Protokoll der Sitzung vom 19.03.2004

Das Wort hat der Abg. Frank Gotthardt.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Antragsrecht, das Fragerecht und das Informationsrecht der Abgeordneten sind mit Sicherheit die höchsten und wichtigsten Rechte – darüber brauchen wir in diesem Landtag nicht zu streiten.

(Beifall des Abg. Clemens Reif (CDU))

Herr Kollege Kahl, wir können aber gerne darüber streiten, ob das vor 1999 alles besser war, als das jetzt der Fall ist.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Von 1999 bis 2002 war es am besten!)

Meine Erfahrung ist es nicht unbedingt. Insofern kann man vielleicht die eine oder andere Krokodilsträne auch trocknen.

Die Geschäftsführer waren bei der Geschäftsführerbesprechung dabei, die Kollege Grüttner eben schon angesprochen hat. Es war nicht so gewesen, dass die Landesregierung gesagt hätte, sie sehe sich nicht in der Lage, die Vielzahl von gleich lautenden Kleinen Anfragen zu beantworten. Es war so, dass der Landtagspräsident und die Landtagskanzlei vorgetragen haben, dass sie inzwischen Probleme haben, die Vielzahl von identischen Anfragen zu drucken, zu verteilen und in den Geschäftsgang zu geben. Insofern soll man hier nicht so tun, als handele es sich nur um ein Problem der Landesregierung.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sollen die Landesregierung nicht verteidigen, sondern kontrollieren!)

Mit dem, was Sie alles zu Forstämtern, Versorgungsämtern und Ähnlichem fragen,ist es ja nicht so,dass Sie wirklich auf die Antwort warten, wenn ich das einmal so sagen darf.

(Gerhard Bökel (SPD): Unerhört! – Michael Siebel (SPD): Unverschämtheit! – Hildegard Pfaff (SPD): Verdrehte Welten! – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Sonst hätten Sie doch die Diskussion der Behördenstandorte heute Mittag nicht so führen können, wie es vorhin geschehen ist. Das ist doch das Schöne: Sie stellen auf der einen Seite zu jedem Forstamt eine Frage. Sie diskutieren aber in der Öffentlichkeit, in der heimischen Zeitung und im Parlament schon über die Strukturreformen, die stattfinden sollen.

(Reinhard Kahl (SPD): Sollen wir ruhig bleiben?)

Sie bedürfen offensichtlich gar nicht der Antwort.Sie werden sie ja kriegen, doch an der Stelle sind die Krokodilstränen etwas zu trocknen. Herr Kollege Kahl, eines muss ich sagen, auch mit einer gewissen Anerkennung:Wie Sie das in der Fraktionsgeschäftsstelle der SPD schaffen, diese identischen Sachen

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Vorsicht!)

immer halbwegs – da gibt es noch genug Korrekturen von der Landtagskanzlei – so für alle Abgeordneten vorzubereiten, dass die das nur noch unterschreiben müssen, das, muss ich gestehen, ist serviceorientiert.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Aber ich würde Ihnen raten, im Sinne der Verwaltungsreform eher eine Große Anfrage zu stellen, dann sparen wir nämlich Papier und bekommen die Antworten trotzdem.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Bökel?

(Frank Gotthardt (CDU): Ja, sicher! – Volker Hoff (CDU):Vom Spitzenkandidaten zum Beauftragten für Kleine Anfragen!)

Herr Kollege, stimmen Sie mir zu:Wenn die Landesregierung genauso systematisch arbeiten würde wie die Geschäftsstelle der SPD-Landtagsfraktion, lägen die Antworten schneller vor.

(Beifall bei der SPD – Heiterkeit bei dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Herr Kollege Bökel, da wir uns darauf geeinigt haben, dass Antworten immer kurz sein sollten: Nein.

(Heiterkeit)

Wir brauchen doch wirklich nicht darüber zu streiten,dass das Frage- und Kontrollrecht wichtig ist.Wenn ich aber an den Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz denke, bei dem immer die gefürchteten Dringlichen Berichtsanträge der Kollegin Hammann, bestehend aus 56 Fragen, eingehen und dann innerhalb von fünf Tagen beantwortet werden müssen, dann muss ich schon die Frage stellen, ob hier nicht zu viel von der Landesregierung erwartet wird.

