Sie haben die Stichworte doch alle genannt: AG Jaguar – bundesweit einmalig –, AGGAS in Mittelhessen, wir haben SMOG, wir haben Kids gegen Gewalt. Als stolzer Frankfurter möchte ich sagen: Vorbildlich sind die Maßnahmen des Präventionsrates der Stadt Frankfurt: „Gewalt sehen – helfen“, „Cool sein – cool bleiben“. Das sind nur zwei Beispiele aus einem Riesenstrauß. Der ehemalige Sicherheitsdezernent der Stadt Frankfurt sitzt hier als heutiger Wissenschaftsminister. Er ist einer derjenigen, die das mit eingerichtet haben. Das ist eine absolut tolle Sache. Sie fragen: Was hat die Landesregierung damit zu tun?
Die Landesregierung hat insoweit etwas damit zu tun, als diejenigen, die es durchführen, sich in ihrer Polizeiarbeit endlich einmal von einer Landesregierung unterstützt finden. Das ist der Unterschied zu Ihrer Regierungszeit.
(Beifall bei der CDU – Petra Fuhrmann (SPD): So eine Frechheit! Also so etwas! Das ist eine solche Unverschämtheit, was Sie hier erzählen!)
Jetzt regen Sie sich nicht auf,Frau Fuhrmann.Es ist nicht ganz so schlimm. – Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller, weil Sie es angesprochen haben: Sie haben von Vernetzung gesprochen. Ich glaube, Sie haben die Antworten gelesen. Sie haben dabei aber eines nicht gelesen oder überlesen: Es gibt die Installation eines landesweiten Netzwerks gegen Gewalt quer durch die Ressorts der Landesregierung.Die fangen jetzt gerade an zu arbeiten.Sie können schon erste Erfolge vorzeigen. Das ist ganz einmalig. Ich will auch anmerken, dass es außergewöhnlich ärgerlich ist, dass die Möglichkeiten, die das KJHG bietet, viel zu wenig genutzt werden. Es ist selbstverständlich fahrlässig, wenn die Mitteilungen, die die Polizei über strafbares Verhalten übermittelt, überhaupt keine Aktivitäten erbringen, weil hier die einzigartige Chance besteht – die wirklich einzigartige Chance –, mit relativ einfachen Jugendhilfemaßnahmen wirkungsvoll auf kriminelle und sozialschädliche Entwicklungen einzugehen. Hier besteht Handlungsbedarf.
Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller, Sie haben auch Diversionsmaßnahmen, den Täter-Opfer-Ausgleich und Schadenswiedergutmachung angesprochen. Das machen wir schon lange. Das weiten wir im Übrigen auch aus.Wir machen aber noch eines, eine wirklich ganz tolle Sache. Wir wissen, dass Jugendliche Konflikte vielfach besser miteinander regeln können.Wir wissen auch, dass sie viel leichter einen Zugang zueinander haben. Deswegen werden wir in Kürze ein Modellprojekt unter der Überschrift „Teen Courts“ starten.Wir werden hier dafür sorgen, dass sich Jugendliche sozusagen im Auftrag der Staatsanwaltschaft mit Straftaten Jugendlicher befassen, dass sie erzieherische Maßnahmen vereinbaren, die, wenn sie erfüllt
sind, zur Einstellung des Verfahrens führen. Das wird eine erfolgreiche Veranstaltung werden. Das kann ich Ihnen schon heute sagen.
Ich finde, zu dem Thema gehört auch der Bereich Integration durch Sprache. Ich muss Ihnen das jetzt nicht alles nennen: Schlüssel zur kulturellen und wirtschaftlichen Teilhabe. Die Sprache ist insbesondere der Schlüssel zur gleichberechtigten Teilhabe an Bildungschancen und damit der beste Garant gegen ein Abgleiten in Kriminalität. Da haben wir etwas vorzuweisen, was Sie vehement bekämpft haben, die so genannten Vorlaufkurse,
(Zurufe der Abg. Frank-Peter Kaufmann und Mar- garetha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))
das Landesprojekt zur Förderung von Sprachkompetenz im Kindergartenalter. Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit der kurzen Zeit, seit das läuft, haben 12.000 Kinder bessere Chancen zur Integration. Es werden täglich mehr.
