Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialministeriums ganz herzlich. Anders als Frau Fuhrmann, die immer wieder sagt, da sei schlampig gearbeitet worden, behaupte ich, genau das Gegenteil war der Fall. Frau Fuhrmann, wenn schlampig gearbeitet wurde, dann hat das etwas damit zu tun, dass man morgens früh um 8 Uhr den Bescheid erhält – das haben wir in dieser Woche erlebt –, dass Rot-Grün schon wieder eine Änderung vorgenommen hat, die dann umzusetzen ist. Meine Damen und Herren, wenn Sie das unter die Rubrik „schlampige Arbeit“ nehmen wollen, dann ist das Ihre Angelegenheit.

Wir, die Mitglieder der CDU-Fraktion, haben selbstverständlich an der Beratung dieses Gesetzentwurfs konstruktiv mitgewirkt und an einigen Stellen für Nachbesserungen gesorgt. Damit bin ich völlig einverstanden. Das ist nun einmal der Gang der Dinge, an den Sie sich möglicherweise nie gewöhnen werden. Die CDU-Fraktion hat Änderungsanträge gestellt, damit die Arbeitsgemeinschaften und die rechtliche Situation der Arbeitsgemeinschaften klar definiert werden. Die CDU-Fraktion hat Änderungsanträge zum Thema Rechtsaufsicht gestellt, einem Thema,dass nun einmal sehr unterschiedlich gesehen wird. Das wurde in der Diskussion schon erläutert, die wir vorgestern geführt haben.

Wir sind nun einmal als Land nicht ermächtigt, die Bundesagentur zu beaufsichtigen. Dafür ist der Bund über die Agentur selbst mit ihrer Hauptstelle in Nürnberg zuständig. Wir sind zunächst einmal für die kommunale Ebene zuständig. Wenn Sie das nicht verstehen wollen und ständig das Argument anführen, wie würden über die Arbeitsgemeinschaften nicht sprechen, dann ist das Ihre Angelegenheit. Ich glaube, die Betroffenen wissen sehr wohl, wie die Zuständigkeiten verteilt sind.

(Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Ich komme jetzt zu dem, was ich gerade eben angedeutet habe. Das betrifft die Änderung, von der wir erst vor kurzem erfahren haben. Der Bund hat da noch etwas ermöglicht. Wir haben zuletzt einen Änderungsantrag eingebracht, der damit zu tun hat, dass es künftig pro Monat zwei Meldetermine für die Wohngeldmittel der Kommunen geben soll.Die Kommunen sollen nicht zu stark durch einen Zahlungstag am Monatsende in Liquiditätsengpässe geraten.

Die Art, wie die Diskussion bei der SPD und den GRÜNEN geführt wird, und deren Änderungsanträge lassen mittlerweile schon einen Verdacht aufkommen, den ich hier noch einmal verdeutlichen will.Das lässt nämlich den

Verdacht aufkommen, dass Sie nach wie vor mit der Zielsetzung des Hartz-IV-Gesetzeswerks ein grundsätzliches Problem haben. Offensichtlich haben Sie nach wie vor ein Problem damit, dass die Überschrift über diesem Gesetz, dessen Entwurf wir heute hier verabschieden werden und das bei uns in Hessen nicht zuletzt aufgrund der hessischen Historie „Hessisches OFFENSIV-Gesetz“ heißt, lautet: Fördern, aber gleichzeitig auch Fordern. – Das ist die Überschrift über diesem Gesetz.

Meine Damen und Herren, die Tatsache, dass Sie auch in den Ausschusssitzungen mit teilweise sehr merkwürdigen Vorwürfen operiert haben und nicht belehrbar waren und dass wir Sie immer wieder auf die tatsächlich bestehenden rechtlichen Zusammenhänge hinweisen mussten, zeigt doch, dass Sie in den Krümeln gesucht haben. Wir haben das Wesentliche erkannt. Wir sehen die Chancen und die Perspektiven, die sich für die Betroffenen aus diesem Gesetz ergeben werden. Wir sehen darin keine Bedrohung, wie Sie das offensichtlich an vielen Stellen tun.

