Protokoll der Sitzung vom 27.01.2005

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist doch nur Rhetorik! Das ist doch typisch!)

Das ist das übliche Verfahren. Herr Weimar, das weiß doch keiner besser als der Finanzminister selbst. Sie sind auch der zuständige Fachminister in Sachen Haushalt.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Der Minister hat sich widersprochen!)

Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

Nach Rücksprache mit den Geschäftsführern lautet der Vorschlag, beide Anträge an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr, federführend, und an den Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz, beteiligt, zu überweisen. Gibt es andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall.

(Zurufe von der SPD: Haushaltsausschuss!)

Im Haushaltsausschuss sind die Empfehlungen schon diskutiert worden, deshalb muss sich der Haushaltsausschuss nicht noch einmal damit beschäftigen. Das sagt die Geschäftsordnung.

Meine Damen und Herren, wollen wir noch die Tagesordnungspunkte 16 und 24 aufrufen, oder sollen wir jetzt in die Mittagspause gehen? Wie ist die Lage?

(Zurufe: Mittagspause!)

Meine Damen und Herren, ich will keinen vielstimmigen Chor. Ich will wissen, ob ich die Tagesordnungspunkte 16 und 24 aufrufen darf oder nicht.

(Unruhe)

Dann gehen wir jetzt in die Mittagspause bis 14 Uhr. – Sie müssen jetzt sagen, wie es dann weitergeht.

(Zuruf: Setzpunkt!)

Wir beginnen um 14 Uhr mit dem Setzpunkt. – Guten Appetit.

(Unterbrechung von 12.49 bis 14.03 Uhr)

Vereinbarungsgemäß rufe ich Tagesordnungspunkt 57 auf:

Entschließungsantrag der Fraktion der CDU betreffend Gleichstellung von DNA-Abgleich und Fingerabdruck – Drucks. 16/3524 –

Dazu wird Tagesordnungspunkt 88 aufgerufen:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend DNA-Analyse im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen – Drucks. 16/3548 –

hierzu:Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucks. 16/3561 –

Des Weiteren rufe ich Tagesordnungspunkt 96 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend rechtsstaatliche Nutzung der DNA-Analyse – Drucks. 16/3558 –

Es sind zehn Minuten Redezeit vereinbart. Es beginnt der Kollege Wintermeyer für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Die stärkere Nutzung des DNA-Abgleichs dient der Verbrechensaufklärung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist uns nicht erst seit der schnellen Festnahme des Täters durch die Münchener Polizei bekannt.Die Polizei war in diesem Fall sehr schnell: 36 Stunden nach dem Mord an Herrn Moshammer war der Täter gefasst. Warum? – Die DNA hatte die Ermittler zu ihm geführt.

Nicht erst dieser Fall hat gezeigt, dass der genetische Fingerabdruck eine hervorragende Möglichkeit zur Aufklärung von Verbrechen ist. Ich muss aber im Fall Moshammer meiner Kollegin Beer vorsorglich widersprechen. Sie hat in einer Presseerklärung geäußert – ich vermute, sie wird es nachher in ihrer Rede auch wieder sagen –, der Fall zeige, dass die gesetzlichen Regelungen über die Erfassung von genetischen Fingerabdrücken ausreichend seien und das System funktioniere. – Das ist nicht so.

(Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Sie wissen, im Fall Moshammer hatte der Täter bei einer anderen Straftat freiwillig dem DNA-Abgleich zugestimmt.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Sehr richtig!)

Dieser freiwillige DNA-Abgleich wäre demnächst gelöscht worden, da das Verfahren mangels Beweises eingestellt wurde. Liebe Kollegin Beer, es besteht also doch Handlungsbedarf.

Ohne den DNA-Abgleich wären heute etliche Straftaten nicht aufgeklärt, und viele Täter wären auf freiem Fuß.

Meine Damen und Herren, ich will hier nicht in Zahlenspiele versinken, aber seit der Einführung des DNA-Abgleichs im Jahre 1998 wurden mit der Datei 18.000 Straftaten aufgeklärt, darunter 371 Tötungs- und 870 Sexualdelikte. Diese Zahlen könnten selbstredend wesentlich besser sein und sollten alle Kritiker der DNA-AnalyseMethode – auch Herrn Dr. Jürgens – verstummen lassen. Mittlerweile ist das auch dem Bundeskanzler, Minister Otto Schily und Teilen der SPD bewusst geworden. Die berechtigte Konsequenz ist: Der genetische Fingerabdruck muss dem herkömmlichen Fingerabdruck gleichgesetzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Mini- sters Volker Bouffier)

Die DNA-Probe muss Standard bei der erkennungsdienstlichen Behandlung werden. Die Gleichstellung des genetischen mit dem konventionellen Fingerabdruck bedeutet für uns als CDU folgerichtig die Abschaffung des Richtervorbehaltes. Der Richter prüft juristisch nichts anderes als der ermittelnde Staatsanwalt und seine Hilfsbeamten. Schließlich bleibt in jedem Fall die Möglichkeit, wie bei jedem anderen strafprozessualen Eingriff auch, die Maßnahme durch einen Richter auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen. Dies würde gegebenenfalls zur Unverwertbarkeit von Daten im Prozess führen. Insbesondere bei anonymen DNA-Spuren ist ein Richtervorbehalt völlig absurd. Konsequenterweise müsste auch bei jedem konventionellen Fingerabdruck, der am Tatobjekt festgestellt wird,zunächst ein Richter entscheiden,ob dies zulässig ist.

