Protokoll der Sitzung vom 18.12.2003

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist der entscheidende Unterschied, warum die Gesundheitsprämie ein besseres System ist, auch durch den Beitrag an Kapitaldeckung. Dadurch wird sie dem demographischen Wandel besser gerecht.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Wir haben kein Problem mit der Alterssicherung – wobei der demographische Wandel eine wichtige Rolle spielt – vor allem dann, wenn wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Menschen am Arbeitsmarkt wieder eine Chance haben. Dadurch werden die Sozialabgaben niedriger.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das macht in den Grundzügen bereits deutlich: Das, was Sie hier zu suggerieren versuchen, ist gerade nicht der Fall. Unser System muss sich verändern, um sozial zu bleiben, um die Zukunft zu sichern.

(Zuruf der Abg.Andrea Ypsilanti (SPD))

An Sie von SPD und GRÜNE gerichtet will ich hier sehr deutlich sagen: Wenn wir über Zukunftssicherung sprechen, dann spielt dabei eine ganz wesentliche Rolle, wie wir den Kindern die Zukunft sichern. Das haben wir heute Morgen gemeinsam diskutiert, als es um den hessischen Landeshaushalt ging. Wir setzen auch im sozialen Bereich Schwerpunkte: bei der Kinderbetreuung, bei der Frühförderung und bei der ganz entscheidenden Frage, wie man Kinder, die nicht unsere Sprache sprechen, dauerhaft am System teilnehmen lässt. – Daher haben wir einen Schwerpunkt bei der Integration von ausländischen Kindern und der Sprachförderung gesetzt. Ihrer Mär, dass das alles nichts mit sozialen Gesichtspunkten zu tun hat, können Sie weiter nachhängen.

Meine Damen und Herren,Ausbildungsprogramme, Fortbildung – alle diese Punkte sind nach wie vor Schwerpunkte der Politik der Hessischen Landesregierung. Sie müssen sich auch unter dem Aspekt,Menschen wieder am Arbeitsmarkt zu integrieren und Freiheit und Verantwortung zusammenzubringen, mit der sozialen Marktwirtschaft auseinander setzen. Das haben wir getan, das werden wir auch in Zukunft tun. Denn nur so können wir unsere Systeme sichern. Es ist der richtige Schritt, einen Wandel der Systeme vorzunehmen, um den Ausgleich zwischen den Generationen zu sichern, aber auch freiheitlich zu gestalten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Es liegt eine weitere Wortmeldung vor.Das Wort hat Herr Abg. Spies für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wissen Sie, was ein Mantra ist? Das gibt es im Buddhismus. Das sind wohl klingende Formeln, die man eins ums andere Mal wiederholt, auf dass die große Erlösung, Befreiung kommt und die Welt schön wird. Ein Mantra, das wir heute mehrfach gehört haben, ist Kapitaldeckung.

(Zurufe der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) und Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Kapitaldeckung macht die Welt schön. Die Wahrheit ist: Wenn man sich soziale Sicherungssysteme anguckt und kapitalgedeckte versus umlagefinanzierte Systeme der letzten 50 Jahre miteinander vergleicht, dann stellt man fest: null Unterschied. Kapitaldeckung macht die Welt nicht schön.

(Nicola Beer (FDP): Was? – Michael Denzin (FDP): Keine Ahnung!)

Es gibt noch ein weiteres Mantra, das immer wieder genannt wird. Ich gebe Ihnen die Studie. Das Mantra heißt demographischer Wandel. Demographischer Wandel ist eine Universalbegründung für alles, was man gerade möchte. Die Frau Ministerin hat uns gerade wieder vorgeführt: Man muss nicht wissen, was es heißt. Man muss es nur benutzen, dann erklärt es alles.

Dann hören wir aber auch Schauergeschichten. Herr Rentsch hat uns mit einigen schönen Schauergeschichten bedacht. Die erste war: Wer heute in die Rente einzahlt und unter 50 ist, der wird nie irgendetwas herausbekommen.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Meine Damen und Herren, die schlimmsten Kalkulationen gehen davon aus, dass, nach dem Stand der Dinge von heute, im Jahr 2030 der Beitragssatz 25 % betragen könnte. Das finden wir nicht schön. Daran muss man arbeiten. Den Leuten aber in dieser Art und Weise Angst zu machen, ist ungehörig.

(Boris Rhein (CDU): Was macht die Bundesregierung? – Florian Rentsch (FDP): Es ist wichtig, den Leuten die Wahrheit zu sagen!)

Frau Oppermann, dann kommt noch so ein Mantra: Wir schaffen solidarisch Ausgleich durch Steuern. – Frau Oppermann, das ist okay. Da wäre ich noch dabei. Aber: Wenn Sie den solidarischen Ausgleich auch in der Finanzierung des Gesundheitswesens durch Steuern schaffen wollen, wozu brauchen Sie überhaupt noch eine Prämie? Warum finanzieren wir es dann nicht komplett aus Steuern? Den Unterschied sollten Sie irgendwann einmal deutlich machen.

