Protokoll der Sitzung vom 15.07.2004

Wir haben eben vorgetragen bekommen, was im Antrag zum Maulkorberlass steht. Ich bin ja auch der Meinung, dass man nicht jedem Forstamt vorschreiben muss,welche Öffentlichkeitsarbeit es macht. Als Hinweis ließe ich mir das gefallen, als Verbot muss es nicht sein – obwohl dieser Erlass bei weitem nicht so weit geht,wie seinerzeit der bökelsche Maulkorberlass verkündet hat. Dieser war viel restriktiver. Ich bitte Sie, lesen Sie sich diesen Erlass noch einmal durch, und vergleichen Sie ihn mit dem Schreiben, das heute an die Forstämter gegangen ist.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Dennoch finde ich den Maulkorberlass nicht gut. Hier hätte Hessen-Forst etwas schneller sein müssen und hätte auch im Hinblick auf die Forstämter Öffentlichkeitsarbeit machen müssen, damit das überhaupt nicht notwendig gewesen wäre. Von daher, meine Damen und Herren von

den GRÜNEN, an der Stelle halte ich Ihren Antrag für ein bisschen überzogen.

Das ist ja so wie der Vortrag des Kollegen Häusling. Es hätte nur noch gefehlt, dass Waldpädagogik nicht stattfindet. Er sitzt aber im Beirat von Hessen-Forst, da bekommen wir genau aufgezählt, wie viele Stunden Waldpädagogik gemacht werden. Die Stunden sind in den letzten Jahren kontinuierlich nach oben gegangen. Es ist also mehr geworden. Er erzählt es hier wider besseres Wissen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Martin Häus- ling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es hat ja nur noch gefehlt, dass er gesagt hätte, weil die Waldarbeiter weniger werden: Im Wald, da sind die Räuber, weil keine Waldarbeiter mehr da sind.

(Christel Hoffmann (SPD): Das finde ich gut: Im Wald, da sind die Räuber!)

Herr Kollege, ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit hätte ich mir schon gewünscht.

(Beifall der Abg. Christel Hoffmann (SPD))

Die Ernsthaftigkeit, dachte ich, kommt mit dem Kollegen und Fachmann Bender. Er begann auch sehr sachlich, da war ich wirklich angenehm überrascht und habe mir gedacht, es kommt einer, der es gleich richtig darstellt.Aber, Herr Kollege Bender, ich habe es eben schon mit der Waldpädagogik und der Umweltaufklärung erklärt: Sie haben genauso in den Sitzungen gesessen wie ich, Sie haben die gleichen Zahlen erhalten und wissen, dass mehr Stunden gemacht worden sind. Wenn Sie das dann in so komische Zusammenhänge stellen,kann das nicht sein.Es ist ja klar,der globale Holzmarkt ist ein Problem.Aber ich hätte von Ihnen bitte schön auch gerne ein Wort dazu gehört, dass es auch ein Problem des deutschen Holzmarktes ist, dass die Wirtschaft in Deutschland nicht funktioniert, dass die Konjunktur nicht läuft und dass nicht gebaut wird.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ein Letztes: Ich bitte Sie dann doch, ein bisschen vorsichtiger mit Hessen-Forst umzugehen. Hessen-Forst ist sicherlich in einer sehr schwierigen Phase, dass wurde auch wiederholt in Gesprächen bestätigt. Zudem kommt er in eine sehr schwierige Konjunkturlage hinein, zudem hat er auch sehr große Aufgaben wahrzunehmen, all das im Zuge der Strukturreform. Die Leitung von Hessen-Forst ist an der Stelle nicht zu beneiden. Man muss auch fragen, ob es richtig ist, dass das alles so zügig und schnell gehen muss. Dennoch ist es politisch so gewollt. Ich meine, man kann es vertreten, mit all den Problemen, die auftreten.

Dann aber zu behaupten, es gehe bei Hessen-Forst nur um Profitmaximierung, ist falsch. Herr Kollege Bender, Sie sind der Forstfachmann, ich bin an der Stelle Laie, aber ich kann die Zahlen lesen. Wir haben doch immer noch einen höheren Zuwachs pro Hektar, als wir an Holzertrag ernten. Da können wir doch nicht von Profitmaximierung und von Holzhackermentalität reden. Ich bitte Sie auch im Sinne derjenigen, die bei Hessen-Forst beschäftigt sind und aus meiner Sicht gute Arbeit leisten,das zurückzunehmen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Ich würde es gut finden,wenn die GRÜNEN sagen:Ja,wir haben es versucht, es ist aufgefallen, dass das alles nicht so war, wir ziehen beide Anträge zurück. – Schönen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Als Nächster spricht Umweltminister Dietzel.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jeder von uns weiß, dass der Borkenkäfer ein Problem für den Wald werden kann. Aus diesem Grund hat sich die Hessische Landesregierung sehr früh mit diesem Thema beschäftigt. Sie wissen, dass sich im vergangenen Jahr durch den Jahrhundertsommer die Population in erheblichem Maß vermehrt hat. Hinzu kam, dass wir im vergangenen Jahr kaum Froststrecken hatten.Wir benötigen über mehrere Tage eine Temperatur von minus 15 Grad. Das ist nicht passiert, sodass eine relativ große Population in dieses Frühjahr gekommen ist.

