Sie flüchten sich in Angriffe gegen einzelne Repräsentanten der CDU-Fraktion. – Ich sage nun etwas zur so genannten rationalen Position der SPD, die Herr SchäferGümbel hier darstellt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die rationale Position der SPD besteht darin, dass sie sich im Landtag bei solchen Themen konsequent der Stimme enthält, dass sie sich in Südhessen konsequent gegen den Ausbau des Flughafens stellt,
dass sie im Ausschuss so tut, als sei sie für den Ausbau des Flughafens, und sich hier beim Reden zum Gralshüter des Flughafenausbaus aufschwingt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese so genannte rationale Position soll einer verstehen,
einer der betroffenen Anwohner, einer der betroffenen Mitarbeiter am Flughafen, einer der Betroffenen, der aus beruflichen Gründen diesen Flughafen benötigt. Ich kann nur sagen: Etwas Irrationaleres als das Verhalten der SPD hier im Landtag und in Hessen habe ich noch nicht erlebt.
Wir als Union stehen nach wie vor zu den Ergebnissen der Mediation. Das muss man bei solchen Reden und bei solchen Tagesordnungspunkten immer wieder hervorheben. Wir stehen nach wie vor zum Beschluss des Landtags, der den Ausbau der Nordwest-Bahn präferiert. Ich betone, dass wir uns bei den Beschlüssen ungewöhnlich schwer getan haben.Beide Beschlüsse,der zur Mediation und der zum Ausbau der Nordwest-Bahn, wurden gründlich, umsichtig und unter Abwägung kontroverser Argumente getroffen, und in Sachen Sicherheit gibt es auch bei uns keinen Rabatt, damit dies in dieser Diskussion klar ist.
Gestatten Sie mir zu den beiden Unternehmen Ticona und Fraport einige Bemerkungen. Beide,Ticona und Fraport, spielen in ihren Unternehmensdisziplinien in der Champions League. Beide sind so genannte Global Player. Beide haben sich in den letzten Jahrzehnten hervorragend entwickelt. Ticona betreibt seit 1961 eine Chemiefabrik auf dem Gelände, und der Flughafen ist etwa 40 Jahre eher in die Nachbarschaft gekommen, irgendwann in den Zwanzigerjahren.
Übrigens will ich bei dieser Gelegenheit doch einmal sagen: Ticona stellt Hochleistungskunststoffe, so genannte faserverstärkte Composits, CFKs, her, die in den neuen Airbusserien A 340, A 500, A 600 und auch im neuen A 380 eingesetzt werden und werden sollen.
CFKs ermöglichen leichtere Bauteile, die einen geringeren Treibstoffverbrauch bei gleichzeitig steigenden Passagierzahlen und höheren Reichweiten ermöglichen. Ich möchte das bei dieser Gelegenheit doch gesagt haben.
Ich komme gleich dazu, Herr Walter. Sie werden es gleich verstehen. – Die Diskussion über Ticona und den Standort sowie den Ausbau des Flughafens im Zusammenhang mit dem Betrieb des Chemiewerks kommt für uns nicht überraschend.
Überraschend ist allerdings der Zeitpunkt, und es überraschen die, die die Diskussion angefangen haben. Das ist Ticona, und das sind die GRÜNEN. Ticona hat sich bewusst vor 40 Jahren in der unmittelbaren Nähe des Flughafens angesiedelt.
Beide – der Flughafen und das Werk – sind erheblich gewachsen.Wenn Ticona heute in Presseerklärungen meint, es könnte möglicherweise 1,1 bis 1,3 Millionen c Schadenersatz geltend machen, dann stelle ich, als vorsichtiger Kaufmann, einmal in die Diskussion, dass es sich hier zum großen Teil um abgeschriebene Anlagen handelt.
Es handelt sich um abgeschriebene Anlagen hinsichtlich der Gebäude, die zum Teil 40 Jahre und älter sind.
Es handelt sich um mobile Anlagen, die in Zeiträumen von fünf Jahren, von acht Jahren und 15 Jahren abgeschrieben sind. Ich zweifle auf jeden Fall die von Ticona aus eigener Interessenlage in die Diskussion gebrachten Zahlen sehr stark an.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will gar nicht kritisieren, dass Ticona dies tut. Aus der Sicht eines verantwortungsvollen Vorstands und aus der Sicht eines Kaufmanns muss Ticona alles tun, um mögliche Interessenlagen für sich auszunutzen.Die Frage stellt sich nur,ob Ticona dabei Erfolg hat und ob Ticona nicht dabei ertappt wird, sich zu weit aus dem Fenster zu hängen.
