Protokoll der Sitzung vom 25.11.2004

(Beifall bei der SPD)

Erst streichen, dann Löcher flicken und die dringend notwendige Nachbesserung im Haushalt 2005 jetzt als „Be

weis“ für Ihre großartige Schulpolitik ins Feld führen – das nimmt Ihnen in der Tat niemand mehr ab, Frau Kultusministerin.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das, was Sie sagen, nimmt Ihnen niemand ab!)

Die zusätzlichen Stellen und Mittel im Haushalt 2005 sind letztlich das Eingeständnis der gravierenden Fehler der „Operation düstere Zukunft“, die jetzt notdürftig aufgefangen werden sollen.

Geradezu grotesk mutet in diesem Zusammenhang der Antrag der CDU-Fraktion an, die Vertretungsmittel um 550.000 c zu kürzen, um stattdessen 30 Stellen für Ganztagsangebote zu schaffen. Jede zusätzliche Stelle im Bereich der Ganztagsangebote – bei Ihrem Programm kann man nicht von Ganztagsschulen reden – ist eine richtige und notwendige Stelle. Wir haben dies in unseren Haushaltsanträgen deutlich gemacht, denn wir wollen ein verlässliches Landesprogramm, das neue Stellen für Ganztagsschulen in offener und gebundener Form schafft, die diesen Namen auch verdienen.

(Beifall bei der SPD)

Dies darf aber nicht zulasten der Abdeckung des Unterrichts gehen. Diese Stellen müssen zusätzlich bereitgestellt werden. Sie dagegen wirtschaften von der rechten in die linke Tasche, um noch im letzten Moment zu verschleiern,dass für neue Genehmigungen von Ganztagsangeboten im Schuljahr 2005/2006 der personelle Rahmen nicht vorhanden ist.

(Beifall bei der SPD)

Viele Schulen und Schulträger, die mit großen Hoffnungen das Bundesprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ begrüßt haben, müssen feststellen, dass das Land weiterhin nicht gewillt ist, dafür auch die entsprechende Personalausstattung bereitzustellen. Gleichzeitig wird die Genehmigung der Investitionsvorhaben aus Bundesmitteln in geradezu unanständiger Weise verzögert und mit bürokratisch verkomplizierten Antragsverfahren belastet.

Das Ergebnis haben wir in der Woche zur Kenntnis nehmen können: Hessen ist bei den abgerufenen Bundesmitteln Schlusslicht der Bundesländer. Inzwischen haben lediglich 60 der 164 Schulen, die eine Maßnahme beantragt haben, einen Bewilligungsbescheid erhalten. Sie, meine Damen und Herren, können wahrlich nicht für sich in Anspruch nehmen, dass Sie die Entwicklung neuer Ganztagsschulen in Hessen zügig vorantreiben.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Was haben Sie denn gemacht? Es ist doch lächerlich, was Sie hier erzählen!)

Herr Irmer, ich bin heute an einem Punkt angekommen, wo ich mich mit Ihnen nicht mehr auseinander setzen werde.

(Beifall bei der SPD)

Viel zügiger wird dagegen die Verkürzung der Gymnasialzeit betrieben und im Haushalt entsprechend ausgestattet: 45 Stellen für die ersten Umsetzungsschritte für G 8 und 1,5 Millionen c für zusätzliche Lernmittel könnten nach unserer Ansicht an anderer Stelle besser eingesetzt werden. Denn auf den Anfang kommt es an. Das behauptet auch die Kultusministerin immer wieder.

Allerdings finden wir in diesem Haushalt kein Signal dafür, dass die frühkindliche Bildung und die Kooperation

zwischen Kindertagesstätte und Grundschule sowie die Ausstattung der Grundschulen so vorangetrieben werden – und sich diese Zahlen auch im Haushalt manifestieren –, dass man hier von einem Fortschritt sprechen kann.

Meine Damen und Herren, wir haben begrüßt, dass im Entwurf des Lehrerbildungsgesetzes die Fortbildung aufgewertet und zukünftig verpflichtend wird. Die kontinuierliche Qualifizierung des pädagogischen Personals an den Schulen ist eine notwendige Voraussetzung, um die Qualität des Unterrichts zu verbessern.

Doch weder im Gesetz noch im vorgelegten Haushaltsplanentwurf wird deutlich,wie die erforderlichen Strukturen zum Aufbau eines geeigneten Fortbildungssystems hergestellt werden sollen und wie der Bedarf an qualifizierten Angeboten, Maßnahmen und Anbietern gedeckt werden soll. Mit einer Erhöhung des Ansatzes für Ausund Fortbildung um lediglich 500.000 c und einer weiteren halben Million c für die Entschädigung von Lehrgangsleitern und Referenten ist unserer Ansicht nach eine solche Neuausrichtung nicht zu gewährleisten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es genügt eben nicht,Anforderungen an die Qualität der Lehrerbildung zu stellen und die finanziellen Rahmenbedingungen dafür zu vernachlässigen. Deshalb fordern wir eine Erhöhung der Ansätze für Lehrerbildung um 1,5 Millionen c.Frau Kultusministerin,wir erwarten,dass Sie das Dunkel um die Gestaltung eines leistungsfähigen Fortbildungssystems schnellstmöglich erhellen.

