch überlegen sollen, ob man nicht noch ein halbes Jahr damit wartet und die Mittel etwas streckt. Man hätte es vielleicht besser in eine Aufklärungskampagne stecken können, in der klar und deutlich gesagt wird: „Diese Schulform brauchen sie nicht mehr zu studieren, auch dieses Fach nicht mehr; wir brauchen nur noch die und die Köpfe mit den und den Fächerkombinationen“, damit die künftigen Lehrerinnen und Lehrer, die ihr Studium an der Universität aufnehmen,genau wissen:Auch wenn so viele Lehrer in Pension gehen, brauchen wir künftig bestimmte Schulformen und bestimmte Fächerkombinationen nicht mehr.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Priska Hinz und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Ich muss schon sagen, hier von einer „Delle“ zu sprechen ist schon merkwürdig. Sie werden eine Bugwelle von arbeitslosen Referendarinnen und Referendaren vor sich herschieben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Quatsch!)

Herr Irmer, ich habe Ihnen das im Ausschuss sehr genau vorgerechnet. Zu den 2.000, die Sie im nächsten Jahr nicht einstellen, kommen im darauf folgenden Jahr 2.000 weitere drauf, die Examen machen und die Sie nicht einstellen. Irgendwann laufen die Ihnen alle weg, vor allem die Besten, denn die werden auch woanders ein Engagement finden.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Priska Hinz und Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch des Abg. Gottfried Milde (Gries- heim) (CDU))

In der kursorischen Lesung war auch von den 500 neuen Stellen plötzlich keine große Rede mehr – mal sehen, ob Sie die irgendwann überhaupt noch einmal im Jahr 2004 schaffen oder ob die auch diesem Sparzwang zum Opfer fallen.

Wir werden beantragen, die Mittelaufstockung bei der Öffentlichkeitsarbeit wieder auf den Stand des Vorjahres zu reduzieren. Im Vorjahr hatten wir dort auch schon Geld für die Imagekampagne bereitgestellt, das nicht ausgegeben wurde. Es ist nicht einzusehen, warum man dort jetzt noch mehr Geld einstellen soll.

(Ministerin Karin Wolff: Die läuft doch gerade!)

Die Personalaufstockung für die Qualitätsagentur im Ministerium kann ich nicht nachvollziehen, das muss ich ganz ehrlich sagen. Das sehen Sie jetzt an unserem Antrag. – Ich komme jetzt auf unsere Anträge zu sprechen.

Wir haben Staatliche Schulämter und eine Schulaufsicht. Die kontrollieren auch die Schulprogramme der einzelnen Schulen, stehen mit den Schulen in Kontakt, beraten sie und sollen ihnen helfen, ihre Qualität weiterzuentwickeln. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man nicht die Staatlichen Schulämter mit ins Boot nimmt und sagt: