Dieses Thema ist kein Hessen-Thema, das wissen wir alle. Aber dieses Thema können wir natürlich nicht ausblenden,liebe Freunde von der SPD und den GRÜNEN,wenn wir über hessische Politik reden.Wir können es auch nicht ausblenden,wenn Sie hier Erwartungen äußern – zu Ihrem Antrag komme ich gleich in einigen Schwerpunkten –, die schlicht und einfach schon deshalb nicht erfüllt werden können, weil genau Sie, die diese Anträge stellen und die wie Herr Frankenberger Forderungen in den Raum stellen, dies auf Bundesebene mit einer völlig gegenläufigen Gesetzgebung konterkarieren, bzw. mit der Unfähigkeit, eine gegenläufige Gesetzgebung so zu reformieren, dass wir wieder mithalten können.
Meine Damen und Herren, angesichts der demographischen Entwicklung und angesichts des Abbaus der industriellen Arbeitsplätze, die wir in bestimmen Technologiebereichen überhaupt nicht mehr werden halten können, in anderen aber sehr wohl noch halten können, müssen wir hier sehr genau hinschauen. Es ist ein Alarmzeichen, dass wir – nicht in Hessen, sondern bundesweit – seit 1995 zwei Millionen Industriearbeitsplätze verloren haben. Denn es ist mittlerweile eine Binsenweisheit: Ohne einen industriellen Arbeitsplatz läuft auch keine Dienstleistung. Das gilt nicht 1 : 1, aber wir brauchen den industriellen Kern.
Deshalb müssen wir unser Augenmerk verstärkt darauf richten. Wir müssen auch einmal feststellen – ich habe es gar nicht glauben wollen; ich weiß nicht, wie es Ihnen geläufig ist –, dass wir einen Rückgang bei den jugendlichen Beschäftigten von 15 bis 24 Jahren haben: in den Siebzigerjahren bei uns noch 70 % der jeweiligen Jahrgangsbreite, jetzt noch 42 %, OECD-weit 50 % und in Holland noch knapp 70 %. Auch das müssen wir uns einmal überlegen, wenn wir über Demographie und die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung der Zukunft nachdenken.
Ich glaube, ich habe fast genug zu dem CDU-Antrag gesagt. Zu den Steuereinnahmen muss ich sagen, Sie hätten die fiskalischen Rahmenbedingungen noch ein bisschen deutlicher ansprechen sollen.
Jetzt komme ich zu Punkt 6. Schade, dass Herr Koch nicht da ist. „Der Landtag ermutigt die Landesregierung,...“ Man kann Roland Koch vieles vorwerfen. Dass er mangelnden Mut hätte, habe ich noch nie festgestellt.Aber ermutigen Sie ihn weiter, vielleicht hilft das.
„... die bereits gesetzten Ziele weiterzuverfolgen und den Standort Hessen zu stärken“. Immerhin. „Zu den zielgerichteten Maßnahmen gehören die Investitionen in den Landesstraßenbau in Höhe von 65 Millionen c“. Da sagt Herr Boddenberg: Das haben wir doch gerade noch einmal erhöht. – Mein lieber Herr Boddenberg, Sie haben das voriges Jahr gesenkt, und jetzt haben Sie wieder ein bisschen aufgeholt.
Aber ich wollte zu diesem Punkt auf etwas anderes eingehen. Beispielsweise sprechen Sie bei der Förderung des Mittelstandes das Programm „Gründung und Wachstum“ an. Sie können ein Programm „Gründung und Wachstum“ machen, Sie können von mir aus ein Programm „Hoffnungsvolle Zukunft“ machen, Sie können ein Programm „Prosperierendes Hessen“ oder sonst etwas machen. Ich komme zurück auf das, was ich eingangs gesagt habe: Wenn es Ihnen nicht gelingt, aus dieser jetzt schon wieder erkennbar gedrückten Stimmung heraus zu einem neuen Aufbruch zu kommen, werden Sie keine zusätzlichen Impulse im Lande Hessen setzen. Das müssen Sie wieder anfangen.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zur SPD. – Ich komme erst dann zum Schluss, wenn mir der Vorsitzende sagt, dass die Redezeit abgelaufen ist.
Es tut mir Leid,liebe Genossen,ich hätte euch sehr viel zu sagen. Aber wir haben noch drei Tage. Ich bringe es noch unter.
Vielen Dank, Herr Denzin. – Frau Schönhut-Keil, ich darf Ihnen für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Denzin, Glückwunsch zu Ihrer Rede. Sie war wirklich sehr unterhaltsam, obwohl ich mir in manchen Punkten vorgekommen bin, als seien wir bei der Leichtathletik und nicht bei einer wirtschaftspolitischen Debatte: Wer läuft am schnellsten, wer springt am höchsten, und wer ist überhaupt der Dollste hier im Raum?
Die Antwort auf diese Frage kann ich Ihnen auch nicht geben. Ich kann Ihnen nur insofern eine Antwort geben und ganz klar sagen: Die Debatten in den Ritualen, wie wir sie hier führen, gehen an den Ängsten der Menschen draußen absolut vorbei und helfen ihnen in keinster Weise.
Meine Damen und Herren, wenn Sie schon vorher brüllen, wissen Sie schon, was ich sagen will. Ich wollte es relativ versöhnlich anlegen. Ich will es auch weiterhin machen, solange Sie mich lassen.
