Protokoll der Sitzung vom 27.11.2003

Wir haben Staatliche Schulämter und eine Schulaufsicht. Die kontrollieren auch die Schulprogramme der einzelnen Schulen, stehen mit den Schulen in Kontakt, beraten sie und sollen ihnen helfen, ihre Qualität weiterzuentwickeln. Ich kann nicht nachvollziehen, warum man nicht die Staatlichen Schulämter mit ins Boot nimmt und sagt:

Ihr sollt die Qualität an den Schulen vor Ort entwickeln, gemeinsam mit den Schulen. – Aus diesen Staatlichen Schulämtern heraus kann man ein Gremium bilden, das dann übergeordnet die anderen Schulen kontrolliert und eine übergeordnete Evaluation vornimmt.

Wir haben also diese Dinge, wir brauchen nicht neue zu entwickeln.Wir müssen im Ministerium keine neuen Stellen dafür schaffen, wir brauchen keine neue Bürokratie aufzubauen. Es ist alles da.

(Beifall bei der FDP)

Allerdings muss man auch dabei aufpassen. Die Schulaufsicht muss gestärkt werden. Das Problem der Wiederbesetzungssperre wird natürlich auch bei den Staatlichen Schulämtern virulent werden, denn die Altersstruktur dort ist nicht viel anders als bei den Lehrern.

Abschließend: Der Einzelplan 04 für das kommende Jahr ist eine Abkehr von dem vier Jahre lang gemeinsam gegangenen Weg. Er führt Hessen nicht zum Bildungsland Nummer eins in der Bundesrepublik.

Ich höre jetzt von den angekündigten Gesetzentwürfen. Auf das Lehrerbildungsgesetz warten wir nun schon ein halbes Jahr. Das neue Schulgesetz, das zum Frühjahr des nächsten Jahres angekündigt worden ist und das Klassenuntergrenzen, Jahrgangsbreiten und Vorgaben für einzelne Schulzweige enthalten soll – –

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das haben Sie doch immer gefordert!)

Lieber Herr Irmer, das haben wir gefordert. Wir haben gesagt, darüber muss man nachdenken und reden.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Und jetzt beschweren Sie sich!)

Bei Ihren Plänen kann einem aber nur angst und bange werden. Ich sage nur eines: Gehen Sie wenigstens mit diesem Gesetz sehr früh und sehr offen in die Diskussion, und reden Sie mit den Beteiligten. Denn je länger das hinter verschlossenen Türen gehalten wird und je länger hier Gerüchte umherlaufen – Sie sehen, dass schon in manchen Landkreisen in vorauseilendem Gehorsam über die Schließung von Grundschulen geredet wird – –

Frau Abgeordnete, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede.

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Schade!)

Frau Präsidentin, sofort. Je länger Sie das hinter verschlossenen Türen halten, desto schlimmer wird die Diskussion hinterher. Gehen Sie vorher nach außen, lassen Sie die Leute mitreden, beteiligen Sie sie an diesem Prozess, denn dann gehen sie den Weg mit Ihnen gemeinsam. Dann wird das Ergebnis auch einigermaßen gut.

(Beifall bei der FDP – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das machen wir schon!)

Als nächste Rednerin hat Frau Kultusministerin Wolff das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum letzten Wort erinnere ich nur an eine Aussage, die jeder im Regierungsprogramm nachlesen kann: kurze Beine, kurze Wege. Insofern ist dort eine klare Aussage zur Grundschule und zu deren Beibehaltung getroffen worden.

Meine Damen und Herren, diese Haushaltsberatung zeigt wieder einmal: Glaubwürdigkeit ist ein schwieriges Thema in einem Parlament,in dem es der Opposition sehr schwer fällt, mit ihrer Vergangenheit umzugehen, und sie zur Zukunft wenig beizutragen hat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Widerspruch der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die FDP sagt – und das respektiere ich ausdrücklich –, sie geht den Weg der Verlängerung der Arbeitszeit mit. Sie macht zugleich einen Vorschlag für die Verteilung der Stunden,die daraus entstehen. Herr Kollege Hahn, wenn Sie gestern sagten, eigentlich seien die 1 Milliarde c,die jetzt eingespart werden, nur „Peanuts“ im Gegensatz zu dem, was eigentlich notwendig wäre,

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Das ist jetzt Dummsparen, Frau Ministerin! – Gegenruf des Abg. Dr. Walter Lübcke (CDU))

dann frage ich wirklich, was gespart werden soll, wenn Sie diese Zahl überschreiten wollen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das habe ich gestern gesagt! – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Herr Kollege Hahn, ich höre Ihnen regelmäßig zu.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Offensichtlich nicht!)

Daraus aber war das nicht zu ersehen, was Sie versprochen haben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es!)

