Protokoll der Sitzung vom 15.12.2004

Die Landesregierung kommt zu dem Schluss, dass die Zahl der Straftaten steigt. In Hessen ist die Steigerungsrate im Vergleich zu anderen Bundesländern immer noch deutlich geringer. Das muss man deutlich herausstellen. Es gibt bei einem Vergleich der Bundesländer untereinander wirklich ganz erschreckende Beispiele. Da liegt Hessen wirklich noch sehr gut im Rennen. Aber auch in Hessen steigt die Zahl der Straftaten an.

Es sind wenige Deliktgruppen, in denen Jugendliche vermehrt delinquent werden. Es handelt sich oft um Einmaltaten. Das haben die Kolleginnen und Kollegen schon ausgeführt.

Wir haben deutlich abweichende statistische Ergebnisse bei jugendlichen Migranten und jungen Deutschen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Sache eingehen, die mich an der Antwort der Landesregierung sehr stört. Die Landesregierung legt bei jugendlichen Spätaussiedlern, die in der Kriminalitätsstatistik unter „Deutsche“ erfasst werden, eine Zurückhaltung an den Tag, die kaum noch zu glauben ist. Herr Innenminister, ich muss Ihnen schon sagen: Ich nehme Sie gern einmal in die sozialen Brennpunkte Wiesbadens mit, wo wir es unter anderem mit Spätaussiedlern zu tun haben. Das gilt nicht nur für Wiesbaden; es gibt genug Brennpunkte in Hessen, wo wir große Probleme mit Spätaussiedlern haben. Ich sage das auch deshalb, weil ich in meiner Ausbildung zum Referendar beim Jugendgericht in Wiesbaden mit genau diesen Fällen betraut war. Wenn man sieht, welch eine Brutalität und Gewalt von diesen Menschen ausgeübt wird, dann erstaunt es schon sehr, wenn die Landesregierung eine Nachsicht an den Tag legt, was das Thema Spätaussiedler angeht, die man kaum glauben kann.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister, das müssten Sie uns erklären. Sie liegen falsch, wenn Sie vermuten, dass diese Personengruppe Ihnen politisch besonders nahe steht. Ich glaube, dass viele Menschen in Deutschland mittlerweile merken, dass wir mit der Gruppe der Spätaussiedler verschiedenartigste Probleme haben. Einerseits haben diese Menschen oft keine deutsche Identität mehr. Die haben sie längst verloren. Oftmals verfügen sie nicht über genügende Sprachkenntnisse. Viele Kinder von Spätaussiedlern werden unter völlig falschen Annahmen nach Deutschland gelockt, z. B. unter der Annahme, dass sie hier bessere Lebensbedingungen haben. Wenn sie in Deutschland sind, stellen sie fest, dass die Situation ganz anders ist.Wenn sie diesen Realitätsschock bekommen und sehen, dass sich auch das

deutsche Rechtssystem sehr stark von den Rechtssystemen ihrer Heimatländer unterscheidet, dann verwundert es nicht, dass sie in die Kriminalität ausweichen.

Dieses Problem kann man nicht einfach dadurch negieren, dass man sagt, wie es die Landesregierung in ihrer Antwort getan hat:

Die Landesregierung tritt im Übrigen dem in der Öffentlichkeit übertrieben vermittelten Eindruck entgegen,junge Spätaussiedler seien häufig drogenabhängig oder kriminell.

Lieber Herr Bouffier, ich nehme Sie gern mit zum Jugendgericht der Landeshauptstadt Wiesbaden oder zu irgendeinem anderen Jugendgericht in diesem Bundesland. Sie werden feststellen, dass wir in einem ganz erheblichen Maße Probleme mit dieser Personengruppe haben. Sprechen Sie mit den Jugendstaatsanwälten, sprechen Sie mit den Richtern. Sie werden diese Probleme konstatiert bekommen. Es ist Fakt, dass wir diese Probleme haben. Das lässt sich auch nicht durch eine solche Antwort negieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden über die Gruppe der Spätaussiedler in den nächsten Tagen noch diskutieren. Wir werden uns dieser Personengruppe meines Erachtens besonders annehmen müssen, denn wir dürfen nicht einfach wegschauen. Es handelt sich um eine Personengruppe, bei der es oftmals Sprachprobleme gibt, die Unterstützung durch Sprachkurse braucht.Wenn wir sehen, dass die Mitglieder dieser Gruppe oftmals nur ihre Heimatsprache sprechen und fast kein Deutsch können, dann erkennen wir auch, dass wir hier ein schweres Integrationsproblem haben.

