Protokoll der Sitzung vom 12.05.2004

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Herr Abg. Milde für die Fraktion der CDU.

(Jürgen Walter (SPD): Schlägst du jetzt einen Pflichtverband für Rauchmelder vor? Mit Zwangsmitgliedschaft?)

Einen Zweckverband? Das wäre auch eine Idee. – Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Schäfer-Gümbel, Sie hätten sich gar nicht so abstrampeln müssen.Wenn Sie die Debatte um die Hessische Bauordnung vor eineinhalb Jahren mitbekommen hätten, dann wüssten Sie, dass wir einheitlich der Meinung sind, dass das geregelt werden muss.Wir haben schon damals gesagt, es muss eine Form der gesetzlichen Regelung geben. Wir haben uns auch damals schon nur darüber unterhalten, ob es Sinn hat, dass wir das in einem Alleingang in Hessen in die Hessische Bauordnung aufnehmen,wenn alle anderen rundherum es nicht in ihren Bauordnungen haben.Es war damals die einheitliche Meinung aller Bauminister in Deutschland, es war auch einstimmiger Beschluss der ARGEBAU, dass es nicht geregelt werden soll, dass man auf das Prinzip der Freiwilligkeit setzt, was übrigens mit großem Erfolg gemacht wurde.

Vielleicht haben Sie den Ausführungserlass zur Hessischen Bauordnung gelesen, empfehlen kann ich es nicht für jemanden, der das nicht unbedingt beruflich braucht. Darin findet sich der Ausfluss der damaligen Diskussion zur Bauordnung und der Diskussion mit dem Landesfeuerwehrverband. In dem Ausführungserlass zur Bauordnung, den Architekten und Ingenieure an die Hand bekommen – das ist das Entscheidende –, haben wir klar festgelegt, dass in allen Schlafräumen Rauchmelder zu installieren sind. Es gab Kampagnen mit dem Landesfeuerwehrverband, die auch von der Landesregierung unterstützt wurden, Rauchmelder einzubauen. Das ist geschehen. Vor allem haben wir erreicht, dass das auch bei der Substanz geschieht. Dort ist es viel wichtiger als bei Neubauten, weil der Bestand wegen der älteren Substanz stärker durch Feuer bedroht ist. Die Substanz wird mehr erhalten, weil wir mehr in den vorhandenen Gebäuden erreichen.All das ist erfolgt.

Es gibt inzwischen eine neue Diskussionslage, auch auf Druck der Feuerwehr,die sich fragt,warum sie sich immer abstrampeln muss und keine gesetzliche Regelung kommt. Deshalb haben die Länder Saarland und Rheinland-Pfalz das sozusagen als Pilotprojekt in ihre Bauordnungen aufgenommen, um Druck auf die Bauministerkonferenz zu machen. Den Entwurf von Rheinland-Pfalz haben Sie praktisch abgeschrieben, ob zu 99 oder zu 100 %, das vermag ich nicht zu sagen.

Das Land Hessen hat in der Bauministerkonferenz einen Antrag gestellt, das jetzt zum Thema zu machen, und es wird bis zum Sommer entschieden werden, ob man sich einheitlich auf eine solche Formulierung in einer Musterbauordnung und damit auf eine Aufnahme in die Länderbauordnungen einigen kann. Wenn das nicht geschieht – Sie haben meinen Presseartikel von gestern schon zitiert; ich hoffe, Sie haben ihn zu Ende gelesen –, werden wir als CDU-Fraktion in Hessen zumindest dem Weg der Länder Saarland und Rheinland-Pfalz folgen und eine gesetzliche Regelung schaffen, die unbürokratisch ist und alle anderen rechtlichen Fragen, die es rundherum gibt, außer Acht lässt, z. B. die Frage, wer das alles kontrolliert oder welches Bauprodukt genommen werden darf.

