Zweitens. Ich will noch etwas erwähnen. Frau Kollegin Ravensburg hat das schon gesagt. Mittlerweile wurden 3.500 Erzieherinnen und Erzieher für die Spracherziehung der Kinder, die aus Migrationsfamilien stammen, fortgebildet. 3.500 Erzieherinnen und Erzieher erhielten diese Fortbildung. Dies erfolgte aufgrund einer Maßnahme des Landes. In diesem Fall war es eine des Sozialministeriums, für die im Jahre 2003 Mittel in Höhe von 300.000 c eingesetzt wurden. Das wurde dann auch noch weiterentwickelt. Das ist nicht nichts. Vielmehr sind das
Beiträge, die genau bei der Wurzel der Probleme angreifen, die beispielsweise in der PISA-Studie bei den Kindern festgestellt wurden. Dort wurde festgestellt, dass Kinder in die Schule kommen, die nicht über die Sprachkompetenz verfügen, die sie eigentlich dafür haben müssten. Das Land hat dort also Verantwortung übernommen und hat Impulse in einem Schlüsselbereich gegeben. Wir können sagen, dass damit die Schulfähigkeit und die Bildungsfähigkeit hergestellt werden. Da hat das Land durchaus eine wesentliche Leistung erbracht.
Darüber hinaus gibt es etliche Projekte. Als Beispiel möchte ich QUINT, Qualitätsentwicklung Integration, nennen. Darüber hinaus möchte ich die nationale Qualitätsinitiative und die Sprachschatzerhebung anführen, die im Zusammenhang mit der Sprachfortbildung durchgeführt wurde. Das sind Bereiche, in denen das Land modellartig tätig wird. Auf der Basis der Erfolge, die damit erzielt werden können, wird dann Sorge getragen werden, dass diese Maßnahmen generell in die Arbeit der Kindertagesstätten eingehen werden.
Vielfach wurde auf den Bildungs- und Erziehungsplan hingewiesen. Natürlich wird in der Folge der Vorlage des Bildungs- und Erziehungsplans auch die Frage nach der Notwendigkeit einer vernetzten Fortbildung von im Kindergarten und in der Grundschule Tätigen aufgeworfen werden.Vielfach findet dies allerdings schon statt.Tun Sie doch bitte nicht so, als ob wir in den Regionen noch keine Kooperation hinsichtlich der Fortbildung für Beschäftigte in Kindergärten und Grundschulen und vernetzte Maßnahmen hätten. Das gibt es en masse. Die Kooperation, die sich dort vollzieht, erfolgt sehr engagiert.
Auf dieser Basis muss es weitergehen. Wir nehmen auch die Arbeiten hinsichtlich des Bildungs- und Erziehungsplans ernst.Aus der Diskussion habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie damit lässig umgehen. Frau Hartmann hat von Phrasen geredet und davon, dass das zynisch sei. Ich nehme diese Planung ernst. Wir haben ganz bewusst bei der Erstellung des Bildungs- und Erziehungsplans die Fachleute von Anfang an einbezogen. Wir haben eine Fachkommission gebildet.
Erzieherinnen und Erzieher, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern aus beiden Bereichen sowie Fachleute in der Ausbildung sind beteiligt an der Erstellung des Bildungs- und Erziehungsplans, können von vornherein als Korrektiv einsteigen und werden in dem Jahr der Überprüfung dafür sorgen, dass sehr genau hingeschaut wird, wie praxistauglich das ist und wie ernst der Bildungsauftrag in diesem Bereich genommen wird. Ich halte überhaupt nichts davon, diesen Prozess, wie die Fachkommission im Moment sehr fachkundig, sachorientiert und auf einen Bildungsbegriff hin ausgerichtet in Zusammenhang mit der Erstellung des Bildungs- und Erziehungsplans arbeitet, abzuwerten. Ich bin dieser Kommission zu außerordentlichem Dank verpflichtet. Das kann ich auch für Frau Kollegin Lautenschläger sagen.
Meine Damen und Herren, im Rahmen der KMK geschieht mit Blick auf die Erzieherinnenausbildung auch einiges. Im Jahre 2000 gab es eine Rahmenvereinbarung zur Ausbildung und Prüfung von Erzieherinnen. Das haben wir als Hessen als eines der ersten Länder überhaupt übertragen,und das führt dazu,Frau Hinz,dass wir gerade für eine gegenseitige Anerkennung die Module entwickelt haben. Wir haben innerhalb der Fachschulausbil
dung durch besondere Zusatzmodule in Ausbildung und Prüfung dafür gesorgt, dass unsere Fachschulausbildung national wie international anerkannt wird. Das halte ich für zentral wichtig.