Damit bin ich bei dem nächsten Thema, dem Zusammenhang zwischen dem Anteil von Ausländern an der Kriminalstatistik und der Integration. Beides ist untrennbar miteinander verbunden. Wer will das verschweigen, wer will das negieren? Aber hier ist die Frage zu stellen: Was macht die Landesregierung? Sie haben einen Schwerpunkt der Bemühungen auf das Erlernen der deutschen Sprache gesetzt. Das ist völlig richtig, und dafür gebührt Ihnen auch vonseiten der FDP ein großes Lob. Ich glaube schon, dass Sie hier sehr große Anstrengungen unternehmen. Ich erinnere beispielsweise an das von FDP und CDU gemeinsam getragene Integrationskonzept in Wiesbaden.Ich denke,dass wir in Hessen relativ weit vorne liegen, weil wir sehr viel Geld in diesen Bereich investieren.

(Wortmeldung der Abg. Birgit Zeimetz-Lorz (CDU))

Frau Kollegin, ich lasse Ihre Frage natürlich zu, vor allem, wenn es um Wiesbaden geht.

Ich wollte Sie gerade fragen, Herr Rentsch, ob Sie gestatten, dass Frau Zeimetz-Lorz eine Zwischenfrage stellt. – Bitte sehr.

Vielen Dank, Herr Kollege. – Ich würde Sie gern fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass gerade auch die Spätaussiedlerproblematik Gegenstand des Integrationskonzepts der Landesregierung ist, ob Ihnen bekannt ist, dass die Landesregierung in diesem Bereich die Probleme sehr wohl

erkannt hat und eine ganze Menge macht, und ob Ihnen bekannt ist, dass viele Probleme auch dadurch entstehen, dass sämtliche Bundesmittel in diesem Bereich zurückgefahren oder ganz gestrichen worden sind.

Frau Kollegin, ich habe schon in der vorangegangenen Debatte ausgeführt, dass es oft einen erheblichen Unterschied zwischen dem gibt, was die Landesregierung in Programmen darstellt, und dem, was sie letztlich in die Realität umsetzt. Ich will konkret auf die Antwort auf diese Große Anfrage eingehen. Sie haben die Anfrage und die Antwort gelesen. Dort führt die Landesregierung genau das aus,was ich gerade zitiert habe.Dadurch drängt sich der Eindruck auf, dass die Landesregierung das Thema Spätaussiedler eben nicht als Problem ansieht. Deshalb habe ich das gerade zitiert.

(Beifall bei der FDP)

Ich denke, hier muss die Landesregierung eine Abstimmung treffen zwischen dem, was sie in ihren Programmen schreibt, und dem, was sie in der Beantwortung der Anfrage letztlich zu Papier bringt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Die Kolleginnen und Kollegen haben das Thema Schule angesprochen. Hier bin ich, ich sage das ganz offen, ein bisschen ratlos. Ich war in den letzten Wochen und Monaten in vielen Jugendeinrichtungen in Hessen und habe mir eine Menge Projekte angeschaut, denn es gibt ganz unterschiedliche Ideen, wie man im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe aktiv werden kann.

In Wiesbaden gibt es das Projekt eines Kollegen, der früher beim LWV beschäftigt war. Es heißt „Knast trotz Jugendhilfe“. Der Kollege beschäftigt sich im Wiesbadener Jugendknast mit Jugendlichen und erarbeitet mit ihnen Botschaften, in denen sie darstellen, was nach ihrer Ansicht in ihrem Leben falsch gelaufen ist und was von staatlicher Seite hätte besser gemacht werden können.