Meine Damen und Herren, ich will noch einige Sätze zu dem Reizthema sagen, das uns in jeder Haushaltsberatung beschäftigt.

Frau Kollegin, vorher darf ich Sie darauf hinweisen, dass die Ihnen zugestandene Redezeit der Fraktion erschöpft ist. Das waren zehn Minuten.

(Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))

Gut. – Herr Hoff, was, bitte, haben Sie gesagt? Könnten Sie das wiederholen?

(Volker Hoff (CDU): Ich bin dafür, dass wir jetzt auch wirklich hier Schluss machen! – Gegenruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD): Das ist wirklich unglaublich! – Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) – Volker Hoff (CDU): Sie haben den Anfang Ihrer Redezeit verbambelt, ganz einfach!)

Ich mache es kurz. – Der Ansatz für Schloss Hansenberg soll im nächsten Haushaltsjahr 3,1 Millionen c betragen. Ich bin davon überzeugt,dass die Qualität des schulischen Bildungsangebots in Hansenberg ausgezeichnet ist. Aber ich wünsche mir, dass die allgemein bildenden Schulen in Hessen diese Möglichkeiten auch bekommen, diese Lehrer-Schüler-Relation,diese Ausstattung mit Sozialpädagogen, mit Lern- und Lehrmitteln, um ihren Unterricht interessant zu gestalten. Dann könnten wir an diesen Schulen auch bessere Leistungsergebnisse erreichen.

(Beifall bei der SPD)

Wir brauchen keine Sonderförderung von wenigen, sondern mehr Förderung für alle. Dann könnte es uns auch gelingen, die Leistungsspitze deutlich zu verbreitern.

Ich spare mir den Rest

(Volker Hoff (CDU): Sie haben auch keine Redezeit mehr!)

und sage, dieser Haushaltsentwurf ist vergleichbar mit dem Entwurf des Schulgesetzes, den Sie morgen durchknüppeln wollen. Deswegen werden wir ihn ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Frau Abg.Henzler für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf für das Jahr 2005 für den Kultusbereich ist recht langweilig.Wenn ich mir die Reihen der CDU-Fraktion und die Regierungsbänke hier anschaue, dann sehe ich mich in dieser Aussage deutlichst bestätigt.Für die Regierung scheint er völlig uninteressant zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Er führt die Politik der Landesregierung ohne große Schwerpunktsetzungen fort. In einigen Bereichen gibt es moderate Mittelerhöhungen. Die Gesamtausgaben steigen um etwa 84 Millionen c auf 3,7 Milliarden c an. Das ist ein schöner Betrag.Als Bildungspolitiker muss man für jeden Euro dankbar sein, der in diesen Bereich fließt.

Der höchste Anteil der Mehrausgaben ist bei den Personalausgaben zu verzeichnen. Es wird versucht, die groben Einschnitte des Sparprogramms des vergangenen Jahres in den einzelnen Ansätzen Schritt für Schritt auszugleichen.Auch der Ansatz für die Lernmittel wird wieder um einen kleinen Betrag erhöht.

Netto werden 220 zusätzliche Lehrerplanstellen geschaffen. Die im Rahmen des Sparprogramms um rund 9 Millionen c gekürzten Vertretungsmittel werden um 18 Millionen c erhöht. Dafür könnte man sicherlich mehr Geld bereitstellen. Das ist eine Forderung der SPD. Wünschenswert ist vieles.

Viel schlimmer aber findet die FDP die strikte Ablehnung unseres Antrags zur Entwicklung eines Personalkonzeptes für die BAT-Lehrkräfte durch die CDU-Fraktion.Hier hat man rumgeeiert und gesagt, diese Forderung sei eigentlich richtig, aber in Teilen bereits erfüllt; es sei zu teuer. – Abgesehen davon ist jeder Antrag der Opposition in diesem Hause sowieso mit der absoluten CDU-Mehrheit abgelehnt worden.

Der Versuch, die massiven Einsparungen der „Operation sichere Zukunft“, die an den Schulen zu heftigem Unmut geführt haben, mit diesen Erhöhungen auszugleichen, wird natürlich von der FDP gutgeheißen.