Ich möchte erst im Zusammenhang weiter vortragen. – Auf dieser Basis geht es dann weiter mit der Frage nach den Inhalten. Denn die KMK hat im Jahre 2002 weiter festgelegt: Es muss muttersprachliche Kommunikation im Zentrum der Ausbildung stehen. Es muss mathematischnaturwissenschaftliches Verständnis im Zentrum der Ausbildung geben.
In diesem Verhältnis entwickeln wir in Hessen die Ausbildung weiter, indem wir sagen: Unsere hervorragende Fachschulausbildung muss inhaltlich besser werden. Deswegen werden wir auch die Berufsfachschulausbildung für die Sozialassistenten neu ordnen, indem wir neue Lehrpläne machen.Aber für die Fachschule haben wir bereits neue Lehrpläne, die schon in diesem Schuljahr in Kraft gesetzt worden sind. Diese neuen Lehrpläne setzen die Sprachförderung in den Mittelpunkt der Anstrengungen, setzen die Festlegung von Standards, von Kompetenzen und von Qualifikationen in den Mittelpunkt der prozesshaften Ausbildung in einer Kooperation von Lernorten in dem Sinne, wie es Frau Kollegin Ravensburg schon einmal gesagt hat: dass handlungsorientierter, lernfeldorientierter moderner Unterricht in den Mittelpunkt gestellt wird. In diesem rollenorientierten Ausbildungsprozess werden dann die Elemente angesprochen,wie sie hier schon mehrfach genannt worden sind: Spracherziehung, musische Erziehung, Bewegungserziehung, naturwissenschaftlich-technische „Neugiererziehung“, aber auch das andere, nämlich das Gespräch mit Eltern und Außenstehenden darüber, was dort eine Rolle spielt.
Ich bin auch relativ schnell am Schluss. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind die neuen Inhalte unserer Ausbildung. Wenn wir, darauf aufbauend, im Zusammenhang mit dem Bildungs- und Erziehungsplan darüber reden, stellen wir fest, dass sich diese Fachschulausbildung bereits im Tertiärbereich befindet. Das ist derselbe Bereich, in dem sich auch Fachhochschulen befinden. Fachhochschulen wie Berufsakademien bieten Möglichkeiten zur grundständigen Ausbildung wie zu Weiterbildungsmodulen. Da sind wir am richtigen Ort. Frau Hinz, ich glaube, wir werden nicht weit auseinander sein, wenn es darum geht, Module zu entwickeln, die dazu führen, dass wir zwei verschiedene Ausbildungswege haben. Für die Leitung von Kindertagesstätten kann es durchaus eine weitere Ausbildung geben, sei es im Sinne eines Studiums, sei es im Sinne eines weiteren Moduls, um eine gute Führung von Kindertagesstätten im Sinne von Gespräch mit Eltern und im Sinne von Personalentwicklung zu erreichen.
Das baut auf dem festen Fundament unserer Erzieherinnenausbildung auf. Ich glaube, im Rahmen des Bildungsund Erziehungsplans werden wir dort noch erhebliche weitere inhaltliche Schritte tun: Inhalt vor Struktur.
Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Jugendgewalt und Jugendkriminalität – Drucks. 16/2759 zu Drucks. 16/380 –
Die Redezeit beträgt zehn Minuten. – Das Wort hat Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst einmal bedanke ich mich für die Beantwortung unserer Großen Anfrage bei allen, die daran mitgearbeitet haben; denn sie gibt aufschlussreiche Antworten zum Thema Jugendgewalt und Jugendkriminalität.
Am Anfang möchte ich gerne etwas zu den Grundlagen sagen, auf denen sich scheinbar alle Fraktionen dieses Hauses bewegen. Ich zitiere dazu auch aus einer Presseerklärung der CDU. Zu dem Thema Straffälligkeit von Jugendlichen und den gemeinsamen Sichtweisen heißt es, dass ein Großteil der Jugendkriminalität eine episodenhafte Erscheinung sei, dass das soziale Umfeld eine besondere Bedeutung habe, was das Straffälligwerden von Jugendlichen betreffe – das hat Herr Kollege Wintermeyer gesagt –, dass das Jugendstrafrecht zahlreiche Jugendhilfemaßnahmen bereithalte, dass individuelle Reaktionen notwendig seien und – ich zitiere den Kollegen Dr. Jung – dass Strafkarrieren am besten beendet würden, bevor sie richtig losgingen.
Dass das allerdings inhaltslose Floskeln sind, wird deutlich, wenn Sie die Antwort auf die Große Anfrage genau durcharbeiten.
Denn nicht die Straffälligkeit von Jugendlichen steigt,und deshalb greift die Politik hart durch – nein,wenn die Straffälligkeit von Jugendlichen steigt, dann liegt es vielmehr daran, dass diese Hessische Landesregierung alles dazu getan hat, damit es so ist.