Frau Kollegin Fuhrmann, den Inhalt Ihres heute eingereichten Änderungsantrags haben wir doch schon während einer Ausschusssitzung diskutiert. Wir haben nach der Vorlage der Änderungsanträge der Fraktion der GRÜNEN doch schon sehr deutlich gemacht, dass es selbstverständlich den Kommunen überlassen bleibt, wie sie sich von Dritten beraten lassen. Das war nun schon einmal Teil der Debatte. Da es dazu schon entsprechende Empfehlungen unserer Sozialministerin gibt, weiß ich gar nicht, warum Sie dazu heute noch einen Änderungsantrag stellen. Das, was Sie damit fordern, findet in der Realität alles längst statt. Die Tatsache, dass Sie diesen Änderungsantrag erst heute einbringen, zeigt, dass Sie sich offensichtlich überhaupt erst in den letzten Tagen mit der komplexen Materie beschäftigt haben.

Die CDU-Fraktion wünscht allen Behörden, wünscht der Bundesagentur, den Kommunen, den Beschäftigungsgesellschaften und den Mitarbeitern in den Stadt- und Kreisverwaltungen viel Glück und Erfolg bei der Bewerkstelligung der bevorstehenden gewaltigen Aufgabe. Aber noch mehr Glück wünsche ich den Betroffenen.Das verbinde ich mit der Hoffnung, dass das Gesetz auch das erreichen wird, was wir uns hoffentlich alle davon versprechen.

Nachdem wir lange darüber gestritten haben, werden die Betroffenen hoffentlich erkennen, dass es ab dem 1. Januar 2005 nicht mehr um den politischen Streit geht, sondern um die konkrete Umsetzung des Gesetzeswerks in jedem Einzelfall. Dass man sich dann um jeden einzelnen betroffenen Arbeitslosen kümmern wird, muss im Mittelpunkt unserer Betrachtungen stehen und in den Mittelpunkt unserer Debatten gelangen. Bis heute haben wir über den richtigen Weg gestritten. Ab sofort sollten wir darüber streiten, wie wir in der Umsetzung dahin gelangen, dass die horrend hohe Zahl Langzeitarbeitsloser, die es in unserem Land gibt, endlich abgebaut wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Dr. Jürgens das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Boddenberg, ich weiß nicht, ob Sie sich vielleicht im Tagesordnungspunkt geirrt haben.Aber bei diesem Gesetzentwurf zu behaupten, er sei rechtzeitig vorgelegt und zügig bearbeitet worden, ist nun wirklich ein Witz.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal an das erinnern, was ich schon während der ersten und der zweiten Lesung gesagt habe. Seit dem 30. Dezember 2003 ist das Sozialgesetzbuch XII im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Sie hätten alle Zeit der Welt gehabt, in einem ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren die Umsetzung für das Land Hessen zu beschließen.

Das haben Sie nicht gemacht. Der Gesetzentwurf ist verspätet eingebracht worden, und er war inhaltlich so chaotisch gestaltet, dass man, wie ich in der ersten Lesung schon gesagt habe, Schwierigkeiten hatte, überhaupt durchzufinden.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Dieses Chaos hat sich im Gesetzgebungsverfahren fortgesetzt,Herr Boddenberg.Immerhin haben z.B.wir unseren Änderungsantrag rechtzeitig zur Ausschusssitzung vorgelegt.Die CDU-Fraktion hat damals nur gesagt:Wir wollen auch noch etwas ändern,wir wissen noch nicht genau,was, aber es kommt irgendwann noch.

Ich weiß nicht genau, welche angebliche Entscheidung von Rot-Grün um 8 Uhr morgens Sie veranlasst hat, Ihre Änderungsanträge erst um 8 Uhr abends im Ausschuss vorzulegen. Das ist mir unklar. Die Grundlage dafür war lange bekannt. Es ist einfach falsch, wenn hier von einem ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren die Rede ist. Das Gegenteil ist der Fall. Das Chaos hat sich fortgesetzt, Frau Fuhrmann hat vollkommen Recht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Durch die Änderungen, die Sie jetzt vornehmen lassen wollen, ist Ihnen gelungen, die Arbeitsgemeinschaften überhaupt einmal in das Gesetz aufzunehmen.Herzlichen Glückwunsch dazu, dass Sie auch schon gemerkt haben, dass es die Arbeitsgemeinschaften gibt.Was Sie aber nicht gemacht haben, das ist, die Schieflage des Gesetzes zu beseitigen, die darin besteht, dass die optierenden Kommunen nach wie vor bevorzugt werden gegenüber denjenigen, die Arbeitsgemeinschaften mit der Agentur für Arbeit gebildet haben.

