Protokoll der Sitzung vom 23.03.2004

Springer beschäftigt. Ich will das aus Anlass dieser Debatte nicht untergehen lassen. Ich habe große Sorge, ob das, was die Bundesregierung derzeit in Bezug auf die Pressefusionsüberlegungen macht, wirklich richtig ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Der Bundeswirtschaftsminister und auch der Bundeskanzler haben beide öffentlich erklärt, sie halten die derzeitigen Vorschriften – es geht um den „Tagesspiegel“ und viele andere Dinge, die in Berlin eine große Rolle spielen – für hemmend, und sie wollen sie beseitigen. Das führt zu noch stärkerer wirtschaftlicher Konzentration der Presse. Ich habe da große Bedenken.

Deshalb glaube ich nicht, dass man das Thema einfach links, rechts, CDU, FDP, SPD hin- und herordnen kann. Die GRÜNEN will ich durchaus nicht vergessen. Aber wenn Sie über wirtschaftliche Verflechtungen reden, dann ist das, was in den letzten Jahren mit Zustimmung des Bundeswirtschaftsministers passiert ist, genau das Gegenteil von Transparenz, sondern es hat die Kapital- und Unternehmensverflechtungen noch fortgeführt.

(Volker Hoff (CDU): Sehr richtig!)

Drittens. Herr Kollege Schmitt, ich gehe davon aus – so bin ich jedenfalls unterrichtet worden –, dass die Anträge gemeinsam an die Ausschüsse überwiesen werden und dass wir dann Gelegenheit nehmen können, die einzelnen Fragen im Detail zu beantworten.Aber eines will ich hier schon sagen: Sie haben eben auf die Homepage hingewiesen, entweder die der Sozialdemokratischen Partei oder die der GmbH, das weiß ich jetzt nicht genau. Ich sage Ihnen:Ich kann mir nicht vorstellen,dass dies das ist,was wir alle unter Transparenz verstehen.

(Norbert Schmitt (SPD): Das habe ich auch nicht gesagt!)

Ich würde es nicht für ausreichend halten, den Menschen zu sagen:Du kannst einmal gucken,ob du eine Homepage einer GmbH findest, über einen Link eine GmbH & Co. KG und dann immer weiter.

(Volker Hoff (CDU):Ich war die ganze Zeit auf der Startseite!)

Ich finde – das ist auch Gegenstand der Arbeit der Landesregierung; zumindest arbeiten wir in der Richtung –, wir sollten wie bei den anderen Dingen auch die Produktwahrheit anzustreben versuchen. Da muss derjenige, der eine Zeitung kauft, in dieser Zeitung auch finden können, wem sie gehört,wer in welcher Weise dort Einfluss nimmt.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Herr Bouffier, die Redezeit der Fraktionen ist abgelaufen – als Hinweis für Sie.

Herr Präsident, ich wollte Ihnen den Vorschlag machen, dass ich dem Hause anbiete, die vielfachen Fragen, die sich auch verfassungsrechtlich stellen, im Ausschuss zu vertiefen. Ich habe für die Landesregierung unsere Offenheit und auch unsere Zielsetzung vorgelegt.– Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es ist vorgesehen, dass der Antrag der Fraktion der CDU betreffend Beteiligung von politischen Parteien an Printmedien sowie der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Dringliche Antrag der FDP-Fraktion betreffend Beteiligung von politischen Parteien an periodischen Druckwerken dem Hauptausschuss, federführend, und dem Innenausschuss, beteiligt, überwiesen werden. – Dem wird nicht widersprochen, dann können wir so verfahren.

Ein Blick auf die Dame und die Herren Geschäftsführer: Rufen wir noch Punkt 9 der Tagesordnung auf? – Das machen wir, sehr schön.