Das Jugendstrafrecht ist 1990 reformiert worden, um dem Erziehungsgedanken stärker Rechnung zu tragen. Aus Sicht der Fachwelt war die Reform zu zaghaft. Es wird eine weitere gefordert. Die Vorschläge der Hessischen Landesregierung gehen in die Richtung zurück vor 1990. Aber so kennen wir Sie: zurück in die Zeiten, als Roland Koch noch im Matrosenanzug spielte.
Um jedem Missverständnis vorzubeugen, schicke ich voraus: Jugendliche brauchen Grenzen, die deutlich, klar nachvollziehbar und gerecht sind. Es ist sinnvoll, wenn ein Verstoß gegen Normen, die wir uns als Gesellschaft gesetzt haben, Konsequenzen hat. Jugendliche brauchen Orientierung.Aber Jugendliche schauen auch sehr genau, wie diejenigen, die diese Normen aufstellen, selbst mit diesen Normen umgehen.
Der größte Law-and-Order-Rufer der letzten Jahre sitzt selbst auf der Anklagebank wegen Rechtsbruch. Der Ministerpräsident und andere Mitglieder der Regierung haben nichts anderes zu tun, als die Wahrheit vor Gericht zu verschleiern. Wir werden momentan außerdem von einer Hessen-CDU regiert, die jahrelang das Recht systematisch gebrochen hat.
Diese Landesregierung ist nicht nur für Jugendliche völlig unglaubwürdig geworden. Aber Schamgefühl haben Sie nicht, und von daher nutzen Sie das Thema der Straffälligkeit von Jugendlichen wie vieles andere zum Polarisieren und Denunzieren. Denn die Antwort auf die Große Anfrage belegt nicht, dass Jugendkriminalität steigt.
Ich komme zu den Zahlen. Der Anteil von Kindern an den Tatverdächtigen ging von 4,7 % im Jahr 2001 auf 4,2 % zurück. Im Jahre 2002 wurden fast gleich viele Jugendlichen einer Tat verdächtigt wie im Jahr zuvor, nämlich 10,7 %. Auch die tatverdächtigen Heranwachsenden hielten sich auf dem gleichen Niveau – also nichts von Ihrem Gerede, die Jugendlichen würden immer gefährlicher. Nichts davon belegen die Zahlen, die die Landesregierung auf unsere Anfrage hin zur Verfügung gestellt hat.Angesichts dieser Zahlen ist es völlig unverständlich, welche Initiativen Sie zur Verschärfung des Jugendstrafrechts fordern.
Es ist völlig unverständlich, warum Sie einen Warnschussarrest propagieren, der von Fachleuten als wirkungslos abgelehnt wird.Auf der anderen Seite haben wir eine Bewährungshilfe und eine Jugendgerichtshilfe, die völlig überlastet und die nicht in der Lage sind, die Sanktionen, die viel Sinn haben, zu überwachen und die Jugendlichen kompetent zu betreuen.Allerdings haben die Einrichtungen inzwischen Schwierigkeiten,Jugendliche irgendwohin zu schicken. Denn über Hessen kam die „Operation düstere Zukunft“.
Herr Dr. Jung, wenn Sie propagieren, kriminelle Karrieren sollten gar nicht erst zustande kommen, frage ich Sie: Warum haben Sie alle ambulanten Maßnahmen für straf
fällige Jugendliche gestrichen, denen die Antwort auf die Große Anfrage eine positive Wirkung bescheinigt? Die Erfahrungen sind positiv,und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Jugendlichen für Erziehungsgedanken nicht mehr empfänglich sind.
Warum haben Sie nicht für eine flächendeckende Einführung des Täter-Opfer-Ausgleichs gesorgt? Dabei heißt es in der Antwort auf die Große Anfrage, eine flächendeckende Einführung des Täter-Opfer-Ausgleichs sei wünschenswert. Sie verweisen scheinheilig auf die Kommunen. Dabei hätten Sie jahrelang Zeit gehabt, ihn einzuführen.
Ich halte den Täter-Opfer-Ausgleich für eines der wirkungsvollsten erzieherischen Instrumente, die wir haben; denn der Täter wird mit den Folgen seiner Tat und mit den Opfern konfrontiert. Um seine Tat wieder gutzumachen, muss er Eigeninitiative zeigen. Das wäre eine sehr gute Maßnahme gewesen. Immer wieder betont wird auch, dass der Täter-Opfer-Ausgleich einen positiven Effekt auf das Opfer hat.
Warum haben Sie die Projekte in den sozialen Brennpunkten gestrichen,wenn es in der Antwort auf die Große Anfrage heißt, Herkunft aus sozial belasteten Familienverhältnissen, Arbeitslosigkeit der Eltern, unzureichende Chancen schulischer und beruflicher Ausbildung sind Faktoren, die Straffälligkeit bei Jugendlichen begünstigen?