Hauptursache für das Abrutschen unseres Bundeslandes im nationalen Vergleich ist die Schwächung unserer zentralen Wirtschaftsregion, nämlich des Rhein-Main-Gebietes. Unter den europäischen Spitzenregionen waren wir vor acht Jahren noch auf Platz drei gewesen. Das heißt, wir spielten in der Liga mit Paris und London.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mittlerweile stehen wir auf Platz zwölf der europäischen Regionen. Nach uns kommt nun nicht die Region Paris oder London – die großen wichtigen Player. Nach uns kommt die Region Nordschottland. Wenn man den Statistiken glauben mag, dann schickt sich Nordschottland an, die RheinMain-Region, was die wirtschaftliche Entwicklung angeht, zu überholen. Das ist nicht das, was die Menschen in diesem Land von einer Landesregierung erwarten.
Herr Ministerpräsident, es muss Ihnen doch dämmern, dass gemeinsames Agieren von Politik,Wirtschaft,Arbeitnehmervertretern und auch von Kultur – das wird immer
wichtiger – etwas für den wirtschaftlichen Erfolg in einer Region erreichen kann, dass das gemeinsame Erarbeiten eines Leitbildes eine Region stärkt und nicht schwächt. Aber stattdessen fördern Sie mit Ihrem Ballungsraumgesetz das Gegeneinander in der Region.
Das sagen nicht nur wir Sozialdemokraten. Das sagt Ihnen beispielsweise auch die Frankfurter Oberbürgermeisterin. Wenn Sie nicht auf uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Hessischen Landtag hören, dann hören Sie doch wenigstens auf die Betroffenen in Ihrer eigenen Partei. Nehmen Sie dieses verunglückte Gesetz zurück. Damit können Sie weiteren Schaden von unserem Land abwenden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer die Wirtschaft ankurbeln will, der muss investieren. Dies hat die Landesregierung falsch verstanden. Sie hat beim Hochbau die Investitionen um 30 Millionen c zurückgenommen, ebenso viel beim Straßenbau.
Das ist so abenteuerlich, dass das noch nicht einmal der Ministerpräsident selbst vergegenwärtigt hat. Ich habe mir gestern einmal erlaubt, auf Ihrer persönlichen Internetseite zu surfen. Da haben wir noch diesen Ausdruck: „Viel zu tun für Wirtschaft und Arbeit“. Da heißt es: „Wir werden die Mittel für den Landesstraßenbau und für dringend notwendige Ortsumgehungen nochmals – auf dann 100 Millionen c – verdoppeln“.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestern auf der Internetseite angeschaut – es gibt nur zwei Möglichkeiten. Herr Ministerpräsident, entweder Sie aktualisieren Ihre Internetseite oder aber Sie ändern Ihre Politik. Das Zweite wäre besser für die Menschen in unserem Lande.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Entwicklung der Wirtschaft in unserem Lande ist der Ausbau des Frankfurter Flughafens eines der zentralen Themen. Es wird gelegentlich in den Medien geschrieben, dass die Schnittmenge zwischen CDU und Bündnisgrünen immer größer werde. Mein Eindruck ist mittlerweile, dass dies auch beim Frankfurter Flughafen der Fall ist. Sehen Sie, die GRÜNEN wollen den Ausbau verhindern, weil sie den Ausbau nicht wollen.
Sie wollen den Ausbau, aber Sie verhindern ihn, weil Sie nicht in der Lage sind, den Ausbau umzusetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bildungspolitik ist wichtig. Das haben wir vor einem Jahr in der Regierungserklärung und in Sonntagsreden gehört. Was hat die Landesregierung den Menschen in unserem Lande versprochen? 500 Lehrerinnen und Lehrer mehr sollten an hessischen Schulen unterrichten. Tatsächlich stellen wir fest, dass wir bereits ein Jahr nach der Landtagswahl nicht 500 Lehrerinnen und Lehrer mehr an den hessischen Schulen haben werden, sondern über 1.000 Lehrerinnen und Lehrer werden in diesem Jahr an hessischen Schulen fehlen.
Dazu kommt die Schließung kleinerer Schulen in den dörflichen und ländlichen Gegenden. Frau Kultusministe
rin,dazu kommt eine Schulpolitik,die in der Ideologie der Siebzigerjahre fest verhangen ist, die auf Selektion und frühzeitige Auslese abstellt, die Chancen der Kinder in unserem Lande minimiert und nicht steigert, die sozialpolitisch falsch ist und gegen jegliche ökonomische Vernunft verstößt.
Ein weiteres zentrales Thema im Landtagswahlkampf war die innere Sicherheit. Diese Landesregierung verspricht: Wir wollen weiter investieren in Ausbau und Personal der Polizei. – Was ist Realität in diesem Lande? „Herr Koch, überrollt uns jetzt das Verbrechen?“, „Die Landesregierung spart 160 Richter und Staatsanwälte ein“, „Regierung Koch muss die Folgen verantworten“. Zu Herrn Bouffier: „Dieser Minister ist ein Sicherheitsrisiko“, „Strafverfolgung in Hessen wird schlechter“, „Weniger Polizisten trotz angespannter Lage“.