Punkt 9:

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Schaffung neuer Berufsbilder und Ausbildungsberufe – Drucks. 16/1895 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion. Ich darf Herrn Boddenberg das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema Berufsausbildung beschäftigt uns auch in dieser Woche an mehreren Stellen. Aber ich denke, man kann das Thema Berufsausbildung nicht losgelöst von grundsätzlichen Fragen des Arbeitsmarktes diskutieren. Insofern hat die CDU mit Tagesordnungspunkt 9 beantragt, im Hessischen Landtag noch einmal Konsens herzustellen, was die Notwendigkeit anbelangt, bei der Berufsausbildung mehr Flexibilität an den Tag zu legen.Wir sollten diese gemeinsame Auffassung nochmals feststellen,gleichzeitig aber da und dort – das ist an der Stelle sehr konkret – den Finger in die Wunde legen, was das politische Handeln oder, besser gesagt, Nichthandeln der Bundesregierung in Berlin anbelangt.

Wir haben hier schon vor,ich glaube,drei Jahren einen gemeinsamen Antrag beschlossen, der da lautete: Der Hessische Landtag spricht sich für die Schaffung neuer Berufsbilder aus, insbesondere einfacher Berufsbilder. – Das soll nicht etwa eine intellektuelle Bewertung oder Diskreditierung bedeuten,sondern lediglich heißen,dass wir diejenigen Menschen, die einen schwachen Schulabschluss oder häufig gar keinen Schulabschluss haben, nach der Schule ins Berufsleben nehmen und ihnen Chancen bieten wollen und müssen, ebenfalls einen Ausbildungsplatz zu finden.

Nun ist seitdem vieles geschehen. Die Berufsverbände haben mit einiger Kreativität nicht nur bei technisch notwendigen neuen, modernen Berufen vieles auf den Weg gebracht, sondern es ist mittlerweile – darüber freue ich mich sehr, weil es hier lange Jahre geklemmt hat – eine ganze Reihe von einfacheren Berufsbildern von der Wirtschaft konzipiert worden. Im Moment liegen 18 neue Berufsbilder auf dem Tisch der unterschiedlichen Verhandlungsebenen, insbesondere auch im Bundeswirtschaftsministerium.

Meine Damen und Herren, wir sagen sehr deutlich: Wir sind nicht einverstanden damit,dass vor dem Hintergrund der Dauerdebatte, ob man hier etwa Niedriglohngruppen neu initiierte – das ist der Vorwurf, der immer wieder insbesondere vonseiten der Gewerkschaften kommt –, wahrscheinlich nur zwei dieser 18 Berufe die Genehmigung, das positive Testat der Bundesregierung erfahren werden.

Wir halten das nicht für in Ordnung, und wir brauchen darüber auch nicht so doll zu streiten, wenn ich das einmal salopp sagen darf; denn ich meine mich zu erinnern, dass wir sehr konkret, auch in Ausschüssen, schon darüber gesprochen haben, welche Berufsbilder es sein können und wie wir sie auf dem Ausbildungsmarkt platziert bekommen. Dort hatten wir in aller Regel Konsens. Aber wir müssen streiten, wenn es darum geht, dass es zwar entsprechende Verlautbarungen der rot-grünen Bundesregierung, aber auch der Landtagsfraktionen auf der einen Seite gibt und auf der anderen Seite das Handeln ausbleibt.

Meine Damen und Herren,es ist kein Gerücht,sondern es ist relativ unstreitig unter Experten, aber auch Politikern, dass wir hier über ein Volumen von sage und schreibe geschätzten 22.000 neuen Ausbildungsverhältnissen reden. Wenn man jetzt nur rechnen würde, könnte man fast auf die Idee kommen – Frau Schönhut-Keil, ich hoffe, Sie rechnen gerade mit –, dass man damit zumindest einen großen Teil des Problems der fehlenden Ausbildungsplätze in Deutschland würde beseitigen können. Ich betone: Das ist eine rein rechnerische Darstellung; denn am Ende muss es eine Deckung zwischen Bedarf und Nachfrage geben, völlig einverstanden.