Wir wissen alle, den globalen Wettbewerb um die billigsten Löhne, wo vor zehn Jahren noch Tschechien Maßstab war und es heute die Ukraine ist, werden wir niemals gewinnen können. Wir wissen auch, und das nicht erst seit der EU-Osterweiterung, dass wir uns in einem umfassenden und globalisierten Veränderungsprozess befinden. Diese Globalisierung verstärkt den internationalen Wettbewerb. Die Manager der großen Konzerne denken weltweit und weniger verantwortlich für die Menschen in der Region, in der ihre Firma gerade tätig ist. Die Verantwortung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schrumpft gegen null.
Was wir gerade am Standort Rüsselsheim mit der Firma Opel erlebt haben, spricht doch eine sehr deutliche Sprache und hat viel mit der Hilflosigkeit der Politik gegenüber diesen ganzen gesellschaftlichen Fragestellungen zu tun.Ich bin sehr selten in der Lage,Heiner Geißler einmal Recht zu geben.
Aber die Forderung Heiner Geißlers, dass es ein ethisches Bewusstsein für die Managerinnen und Manager in unserer Gesellschaft geben muss, kann ich absolut unterstreichen.
Ich will noch ein Stück weiter dabei bleiben. Die Arbeitswelt und das, was die Mitbürgerinnen und Mitbürger vorfinden,verändern sich in einer geradezu dramatischen Art und Weise. Geradlinige Karrieren und eine lebenslange Vollbeschäftigung werden seltener. Besonders wenn wir in die fünf neuen Bundesländer schauen, müssen wir damit zurechtkommen, dass es in Zukunft Familien oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geben wird, die wahrscheinlich noch niemals in ihrem Leben eine dauerhafte Beschäftigung gehabt haben.
Wir streiten uns hier sehr oft darüber: Die Schulabschlüsse der Kinder sind zu schlecht. Viele junge Menschen, die nicht hoch qualifiziert sind, finden erst gar keinen Arbeitsplatz. Gut qualifizierten jungen Menschen wird bereits mit 45 Jahren ein Arbeitsplatz verweigert, mit dem Vorwurf, sie seien bereits zu alt. Rente und Gesundheitsversorgung werden als nicht mehr sicher empfunden. Selbst Menschen mit einem guten Einkommen üben Kauf- und Investitionszurückhaltung. Die Situation ist so, weil sie Angst haben, und diese Angst haben wir alle, meine Damen und Herren, mit verursacht.
Insofern, so denke ich, ist es die erste Aufgabe von Politik, Vertrauen in diesem Veränderungsprozess zu schaffen, den wir betreiben. Nicht Veränderung bringt ein erhöhtes Risiko für Wirtschaft, Arbeitsmarkt und Sozialversicherung, sondern der jahrzehntelange Stillstand in diesem Lande. Das energische Wehren vieler, auch von Lobbyverbänden, gegen jedwede Veränderung hat diese schwie
Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Schluss damit sein muss,dass wir uns die Lage gegenseitig zu schlecht oder zu gut reden, wie wir es auch gerade wieder ritualisiert erlebt haben. Die Einflüsse sind doch mehr denn je in den Weltmärkten zu suchen und viel weniger, als uns allen lieb ist, in nationalen Entscheidungen.
Wie verquer die Debatten heute wieder geführt werden, kann man wiederum nachlesen. Die einen reden von Abstieg, die anderen von Dynamik und überdurchschnittlicher Entwicklung. Natürlich, meine Damen und Herren: Das alles ist ganz normal und von Opposition und Regierung lange eingeübt. Wir wissen, dass natürlich jeder hier im Hause die Statistiken und Rankings so interpretieren kann, wie es ihm gerade passt.Tag für Tag finden wir auch in der Wirtschaftspresse Meldungen wie „Inlandsnachfrage weiter schwach“, „Arbeitslosenzahlen auf hohem Niveau“, „Weiterer Stellenabbau bei Opel und Karstadt“. All das transportiert eine negative und somit investitionshemmende Botschaft.
Aber Andererseits – das muss man auch sehen – können wir lesen: „Deutsche Exporte boomen“, „Bruttoinlandsprodukt wächst wieder“, „Endlich funktioniert die LKWMaut“, „Arbeitsmarktreform gestartet“. All das produziert eine andere Botschaft, nämlich diese: „Deutschland bewegt sich“, und der Aufschwung nimmt Fahrt auf.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die LKW-Maut klappt, und Hartz IV klappt auch! Was seid ihr nur für kleinkarierte Menschen!)
Herr Kollege Hahn, darum geht es mir: Dieses Schwanken zwischen Skepsis und Zuversicht, das scheinbar die gesamte Wirtschaft erfasst hat, ist typisch für die gegenwärtige Wirtschaftsphase am Beginn eines konjunkturellen Aufschwungs. Ich denke, nirgendwo ist das besser abzulesen als an den Börsenkursen.
Meine Damen und Herren von der Union, ich weiß, wie das in Ihrer Vorstellung aussieht: Bis zum letzten Tag, an dem Kohl regiert hat, waren die bundespolitischen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft glänzend und quasi gott- oder besser Helmut-gegeben.Seit dem ersten Tag,an dem Schröder regiert, herrschen
Sie sagen uns das ja seitdem immer wieder – bundesweit katastrophale Rahmenbedingungen. Das kann sich nur ändern, wenn endlich wieder ein christdemokratischer Kanzler oder besser eine christdemokratische Kanzlerin
Das wissen Sie auch: Das ist totaler Blödsinn. Über Nacht werden weder blühende Landschaften entstehen, noch wird sonst irgendetwas Wundergleiches passieren, und das schon gar nicht, wo Ihnen in Berlin wie bei einem Dominospiel pausenlos Ihre Ministeranwärter umkippen. So wird das mit Sicherheit nichts.