Unter optimalen Bedingungen hat ein Borkenkäferweibchen pro Jahr bis zu 4.000 Nachkommen – nur um diese Größenordnung hier einmal anzumerken. Da weiß man dann auch, welche Gefahr hierdurch für unseren Wald besteht. Wir müssen uns gemeinsam mit den Waldbesitzerverbänden frühzeitig darüber unterhalten, welche Möglichkeiten wir haben.

Uns ist natürlich auch die feuchte und kühle Witterung zugute gekommen,die wir in diesem Frühjahr hatten,die wir teilweise beklagen. Was aber den Borkenkäfer angeht, kommt es nicht zu einer Explosion der Population.

Wenn man das mit dem vergangenen Jahr, mit dem Jahrhundertsommer, vergleicht, dann haben wir uns vielleicht schon an das schlechte Wetter gewöhnt. Wir haben nur 67% des Niederschlags eines normalen Jahres, bis jetzt ist dies noch nicht aufgeholt worden. Das gibt einen Trockenstress, vor allem für die Fichte, die dann für die Borkenkäfer anfällig wird.

Dieser, Gott sei Dank, ausgebliebene Befall hat sicher zum einen etwas mit der Witterung zu tun, zum anderen aber auch mit den forstlichen Bekämpfungsstrategien. Ich bedanke mich bei den Förstern und Waldbesitzern, die hier in hervorragender Weise mitmachen, damit diese Population nicht überbordet. Hier wird aufbereitet, vermarktet, inklusive der Abfuhr des Holzes aus dem Wald, das teilweise verbrannt wird. Alle wissen um diese Problematik und sind auch entsprechend verantwortungsvoll.

Vor allen Dingen ist auch wichtig, dass wir die Information vor Ort intensiviert haben. Das ist einmal durch den Landesbetrieb Hessen-Forst geschehen, aber auch durch unsere Servicestelle in Gießen, die in hervorragender Weise die Waldbesitzer aller Waldbesitzarten beraten hat und auch den Waldschutz sichergestellt hat.

Ursprünglich wollten wir uns schon beim letzten Mal über den Antrag der GRÜNEN zum Maulkorberlass unterhalten. Es ist zugegeben eine Geschäftsanweisung, die am 19. April 2004 rausgegangen ist. Wir haben darin eindeutig gebeten – eben ist auch festgestellt worden: nicht verboten –, dass eine zurückhaltende Öffentlichkeitsarbeit geführt wird, weil wir gerade von den privaten Waldbesitzern auf dieses Thema aufmerksam gemacht worden sind, dass durch diesen höheren Holzeinschlag, der durch die Borkenkäfer und teilweise auch durch den Sturm vorgenommen werden musste, möglicherweise Veränderungen auf dem Holzmarkt stattfinden.

Wir haben im Augenblick schon eine schwierige Situation, in der die Preise weit unten sind und die Waldbesitzer Pro

bleme haben, noch ein Einkommen zu erwirtschaften. In der Situation wird möglicherweise diese Diskussion ausgenutzt. Durch diese Diskussion um den Maulkorberlass haben Sie den Waldbesitzern aller Waldbesitzarten einen Bärendienst erwiesen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Im Jahr 2003 wurden im Staatswald 1,9 Millionen Festmeter Holz eingeschlagen. Das sind zugegeben 300.000 Festmeter über dem Planwert. Aber wie eben gerade schon von Heinrich Heidel gesagt,haben wir trotzdem einen wesentlich höheren Zuwachs je Jahr. Aus Windwurf haben wir allein 250.000 Festmeter, aus Borkenkäferbefall und Trockenheit 260.000 Festmeter, hier war überproportional der Fichtenbestand betroffen.

Die Eiche wurde im Jahr 2003 mehr genutzt – als Fassholz nach Frankreich, das als Weinfässer wieder zurück nach Deutschland kam. Hessen-Forst und alle Waldbesitzarten sind angewiesen, wirtschaftlich zu denken und, wenn es einen Markt gibt, diesen auch zu bedienen. Der Bucheneinschlag ist weit unter den Nutzungsmöglichkeiten geblieben, weil das Chinageschäft nicht mehr so gut gelaufen ist.

Aber ich möchte auch deutlich sagen, dass dieser Mehreinschlag nichts mit einer Haushaltssanierung zu tun hat, sondern es handelt sich um eine Orientierung am Markt, um hier positive wirtschaftliche Ergebnisse zu erzielen. Das,was wir hier vorgeschlagen haben,hat auch der Waldbesitzerverband gesagt: Es ist kein Raubbau, sondern in der Sache gerechtfertigt.

