Protokoll der Sitzung vom 25.03.2004

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich komme jetzt zu der Häufigkeit von Kriminalität. In der Bundesrepublik wird immer die Zahl der Delikte je 100.000 Einwohner gemessen. Wie hoch ist eigentlich die Belastung? Im Jahr 2003 war sie so hoch, wie es während Ihrer Regierungszeit in den Jahren 1991 bis 1998 nur in einem einzigen Jahr der Fall war.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn Sie die Zahlen schon haben, dann sagen Sie doch einmal, wie sie aussehen!)

Das war nur einmal der Fall. In all den anderen Jahren Ihrer Regierungszeit lagen die Zahlen deutlich darüber.

(Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Sie haben sich heute hierhin gestellt und ein bestimmtes Bild gezeichnet. Das ist, wenn man es an der Zeit misst, in der Sie in der Regierungsverantwortung standen, nicht nur eine Chuzpe.Vielmehr ist es der Versuch,heute Ihr eigenes Versagen durch ein besonders lautstarkes Auftreten zu verdecken.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich halte fest: In Hessen liegt die Kriminalitätsbelastung deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war sie immer schon!)

Nein, das war sie nicht.

Herr Minister, gestatten Sie Zwischenfragen?

Nein, ich möchte im Zusammenhang vortragen. – Unter der Verantwortung dieser Regierung ist sie bis auf eine einzige Ausnahme, in der sie in etwa gleich war, immer besser gewesen als zu Ihrer Regierungszeit.

Es gibt ein Beispiel,das die Menschen sehr bewegt.Das ist der Wohnungsdiebstahl. Hier ist die Fallzahl in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Sie ist auch im vergangenen Jahr auf niedrigem Niveau geblieben, ich glaube, es waren nur 30 Fälle mehr.

Das ist ein wichtiger Punkt.Wir haben auf der einen Seite Zunahmen, wir haben aber auch Abnahmen. Aber in der

Bundesrepublik Deutschland haben wir insgesamt Zunahmen. Das kann einen auch nicht verwundern. Der Ministerpräsident hat gestern einige Punkte genannt. Das Thema Gewaltschutz ist heute auch genannt worden, ich bin sehr dankbar dafür.Ich will noch einen anderen Punkt nennen.Wir haben eine deutliche Steigerung der Fallzahlen an Sachbeschädigungen. Dort bekennen wir uns zum Teil zu Vorgängen, die schon immer stattgefunden haben, die aber früher nicht verfolgt wurden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Weil wir in Hessen eine ganze Reihe von Sondereinheiten gegen Graffiti eingesetzt haben, ist das eine erfasste Form von Kriminalität. Die haben Sie nicht verfolgt, aber ich finde es nicht richtig, dass wir denjenigen, die Hauswände beschmieren, nicht polizeilich nachgehen.

(Beifall bei der CDU – Armin Klein (Wiesbaden) (CDU): Das sind Tausende von Fällen!)

Deshalb bleibt: Man muss die Dinge durchaus differenziert betrachten. Es gibt keinen Anlass, sich entspannt zurückzulehnen im großen Gefüge vom Terrorismus bis zur Sachbeschädigung. Aber es gibt auch überhaupt keinen Anlass, ein solches Bild zu malen, wie Sie es hier vorgetragen haben. Ich weiß sehr wohl, dass die Beamtinnen und Beamten natürlich nicht begeistert sind, wenn sie länger arbeiten sollen. Ich weiß sehr wohl, dass, wenn man das Weihnachtsgeld kürzt, dies nicht zur Begeisterung führt. Das ist aber kein Spezifikum der Polizei, sondern es trifft den öffentlichen Dienst insgesamt.

Die Erfolgslage ist vorgetragen worden. Frau ZeimetzLorz hat gesagt:Wir haben die höchste Aufklärungsquote, die es in Hessen jemals gab.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Was Sie alles wissen! Aber warum veröffentlichen Sie es nicht, wenn Sie alles schon wissen?)

Das verschweigen Sie immer gerne. Herr Al-Wazir, ich habe gar nicht die Absicht, mich mit Ihnen hier zu beißen. Ich würde mich freuen, wenn Sie die Größe hätten, zu sagen: Mensch, es ist prima, dass auch in diesem Land beinahe jeder zweite Kriminalitätsfall aufgeklärt wird. – Es ist doch ein Grund zur Freude. Es müssten doch 110 Abgeordnete sagen, dass es prima ist, und nicht, dass es keinen Sinn hat.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, die zwischen den Fraktionen vereinbarte Zeit ist abgelaufen.

Herr Präsident, ich versuche, das fix zu Ende zu bringen. – Nun zu dem Stichwort Personal. Einiges ist schon gesagt worden. Ich will es hier sehr deutlich sagen: In den nächsten drei Jahren wird die hessische Polizei insgesamt 531 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten mehr haben, weil wir mehr ausgebildet haben und mehr einstellen.