Wie jetzt wieder gesagt wird, ist die SPD angeblich gegen die Arbeitszeitverlängerung,

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Machen Sie es sich nur nicht zu einfach, Frau stellvertretende Ministerpräsidentin!)

obwohl Herr Walter gesagt hat, die Beamten müssen auch mehr arbeiten.Trotzdem aber verteilt die SPD die Profite, die daraus entstehen, und stellt entsprechende Anträge.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Diese Arroganz!)

Meine Damen und Herren, da kommen wir wieder zum Wort des Ministerpräsidenten: Das Maß an Heuchelei muss sich in Grenzen halten.

(Jörg-Uwe Hahn und Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Bei Ihnen aber auch! – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es ist die Frage, wer hier heuchelt!)

Meine Damen und Herren, die GRÜNEN sind sogar gegen die Arbeitszeiterhöhung. Ich glaube allerdings, dann müssen die GRÜNEN irgendwann einmal nachts um fünf geträumt haben, wie all die Erhöhungsanträge finanziert werden können, die sie gestellt haben und mit denen sie irgendwelche Minuszahlen in Pluszahlen umwandeln wol

len. Sie wollen Geld ausgeben, das schlicht nicht vorhanden ist.

(Widerspruch der Abg.Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Ihre Gegenfinanzierung ist unglaubwürdig.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vielleicht hätten Sie es einmal lesen sollen! – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie haben unsere Vorschläge nicht gelesen!)

Meine Damen und Herren, diese Haltungen der Fraktionen legitimieren es nicht, bei den Demonstrationen dieser Tage mitzulaufen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir werden die gleiche Stundenzahl im Unterricht haben wie bisher, mit allen Übergangsschwierigkeiten im Halbjahr, die ich überhaupt nicht leugne. Aber es werden über das ganze Jahr mehr, und wir werden im neuen Schuljahr mindestens die gleiche Stundenzahl haben wie derzeit.

Die Erfassung, die wir derzeit in den Schulämtern machen, dient doch gerade der Klärung dessen, wie wir das zweite Schulhalbjahr sinnvoll organisieren können, ohne dass es überall Brüche gibt. Die wollen wir nicht haben.

Wir werden im nächsten Jahr 315 Stellen haben,die in keinem Regierungsprogramm stehen. Die verbleiben im System,und die bringen 8.000 Stunden zusätzlich für Qualität in Schulleitungen und damit für die Vorbereitung selbstständiger Schule.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Eine Größenordnung von 500 Stellen, d. h. 12.750 Stunden, werden wir zusätzlich für Qualitätsmaßnahmen haben. Die werden in dieser Legislaturperiode bereitgestellt.

Meine Damen und Herren, natürlich werden Lehrer weiterhin eingestellt. Wer die Statistiken und die Zahlen der Pensionierungen in den nächsten Jahren kennt, der weiß,dass mein Begriff der Delle richtig ist.Denn wir werden in den nächsten Jahren 20.000 junge Lehrerinnen und Lehrer brauchen.

Wenn Sie sagen, ich solle in andere Bundesländer schauen,dann frage ich mich,wo Sie leben.Lesen Sie auch gelegentlich in den Zeitungen über andere Bundesländer? Haben die denn andere Probleme als wir?

(Zuruf des Abg. Dr.Walter Lübcke (CDU))

Nein, die haben sie nicht. Deswegen sagen wir sehr bewusst – denn wir wissen, dass wir bundesweit 370.000 zusätzliche Lehrer in den nächsten zwölf Jahren brauchen –, wir brauchen junge qualifizierte Leute, die auch hinschauen, welche Fächer und für welche Schulformen sie studieren. Aber wir brauchen in einem großen Maße Nachwuchs. Wir brauchen Akzeptanz für Bildung. Denn nur wenn Bildung in dieser Gesellschaft akzeptiert wird und die Lehrerinnen und Lehrer Respekt in dieser Gesellschaft genießen, dann werden wir junge, kräftige, intelligente, gute pädagogische Kräfte finden, die diesen Dienst in unseren Schulen tun.

Deswegen sage ich Ihnen, diese Imagekampagne ist seit zwei Jahren geplant, aber sie kann zu keinem besseren Zeitpunkt kommen als jetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vergessen Sie eines in der aktuellen Diskussion nicht: Die Elterndemonstrationen von heute, die ich wahrnehme und auch ernst nehme, sagen nichts darüber aus, ob die Stimmung morgen nicht wieder kippt,sodass zwischen Eltern und Lehrern wieder ein neues Misstrauen entsteht. Genau daran wollen wir mit dieser Imagekampagne arbeiten, sodass wir in dieser Gesellschaft eine Vertrauenskultur zwischen Eltern und Lehren entwickeln. Darum geht es.