(Zuruf des Abg. Rafael Reißer (CDU))

Es bleibt auch nach Ihren Änderungsanträgen dabei, dass Sie vonseiten der Landesregierung ausschließlich die optierenden Kommunen unterstützen. Den nicht optierenden Kommunen sagen Sie: Bleibt, wo der Pfeffer wächst, ihr interessiert uns nicht. Wir unterstützen euch dabei nicht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD – Michael Bodden- berg (CDU):Was machen Sie denn?)

Dann zu sagen, Sie wünschten allen viel Glück, während Sie den einen beim Glück auf die Sprünge helfen und die anderen dabei allein lassen, ob sie ihr Glück finden, ist keine ordnungsgemäße Behandlung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie haben, wie wir von der Sozialdezernentin aus Offenbach wissen, noch nicht einmal das Gespräch mit den Kommunen gesucht, die die Arbeitsgemeinschaften gewählt haben. Das bedeutet, Sie schaffen in Hessen nach wie vor Gemeinden erster und zweiter Klasse, und Sie können nicht erwarten, dass wir dem zustimmen.

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) und Petra Fuhrmann (SPD))

Es bleibt weiterhin dabei, auch nach Ihren Änderungen, dass Sie das Ehrenamt in Hessen beschädigen. Sie schicken die teilweise langjährig ehrenamtlich tätigen, sozial erfahrenen Personen in die Wüste und sagen: Das war es jetzt, lasst uns in Ruhe, wir wollen euch nicht mehr. – Das ist nicht vernünftig und kann von uns nicht mitgemacht werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie bleiben dabei, dass Sie den alten, kranken, pflegebedürftigen und behinderten Menschen im Lande Hessen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, deutliche finanzielle Einbußen zum 01.01.2005 zumuten, weil Sie eine vernünftige Gestaltung der Einkommensgrenzen, wie wir sie z. B. vorgeschlagen haben, nach wie vor ablehnen.

Es bleibt auch dabei, dass Sie sogar in einem Punkt eine Regelung gewählt haben, die mit der bundesgesetzlichen Grundlage überhaupt nicht in Übereinstimmung ist. Das Bundesgesetz gibt die Möglichkeit, durch Landesrecht eine andere Stelle als die Gesundheitsämter mit verschiedenen Aufgaben zu betreuen.Wir haben darüber entsprechend im Ausschuss beraten. Sie haben die Möglichkeit gewählt, dass die Kreisausschüsse und die Magistrate eine andere Stelle als die Gesundheitsämter mit der Wahrnehmung der Aufgaben betrauen. Ich glaube nicht, dass es in diesem Hause irgendjemanden gibt, der meint, dass ein Organisationserlass eines Kreisausschusses zum Landesrecht gehört. Das heißt, Sie verstoßen sehenden Auges gegen die Ermächtigungsgrundlage.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es bleibt dabei,es ist chaotisch.Was Sie abgeliefert haben, gehört eigentlich nicht ins „Gesetz- und Verordnungsblatt“. Aber wie ich schon in der ersten Lesung gesagt habe: Jeder blamiert sich so gut, wie er kann. Darin sind Sie wirklich meisterhaft.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Rentsch für die FDP.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal bedanke ich mich beim Herrn Kollegen Al-Wazir, dass er geklatscht hat, als die FDP zum Rednerpult gegangen ist.Vielen Dank.

Meine Damen und Herren, Sie haben Recht, das Thema Hartz IV verlässt uns nicht. Ich habe Anfang der Woche zwar gesagt, es verlässt uns so langsam, aber mittlerweile

bin ich nicht mehr der Meinung.Wir haben geschaut, was wir im nächsten Jahr mit dieser Thematik zu tun haben werden. Es wird noch relativ viel sein: die Umsetzung, die Ausgestaltung, die Betreuung von Kommunen, die die Option gezogen haben, oder von Kommunen, die sich in einer Arbeitsgemeinschaft befinden. Also werden wir noch sehr viel mit dem Thema Hartz IV zu tun haben.