Ich will aber auch eines deutlich machen – Frau Hölldobler-Heumüller, Sie warten darauf, das kann ich mir zumindest vorstellen –: Sie haben von Law and Order gesprochen. Law and Order – Recht und Ordnung – ist nichts Schlechtes. Was haben Sie denn dagegen? Ich sage Ihnen eindeutig: Die Gesellschaft ist nicht nur verpflichtet, Grenzen zu setzen, sondern die Gesellschaft hat sogar die Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Grenzen eingehalten werden,
(Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Das habe ich gesagt! Die CDU hält sich nicht daran! – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau! So wie der Kanther! – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))
und wenn das letzte Mittel das Strafrecht ist. Deswegen sagen wir ganz eindeutig Ja zur Ausweitung des vorgezogenen Jugendstrafverfahrens. Nur eine schnelle Reaktion, die auf dem Fuße folgt, ist eine Reaktion, die Sinn hat.
Meine Damen und Herren, natürlich begrüßen wir die Vorschläge, die dieser hessische Justizminister mit anderen Justizministern zur Reform des Jugendstrafrechts unterbreitet hat. Sie haben das Stichwort schon genannt, Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller: der Warnschussarrest. Das ist die Möglichkeit, neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe einen Jugendarrest, maximal auf vier Wochen begrenzt, zu verhängen. Das ist der richtige Weg, um einem jugendlichen Straftäter den Ernst einer strafrechtlichen Sanktion zu verdeutlichen.
Frau Kollegin,Sie wissen doch gar nicht,wie die Realität ist. Viel zu oft wird doch die zur Bewährung ausgesetzte Strafe als nichts anders als ein Freispruch auf Bewährung betrachtet. Viel zu oft herrscht bei den Bewährungsstrafen doch vor, dass man gerade noch einmal davongekommen ist.
Deswegen begrüßen wir auch die Vorschläge, Herr Kollege Kaufmann, die dafür sorgen, dass der Zustand been
det wird, dass es von Äußerlichkeiten und von Zufälligkeiten abhängt, wie beispielsweise der Gewieftheit oder Nicht-Gewieftheit eines Strafverteidigers, ob ein 18- bis 21-Jähriger nach Erwachsenenstrafrecht oder nach Jugendstrafrecht verurteilt wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es darf keine Rolle spielen, ob jemand in Schleswig-Holstein, in Hessen oder in Brandenburg verurteilt wird. In Schleswig-Holstein werden 90 % nach Jugendstrafrecht verurteilt, in Hessen 70 % und in Brandenburg 23 %. Hat das etwas mit dem Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 zu tun? – Nein.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei dir würde ich mich immer für Heranwachsendenstrafrecht einsetzen, Boris!)
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Deswegen sagen wir:Wir brauchen eine Klarstellung, dass es die Regel ist, dass ein 18-jähriger Täter nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt wird und dass es die Ausnahme ist, dass ein erwachsener Straftäter mit 18 bis 21 Jahren nach Jugendstrafrecht bestraft wird.
In einem zweiten Punkt gibt es ebenfalls dringenden Handlungsbedarf. Wir brauchen eine Ausweitung der Strafrahmen im Jugendstrafrecht von 10 auf 15 Jahre.