Sie sagen fast übereinstimmend, dass die nicht zielgerichtete Ansprache in der Schule – auch von Sozialarbeitern – für sie ein Problem war, natürlich aber auch die Frage, welche Konsequenzen sie letztendlich aus ihrem Handeln erlebt haben. Das war immer wieder eine Aussage der Jugendlichen. Diese Jugendlichen sagen völlig eindeutig und völlig einhellig, sie hätten eigentlich erwartet, dass ihnen ihr Fehlverhalten – auch im kriminellen Bereich, das sich ja oft ausdrückt – aufgezeigt worden wäre und dass ihnen auch die Konsequenzen aufgezeigt worden wären. Ich glaube, wir müssen wirklich darüber diskutieren, wie wir es im Schulbereich schaffen können, Schülern den strafrechtlichen Charakter von Maßnahmen verstehbar zu machen und die Konsequenzen aufzuzeigen, die verschiedene Situationen nach sich ziehen.

Nichtsdestotrotz können wir die Lehrer mit dieser Situation nicht alleine lassen. Denn viele Probleme sind – das muss man auch sagen – in der Familie hausgemacht. Die Ursache für einen Teil der Fehler, die in der Schule von den Lehrern ausgebadet werden müssen, liegt meines Erachtens in der Familie, weil dort die Erziehungskompetenz gefehlt hat und man den Kindern keine Erziehung zukommen ließ.

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Meine Damen und Herren, es kann nicht Aufgabe der Schulen in unserem Bundesland sein, solche Erziehungsfehler wieder gutzumachen. Da bin ich bei den Gesetzen, die die Kollegin Hölldobler-Heumüller angesprochen hat, nämlich beim KJHG und beim Jugendgerichtsgesetz. Frau Kollegin, ich glaube schon, dass die Durchgriffsmaßnahmen des KJHG, die ja immer wieder auf das Einverständnis der Eltern abstellen, ein großer Fehler sind. Wenn Sie in den Einrichtungen in Hessen unterwegs sind, erleben Sie auch, dass die Sozialpädagogen, die Menschen, die sich wirklich mit Problemfällen beschäftigen, sagen, ihnen wäre es lieber, sie könnten einmal in einer Familie durchgreifen und eine Maßnahme durchziehen, ohne dass ihnen die Eltern dazwischenschießen. Es ist für Kinder teilweise auch gut, sie für einen bestimmten Zeitraum aus einer Familie herauszunehmen, statt sie in der Situation dort groß werden zu lassen. Denn wenn die Kinder einmal „sozial geprägt“ sind, wenn erst einmal eine Veranlagung da ist, wenn ihnen keine Erziehung zugekommen ist, können die Fehler nachträglich nur ganz schwer wieder ausgemerzt werden. Ich glaube, darüber müssen wir diskutieren.

Ich glaube,dass das KJHG in seiner jetzigen Form ein großer Fehler ist, weil es zwar das große Einverständnis voraussetzt, was natürlich, sage ich einmal, menschlich nachvollziehbar ist, uns aber die Realität gezeigt hat, dass das nicht durchsetzbar ist. Die Realität hat uns gezeigt, dass die Eltern ihrer Verantwortung in vielen Fällen leider nicht gerecht werden, und das ist unser Problem.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Lassen Sie mich zwei ganz kurze Abschlusssätze zu den Themen Warnschussarrest und Jugendstrafrecht sagen. Ich arbeite in einer Arbeitsgruppe im Kinder- und Jugendgefängnis in Wiesbaden mit und sehe, Frau Hölldobler-Heumüller, die Menschen, die dort einsitzen. Das sind Straftäterkarrieren, die sich über mehrere Bewährungsstrafen „produziert“ haben. Sie haben eine Bewährungsstrafe nach der anderen bekommen, und irgendwann kam der große Knall. Nun sitzen sie drei bis vier Jahre. Der FDP – die Kollegin Werwigk-Hertneck hat das in BadenWürttemberg mit vorgetragen – wäre es lieber, die Jugendlichen bekommen einmal die Konsequenzen ihrer Tat aufgezeigt, als dass sie von Bewährung zu Bewährung laufen und dann für drei bis vier Jahre in einem Jugendgefängnis verschwinden müssen.Wenn Sie sich mit diesen Jugendlichen unterhalten, werden sie Ihnen genau das Gleiche sagen.