Aber immerhin sagen namhafte Experten und Wirtschaftsinstitute entsprechende Zahlen voraus. Umso weniger Verständnis habe ich dafür, dass es so ist, wie ich eben beschrieben habe, nämlich dass 16 Berufsbilder wahrscheinlich das Bundeswirtschaftsministerium nicht werden passieren können.

Wir haben in unserem Antrag auch noch einmal auf die notwendige Flexibilisierung in der Berufsausbildung hingewiesen.Wir diskutieren morgen wieder einmal über die Schwachstellen des deutschen Arbeitsmarkts.

(Norbert Schmitt (SPD): Wann diskutieren wir über die Schwachstellen der Landesregierung?)

Ich bin geradezu dankbar für den Antrag der Sozialdemokraten, die nach der Reise einiger Mitglieder dieses Hauses gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten nach Dänemark und Holland festgestellt haben, dass es auch dort einige Übereinstimmung gibt. Darüber werden wir wohl morgen sprechen. Ich glaube aber, unstreitig ist die Erkenntnis aller derjenigen, die dabei waren, dass die Flexibilität dort eine andere ist als in der deutschen Volkswirtschaft und im deutschen Arbeitsmarkt. Insofern wissen wir,dass wir insgesamt einige Dinge sehr konkret werden anfassen müssen, so z. B. auch bei den Vergütungen, den Urlaubsregelungen, der Berufsschulpflicht und ihrem Umfang, dem Umfang von begleitender Ausbildung in den Berufsbildungszentren und an vielen anderen Stellen.

Meine Damen und Herren, wir müssen darüber reden, dass wir für Unternehmen Ausbildung wieder attraktiver machen. Das ist nicht etwa nur eine leere Floskel. Eines hat das vergangene Jahr auch gezeigt: Bei allem Grund, den wir gemeinsam haben, dieses Thema weiterhin sehr ernsthaft zu betreiben,müssen wir feststellen,dass es nach wie vor viele Hundert offene Ausbildungsstellen in Hessen gibt, die nicht besetzt werden können.

Herr Boddenberg, die Redezeit ist um. Bitte kommen Sie zum Schluss.

Danke, Herr Präsident. – Es gibt dafür die unterschiedlichsten Gründe.Von der Wirtschaft wird nach wie vor, sicherlich nicht ganz zu Unrecht, über die mangelnde Ausbildungsfähigkeit junger Menschen gesprochen. Es ist häufig auch die falsche Vorstellung von jungen Menschen, was ihre Ausbildungsplatzperspektiven anbelangt.

Insofern muss sich unsere ganze Kraft in den kommenden Monaten, neben der grundsätzlichen Werbung für Ausbildungsplätze und der Werbung bei Unternehmen für die Zurverfügungstellung von Ausbildungsplätzen, darauf richten, dass wir gerade auch für die schwächeren Schülerinnen und Schüler adäquate Angebote haben.

Ich bitte Sie deswegen sehr herzlich, uns dabei zu unterstützen.Wir fordern auch den Wirtschaftsminister auf,sich beim Bundeswirtschaftsminister dafür einzusetzen, dass mehr als die bisher angekündigten zwei Berufsbilder am Ende in das Berufsbildungsgesetz bzw. entsprechende Rahmenlehrpläne und entsprechende Prüfungsordnungen umgesetzt werden. Das ist eine herzliche Bitte, und ich glaube, wir werden in unseren Auffassungen nicht so weit auseinander liegen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dieter Posch (FDP))

Danke, Herr Boddenberg. – Herr Riege, Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Boddenberg, ich muss Sie enttäuschen. Das, was Sie sich vorgenommen haben, werden wir nicht unterstützen. Ich will Ihnen erklären, warum. Ich will versuchen, mich auf das zu beschränken, was Gegenstand des Antrags ist. Über Ausbildung unterhalten wir uns morgen und am Donnerstag noch ausführlich.

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Nicht ausweichen!)

