Protokoll der Sitzung vom 25.11.2004

Sie gehen doch von einer zweiten Einkommensteuer aus, die jeder bei einer Kasse offenbaren muss. Das hat nichts mit gerecht und transparent zu tun. Das hat nichts damit zu tun, dass Spitzenmedizin für alle da ist, sondern Sie wollen eine neue Planwirtschaft.

Frau Ministerin, ein freundlicher Hinweis auf die Redezeit.

Das will ich nur noch mit einem einzigen Beispiel deutlich machen. Sehen Sie sich die Änderungen beim Gesundheitsmodernisierungsgesetz an. Das hat nicht mit Selbstbeteiligung zu tun, sondern wieder steuern Sie in die falsche Richtung.Sehen Sie sich doch die Regelungen zu den Packungsgrößen der Arzneimittel an.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber da haben Sie doch zugestimmt!)

Das habe ich doch vorhin gesagt.Herr Al-Wazir,das war ein Kompromiss mit Bauchschmerzen. Er hatte viele Krücken, aber an manchen Stellen zeigte er den Weg in die richtige Richtung. Das muss man manchmal mittragen, aber das wollen wir für bestimmte Bereiche dort wieder ändern.

Gerade dort gibt es wieder falsche Auswirkungen. Denn Sie lassen nicht den Einzelnen bestimmen – der verhält sich heute wirtschaftlich, wenn er große Packungen kauft, dafür nur einmal zum Arzt geht, sie sich nur einmal verschreiben lässt und zum Schluss den Rest wegwirft. Das hat nichts mit Sparsamkeit im Gesundheitswesen zu tun, nichts mit Vernunft und Arbeitsmarkt, sondern Ihr System besteht darin, den Bürger durch ein System zu entmündigen, das nicht mehr und gerechtere Leistungen bringt – und vor allem null oder allenfalls negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat. Das bestätigt Ihnen der Sachverständigenrat nach wie vor. Das ist der falsche Weg.

Das Modell von CDU und CSU ist ein Schritt in die richtige Richtung, zu Gerechtigkeit,Transparenz und sozialer

Ausgeglichenheit durch die Umverteilung im Steuersystem.Den wollen wir gehen,von meiner Seite aus durchaus mit Bauchschmerzen. Dabei kann ich mir vorstellen, dass man nach einer gewonnenen Bundestagswahl einen noch besseren Kompromiss bekommen kann. Aber das ist ein Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt.

Dann rufe ich Tagesordnungspunkt 89 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Sofortvollzug für A-380- Halle im Bannwald: Landesregierung setzt auf Konfron- tation) – Drucks. 16/3216 –

Es beginnt der Kollege Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Zum Schluss unserer Aktuellen Stunde noch ein landespolitisches Thema.

Meine Damen und Herren, eingedenk der Eskalation der Gewalt und der schlimmen Ereignisse im Zusammenhang mit dem Bau der Startbahn 18 West gab es einen Konsens in der Region und auch hier in diesem Hause.

Erstens gibt es keine weitere Flughafenvergrößerung. Deshalb wurde auch unter anderem rund um den Flughafen in allen Waldflächen Bannwald ausgerufen – im Übrigen, wie Sie wissen, mit Zustimmung aller politischen Kräfte, die damals etwas zu sagen hatten.

Zweitens war Konsens: Der Zaun bleibt die Grenze des Flughafenareals.

Das Dritte und aus meiner Sicht auch Wichtigste: Es war Konsens, dass alles getan werden müsse, um neuerliche Konfrontationen zu vermeiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wieder geschaffener Expansionsdruck durch den Flughafen sollte dann durch die Mediation bearbeitet werden. Wir wissen, das ist nicht wirklich gelungen. Denn es gab keinen Konsens.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Es gab auch keine Anerkennung der Ergebnisse. Das lag unter anderem daran, dass viele der notwendigen relevanten Gruppen nicht daran beteiligt waren.

Aber heute haben wir die Situation – das ist völlig unstrittig –, dass Fraport für die weitere Entwicklung des Flughafens eine Wartungshalle für Großraumflugzeuge benötigt.

Meine Damen und Herren, warum aber ist das Problem jetzt so virulent? Sie werden sich erinnern, dass Fraport – damals hießen sie noch nicht so – beim Bau des Terminals 2 schon immer davon sprach, dass Großraumflugzeuge kommen werden. So wurde auch das Terminal konstruiert.

(Clemens Reif (CDU): Eben!)