Eine allerletzte Bemerkung zum Jugendstrafrecht. Was wir an hessischen Gerichten mit dem § 105 des Jugendgerichtsgesetzes bei der Frage erleben, ob das Jugendstrafrecht oder das Erwachsenenstrafrecht angewendet werden soll, ist wirklich eine Farce.

(Boris Rhein (CDU): So ist es, 70 %!)

Es ist nämlich in Hessen nicht die Ausnahme, sondern die Regel, dass Jugendstrafrecht angewendet wird. Ich habe nichts gegen das Jugendstrafrecht; ich glaube, das ist ein hervorragendes Gesetz, das sehr viele erzieherische Möglichkeiten bietet.Aber es ist nicht im Sinne des Gesetzgebers und nicht im Sinne des Gesetzes, dass mittlerweile die Ausnahme zur Regel geworden ist.

(Boris Rhein (CDU): So ist es!)

Deshalb wird die FDP dafür eintreten,dass der § 105 JGG in diesem Sinn geändert wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Rentsch. – Für die Landesregierung wird jetzt Herr Staatsminister Bouffier das Wort ergreifen.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Die Landesregierung begrüßt ausdrücklich, dass wir die Gelegenheit haben, hier im Hause ausführlich über ein Thema zu sprechen, das uns Sorgen machen muss und das auch viele Menschen berührt. Die Landesregierung hat Ihnen eine sehr umfangreiche Antwort zu der gesamten Palette dessen vorgelegt, wo es bei der Jugendgewalt und der Jugendkriminalität fehlt. Es kann kein Zweifel darüber herrschen, dass uns die stetig steigende Bereitschaft insbesondere zur Gewaltanwendung bei jungen Menschen Sorgen machen muss. Hier hat sich etwas verändert. Ganz praktisch: Prügeleien zwischen jungen Leuten gab es schon immer – in der Schule, auf dem Schulhof und bei Festivitäten.

(Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): Ich habe mich nicht geprügelt!)

Aber dass man den am Boden Liegenden tritt, ihn mit Baseballschlägern traktiert und teilweise sogar schwerste Verletzungen in Kauf nimmt, das hatten wir früher nicht. Insofern hat sich da etwas verändert. Es hat sich etwas verändert in der Bereitschaft, den anderen in seiner Würde zu akzeptieren.

Ich will etwas aufgreifen, was Sie, Herr Grumbach, gesagt haben – nicht, weil ich Ihnen zustimme. Denn in einem Punkt müssen wir uns einig sein. Wenn wir gegen Gewalt antreten, ist das A und O das immer wieder notwendige Erinnern daran, dass die Grundlage eines zivilisierten Zusammenlebens der Respekt vor der Unverletzlichkeit und der Würde des anderen ist. An diesem Respekt mangelt es; genau das ist unser Problem.

Wir in Hessen – das will ich auch einmal sagen – sind besser als die anderen Länder. Wir sind nicht nur deutlich besser als der Bundesdurchschnitt, sondern wir sind insgesamt besser. Damit Sie wissen, wovon wir reden, kann ich Ihnen Zahlen nennen. Ich vergleiche einmal die ermittelten Tatverdächtigen in der Altersgruppe der Kinder und Jugendlichen und vergleiche dabei Hessen mit den anderen Bundesländern. Wir in Hessen haben einen Anteil von 4,2 %. In Baden-Württemberg – Baden-Württemberg, das Land, das in jeder Kriminalstatistik in Deutschland führend ist – hat einen Anteil von 6,3 %. 7,2 % sind es in Sachsen-Anhalt, und der Bundesdurchschnitt liegt bei immerhin auch knapp 6 %. Bei den jugendlichen Tatverdächtigen hat Hessen 10,7 % und Baden-Württemberg 12,5 %; der Bundesdurchschnitt ist 12,8 %. Mecklenburg-Vorpommern liegt z. B. bei knapp 17 %; das ist doppelt so hoch wie bei uns.