Ich bewundere, ehrlich gesagt, mit wie viel Geduld die Landesregierung sich bemüht, die Anfragen zu beantworten, auch wenn die Frist nicht eingehalten ist.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das kann schon sein! – Gegenruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Herr Kollege Kaufmann, Sie haben gesagt, man könne viele Fragen viel schneller und eindeutig beantworten, indem man mit Ja oder Nein antwortet.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wenn sie so gestellt sind!)

Wir machen das herzlich gerne. Ich bin gespannt, wie das dann aussieht.Wenn an die Landesregierung die Frage gestellt wird: „Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über die beschäftigten Juristen vor?“, und die Landesregierung mit „Ja“ antwortet, dann bin ich gespannt, was Sie von der Antwort haben. – Herzlichen Glückwunsch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie mit Ihren zahlreichen Kleinen Anfragen das Ziel haben, in Hessen Arbeitsplätze zu schaffen, dann werden Sie dieses Ziel auf diese Art und Weise vielleicht erreichen. Dabei schaffen Sie aber die Arbeitsplätze an der falschen Stelle. Wenn Sie versuchen, die Regierung mit Ihren vielen Kleinen Anfragen lahm zu legen, dann probieren Sie es doch einfach einmal mit Qualität statt Quantität. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

(Zurufe von der CDU: Oh! – Wir wollen Herrn Bö- kel!)

Wir haben über einen Entschließungsantrag zu beschließen.Wer diesem Entschließungsantrag der SPD-Fraktion, Drucks. 16/1886, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Enthält sich jemand der Stimme? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Entschließungsantrag durch die Stimmen der CDU-Fraktion bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der FDP abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren, ich erlaube mir einen Hinweis: Ich habe in der Geschäftsordnung geblättert. Unter § 35 Abs. 1 steht in den Sätzen 4 und 5 zu Kleinen Anfragen:

Sie sollen knapp und sachlich formuliert und so gehalten sein, dass sie von der Landesregierung in kurzer Form beantwortet werden können.

Jetzt kommt der spannende Punkt. Darüber denke ich in der nächsten Zeit einmal nach:

Anfragen,die gegen Satz 1 bis 4 verstoßen,weist die Präsidentin oder der Präsident zurück.

(Heiterkeit bei der FDP – Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Das haben wir nicht ohne Grund in die Geschäftsordnung aufgenommen! – Gerhard Bökel (SPD): Das hängt davon ab, was die Regierung sich zutraut!)

Freunde, das ist unsere Seite, aber die andere Seite ist die Regierung, die zu antworten hat. Sie hat pflichtgemäß zu antworten, weil sie dafür den Auftrag hat. Aber das trifft uns, und wir sollten im Ältestenrat darüber reden, wie das in Zukunft aussieht, ob wir das verfeinern müssen oder ob wir nach dieser Geschäftsordnung handeln.

(Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD) – Clemens Reif (CDU): Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Sprachenvielfalt in Europa – Drucks. 16/1887 –

Die FDP-Fraktion stimmt zu, dass er ins nächste Plenum geschoben wird. – Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 24 auf:

Antrag der Fraktion der SPD bereffend Meisterbrief als Zugangsvoraussetzung für ein Hochschulstudium in Hessen – Drucks. 16/1890 –

gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 60:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Meisterbrief als Zugangsvoraussetzung für ein Hochschulstudium in Hessen – Drucks. 16/1945 –

Das Wort hat zunächst die Abg.Tesch für die Fraktion der SPD.

Verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu später Stunde ein wichtiges Thema. Seit dem 1. Januar dieses Jahres ist die neue Handwerksordnung in Kraft. Die Bundesregierung hat mit der Modernisierung, Zukunftssicherung und EU-Festigkeit dafür gesorgt, dass das Handwerk den Stellenwert erhält, der ihm zusteht, und die Möglichkeit geschaffen, dass Meisterinnen und Meister einen Zugang zur Hochschule bekommen.

(Beifall bei der SPD)