Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

mit vielen schönen Worten und wenig Konkretem. Die Bahn verspricht den Fahrgästen bei Zugverspätungen zwar „erstmals einen Rechtsanspruch auf Entschädigung“, aber der ist wenig wert.

Der Antrag der GRÜNEN offenbart Ihr staatsbezogenes Denken.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Bei einer freiwilligen Regelung?)

Überall dort,wo es angeblich Probleme gibt,soll der Staat einschreiten. Die im Zusammenhang mit der Deutschen Bahn von den GRÜNEN eingeforderten Regelungen sind auch deshalb für private Unternehmen selbstverständlich, weil diese sich im ständigen, täglichen Wettbewerb mit Konkurrenten um Kunden und Fahrgäste bemühen.

Daher war und ist der Ansatz der CDU-Landtagsfraktion in Hessen, sich gerade auch im ÖPNV für mehr Wettbewerb einzusetzen, der richtige Weg, um das Angebot an Serviceleistungen zu verbessern und die ordnungsgemäße Einhaltung der Fahrpläne zu gewährleisten. Es wäre wünschenswert, wenn die GRÜNEN aus ihren Ansätzen endlich einmal die richtigen Schlüsse ziehen würden, sich überall da, wo es notwendig und sinnvoll ist, für mehr Wettbewerb, für mehr freien Markt einzusetzen und weniger den Staat in den Vordergrund zu stellen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Der vorgelegte Antrag der GRÜNEN ist an und für sich auch peinlich. Er hat lediglich einen hochtrabenden Titel. Es kommt in diesem Antrag wieder das alte Feindbild der GRÜNEN – Auto kontra Schiene – zum Tragen.

Unser Ziel ist ein vernetztes Denken in der Verkehrspolitik mit dem Ziel, eine möglichst große Mobilität für die Menschen in unserem Lande zu erreichen. Die geforderten Regelungen sind bei den privaten Unternehmen eine Selbstverständlichkeit, weil sich Umsatz und Ertrag

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wann sind Sie das letzte Mal Bus gefahren?)

wahrscheinlich im Gegensatz zu Ihnen fahre ich in Wiesbaden zweimal in der Woche mit dem Bus – am Service, an Sauberkeit, Pünktlichkeit und insgesamt an den Kunden orientieren. Am Bestand der Kunden und am Umsatz kann man messen, wie leistungsfähig ein Unternehmen ist und wie dessen Ertrags- bzw. Gewinnsituation aussieht.

Eines eint uns in diesem Hause – Frau Pfaff, auch Sie haben es unterstrichen –: Der Grundsatz „Anspruch auf Zahlung nur bei ordnungsgemäßer Leistung“ muss in der Fahrgastbeförderung generell seine Gültigkeit haben, nicht nur beim Schienenverkehr.

Der Antrag der GRÜNEN ist auch deshalb verwunderlich, weil er, wenn man zwischen den Zeilen liest, den Anschein erweckt, der öffentliche Personennahverkehr in Hessen sei dreckig, unpünktlich und rückschrittlich.

Wenn ich mir Ihren Antrag vornehme,dann kann man ihn so interpretieren. Meine Damen und Herren, das ist wieder einmal eine populistische Miesmacherei von Leistungsträgern in unserer Gesellschaft.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ach du liebe Zeit! – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Posch hat darauf hingewiesen: Unsere Verkehrsverbundunternehmen haben in den letzten Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet, gerade im angesprochenen Bereich. Ich möchte an die Beschlüsse des Rhein-MainVerkehrsverbundes erinnern. Er ist hier einen ersten Schritt gegangen. Sie wollen mit der Brechstange an die Sache herangehen. Wir wollen erfolgsorientiert arbeiten. Sie müssen sich fragen lassen, warum Sie mit diesen Unterstellungen arbeiten.

Lassen Sie mich außerdem anmerken: Rot-Grün – Herr Wagner, das kann man immer wieder sagen – hat einige Jahre zum Leidwesen dieses Landes hier regiert. In dieser Zeit haben Sie nichts unternommen.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was haben wir? – Zurufe des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nicht Verbünde. Sie haben keine Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt, und ein wesentlicher Bestandteil der Pünktlichkeit im öffentlichen Personennahverkehr ist eine ordentliche Infrastruktur.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wann wurden denn die Verbünde gegründet? Wer hat das Semesterticket eingeführt?)

Der Antrag der GRÜNEN ist ein hilfloser Versuch, die Mängel der Bundesregierung und deren guter Freunde – also Stolpe und Mehdorn – auf die hessische Ebene zu ziehen.

(Beifall des Abg. Rudi Haselbach (CDU) – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Lübcke! – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Wagner, Berlin muss bereit sein, weiterhin die Mittel für den öffentlichen Personennahverkehr in der vorgesehenen Höhe den Ländern zur Verfügung zu stellen, damit wir entsprechende Mittel in die fehlende oder mit Mängeln behaftete Infrastruktur stecken können.

Herr Wagner, auf Landesebene sind nicht Sie der Sachwalter des öffentlichen Personennahverkehrs. Hier sind wir Vorreiter.Wir arbeiten an einer Novelle eines modernen, zeitgemäßen Gesetzes für den öffentlichen Personennahverkehr, und das werden wir hier intensiv beraten.

Wenn Sie Ihren Antrag anschauen, insbesondere Nr. 4, dann werden Sie in der vorgelegten Novelle sicherlich viele Punkte wieder finden.

