Protokoll der Sitzung vom 06.10.2004

Zur Sache: Es gibt in Hessen niemanden,

(Volker Hoff (CDU): Das ist eine Unverschämtheit, was Sie hier machen!)

der sich so engagiert, insbesondere auch finanziell, um die Kinderbetreuung gekümmert hat wie Rot-Grün in den vergangenen Zeiten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Kollegin Schönhut-Keil hat es schon dazwischengerufen,ich sage es jetzt noch einmal ganz deutlich:Mehr als 1,3 Milliarden DM wurden aufgebracht, um mehr als 56.000 zusätzliche Plätze zu schaffen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Nicola Beer (FDP):Wie lange hielt das an?)

Wir haben überhaupt kein Problem damit, festzustellen, dass es auch in der Kinderbetreuung für die unter Dreijährigen nur schrittweise gehen kann. Herr Kollege Rentsch, wir haben ein Problem damit, wenn Sie sagen, weil es nicht finanzierbar sei, definierten Sie das Problem weg. Zur Nachhaltigkeit gehört als erster Aspekt, die Kinderbetreuung zu verbessern, damit auch wieder mehr Kinder da sein werden und gut betreut werden. Danach muss man sehen, wie man es finanziert.

Es wurde bereits mehrfach ausgeführt, die finanzielle Mehrbelastung der Kommunen macht es möglich, ein zusätzliches Engagement des Landes ist sicherlich wünschenswert und machbar. Darüber hinaus ist das Risiko der Kommunen in finanzieller Hinsicht relativ gering,weil die Revisionsklausel in den gültigen Gesetzen besteht. Es wird dafür gesorgt, wenn die Annahmen nicht stimmen, dass entsprechend nachfinanziert wird.

(Zuruf der Ministerin Silke Lautenschläger)

Wenn man das Finanzierungsargument jetzt hier anbringt, um deutlich zu machen, man könne sich jetzt nicht entscheiden, dann ist das ein vorgeschobenes Argument. In Wahrheit will man es nicht. Finanziell ist es machbar, nachdem der Bund sich entsprechend engagiert und dies auch deutlich gemacht hat. Sie haben selbst eingeräumt, dass dies mit Zuständigkeitsgründen fadenscheinig abgelehnt wird. Es wird dann umso deutlicher: Es ist machbar. – Wir alle sagen uns hier gegenseitig, es müsse etwas geschehen. Dann darf man aber doch die Frage stellen, warum Sie sich hier nach wie vor querlegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kaufmann. – Auf eine Antwort wird verzichtet. Ich darf damit Frau Ravensburg für die CDUFraktion das Wort erteilen.

(Frank Gotthardt (CDU): Sag mal, was wahr ist! – Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jetzt können Sie Ihre Fehler aus der ersten Rede korrigieren!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte noch einmal zur sachlichen Ebene zurückkehren.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Bei der Diskussion um die Kinderbetreuung wird von Ihnen zu Recht auch auf die Studie „Perspektive Deutschland“ verwiesen. Diese Studie hat als Hauptgrund für die geringe Geburtenrate in Deutschland und auch in Hessen die unzureichende Vereinbarkeit von Familie und Beruf angegeben. Da stimmen wir mit Ihnen überein.

Arbeitszeiten in der Wirtschaft müssen sich heute mehr denn je flexibel am Bedarf orientieren, und damit sind Anforderungen an die Betreuungszeiten der Kinder verbunden. Dies können die Kindertagesstätten allein nicht mehr leisten. Unser Weg ist deshalb unbedingt zusätzlich die Verbesserung der Flexibilität bei allen Formen der Kinderbetreuung. Neben den institutionellen Kinderbetreuungsmöglichkeiten – mein Kollege Rafael Reißer hat es bereits ausgeführt – sorgt die Tagespflege auch außerhalb der Öffnungszeiten von Tagesstätten, Horten oder auch der Grundschule für die nötige zeitliche Ergänzung und stellt insbesondere auch für Kinder unter drei Jahren eine wichtige familiennahe Alternative mit Qualität dar. Das ist kein Billigmodell.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sondern?)

Das kommt insbesondere dem Bedarf von höher qualifizierten Frauen entgegen – das wurde angeführt –, die mit über 40 % Kinderlosigkeit gesellschaftspolitisch unsere besondere Beachtung finden müssen.