Auch um diese Uhrzeit muss ich noch einmal eines feststellen: In keinem Flächenland in Westdeutschland ist die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen so groß wie in Hessen.

(Beifall bei der SPD)

Mit diesem Antrag versucht die CDU, von diesem Armutszeugnis abzulenken und wieder einmal den Ausweg mit dem Fingerzeig auf Berlin zu suchen.

(Zurufe der Abg. Michael Boddenberg und Dr. Walter Lübcke (CDU))

Als wir vor dreieinhalb Jahren hier den Antrag einstimmig beschlossen haben,war es auch noch Ihre Auffassung. Jeder weiß, auch wer damals nicht dabei war, die Schaffung neuer Ausbildungsberufe, auch einfacher Ausbildungsberufe, ist Aufgabe der Sozialpartner. Das soll nach unserer Überzeugung auch so bleiben, weil arbeitsmarktpolitische Verwertbarkeit und zukünftige Perspektiven als entscheidende Größen von diesen Sozialpartnern besser beurteilt werden können als von Politikern – auch von Ihnen, Herr Boddenberg, auch wenn Sie noch so überzeugt von 22.000 Arbeitsplätzen reden. Das sind Zahlen,

mit denen die Jugendlichen,die draußen stehen,nichts anfangen können.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Das war auch im Hessischen Landtag bei der einstimmigen Beschlussfassung, auf die sich der Antragsteller heute beruft, noch der Fall. Ich zitiere den damaligen Wirtschaftsminister Posch:

Herr Boddenberg und auch Herr Riege haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die politische Einflussnahme nur bedingt möglich ist, weil wir es hier mit einem Diskussionsprozess zwischen den Sozialpartnern zu tun haben.

Nach Anlaufschwierigkeiten bei der Behandlung neuer Ausbildungsberufe noch zu Helmut Kohls Regierungszeit werden inzwischen zu jedem neuen Ausbildungsjahr zahlreiche neue und modernisierte Berufsbilder vorgelegt und in Kraft gesetzt. Zwischen 1994 und 2003 waren das insgesamt 214. Ich bitte Sie, sich einmal vorzustellen, was das für die Berufsausbildung in unseren beruflichen Schulen bedeutet: 214 neue Berufsbilder in neun Jahren. – Damit wurde und wird der wirtschaftlichen Entwicklung Rechnung getragen; zuletzt im Sommer 2003, als 28 neue Ausbildungsordnungen vorgelegt worden sind. Im kommenden Sommer werden 31 neue Ausbildungsordnungen in Kraft treten.

Auch schon vor 1998 – das hat also mit der Regierung in Berlin nur bedingt etwas zu tun – hat das Arbeitgeberlager mehrfach Vorschläge für zweijährige Berufsausbildungen gemacht, die aber aufgrund des im Neuordnungsverfahren praktizierten Konsensprinzips nie in Angriff genommen werden konnten. Das ist Fakt. Vielmehr haben sich die Sozialpartner – jetzt hören Sie gut zu – in vielen Fällen darauf geeinigt, Berufe, für die eigentlich eine zweijährige Ausbildung ausgereicht hätte, zu einer dreijährigen Berufsausbildung aufzupolieren. Das nenne ich das Gegenteil von Verantwortung wahrnehmen. Ich erkläre für meine Fraktion: Wir sind nicht bereit, als Politiker in diese Lücke zu treten, die durch das Nichtwahrnehmen der Verantwortung durch die Sozialpartner entsteht.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat diese neue Bundesregierung erstmals in einer Studie nachgewiesen – um den Sozialpartnern ein bisschen Nachhilfe zu geben –, dass es 32 Ausbildungsfelder für zweijährige Berufsausbildungen geben könnte. Die Studie liegt dem Kuratorium der Deutschen Wirtschaft für Berufsbildung vor, damit von dort aus, wie von mir eben beschrieben, die Entwicklung erfolgen kann.