Herr Kollege Reif, aber der schlichte Gedanke, dass die Großraumflugzeuge, die kommen werden, auch Wartungsmöglichkeiten brauchen und man dafür einen entsprechenden Platz vorsieht – das hat das Management von Fraport versäumt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weil dieser – ich sage sogar: vorsätzliche – Managementfehler besteht, soll jetzt Bannwald geopfert und ein FFHGebiet beeinträchtigt werden.

Wir wissen, die Regionalversammlung musste die Abweichung vom Grundsatz her beschließen. Im Dezember letzten Jahres hat sie es schon einmal getan. Dann stellte sich heraus, dass der Regionalplan nichtig war und die Planung, wie sie von Fraport vorgesehen war, nicht gehalten werden konnte. Daher musste das Verfahren erneut begonnen werden.

Meine Damen und Herren, trotz möglicher Alternativen auf dem bestehenden Areal, die deshalb rasch zu verwirklichen wären, sollte die Abweichung durchgedrückt werden. In diesem Zusammenhang völlig neu war ein von Fraport beantragter Sofortvollzug für die Abweichung. Das ist völlig neu, so etwas gab es vorher noch nie.

Meine Damen und Herren, wir alle wissen, die Regionalversammlung hat in Ihrer Sitzung am 5. November der Abweichung zugestimmt.

(Rudi Haselbach (CDU): Mit großer Mehrheit!)

Herr Kollege Haselbach, wir haben es abgelehnt, das wissen Sie. Das ist auch kein Geheimnis.

(Rudi Haselbach (CDU): Mit großer Mehrheit zugestimmt!)

Nachdem der Regierungspräsident ausdrücklich gesagt hat, die Regionalversammlung selbst muss über den Sofortvollzug entscheiden, hat sie sich entschieden – und hat ihn mit Mehrheit abgelehnt.

Meine Damen und Herren, das ist der entscheidende Punkt, um den es jetzt geht. Man kann das öffentliche Interesse an dieser Maßnahme füglich infrage stellen. Man kann gut darüber streiten, ob das Ausbügeln unternehmerischer Fehler in einem börsennotierten Unternehmen wirklich im besonderen öffentlichen Interesse liegen soll. Aber was solls, die Regionalversammlung hat die Abweichung zugelassen. Der Sofortvollzug aber wurde abgelehnt – jetzt kommt der Streitpunkt, und ich sage es klar und deutlich – mit höchst dubiosen Argumenten und nach meiner Meinung ohne Rechtsgrundlage. Denn § 12 Abs. 4 des Landesplanungsgesetzes gibt die Möglichkeit zum Ersatz einer Entscheidung für die Frage, ob Versagen oder Zulassen – diese Entscheidung wurde im Sinne von Zulassen getroffen –, aber keinerlei Rechtsgrundlage für eine Entscheidung über den Sofortvollzug in dieser Angelegenheit.

Also auf höchst dubioser Rechtsgrundlage und im Übrigen auch unter Verhöhnung derjenigen,die sich in der Region Sorgen machen, wurde ein Sofortvollzug als Ersatz letztendlich von der Landesregierung durchgedrückt. Ich sage „Verhöhnung“, weil im Schreiben des Regierungspräsidenten steht:

Im Übrigen bedeutet die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht, wie von der Regionalversammlung befürchtet, dass die Betroffenen in ihren Klagemöglichkeiten beschränkt werden. Sie hat ledig

lich zur Folge, dass die aufschiebende Wirkung, die im Regelfall nach § 80 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung mit einem Rechtsmittel verbunden ist, entfällt.

Meine Damen und Herren, was heißt denn das? Wenn die aufschiebende Wirkung einer Klage entfällt, dann ist de facto natürlich die Wirksamkeit eines Rechtsmittels zunächst einmal beschränkt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insoweit sollte man, wenn man das so macht, die Menschen nicht auch noch verhöhnen.

Meine Damen und Herren, was bedeutet das jetzt alles? Mit Zustimmung der Landesregierung – wahrscheinlich auf ihre Veranlassung – wird die Konfrontation mit der Region gesucht.

Herr Kollege Kaufmann, Sie müssen zum Ende kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Ende. – Von einem transparenten und fairen Verfahren ist keine Rede mehr. Hier wird mit Staatsgewalt gegen eine demokratische Mehrheitsentscheidung opponiert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung setzt auf Konfrontation, und sie fördert damit eindeutig die Eskalation.

(Michael Boddenberg (CDU): Heuchler!)

Wir stellen hier und heute eindeutig fest, dass die Landesregierung den Weg in die Konfrontation eingeschlagen hat und sie somit auch zu verantworten hat.Nicht die Ausbaugegner sind für das Eskalieren der Auseinandersetzung verantwortlich, sondern es ist die Staatsmacht selbst.