(Beifall bei der CDU)

Dort, wo Sie Verantwortung tragen, werden die Leute nicht einmal übernommen.Wir übernehmen jeden einzelnen ausgebildeten Polizeibeamten.

(Zuruf der Abg. Sabine Waschke (SPD))

Das heißt, in diesem Jahr sind es 115 mehr, im nächsten Jahr 300 und im Jahr 2006 noch einmal 86 mehr. Das hat überhaupt nichts mit der Arbeitszeitverlängerung zu tun. Das ist ein effektives Mehr. Hinzu treten statistisch gesehen 1.100 Stellen durch die Arbeitszeitverlängerung. Nun brauchen Sie mit mir nicht darüber zu streiten,ob man das eins zu eins umsetzen kann. Aber über eines kann kein Zweifel bestehen:Wenn Sie in der Summe von rund 1.100 Beamtinnen und Beamten polizeiliche Dienstleistungszeit mehr haben, kann niemand ernsthaft behaupten, die polizeiliche Arbeitskraft und der Service am Bürger in der inneren Sicherheit würden weniger. Das Gegenteil ist der Fall. Es wird mehr.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb bleibt das, was ich hier schon des Öfteren ausgeführt habe: Die hessische Polizei ist die am besten ausgebildete, sie ist die am besten ausgestattete Polizei. Sie ist einmalig führend, nicht nur in Deutschland, sondern mittlerweile auch in Europa, was die Technik angeht. Dort werden wir bewundert und beneidet. Es war ein Kraftakt, den wir hier gemeinsam durchgezogen haben, auf den Trümmern Ihrer Politik – das gehört auch dazu.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist jetzt die ernsthafte Debatte? – Manfred Schaub (SPD): Das ist Ernsthaftigkeit?)

Eines gehört zum Abschluss auch dazu, damit die Menschen ein einigermaßen umfassendes Bild haben. Der Kollege Al-Wazir hat von der Stimmungslage gesprochen. Herr Kollege Hahn hat zu Recht darauf hingewiesen – auch das ist wahr –: Es gibt keine Polizei in Deutschland, die so gut bezahlt wird wie die hessische Polizei. Mir ist auch keine in Europa bekannt. Das wird man einmal sagen dürfen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Manfred Schaub (SPD))

Dann bleibt übrig: beste Ausbildung, beste Ausstattung, beste Bezahlung und zukünftig noch mehr polizeiliche Dienstleistung in der inneren Sicherheit. Das bleibt eine Daueraufgabe, da lehnen wir uns nicht zurück.

(Günter Rudolph (SPD): Aber auch mehr Belastungen!)

Mit dieser Bilanz brauchen wir uns in gar keiner Weise zu schämen oder zurückzuziehen, was immer Sie gesagt haben.Im Gegenteil,die Sicherheitsarchitektur,über die wir so oft gesprochen haben, ist heute ein Exportschlager.

(Manfred Schaub (SPD): Bauruine! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Einstürzende Neubauten!)

Was wir unter dem Thema innere Sicherheit vor diesem Hause und vor der Öffentlichkeit zu verantworten haben, erfüllt uns mit Stolz, und das bleibt unsere gemeinsame Priorität. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eine Schlussfrage!)

Herr Minister, der Kollege Al-Wazir – –

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wie immer hat er Angst vor der Wahrheit!)

Herr Staatsminister, vielen Dank. – Es gibt keine weitere Wortmeldung zu Punkt 82. Damit ist diese Aktuelle Stunde ebenfalls abgehalten.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 36 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Begräbnis der Bildungsgerechtigkeit durch die Landesregierung – Drucks. 16/2055 –

Dieser Antrag wird gemeinsam mit den Tagesordnungspunkten 22, 23, 30, 51 und 52 aufgerufen.

Die vereinbarte Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion. – Das Wort hat Frau Kollegin Priska Hinz, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Landesregierung will durch ihre geplante Änderung des Schulgesetzes die soziale Spaltung in der Gesellschaft vorantreiben und die Chance auf Bildungsgerechtigkeit endgültig begraben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Mit dem neuen Schulgesetz wird die Rutschbahn der Kinder nach unten perfektioniert. Schulstrukturen werden nicht nur weiter ausdifferenziert, sondern zementiert, integrierte Schulformen zerschlagen und die Bildungsgänge so weiter abgeschottet. Wie will die Landesregierung das erreichen?

(Hans-Jürgen Irmer (CDU):Völliger Schwachsinn! – Gegenruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Irmer, Sie sind doch immer für Kopfnoten! Benoten Sie sich doch selber! – Weitere lebhafte Zurufe)