Angesichts dieser Tatsache sind wir der Auffassung, dass wir noch einmal den Versuch unternehmen sollten, diejenigen davon abzuhalten, eine Ausbildungsplatzabgabe einzuführen, die das auch in Hessen befürworten.
So vielstimmig der Chor in der SPD ist, so sehr sind wir davon überzeugt, dass eine Ausbildungsplatzabgabe eine zusätzliche Belastung der Wirtschaft ist, die die Wirtschaft gegenwärtig nicht vertragen kann.
Lassen Sie mich noch auf eines eingehen. Wir sind uns – das will ich auch den Sozialdemokraten nicht abstreiten – einig in dem Ziel, dass es sowohl gesellschaftspolitisch als auch ökonomisch notwendig ist, jungen Menschen eine Chance bzw. Möglichkeit zu geben, einen Beruf zu erlernen und damit die eigene Zukunft zu gestalten. Der Streit bei der Ausbildung geht also nicht um das Ziel, sondern darum, wie man ein solches Ziel erreicht.Wir, die Freien Demokraten, sagen Ihnen: Per Dekret verordnete Ausbildungsstellen retten das duale Ausbildungssystem nicht; im Gegenteil, sie gefährden es.
Vor allem schafft, meine Damen und Herren, eine neue, zusätzliche Abgabe keinen neuen Ausbildungsplatz. Das Gegenteil wird der Fall sein. Die Zahl der Ausbildungsplätze wird zurückgehen.
Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten, in Ihren Reihen wird das ja offen ausgesprochen. Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bayerischen Landtag, Herr Maget, hat gesagt:Wenn es ganz schlecht läuft, kann es in Richtung einer Verstaatlichung der Berufsausbildung gehen.Der Mann hat Recht.Die Ausbildungsplatzabgabe ist der Einstieg in ein staatliches Berufsausbildungssystem,
und damit gäben wir etwas auf, um was wir von anderen Ländern beneidet werden, nämlich unsere duale Ausbildung – einerseits in der Schule und andererseits im Betrieb.
Meine Damen und Herren, Herr Schartau in NordrheinWestfalen versucht zu besänftigen. Er sagt, Freiwilligkeit solle auf jeden Fall Vorrang haben. Hier geht es aber nicht um die Frage von Freiheit oder Zwang, sondern es geht darum, ob marktwirtschaftliche Mechanismen wieder in Gang gesetzt werden, um Ausbildungsplätze zu schaffen.
Wer die Ausbildungsplatzabgabe fordert, der leugnet eines, nämlich den Zusammenhang von Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Die Ursachen für fehlende Ausbildungsplätze liegen dort, wo die Wirtschaft ohnehin der Schuh drückt, nämlich in überzogenen Abgaben, in einem unflexiblen Arbeitsrecht und in Steuererhöhungen statt Steuerentlastungen.
Meine Damen und Herren, wer Frau Simonis heute Morgen schon wieder gehört hat, hat vernommen: Sie hatte nichts anderes zu sagen, als die Mehrwertsteuer und die Erbschaftsteuer zu erhöhen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was der Bundeskanzler an Eindruck zu vermitteln versucht, nämlich die Wirtschaft zu entlasten.
Meine Damen und Herren, weil ich bei Personen bin: Wenn ein Wirtschaftsminister von der SPD gezwungen werden soll, wider seine eigene Überzeugung Formulierungshelfer zu sein, ist das ein unglaublicher Vorgang. Eine solche Demütigung eines deutschen Arbeits- und Wirtschaftsministers hat es in der deutschen Geschichte noch nie gegeben.
Nicht „Helau“, meine sehr verehrten Damen und Herren. So etwas hat es noch nie gegeben. Wer einen Wirtschaftsminister als Formulierungshelfer einsetzen will,der diskreditiert den obersten Repräsentanten der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland.
Meine Damen und Herren, es wirft ein bezeichnendes Licht auf die Initiatoren innerhalb der SPD. Es geht in Wahrheit nicht mehr um die Sache. Es gibt einige Ideologen innerhalb der SPD, die befriedigt werden sollen. Wegen des innerparteilichen Friedens wird die Ausbildungsplatzabgabe auf dem Rücken der deutschen Wirtschaft eingeführt.
Ich möchte zum Ende kommen und auf einen hinweisen, der gerade mit den hessischen Sozialdemokraten in vielen Fragen Gespräche geführt hat. Meine Damen und Herren, es ist kein anderer als der Präsident der Industrieund Handelskammer in Kassel und Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Ich weiß, dass
viele von Ihnen sich mit ihm in der Vergangenheit in Gesprächen befunden haben. Er sagt heute in der „Wirtschaftswoche“ auf die Frage: „Wollen Sie Rot-Grün weiterhelfen zu wursteln und etwa eine Ausbildungsplatzabgabe durchzusetzen?“:
Nein, dazu will ich nicht die Hand reichen, sondern das will ich gerade verhindern. Denn das ist geradezu abenteuerlich. Das wäre der Einstieg in den Ausstieg aus dem dualen Ausbildungssystem mit der Folge, dass in Deutschland die Jugendarbeitslosigkeit dramatisch ansteigt. Und was ist, wenn der Friseur keinen Lehrling findet, obwohl er gerne einen hätte? Muss er dann per Abgabe dem großen Autohersteller, der sich das Ausbilden auch über Bedarf leisten kann,einen Ausgleich zahlen? Damit provoziert die SPD einen Aufstand der kleinen Betriebe.
Es handelt sich in der Tat um die Praxisgebühr für den Mittelstand, garniert mit einem sozialfreundlichen Abschlag in Form von Spenden; aber niemand wird Ihnen Spenden in diesen Fonds hineingeben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als die FDP den Antrag gestellt hat, diese Aktuelle Stunde unter dem Titel „Die geplante Ausbildungsplatzabgabe ist die Praxisgebühr für den Mittelstand“ durchzuführen,
habe ich mich gefragt: Ist die FDP besonders mutig, oder ist es ein Karnevalsbeitrag? Das würde ja zum heutigen Tag passen. Herr Posch hat nämlich gar nicht zum Thema gesprochen, sondern zur Frage der Verfasstheit der Bundesregierung und der Bundes-SPD. Zur Sache haben Sie nicht geredet, Herr Posch.
Herr Hoff, zu Ihnen komme ich gleich noch. – Wenn Sie von Reform reden, Herr Hahn, dann meinen Sie Klientelpolitik.
(Beifall bei der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP):Wer gehört zu der Arbeitslosenindustrie? Das sind Ihre Gewerkschaften! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)
Herr Hahn, lassen Sie mich erst einmal ausreden. – Herr Präsident, ich gehe davon aus, dass das nicht von meiner Redezeit abgeht.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die Sozis sind bei der Arbeitslosenindustrie mit ihren Gewerkschaften dabei! Ihr macht Klientelpolitik! – Zuruf des Abg. Volker Hoff (CDU))