Aus Sicht der Ticona war und ist der derzeitige Betrieb heutzutage an diesem Standort gänzlich risikolos. Nach Risiken wurde beispielsweise beim derzeitigen Betrieb nie gefragt. Übrigens auch nicht 1991/92 beim Ausbau des derzeitigen Geländes, bei der Einholung der Genehmigung zu diesem umfangreichen Ausbau, zu einer Zeit, als Sie, Herr Kaufmann, in diesem Lande regierungsmäßig das Sagen hatten
und Ausbaupläne dieses Werks hätten verhindern können, wenn Sie das Risiko für so groß erachtet hätten.
Ich will das hier nur einmal erwähnen: 1991/92 und danach war für Sie das Risiko praktisch nicht vorhanden. Wenn die Genehmigung heute nicht mehr möglich ist, stellt sich die Frage, wieso SPD und GRÜNE, bei Wissen um die Dinge, damals den Ausbau genehmigt haben. Das kritisieren Sie heute scharf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, übrigens hat auch der RWTÜV damals eine umfassende gutachterliche Begründung für den Ausbau gegeben, in der von Sicherheitsrisiken durch den Flugbetrieb keine Rede war.
Ein Weiteres, was uns alle erstaunen muss, ist der Sicherheitsbericht des Unternehmens Ticona aus dem Jahr 2001/ 2002 zum Betrieb des Chemiewerks selbst. Dieser Sicherheitsbericht wird durch ein Gutachten des RWTÜV arrondiert. Auch in diesem Gutachten zum Sicherheitsbericht, das normalerweise bei Störfallbetrieben und chemischen Anlagen eingereicht werden muss, ist von Sicherheit in Bezug auf den Flugbetrieb überhaupt kein Wort verloren worden.
Es kann doch wohl niemand sagen, dass der Betrieb des Chemiewerks heute unter einem erheblichen Einfluss des Flughafens steht. Was hat denn eigentlich diesen plötzlichen Meinungsumschwung bei Ticona ausgelöst?
Herr Kaufmann, nachdem die Gutachten mit einem Umfang von mehreren hundert Seiten an die Fraktion verteilt worden sind, haben Sie nach zwei Stunden schon gewusst, was Sie zu sagen haben. Nach zwei Stunden, nachdem Sie über 400 Seiten gelesen hatten, waren Sie schon dezidiert der Auffassung, dass der Flugbetrieb mit dem Werk Ticona nicht vereinbar ist. Meine sehr verehrten Damen und Herren,das zeichnet Herrn Kaufmann aus.Das ist die Gründlichkeit, mit der die GRÜNEN dieses Thema in diesem Haus behandeln. Da soll mir einer sagen, die würden keine Stimmung machen.
(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was machen Sie denn gerade? – Gegenruf des Abg. Michael Bod denberg (CDU): Man könnte auch sagen, Sie sind unseriös!)
Deshalb möchte ich Ihnen noch etwas zum Status quo und zu dem, was wir zukünftig zu erwarten haben, vortragen: Wie ist denn der Zustand heute? – Heute fliegen bei allen Westwetterlagen im Abflug nach Norden alle Flugzeuge direkt, voll betankt, über das Werk von Ticona.
An 75 % aller Verkehrstagen herrschen Westwetterlagen. 30 % aller Abflüge gehen direkt nach Norden. Das bedeutet, heute fliegen nahezu alle Flugzeuge beladen und voll betankt über dieses Chemiewerk. Wie ist es denn dann in Zukunft? – Das ist doch die Frage, weil hier immer gesagt wird, das, was in Zukunft geschieht, ist wesentlich gefährlicher als das, was zurzeit der Fall ist.
Wie ist es denn in Zukunft? – Im Falle einer NordwestBahn wird der Produktionsbereich der chemischen Anlage von Ticona kaum mehr überflogen.
Die vom Westen kommenden Maschinen fliegen – man höre und staune – 400 bis 600 m seitlich des Kerns der Produktionsanlagen in einer Höhe von 75 bis 85 m in die neue Landebahn ein. Es sind also Vorbeiflüge und nicht, wie zurzeit, Überflüge.