(Zuruf des Abg. Dieter Posch (FDP))

Wir werden es so machen wie in Rheinland-Pfalz. Damit kommen wir sehr nahe an Ihren Gesetzentwurf heran. Daher sage ich zum praktischen Verfahren, weil wir uns über die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit von Rauchmeldern hier nicht streiten wollen:Wir werden Ihren Gesetzentwurf, den Sie hier eingebracht haben, in den Ausschüssen normal debattieren. Wir werden ihn sowieso über die Sommerpause hinwegretten müssen, weil wir das nicht schon beim nächsten Mal in die zweite Lesung bringen können. In der Zeit werden wir die Entwicklung abwarten und dann gemeinsam zu einem Gesetzestext kommen. Insofern sind Ihr Ansinnen und Ihr Gesetzentwurf nicht verkehrt. Es fällt auf fruchtbaren Boden, und Sie rennen bei uns offene Türen ein. Wir sind in diesem Bereich bereits aktiv. Aber es ist nicht verkehrt, dass Sie es noch einmal gebracht haben. Es war nicht falsch. – Vielen Dank, wir werden den Brandschutz in Hessen unterstützen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Abg. Frömmrich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Milde, es ist schön, dass Sie Zustimmung signalisieren. Nachdem wir auf verschiedensten Veranstaltungen, ich z. B. zuletzt beim Feuerwehrverbandstag in Hofgeismar,den Worten Ihres Innenministers gelauscht haben, glaube ich, dass es eine breite Mehrheit für dieses Thema gibt.Wenn es eine breite Mehrheit gibt, frage ich mich, warum wir die Behandlung unseres Antrags verschieben mussten. Er stand schon auf der Tagesordnung der letzten Plenarsitzung, und er stand auch schon für die Sitzung im Ausschuss an.Von Ihrer Fraktion ist damals gebeten worden, ihn zu verschieben, damit man sich noch einmal abstimmen könne.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Wenn das so weit gediehen ist, wie Sie hier sagen, dann hätte man den Antrag auch behandeln können.

Meine Damen und Herren, Wohnungsbrände – das ist hier gerade schon erwähnt worden – haben dramatische Folgen für Leib und Leben von Menschen. Die meisten Menschen sterben nicht an den Flammen, sondern durch giftige geruchlose Rauchgase, z. B. Kohlenmonoxid, das den Menschen im tiefen, festen Schlaf lässt, anstatt ihn zu wecken. 70 % der Brandopfer werden im Schlaf überrascht. Rauchmelder können also Leben retten. Sie geben selbst bei wenig Rauch Alarm, das schafft Zeit, sich und andere in Sicherheit zu bringen und die Feuerwehr zu alarmieren.

Höchstens 7 % der Haushalte in Deutschland sind mit diesen Geräten ausgestattet. Für öffentliche Gebäude wie beispielsweise für Hotels sind Rauchmelder Pflicht, für Privathaushalte, in denen vier Fünftel der Brände entstehen, jedoch nicht. In den meisten Bundesstaaten in den USA und in Kanada sind diese Geräte längst vom Gesetzgeber vorgeschrieben. 80 % der Haushalte sind dort bereits mit diesen Geräten ausgestattet.

(Florian Rentsch (FDP): Natürlich!)

Auch in Großbritannien und Skandinavien besitzen über 50 % der Wohnungen dank intensiver Aufklärung durch die Feuerwehren mindestens einen Rauchmelder. Durch ihren Einsatz, so schätzen offizielle Studien, ist die Anzahl der Brandopfer um 45 % zurückgegangen.

Nun ist offensichtlich auch in der CDU die Einsicht gewachsen, in dieser Frage etwas zu unternehmen.Wie man auf dem Feuerwehrverbandstag in Hofgeismar erfahren konnte, ist der Innenminister nun auch bereit, einer gesetzlichen Regelung nicht mehr ablehnend gegenüberzustehen. Er verweist allerdings auch darauf, dass man erst den Versuch unternehmen wolle, eine bundesgesetzliche Regelung herbeizuführen.