Es wird Zeit, dass in die Bildung wieder mehr investiert wird.Allerdings muss man hervorheben, dass es sich nicht um Erhöhungen im wahrsten Sinne des Wortes handelt, sondern um ein moderates Rückgängigmachen der Sparmaßnahmen aus dem letzten Jahr. Wir bezweifeln sehr, dass diese moderaten Mittelerhöhungen zu einem Stimmungsumschwung an den Schulen führen werden. Der Unmut und die Enttäuschung an den Schulen sind groß.

Spätestens wenn das Schulgesetz in Kraft tritt, werden sie noch zunehmen.

Die Aufbruchstimmung, die in der vergangenen Legislaturperiode, als wir an der Regierung beteiligt waren, an den Schulen herrschte, hat die CDU-Regierung mit ihrer verfehlten Schulpolitik sehr schnell beendet. Sparprogramme, Schulzeitverkürzungen, Bürokratie – damit haben Sie die Aufbruchstimmung nachhaltig zunichte gemacht. Das kann man mit leichten Finanzspritzen, wie sie in diesem Haushalt vorgesehen sind, nicht kurieren.

Außerdem haben Sie die Mittel für die Vertretungskräfte gekürzt, indem Sie 60 Lehrerstellen den zusätzlichen Ganztagsangeboten zuordnen. Der Ausbau der Ganztagsangebote wird den Bedarfen an den Schulen bei weitem nicht gerecht. Der Anstoß, den wir in der letzten Legislaturperiode gegeben haben, ist sehr schnell aufgegriffen und umgesetzt worden. Ich habe es schon oft gesagt: Mit ganz geringen Mitteln hat man an den Schulen sehr viel erreicht.

Die Einführung des G-8-Zugs tut jetzt ein Übriges. Sie müssen deutlich mehr Nachmittagsangebote organisieren, weil diese bei einer Verkürzung der Schulzeit an den Gymnasien verpflichtend sind. Ein Zusammenlegen der Schulen, das Sie verlangen und das, auf Dauer gesehen, wahrscheinlich richtig ist, könnte viel besser gelingen, wenn man Ganztagsangebote hätte. Dann würden auch die Fahrtkosten nur zweimal am Tag, nämlich morgens und nachmittags, anfallen.

Sie kommen mit der Bearbeitung der Bauanträge der einzelnen Schulen nicht nach. Bis heute hat man mir noch nicht erklären können, warum Sie von der Pauschalförderung,die in Form der Schulbaupauschale in Hessen seit einigen Jahren gang und gäbe ist und die von den Schulträgern als sehr einfach umzusetzen empfunden wird, wieder abgekommen sind und sich stattdessen für die Projektförderung entschieden haben. Ich habe den Staatssekretär im zuständigen Ausschuss gebeten, mir die Textstelle der Bundesverordnung zu nennen, in der belegt wird, dass man das über eine Projektförderung machen muss. Diesen Nachweis ist er mir bis heute schuldig geblieben.

Die Schulträger bemängeln, dass sie Einzelbauanträge, z. B. mit Architektenplänen, nachweisen müssen, dass sie sich im Kultusministerium zur Beratung einfinden müssen und dass aufgrund dieses überbürokratischen Verfahrens die Bearbeitung jedes Bauantrags extrem lange dauert. Außerdem ist nicht nachzuvollziehen, warum es bei der Ausstattung der Schulen mit Ganztagsangeboten so genaue Vorgaben bei der Mensa und bei der Cafeteria gibt. Manche Schulen mussten sogar die Anzahl der Kaffeelöffel angeben.

Der Ausbau muss schneller vorangehen, und die Mittel müssen an die Schulen, die einen Bedarf haben, in einem breiteren Umfang verteilt werden, damit eine größere Anzahl von Schulen versorgt werden kann.Wir haben erlebt, dass schon die kleinsten Finanzspritzen eine große Wirkung an den Schulen erzielen.

Die Kooperationen mit den Vereinen und den Trägern der Jugendhilfe fangen gerade erst an. Wir haben am letzten Wochenende an einer Tagung der Jugendverbände teilgenommen, die sich zurzeit überlegen, wie sie ihre Jugendarbeit so gestalten können, dass sie mit den Ganztagsangeboten an den Schulen kompatibel ist. Sie überlegen, wie sie auf die Jugendlichen in den Schulen zugehen können.

An einer schnelleren Befriedigung des gegenwärtigen Bedarfs kommen wir nicht vorbei, zumal uns gerade die Ergebnisse der PISA-Studie bewiesen haben, dass die sozial schwachen Kinder bei uns nicht mitgenommen werden. Gerade durch Nachmittagsangebote kann man den Kindern, die sonst allein zu Hause vor dem Computer oder vor dem Fernseher sitzen, Bildungsinhalte vermitteln. Man kann ihnen Angebote machen, die sie gemeinsam mit anderen Jugendlichen wahrnehmen.