Das ist für uns kein Anlass, uns entspannt zurückzulehnen. Aber es ist Anlass, alles ein wenig zu differenzieren. Wir sind gut, und weil wir gut sind, sind wir verpflichtet,

noch besser zu werden; so will ich es einmal formulieren. Ich glaube, Sie werden kein Bundesland finden, in dem die Palette der Prävention so breit ist wie bei uns.

Ich will mich nicht auf die billige Nummer beschränken, die hier nach dem Motto kam: Alles, was gut läuft, macht irgendwer und hat mit der Landesregierung nichts zu tun; an allem, was nicht gut läuft, ist die Landesregierung schuld. – Eine solche schlichte Darstellungsweise, um es nicht anders zu formulieren, wird dem Thema nicht gerecht.

Wenn wir uns über dieses Thema unterhalten, müssen wir deutlich machen, wo einige Punkte liegen, um die es uns besonders gehen muss.

Ich bedauere ausdrücklich, dass diese Debatten immer in Schubladen stattfinden. Die Damen der Opposition – den Herrn der Opposition, Herrn Kollegen Rentsch, nehme ich ausdrücklich aus; ich komme noch auf seinen Beitrag zu sprechen – haben nahezu ausschließlich eine sozialpolitische Debatte geführt. Das war vielleicht ihre politische Absicht, geht aber am Thema vorbei. Es war schon immer ein Irrglaube, Kriminalität ausschließlich sozialpolitisch erklären und bekämpfen zu wollen. Dieser Irrglaube hat uns unter dem Stichwort der Resozialisierung Jahrzehnte gekostet. In den Justizvollzugsanstalten gab es in den Siebziger- und Achtzigerjahren nur Resozialisierung. Dann haben wir festgestellt, dass 60 bis 70 % – manchmal auch mehr – bedauerlicherweise nicht resozialisiert wurden – nicht, weil es an Anstrengungen gemangelt hat, sondern weil man sich endlich zu der Erkenntnis durchgerungen hat, dass es Menschen gibt, die nicht bereit sind, sich auf diese Gesellschaft in zivilisierter Form einzulassen. Das gilt natürlich auch – nicht nur – für Jugendliche. Auch das, denke ich, muss man einmal deutlich sagen.

Wir dürfen nicht an der Tatsache vorbeigehen, dass Kinder in steigendem Umfang kriminell geworden sind. Wir haben zwar gute Zahlen; trotzdem sind die Kinder – auch die Jugendlichen – in steigendem Umfang kriminell geworden.Bei den meisten Kindern und Jugendlichen ist die Kriminalität in diesem Alter eine Episodenkriminalität. Was verstehen wir darunter? Wir verstehen darunter, dass die Kinder bei Gelegenheit – häufig in kleinem Umfang – kriminell geworden sind, dass das aber eher eine einmalige oder zweimalige Geschichte war,die dann vorbei war.

Ich habe vorhin gesagt, die Debatte leide darunter, dass sie nur sozialpolitisch oder nur strafpolitisch geführt wird. Sie können doch nicht an der Tatsache vorbeigehen, dass wir Jugendliche haben, die ausgesprochene Berufsverbrecher mit zig schweren Straftaten sind. Sie kommen auch nicht an der Tatsache vorbei, dass wir im Rechtssinn Kinder haben, die Berufsverbrecher sind. Wenn 13-Jährige über 100 schwere Straftaten begehen, kann man sie nicht nach dem Strafrecht bestrafen, weil sie nicht strafmündig sind. Aber es liegt wohl auf der Hand, dass das ein Problem ist, das ich nicht nur mit guten Worten behandeln kann.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich habe immer wieder gesagt – es bleibt dabei –, dass die erste Aufgabe und die erste Sorge nicht dem Täter gilt.Wir leiden in der Bundesrepublik Deutschland daran, dass wir uns seit vielen Jahren ausschließlich um den Täter gekümmert haben. Entscheidend ist aber das Opfer. Die entscheidende Person ist das Opfer.Wir müssen alles tun, damit es weniger Opfer gibt. Wenn wir dann den Täter auch noch auf den richtigen Weg bringen, haben wir gewonnen. Aber die Priorität ist