Meine Damen und Herren, der zwingende richterliche Vorbehalt muss entfallen. Nach meiner Ansicht kann die Entscheidung, in welchen Fällen die Speichelprobe von Personen fällig wird, durch die Ermittlungsbehörden vorgenommen werden. Eine Speichelprobe ist kein größerer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und in den Persönlichkeitsschutz als der konventionelle Fingerabdruck.

(Heike Hofmann (SPD): Falsch!)

Die Zahl der Ermittlungspannen, der falschen Verdächtigungen und der Justizirrtümer würde eher zurückgehen als zunehmen, und auch der Faktor Abschreckung wäre deutlich höher. Hier geht es nicht darum, ein ganzes Volk unter Generalverdacht zu stellen. Auch soll der Datenschutz nicht ausgehebelt werden.Vielmehr bietet sich hier die Chance, weitere Erfolge bei der Aufklärung von Verbrechen zu erzielen.

Die Begrenzung auf wenige Gruppen von Straftaten, bei denen ein DNA-Abgleich durchgeführt werden kann,hält die CDU-Fraktion für wenig sinnvoll. Ein potenzieller Sexualstraftäter beginnt seine Karriere nicht im einschlägigen Bereich. Kriminologen gehen heute davon aus, dass mehr als 75 % aller Sexualstraftäter zuvor mit anderen Deliktsgruppen, wie Diebstahl und Körperverletzung, ihre furchtbare Karriere begonnen haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Hier müssen wir in Zukunft erkennungsdienstlich ansetzen. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Nicht jeder kleine Ladendieb oder jeder Schwarzfahrer soll in die Datei. Ihm werden auch nicht gleich „normale“ Fingerabdrücke abgenommen. Das Zauberwort heißt hier Verhältnismäßigkeit, wie es unserer Rechtsordnung entspricht.

Im Jahre 2003 sind in über 7.400 Fällen Übereinstimmungen mit den bei der DNA-Datei hinterlegten Mustern festgestellt worden.Auf Hessen entfielen insgesamt 1.049 Treffer. Damit lag Hessen bundesweit erneut an zweiter Stelle – 1.049 eindeutige Spurenzuweisungen, in denen eine zuverlässige und schnelle Tataufklärung, zumindest aber eine deutliche Verminderung des Ermittlungsaufwandes, erzielt werden konnte.

Der Fall Moshammer zeigt exemplarisch, wie schnell und wie sicher man Straftaten aufklären kann. Ich denke, das ist ein eindrucksvoller Beleg für die hohe Effizienz des DNA-Abgleichs.Meine Damen und Herren,diese Zahlen sprechen für sich und verdeutlichen: Der DNA-Abgleich macht auch Hessen sicher. Die Hessische Landesregierung hat den rot-grünen Schmusekurs beendet und hat dem Opferschutz die berechtigte oberste Priorität gegeben. Mit der schnellen und sicheren Überführung von Tätern mittels des DNA-Abgleichs schützen wir potenzielle Opfer vor gefährlichen Wiederholungstätern.

Nun zu Ihnen, liebe Kollegen von den Sozialdemokraten: Die eben genannten Zahlen sind nicht aus der Luft gegriffen, sie sind Realität.Von daher ist es für mich und für uns als CDU-Fraktion mehr als unverständlich, dass die SPD mit ihrem Dringlichen Entschließungsantrag gegen die Gleichstellung des genetischen Fingerabdrucks mit dem herkömmlichen Fingerabdruck ist und die Beibehaltung des Richtervorbehalts fordert.

(Heike Hofmann (SPD): Genau!)

Meine Damen und Herren, nach meiner Überzeugung ist es die einfachste Lösung,die DNA-Analyse zum Standard bei erkennungsdienstlichen Maßnahmen und Behandlungen zu machen. Die drei Hürden – Straftaten von erheblicher Bedeutung, qualifizierte Negativprognose und Richtervorbehalt – müssen entfallen. – Das sind nicht meine Worte, sondern die Worte Ihres Parteifreundes Bundesinnenminister Otto Schily. Das ist nachzulesen in der „Welt“ vom 19. Januar dieses Jahres. Selbst der Kanzler spricht sich mittlerweile für die Gleichstellung sowie die uneingeschränkte Anwendung des DNA-Abgleichs aus. Daher fordere ich Sie als SPD auf: Schluss mit der Blockadehaltung – der hessischen Blockadehaltung, muss man sagen –, folgen Sie hier einmal Ihrem Kanzler und dem Bundesinnenminister, und stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin, daher mein Appell zum Abschluss: Wer den Identitätsnachweis engen Schranken unterwirft, schützt ausschließlich die Täter. Der DNA-Abgleich muss daher eine normale erkennungsdienstliche Methode werden. Der DNA-Abgleich muss zu einem Regelinstrument der Strafverfolgung gemacht und auch als Abschreckungsinstrument eingesetzt werden. Denn er ist ein Mittel der Prävention.

Wie sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht in Wiesbaden im „Wiesbadener Kurier“ vom 20.01.2005:Ein DNA-Gespeicherter muss sich dreimal überlegen, ob er eine weitere schwere Straftat begehen wird.

(Beifall bei der CDU – Gerhard Bökel (SPD): Eine weitere schwere Straftat!)

Meine Damen und Herren, die Richtung heißt: Erstens. Der genetische Fingerabdruck ist dem herkömmlichen Fingerabdruck in rechtlicher Hinsicht gleichzusetzen. Zweitens. Die DNA-Probe muss Standard bei der erkennungsdienstlichen Behandlung werden. Drittens. Der zwingende richterliche Vorbehalt muss entfallen. Die Formel muss heißen: DNA-Fingerabdruck ist gleich herkömmlicher Fingerabdruck. – Vielen Dank.