Die Erlöse, die wir durch den Mehreinschlag erzielt haben, haben wir zum Verkauf und zur Aufarbeitung des vom Borkenkäfer befallenen Holzes genutzt, damit das befallene Holz schnell aus dem Wald herauskommt. Wie ich bereits gesagt habe, werden auch diejenigen, die über einen Waldbesitz anderer Art verfügen, beraten.

Den Personalabbau in einen Zusammenhang mit dem Borkenkäferbefall zu bringen, halte ich jedoch eindeutig für unredlich. Hier wird versucht, einen Popanz aufzubauen.

(Beifall bei der CDU)

Trotz der Diskussion um Struktur und Personalabbau, die wir jetzt führen, sage ich Ihnen: Selbst die Waldarbeiter, deren Stellen an die PVS gemeldet wurden, können heute noch im Wald arbeiten. Die Borkenkäferproblematik, die wir im Moment haben, ist kein hessenweites Problem. Aber sie kann zu einem großen Problem eines einzelnen Waldbesitzers werden, weil sie sich über eine bestimmte Fläche ausweiten kann.

Deswegen ist es wichtig, dass diese Arbeiten erledigt werden. Sie werden bei Hessen-Forst entsprechend durchgezogen. Spitzenbelastungen kann man durchaus auch durch Fachunternehmungen abdecken lassen, wie das in den Sturmjahren – bei den Stürmen Lothar,Wiebke oder Vivian – geschehen ist.

Es wird ein naturnaher Waldbau gefordert. Ich denke, dass die Nachhaltigkeitsdiskussion, die wir im Umweltschutz seit einigen Jahren führen, von den Förstern erfunden worden ist. Die Nachhaltigkeit gibt es im Forst seit über 200 Jahren.Sie wurde übrigens von einem hessischen Förster propagiert.

In Hessen ist der naturnahe Waldbau 1989 eingeführt worden. Seitdem gibt es praktisch keine Kahlschläge mehr. Zu diesem Zeitpunkt gab es eine CDU/FDP-ge

führte Landesregierung, die sich mit dem Thema Nachhaltigkeit befasst hat. Diese Grundsätze gelten heute noch. Wir sind im Augenblick dabei, stabile Mischwälder aufzubauen, die diesen Anforderungen entsprechen. Von 1989 bis heute wurde der Anteil des Laubwalds von 48 auf 53 % erhöht.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf die Borkenkäfer zurückkommen,die für bestimmte Waldbesitzer sicherlich ein Problem darstellen; gar keine Frage. Wir haben für ein Programm zur Borkenkäferbekämpfung 600.000 c an Haushaltsmitteln zur Verfügung gestellt. Wir haben uns an dem bayerischen Programm orientiert und es schließlich auch übernommen. Das haben wir damals mit dem Waldbesitzerverband so abgesprochen. Wir haben uns auch darüber unterhalten, dass das Geld nicht in der Größenordnung abgeflossen ist, wie wir das vorgesehen hatten.

Deswegen bereiten wir einen Änderungserlass vor, der noch in dieser oder in der nächsten Woche herausgegeben wird. Die Kosten für das Entrinden steigen von 2 auf 4 c pro Festmeter. Die Kosten für das Mulchen junger Bestände liegen zwar weiterhin bei 300 c. Es werden aber auch nicht marktgängige Bestände hinzugenommen, d. h. der Anwendungsspielraum wird erweitert.

Probleme hat es vor allem bei kleinen Waldbesitzen gegeben. Für kleine Waldbesitze – z. B. 0,3 ha – können jetzt Sammelanträge gestellt werden. Ich denke, dass wir den Anforderungen dadurch gerecht geworden sind, dass wir die Richtlinien verändern.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass wir für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung alles getan haben. Ich bin fest davon überzeugt, dass die Gründung des HessenForst eine richtige Entscheidung war. Ich denke, dass wir in diesem Jahr das Problem Borkenkäfer beherrschen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Es ist vereinbart worden,Tagesordnungspunkt 11,Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Maulkorberlass für hessische Förster, Drucks. 16/2202, sowie den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Ökosystem Wald in Gefahr, Drucks. 16/2474, an den Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz zu überweisen. Wird dem widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend persönliches Budget umsetzen – Selbstbestimmung fördern – Drucks. 16/2290 –

Die Redezeit beträgt fünf Minuten pro Fraktion. Als erster Redner hat Herr Dr. Jürgens, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zur Begründung des Antrags das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sozusagen im Vorgriff auf die Reformen des Sozialhilferechts, die zum 1. Januar nächsten Jahres in Kraft treten, ist bereits zum 1. Juli dieses Jahres eine neue Regelung im SGB IX

in Kraft getreten, die wir in unserem Antrag als eine der wichtigsten sozialpolitischen Innovationen der letzten Jahre bezeichnet haben. Genau das ist nämlich das persönliche Budget für Menschen mit Behinderung.