Der CDU-Landtagsfraktion reichen keine Gutscheine auf freiwilliger Basis oder verschwindend geringe Fahrpreiserstattungen, die durch jederzeit änderbare Verordnungen, Geschäftsbedingungen zugesagt werden. Daher fordern wir alle auf, endlich klare gesetzliche Regelungen zu schaffen.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Antrag von Nordrhein-Westfalen, der in den Bundesrat eingebracht wurde, ist sicherlich eine Diskussionsgrundlage. Es ist sicherlich richtig, dass man über dieses Papier diskutieren kann.Aber es gibt dort Bereiche, in die man noch verstärkt hineinschauen und wo man das eine oder andere ändern muss.

(Zurufe der Abg. Clemens Reif (CDU) und Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Wir haben in der Vergangenheit und werden in der Zukunft – Herr Posch hat das hier auch angesprochen – verstärkt mit den Verkehrsverbünden vertrauensvoll zusammenarbeiten. Es ist ausgesprochen förderlich, gerade in diesem schwierigen Gebiet, in dem Wettbewerb erst eingeführt wird, das zusammen mit den Verkehrsverbünden umzusetzen. Ich glaube, Hessen ist hier ein ganzes Stück weit vorangekommen.

(Beifall der Abg. Clemens Reif (CDU) und Heinrich Heidel (FDP))

Herr Posch, dem Antrag der FDP ist im Grundsatz zuzustimmen. Aber das betrifft nur den Eisenbahnverkehr, und das ist im Prinzip zu kurz gesprungen.Wir müssen das Gesamtpaket ÖPNV sehen. Deshalb werden wir auch Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Übrigens, Frau Tesch – sie ist nicht da –, wir haben keinen Antrag „nachgeschoben“, wie Sie das eben hier ausgeführt haben.Wir nehmen Stellung zu Ihren Anträgen.

Wir brauchen in Deutschland ein schlüssiges Konzept, auf der Basis eines kundenorientierten, auf den Wettbewerb bezogenen Verhaltens der Träger im öffentlichen Personennahverkehr.

Meine Damen und Herren, grüner Populismus oder liberale Schnellschüsse sind in dieser wichtigen Frage nicht angebracht.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh!)

Wir arbeiten mit den Beteiligten vertrauensvoll zusammen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wir auch!)

Herr Al-Wazir, um Ihnen das nochmals darzustellen: Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist das Markenzeichen der Hessischen Landesregierung und der CDU-Landtagsfraktion. Vielleicht sollten Sie sich das einmal anschauen. Das ist eine Erfolgsgeschichte in Hessen. Die ist einmalig und gut für dieses Land, und das wird auch für den öffentlichen Personennahverkehr gut sein. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mein lieber Mann, hier werden vielleicht Reden gehalten!)

Herr Kaufmann hat das Wort für eine Kurzintervention.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Lübcke, es ist wirklich schade. Sie haben nichts Richtiges gesagt, auch in der historischen Betrachtung, und dann argumentieren Sie:Wir machen lieber gar nichts, statt dass wir in kleinen Schritten dort mit Verbesserungen anfangen, wo es möglich ist.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Herr Staatsminister – Sie werden wahrscheinlich noch sprechen –, ist es Ihnen nicht auch peinlich, einen solchen Verkehrspolitiker im Nacken zu haben, dem Stillstand lieber ist als Weiterbewegung?

(Zuruf des Abg. Dr.Walter Lübcke (CDU))

Wollen wir also einmal festhalten: Herr Dr. Lübcke, Sie haben den freien Markt propagiert. Wenn ich als ÖPNVKunde irgendwo einsteige, muss ich vorher einen Fahrschein gelöst haben. Wenn ich dann umsteigen will und der Anschluss nicht kommt, nützt mir der freie Markt gar nichts. Denn erstens gibt es kein anderes Angebot, und zweitens habe ich den Fahrschein schon in der Tasche.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Das heißt, wenn ich will, dass mein Vertragspartner für mein gutes Geld auch eine gute Leistung liefert, dann brauche ich dafür Regeln – in diesem Fall keinen Haftungsausschluss, sondern eine Haftung meines Partners.

Ich hatte den Eindruck, drei Fraktionen sind sich einig. Ich bin ein bisschen überrascht, dass ausgerechnet die CDU jetzt sagt: Das ist alles nicht nötig, und wir sind auf einem guten Weg. – Sie sind auf gar keinem Weg, Sie wollen nichts tun. Sie fordern sozusagen das große Ganze, das Paradies auf Erden, um dafür kleine Schritte zu verhindern, die aber in die richtige Richtung gehen würden. Das genau ist das Problem.

(Beifall des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und bei Abgeordneten der SPD)

Bei dieser Debatte und bei der Rede des Kollegen Posch habe ich mich gefragt: Müssen wir uns jetzt schämen?

Denn Sie sagen, Sie würden viel mehr fordern, die SPD noch mehr, wir aber am wenigsten. Da habe ich mir gesagt, Mensch, prima, jetzt gehen wir mit diesen drei Anträgen in den Ausschuss, und dann kommen wir gemeinsam zu einem Konzept, und die Landesregierung sagt dann: Okay, das machen wir mit, auch wir wollen den öffentlichen Personennahverkehr ein Stück voranbringen.