Wenn Sie jetzt auf einmal in die Puschen kommen, begrüßen wir das ausdrücklich. Aber ich frage Sie, warum Sie das nicht viel früher gemacht haben und warum Sie nicht viel früher diesen Druck aufgebaut haben.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Ich könnte Ihnen hier Pressemitteilungen der Feuerwehrverbände von vor weiß ich nicht wie vielen Jahren vorlesen, ich kann Ihnen auch jetzt die zum 50. Jahrestag verabschiedete Resolution zu Rauchmeldern vorlesen. – Wir begrüßen es, dass die CDU in dieser Frage in Bewegung kommt, aber es wäre doch schön gewesen, wenn wir in diesem Punkt schon etwas weiter wären.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihren Blick noch einmal auf einen Punkt lenken, den Herr Kollege Milde angesprochen hat. Wenn wir eine gesetzliche Regelung vorschreiben, werden wir uns nur in dem Neubaubestand bewegen. Es muss auch eine Lösung gefunden werden, wie man im Altbaubestand,in dem durch die Bausubstanz die meisten Brände entstehen, zu einer wirtschaftlichen Lösung kommen kann. Aus diesem Grund fordere ich an dieser Stelle die Versicherungswirtschaft auf, einen Rauchmelderbonus in die Feuerversicherung der Gebäudeversicherung einzuführen.Damit würde der Einbau vor allem im Wohnungsbestand deutlich vorangetrieben.

Im Unterschied zu einer gesetzlichen Regelung, die im Übrigen nur im Neubau wirkt, setzen wir damit auf eine freiwillige Lösung und damit auch auf die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger.

Dieser Bonus wäre praktisch eine Win-Win-Situation, weil viele davon profitieren würden. Die Versicherungen würden davon profitieren, weil die Schadensummen nicht mehr so hoch sind, die Versicherten würden durch geringere Beiträge profitieren.Damit hätten wir eine Win-WinSituation.

Nachdem sich auch gerade die Feuerwehren ganz drastisch dafür einsetzen, dass wir auch im vorbeugenden Brandschutz etwas machen, müssen wir jetzt wirklich in die Puschen kommen, den Feuerwehren entgegenkommen und eine gesetzliche Regelung schaffen. Ich würde mich freuen, wenn wir bei den Debatten in den zuständigen Ausschüssen zu einer schnellen Lösung kommen, die dann auch den Forderungen der Feuerwehren gerecht wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ein kurzer Zwischenruf an die Geschäftsführer:Wir müssen überlegen, welchen Tagesordnungspunkt wir noch vor der Mittagspause nach diesem Tagesordnungspunkt aufrufen.

Das Wort hat Herr Abg. Posch für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Kaum haben wir die Frage der schlankeren Gesetze und der Standards, die in Gesetzen enthalten sein müssen, diskutiert, fordern wir einen Tagesordnungspunkt später stärkere und strengere Maßnahmen. – Das nur als Vorbemerkung.

Die Frage der Rauchmelder ist bei der Novellierung der Hessischen Bauordnung in der letzten Legislaturperiode kontrovers diskutiert worden. Ich will die Berechtigung von Rauchmeldern überhaupt nicht bestreiten. Das, was hier in der Sache gesagt worden ist, dass sie Schäden verhindern und Leben retten können,ist völlig unstreitig.Die Frage ist nur, ob dies schon wieder gesetzlich kodifiziert werden muss. Wenn man es gesetzlich kodifiziert, dann muss auch sichergestellt werden, dass diese Regelung eingehalten wird. Ich übertreibe jetzt einmal: Man muss neben jeden Rauchmelder einen Aufsichtsbeamten stellen, nur dann ist zu erreichen, was wir tatsächlich wollen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Frömmrich,Sie haben gesagt,dass durch Aufklärung das Verantwortungsbewusstsein der Menschen gestärkt worden ist und die Menschen Rauchmelder angeschafft haben. Ja bitte, dann machen wir es doch so. So können wir erreichen, dass Schäden vermieden werden.

(Beifall bei der FDP)

Es ist eine Sache der Architekten und der Bauherren, sich dieser Verantwortung bewusst zu sein und zu sagen: Dann kaufe ich eben so ein Ding für 2,99 c bei Obi oder wo auch immer und baue es ein. – Müssen wir denn alles in dieser Welt regeln und dafür sorgen, dass ein Aufsichtsbeamter daneben steht?

(Beifall bei der FDP)

Herr Milde, Sie haben gesagt, Sie wollten einmal sehen, was sich auf Bundesebene abspiele. Meine Damen und Herren, es gibt seit über 20 Jahren eine Diskussion über die Bauordnung, bestimmte Dinge bundeseinheitlich zu regeln, das ist die Diskussion um die Mustersatzung gewesen. Die Mustersatzung – das habe ich zu einem anderen Zeitpunkt schon gesagt – kenne ich schon aus dem Studium. Sie wurde nämlich bei den Juristen immer als Beispiel für das Verwaltungsrecht genommen.Es ist in der Tat gelungen,innerhalb der Musterbauordnung verbindliche Regelungen einzuführen. Wenn jetzt andere Länder ausbüchsen, dann ist das nicht unbedingt ein Grund, dass wir diesem Ausbüchsen anderer Länder folgen. Wir appellieren an diejenigen, die Bauherren sind, das zu tun. So muss es doch auch möglich sein, eine solche Sache zu erreichen.