Das Land hat wesentliche Weichen zur Etablierung der Tagespflege gestellt.Wir begrüßen es deshalb,dass die Offensive für Kinderbetreuung auch im nächsten Haushaltsjahr aufgestockt wird. Sie betonen in Ihrem Antrag, dass die Kinderbetreuung eine politische Gemeinschaftsauf

gabe aller ist. – D’accord, da stimmen wir zu. Sie sagen aber, bei der Betreuung von Kindern zwischen drei und sechs Jahren habe die Hessische Landesregierung allein die Leistung vollbracht. Die Finanzierung wurde damals unter Beteiligung des Bundes vorgenommen, durch eine Erhöhung der Anteile der Länder an der Umsatzsteuer.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Wie war es damals? Die Mittel wurden damals nicht sofort von der Landesregierung der Kinderbetreuung zugute gestellt, sondern sie konnte die Mittel anderweitig gut gebrauchen. Es hat sehr lange gedauert, und viele Träger und Kommunen gerieten in Bedrängnis, weil die Mittel so spät weitergeleitet wurden.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist völlig unwahr, was Sie hier sagen!)

Bund, Länder und Kommunen stehen gemeinsam in der Verantwortung, aber zahlen sollen sie nicht gemeinsam. Da klinkt sich jetzt der Bund aus.

(Petra Fuhrmann (SPD):Was?)

Oder wollen Sie das Konstrukt der Finanzierung, wie das TAG es vorsieht – Herr Rentsch hat es sehr schön geschildert, da brauche ich es nicht zu wiederholen –, als solide Finanzierung bezeichnen?

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhr- mann (SPD))

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass auch der Bund die Verantwortung für die Kinderbetreuung sieht. Dann soll er aber auch da wirken, wo seine Aufgaben liegen. Dann entlastet bitte der Bund die Eltern durch steuerliche Absetzbarkeit von Tageseltern. Sorgen Sie im Bund durch arbeitspolitische Regelungen dafür, dass Tageseltern zu einem regulären Beruf mit gesellschaftlicher Anerkennung werden können.So,wie das Gesetz allerdings zurzeit gestrickt ist, mit Kosten, die aus Sicht der Kommunalen Spitzenverbände um 1 Milliarde c unterschätzt sind – es werden 19.000 c pro Platz angesetzt, so ein Platz kostet jedoch zwischen 36.000 und 42.000 c –, ist es nicht finanzierbar.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Woher wissen Sie das?)

Damit werden die Lasten auf andere Schultern gelegt. – Das ist die Feststellung der Kommunalen Spitzenverbände.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das stimmt aber nicht!)

Aus diesem Grund darf sich Rot-Grün nicht wundern, dass die Landesregierung im Bundesrat dagegen stimmen wird. Der derzeitige Entwurf ist ein Schnellschuss ohne solide Berechnungsgrundlage.

(Beifall bei der CDU)

Danke,Frau Ravensburg.– Herr Kollege Kahl hat sich zur Kurzintervention gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Ravensburg, Sie haben in Ihrer Rede

auf die Frage der Finanzierung abgestellt. Es ist erstaunlich, in welchem Widerspruch Sie zu Ihrer CDU/CSUFraktion im Bund stehen, und zwar in zwei Punkten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der erste Punkt. Zu Hartz IV gibt es einen Kompromiss, der natürlich nur mit den Stimmen der CDU und CSU im Bundesrat möglich war. Genau dieser Kompromiss sagt, dass die Kommunen eine Entlastung von 2,5 Milliarden c bekommen. Deswegen habe ich eine ganz konkrete Frage: Stimmt das, oder stimmt das nicht? Dazu müssen Sie sich jetzt auch einmal bekennen.

(Beifall bei der SPD)

Der zweite Punkt wird noch interessanter. Sie sagen, der Bund müsse etwas zur steuerlichen Entlastung beitragen. Das bedeutet,Tagesmütter müssen von der Steuer absetzbar sein. Jetzt kenne ich aber das Konzept der CDU/CSU, besonders von Herrn Merz. Er sagt nämlich: Steuersätze runter und keine Abschreibemöglichkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich fordere Sie auf, hier einmal klarzustellen, was denn nun gilt. Man kann nicht in Berlin das eine sagen und hier genau das Gegenteil. Das geht nicht. Deswegen muss es klar und deutlich werden, wie das mit der Finanzierung aussieht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Ilona Dörr (Berg- straße) und Rafael Reißer (CDU))

Sie dürfen hier nicht von Gegensätzen reden. Das will die Bevölkerung nicht, man muss hier glaubwürdig handeln. Sie dürfen das nicht auf der einen Seite so sagen und auf der anderen Seite andersherum.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Frage der Finanzierung ist geregelt. Es gibt die Entlastung von 2,5 Milliarden c, das haben Sie mit beschlossen. Das ist der Spielraum, den Kommunen haben, um in eigener Verantwortung mehr für Kinderbetreuung zu tun.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön,Herr Kahl.Sie lagen exakt in der Zeit.– Auf Antwort wird verzichtet. Frau Ministerin Lautenschläger, damit erteile ich Ihnen das Wort.

(Reinhard Kahl (SPD): Das kann ich mir vorstellen! – Petra Fuhrmann (SPD): Dazu kann man nichts sagen!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich könnten wir bei diesem Thema durchaus auch über Gemeinsamkeiten sprechen,