Für schwerste Verbrechen müssen wir die Jugendstrafe von bis zu 15 Jahren verhängen können. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Der Vorsitzende Richter beim Landgericht Augsburg hat bei der Urteilsverkündung,als es um die Bestrafung des Täters an dem Mord an der 12-jährigen Vanessa in Gersthofen ging, gesagt, er bedauere sehr, dass es im Jugendstrafrecht keine höhere Strafe als zehn Jahre gebe. Aber das sei nicht seine Sache, das sei nicht die Sache der Justiz, sondern das sei die Sache der Politik. Genau so ist es. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde, diese Landesregierung hat bei dem Thema ihre Hausaufgaben gemacht. Rot-Grün im Bund hat noch viel, viel, viel vor sich. Machen Sie Ihre Hausaufgaben, dann können Sie uns erzählen, wie man mit dem Thema Jugendkriminalität umgeht. – Vielen herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, als Herr Rhein anfing, von „Respekt“
Ich denke, wir sollten darüber reden, wie man sich Respekt verdient. Respekt verdient man sich durch Achtung vor anderen. Respekt verdient man sich, indem man auf Wortbeiträge eingeht, statt sie so zu behandeln, als habe es sie gar nicht gegeben. Respekt verdient man sich durch eigenes vorbildhaftes Verhalten.
Mit Verlaub, diese Rede zu dem Thema, wie man mit jungen Menschen in dieser Gesellschaft umgeht, zu einem Zeitpunkt zu halten, zu dem einer der ältesten Vertreter Ihrer Partei nicht in der Lage ist, sein Strafmaß auf sich zu nehmen, verdient keinen Respekt.
Sehr geehrter Herr Kollege Grumbach, ausgerechnet Sie treten hier in einer solchen Art und Weise auf. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, es ist geradezu erschütternd, was Sie eben in Ihrem sehr kurzen Beitrag von sich gegeben haben.
Die Behauptung, ich sei hier nicht auf die Äußerungen von irgendjemandem eingegangen, können Sie gar nicht aufstellen, weil Sie nämlich, wie ich annehme, die Antwort der Landesregierung überhaupt nicht kennen.
Zweitens will ich Ihnen eines sagen: Gewöhnen Sie sich doch einfach ab, Themen miteinander zu verquicken, die nichts miteinander zu tun haben.
Was beim Landgericht in Wiesbaden passiert, hat überhaupt nichts mit dem Thema zu tun, über das wir heute hier diskutieren.
Ich denke,ich muss jetzt auch Sie in die Reihe aufnehmen. Gestern hat der Kollege Dr. Jung gesagt: „Jürgen wie? Andrea wie? Tarek was?“ Was finden wir für Sie, Herr Grumbach?
Lieber Herr Kollege Grumbach, ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Sie hätten zu dem Thema Jugendkriminalität besser geschwiegen. Dann hätten Sie sich und diesem Hause einen Gefallen getan.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schwierig, nach dieser hitzigen Debatte wieder zum Ernst der Diskussion zurückzukommen.
Die Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben eine Anfrage zum Thema Jugendkriminalität und Jugendgewalt gestellt. Ich glaube, unter den Rednerinnen und Rednern bestand Konsens, dass uns dieses Thema sehr stark berührt und uns alle sehr stark angeht, weil es ein Thema ist, mit dem wir in Deutschland jeden Tag konfrontiert werden. Wir alle sind betroffen. Es gibt keine Stadt in Hessen, die nicht von Jugendkriminalität betroffen wäre. Deshalb wäre ich dankbar, wenn wieder etwas mehr Ruhe und Sachlichkeit in die Diskussion einkehren würde.Wir müssen uns anschauen, wie wir mit dieser Problematik umgehen und was wir für Lehren aus der Antwort der Landesregierung ziehen.
Die Landesregierung kommt zu dem Schluss, dass die Zahl der Straftaten steigt. In Hessen ist die Steigerungsrate im Vergleich zu anderen Bundesländern immer noch deutlich geringer. Das muss man deutlich herausstellen. Es gibt bei einem Vergleich der Bundesländer untereinander wirklich ganz erschreckende Beispiele. Da liegt Hessen wirklich noch sehr gut im Rennen. Aber auch in Hessen steigt die Zahl der Straftaten an.