Ich fasse unsere Sicht zusammen: Erstens sind Rauchmelder sinnvoll, sie können genau das erreichen, was wir hier gesagt haben. Zweitens werden verantwortungsbewusste Bauherren Rauchmelder einbauen. Es handelt sich nach unserer Auffassung um eine in eigener Verantwortung zu treffende Entscheidung.

Im Übrigen sage ich zum Verfahren: Man sollte jetzt nicht eine isolierte Vorschrift bei der Hessischen Bauordnung ändern. Sie wissen, dass wir in der Hessischen Bauordnung seinerzeit eine Vorschrift beschlossen haben, die uns ohnehin verpflichtet, einen Erfahrungsbericht entgegenzunehmen. Bei der Diskussion um den Erfolg der Bauordnung könnte man das aufgreifen. Einen eigenen Gesetzgebungsvorgang wegen dieser Angelegenheit halten wir aus diesem Grund schlicht und ergreifend für völlig unvertretbar. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort hat Herr Wirtschaftsminister Dr.Alois Rhiel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann die Position der Landesregierung mit wenigen Worten zusammenfassen.

Erstens. Wir unterstützen grundsätzlich diese Initiative. Herr Posch hat darauf hingewiesen, sie ist damals im Rahmen der Bauministerkonferenz bei der Erarbeitung einer Mustersatzung diskutiert worden. Damals haben sich alle Bundesländer entschieden, dies nicht durch Gesetz festzulegen. Diese Vereinbarung gilt, auch wenn jetzt zwei Länder ausgeschert sind. Im Sinne eines Miteinanders gehört diese Beratung in die Bauministerkonferenz, also an den Ort, an dem wir damals diese Vereinbarung getroffen haben. Ich habe bereits den entsprechenden Antrag gestellt.

In der Bauministerkonferenz sind übrigens Minister aller Parteien vertreten: Minister der SPD, der FDP und auch ein Minister der GRÜNEN, nämlich der Kollege Vesper aus Nordrhein-Westfalen, der diese Position ausdrücklich unterstrichen hat. Deswegen verstehe ich diese parteipolitische Auseinandersetzung hier überhaupt nicht.

Zweiter Punkt.Wir sollten festhalten, dass dieser Gesetzentwurf einen wesentlichen Bereich außen vor lässt, nämlich die Altbauten. Wenn wir eine Regelung schaffen, müsste sie auch diesen Bereich einbeziehen.

Der dritte Punkt, den ich hier ansprechen möchte, ist auch im Hinblick auf die Wohnungsinhaber und -mieter wichtig. Wir müssen erkennen, dass die Einführung einer solchen gesetzlichen Pflicht heute dadurch erleichtert wird, dass die Technik weit fortgeschritten ist. Es gibt heute technologische Lösungen, durch die sich ein solcher Sicherheitsstandard bereits mit einem wesentlich geringeren Aufwand realisieren lässt. Deshalb stellt auch die Einbeziehung von Altbauten kein finanzielles Problem mehr dar.

Zu Beginn ist kritisiert worden, dass wir uns mit unserem gemeinsamen Vorgehen gegen den Föderalismus richteten und dass dies – das wird irrtümlich hier gesagt – eine Verstärkung der bürokratischen Instanzen bedeute. Genau das ist aber nicht der Fall.

Die Unternehmen, die solche Anlagen herstellen und vertreiben, klagen immer wieder darüber, dass es in den Bundesländern zu viele unterschiedliche Regelungen und Vorschriften gebe. Wenn wir uns bemühen, bundesweit – nicht durch ein Bundesgesetz, wohlgemerkt, sondern durch eine freiwillige Vereinbarung der Länder – eine

möglichst einheitliche Regelung zu schaffen, tragen wir dazu bei, die bürokratischen Hemmnisse zu reduzieren, anstatt sie zu vergrößern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)