Ich glaube, dass es deshalb sehr wichtig ist, dass wir versuchen, wenn wir über das Thema reden, etwas mehr Sachlichkeit an den Tag treten zu lassen. Es ist in der letzten Zeit in der Debatte über die Ausgestaltung sehr heftig geworden.

Meine Damen und Herren, eines lässt sich feststellen. Es gibt in diesem Hause keinen Konsens über die Frage, wie wir – auf der einen Seite Rot-Grün, auf der anderen Seite Schwarz-Gelb – die Arbeitsmarktverwaltung, die Arbeitsmarktstruktur regeln wollen. Sie haben mehr für das Modell Bundesagentur für Arbeit und Kommunen gesprochen. Wir haben gemeinsam mit der CDU immer gesagt: Wir wollen die Kommunen mehr in der Verantwortung. – Herausgekommen ist der Kompromiss, den wir nun vorliegen haben. Die Landesregierung hat dazu zwei Gesetze vorgelegt, die unserer Ansicht nach in die richtige Richtung gehen.

Ich will aber, bevor ich zu dem Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag der SPD komme, zwei Punkte abschließend zum Thema Hartz IV sagen. Frau Ministerin, wir haben Ihnen gemeinsam mit den Kolleginnen von den GRÜNEN und der SPD einen offenen Brief – als Opposition, als Parlamentarier in diesem Hause – zum Thema Beteiligung des Parlaments an dem Netzwerk für optierende Kommunen geschrieben. Ich weiß nicht, ob er Ihnen schon zugegangen ist. Wenn nicht, nehme ich es jetzt vorweg. Er wird Ihnen in den nächsten Tagen bestimmt zugehen.

Wir haben es hier schon mehrfach erwähnt, und ich will es von diesem Podium aus heute nochmals versuchen. Dem Parlament liegt wirklich daran, dass diese Reform gelingt. Das ist keine bloße Floskel, sondern wir wollen wirklich bei dieser Frage mitarbeiten.Wir wünschen uns – das sage ich nicht zum ersten Mal, und wir nehmen gerne Herrn Boddenberg für die CDU mit in das Netzwerk –,

(Beifall bei der FDP)

dass das Parlament in diese Reformdiskussion eingebunden wird. Deshalb will ich jetzt nichts unversucht lassen und Sie noch einmal bitten, zu dieser Frage Stellung zu nehmen, ob Sie sich vorstellen können, dass die Parlamentarier daran mitwirken. Denn es bringt doch nichts, wenn es einzig und allein zwischen Landesregierung und Kommunen eine Beziehung gibt und das Parlament aus dieser Diskussion völlig herausgehalten wird.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, für uns ist wichtig, dass wir daran teilhaben können; denn das Thema Hartz IV ist eines der entscheidenden Themen in Bezug auf die Arbeitsmarktsituation in diesem Land. Das ist eine der entscheidenden Reformen. Deshalb will das Parlament auch an diesen Reformen mitwirken können.Wir wollen auch Berichte aus den Kommunen bekommen, wie die Situation ist, wie die Ausgestaltung des Gesetzes funktioniert. Deshalb noch einmal unsere Bitte: Laden Sie uns ein. Wir sagen auch zu, dass wir gerne vorbeikommen. Wenn der Kollege Boddenberg auch noch mitkommt, sind wir kom

plett. Dann freuen wir uns, dann ist das ganze Parlament bei diesem Netzwerk vertreten.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Kordula Schulz- Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich will kurz auf das eingehen, was Herr Kollege Dr. Jürgens mit seinem juristischen Fachverstand gerade vorgetragen hat. Ich sage, das teile ich durchaus. Wir hatten im Ausschuss eine Diskussion über die Bestimmung der Gesundheitsstelle. Das war das letzte Beispiel, das Herr Kollege Dr. Jürgens genannt hat. Es ist eine sehr juristische Diskussion, das weiß ich. Aber ich will es trotzdem noch einmal erwähnen, weil es für uns wichtig ist.