Wir haben in den letzten zwei Jahren in unserem Lande Hessen einen Anstieg der Kriminalität um über 11 % zu beklagen, auch wenn Herr Bouffier versucht, die Zahlen noch zurückzuhalten – 11 % Steigerung bei der Kriminalität, 1.100 Polizisten weniger.
Dieser Ministerpräsident und diese Landesregierung sind tatsächlich ein Sicherheitsrisiko für unser Land.
Einmal abgesehen von den Polizisten: Wer soll denn die Strafverfahren, wer soll denn die Ermittlungsverfahren leiten? – Ich habe eine Rede von Herrn Bouffier aus seiner Oppositionszeit, wo er sozusagen den Untergang des Abendlandes beklagt, weil wir einen Staatsanwalt in Darmstadt abgebaut haben. Mittlerweile ist es so, dass die Staatsanwaltschaften in ganz Hessen, aber insbesondere im Rhein-Main-Gebiet – in Frankfurt und Darmstadt –, offen ankündigen, dass bei weiterem Personalabbau die Staatsanwaltschaften ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht werden können. Die Staatsanwaltschaften werden unter dieser Landesregierung zu Einstellungsbehörden degradiert, weil überhaupt nicht mehr Manpower vorhanden ist, um die Ermittlungsverfahren ordnungsgemäß abzuwickeln.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unter dieser Landesregierung geht der Rechtsstaat vor die Hunde.
(Beifall bei der SPD – Clemens Reif (CDU): Kann es sein, dass Sie heute Morgen vergessen haben, sich zu kämmen?)
Herr Kollege,es ist schwierig,gegen objektive Zahlen zu argumentieren. Deshalb kommen dann solche Zwischenrufe.
Herr Ministerpräsident, abschließend zu Ihnen persönlich. Ich habe Ihnen im Dezember gesagt, dass Sie Ihren Zenit überschritten haben. Ich glaube, dass dies in der aktuellen Debatte Ihrer Bundespartei über die Nachfolge des Bundespräsidenten relativ deutlich geworden ist.
Herr Ministerpräsident, Ihr Einsatz für Herrn Schäuble hat Herrn Schäuble ganz offensichtlich geschadet.
Ich muss Ihnen gestehen: Ich war zunächst etwas verwundert, als ich den Namen Köhler in der Zeitung gelesen habe. Angesichts seiner Vita war ich der Auffassung, er wäre eher als Bundesbankpräsident denn als Bundespräsident geeignet.Aber das ist etwas, was Sie zu entscheiden haben. Eines ist aber ganz deutlich. Sie und andere haben versucht, Herrn Schäuble gegen Frau Merkel durchzusetzen. Frau Merkel hat Ihnen relativ deutlich gesagt: Sie haben auf Bundesebene nichts mehr zu melden. Es gibt nichts mehr, was Sie durchsetzen können. – Frau Merkel hat Ihnen gezeigt, wer der Chef im Hause ist.
Deshalb haben Sie am Wochenende ausgeführt, dass Sie nicht um die Kanzlerkandidatur streiten wollen. Das ist eine deutliche Aussage. Ich habe, als ich diese klare Ankündigung gehört habe, an die Frankfurter Eintracht gedacht. Das hat mich daran erinnert, dass die Frankfurter Eintracht gegen den Abstieg kämpft. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn die Frankfurter Eintracht jetzt sagen würde, sie strebe es nicht an, im nächsten Jahr in der Champions League zu spielen, dann ist dies mit Ihrer Aussage vergleichbar, dass Sie keine Kanzlerkandidatur anstreben.
Denn so weit, wie Sie von einer Kanzlerkandidatur entfernt sind, so weit ist die Frankfurter Eintracht von der Champions League entfernt.
(Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nichts gegen die Eintracht! – Zuruf von der CDU: Schröder! – Weitere lebhafte Zurufe von der CDU)
Jetzt wären wir bei Schröder. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Fußball und Politik werden gerne verglichen.
Eines verbindet Sie darüber hinaus mit der Frankfurter Eintracht, und eines trennt Sie von der Frankfurter Eintracht. Sowohl die hessische Union als auch die Frankfurter Eintracht kämpfen gegen den Abstieg. Das verbindet sie. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn aber die Frankfurter Eintracht absteigt, dann schadet es unserem Land. Wenn Sie aus der Regierung in Hessen absteigen, dann nützt es den Menschen in unserem Land.
(Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall bei Ab- geordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Horst Klee (CDU): Die Frankfurter Eintracht hat jetzt schon einen Punkt mehr als Sie in den Umfrageergebnissen! – Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der CDU)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Wort hat der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Herr Abg. Dr. Jung. Bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich mir zur Vorbereitung auf diese Rede den Antrag der SPD angeschaut habe