(Beifall bei der SPD)

Das nächste Mantra von Herrn Rentsch ist: Die Mittel werden immer knapper. – Auch das ist eine schöne Formel, die man immer wieder wiederholt, in der Hoffnung, dass sie irgendetwas bedeutet.Das ist völliger Unsinn.Die Bundesrepublik Deutschland ist Exportweltmeister.

(Michael Denzin (FDP): Blöder geht es nicht!)

Dass die Mittel in öffentlichen Haushalten knapper werden, ist Ausfluss der Steuerpolitik, die wir in einer bestimmten Art und Weise haben wollten. Das sehe ich ein. Aber so zu tun, als würde das sozusagen gottgegeben vom Himmel fallen, ist grober Unfug.

Was allerdings die sozialen Sicherungssystem angeht: Da wurden ein paar richtige Punkte genannt. – Das hat damit zu tun, dass nur die Kleinen gekniffen werden. Wenn wir über die Frage reden, wer es ist, dessen Eigeninitiative hier bestraft wird, wer Flexibilität und Eigenverantwortung zeigt: Das sind doch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die 150 km fahren; die zeigen die größte Flexibilität. – Womit wird es ihnen gedankt? Die Staatsquote für 30.000 c brutto im Jahr beträgt 55 %. Für 300.000 c im Jahr beträgt sie 48 %.

(Zurufe des Abg. Florian Rentsch (FDP) und von der CDU)

Meine Damen und Herren, es gilt, die Leistungsträger, die Flexibilität und Verantwortung tragen,zu entlasten.Dafür gibt es nur einen wirksamen Weg, und der heißt Bürgerversicherung und nicht Kopfprämie.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Peuser?

Nein, ich habe nur dreieinhalb Minuten, sorry. – Meine Damen und Herren, letzter Satz. Ich komme auf den Gegenstand des Antrages, der hier zu wilden Exkursen in der Debatte geführt hat. Worüber reden wir, über Kopfprämie oder über Bürgerversicherung? Wir reden über eine ganz einfache Frage, und zwar wie die Lastenverteilung in dieser Gesellschaft aussieht. Kopfprämie bedeutet Klassenkampf von oben, sonst nichts.

(Norbert Schmitt (SPD): So ist es!)

Bürgerversicherung bedeutet gleichmäßige Lastenverteilung nach Leistungsfähigkeit,

(Zuruf des Abg. Norbert Kartmann (CDU))

damit sich Leistung in Deutschland wieder lohnt.– Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Es ist vorgesehen, über diesen Antrag abzustimmen, wenn sich kein Widerspruch erhebt. – Dann verfahren wir so.

Wer ist für die Annahme des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Abkehr der CDU von einer sozialen Gesellschaftspolitik, Drucks. 16/ 1617? – Wer stimmt dagegen? – Die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben für den Antrag gestimmt, dagegen FDP- und CDU-Fraktion, damit ist der Antrag abgelehnt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 7 auf:

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Zukunftssicherungsgesetz (ZSG) – Drucks. 16/ 1670 zu Drucks. 16/1170 und zu Drucks. 16/861 –

Berichterstatter ist Herr Abg. Pighetti, er möge sich für die Berichterstattung bereithalten.

Zusätzlich wird Tagesordnungspunkt 46 aufgerufen:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend rechtswidriger Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Zukunftssicherungsgesetz – Drucks. 16/ 1698 –

Ich bitte Herrn Abg. Pighetti um die Berichterstattung. – Ursprünglich war eine Redezeit von 15 Minuten vereinbart, jetzt sind es 10 Minuten. – Wer übernimmt die Berichterstattung? – Vielen Dank, Frau Abg. Hoffmann, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin zwar nicht Herr Pighetti, wie zu sehen ist, aber ich übernehme die Rolle des Berichterstatters.

Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der Änderungsanträge Drucks. 16/1656 bis 16/1662 und des folgenden mündlich eingebrachten Änderungsantrags in der dritten Lesung anzunehmen:

In Art.1 § 2 Abs.2 wird der Klammervermerk „(603 Stellen)“ gestrichen.

Der Gesetzentwurf war dem Haushaltsausschuss in der 22. Plenarsitzung am 27. November 2003 nach der zweiten Lesung zur Vorbereitung der dritten Lesung überwiesen worden. Die Änderungsanträge waren dem Haushaltsausschuss am 9. Dezember 2003 vom Präsidenten überwiesen worden.

Der Haushaltsausschuss hat sich in seiner Sitzung am 10. Dezember 2003 mit dem Gesetzentwurf und den Änderungsanträgen befasst und ist mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD,des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der FDP zu der soeben wiedergegebenen Beschlussempfehlung gekommen.

Zuvor hat der Haushaltsausschuss den Änderungsanträgen zugestimmt. – Die Voten finden Sie in der Beschlussempfehlung.

(Beifall des Abg. Gerhard Bökel (SPD))

Frau Hoffmann, vielen Dank für die Berichterstattung. – Als erster Redner hat Herr Abg. Siebel das Wort für die SPD-Fraktion. Zehn Minuten Redezeit.