Herr Al-Wazir, ich will gerade die zehn Punkte darstellen; vielleicht können wir dann darüber reden –, erstens, was dagegen spricht, beispielsweise die Arbeitslosenversicherung von 6,5 % auf 5 % zurückzuführen,
dafür Ich-AG und PSA herauszunehmen. Was spricht denn dagegen, außer Ihrer teilweisen Verhaftung – aus
meiner Sicht – von falschen gewerkschaftlichen Verbundenheiten, dass wir die betrieblichen Bündnisse vorrangig vor den Tarifvertragsregelungen haben? Wir haben das jetzt wieder bei Großunternehmen gesehen, bei Opel.Wir haben die positiven Erfahrungen bei Viessmann in Hessen. Warum geben wir ihnen nicht mehr Freiheit für betriebliche Bündnisse, wenn die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer das vor Ort im Interesse der Arbeitsplätze will?
Ich frage Sie nach den zehn Punkten, wo Sie überall dagegen sind, wenn wir die Chance haben, Deutschland nach vorne zu bringen. Die Frage des Günstigkeitsprinzips in diesem Zusammenhang:Wenn zwei Drittel im Betriebsrat und zwei Drittel der Arbeitnehmer entscheiden, das ist das günstigere Prinzip für Arbeitsplätze vor Ort, dann muss das Vorrang vor einer Fremdbestimmung durch Tarifvertrag haben.
Herr Kollege Frankenberger, Sie haben die Frage der Langzeitarbeitslosen und der 10 % untertariflicher Entlohnung im ersten Jahr aufgenommen.Wissen Sie,das IfoInstitut formuliert: Wir sind Weltmeister bei den Geringqualifizierten. – Es ist doch unverantwortlich, was wir teilweise im Hinblick auf diejenigen machen, die so lange in der Arbeitslosigkeit sind.
Deshalb stellt sich doch die Frage,ob es nicht eine Chance gibt, den Menschen, die schon lange arbeitslos sind, dadurch, dass sie für ein Jahr einen zunächst niedrigen Tarif erhalten, die Perspektive zu eröffnen, wieder dauerhaft in Arbeit zu kommen. Das ist doch nicht unsozial.Vielmehr ist das sozial. Denn dadurch kommen die Menschen wieder in Arbeit.
Ich greife jetzt bewusst den fünften Punkt auf. Denn auch das wurde von Ihnen in der Debatte immer wieder polemisch aufgegriffen. Da geht es um den Kündigungsschutz. Niemand will den Kündigungsschutz bei den Menschen antasten, die heute Arbeit haben. Aber 70 % der Unternehmer sagen, sie hätten Leute wegen des Kündigungsschutzes nicht eingestellt.
(Norbert Schmitt (SPD): Sie haben die Menschen nicht eingestellt, weil sie keine Perspektive sehen und weil keine Nachfrage da ist!)
Aus 50 % der großen Unternehmen hört man die Aussage, sie hätten Menschen wegen des Kündigungsschutzes nicht eingestellt. Da muss ich mir doch die Frage stellen, ob ich diese Barriere ein Stück weit vermindere,um damit die Chance zu eröffnen, Menschen wieder in Arbeit zu bringen.Wir haben deshalb gesagt:Wir wollen, dass diese Änderung für mittelständische Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern gilt. Außerdem wollen wir das auf zwei Jahre ausgesetzt haben.
Heute gibt es auch das Mittel der Befristung. Hören Sie doch auf, nur ideologisch geprägt über diese Dinge zu diskutieren.
Wir sollten über die Sache diskutieren. Die Frage, wie es dazu kommt, dass die Unternehmen Menschen einstellen, sollte Vorrang haben vor irgendwelchen ideologischen Überlegungen. Deswegen glauben wir, dass das flexibel gehandhabt werden muss und dass es vernünftig ist, im Hinblick auf eine Steigerung der Einstellungen auch über eine Lockerung des Kündigungsschutzes zu reden.
Ich komme zum sechsten Punkt. Dabei geht es um das Jugendarbeitsschutzgesetz.Auch das muss von Einstellungshemmnissen befreit werden.
Siebter Punkt. Sie wissen dass bei den Teilzeitarbeitskräften die Regelung besteht,dass sie bei der Bestimmung des Überschreitens der Schwellenwerte mit angerechnet werden. Teilzeitkräfte haben auch die Möglichkeit, aufgrund einer einseitigen Erklärung ihre Arbeitszeit aufzustocken. Wir haben da eine Bürokratie eingeführt, die im Grunde genommen dazu geführt hat, dass sich die Arbeitgeber überlegen, ob sie Menschen einstellen. Ich glaube, auch das ist ein Punkt, der mit in diese Diskussion gehört.
Achter Punkt.Auch da geht es um ein Thema, das Sie angesprochen haben. Es geht um das Betriebsverfassungsgesetz. Ich denke, es ist richtig, dass wir die Betriebsverfassung und die Mitbestimmungsregelung haben. Aber Sie haben die Rechte immer weiter ausgeweitet. Dabei sind da immer weniger Personen beschäftigt. Es kommt dort zu immer mehr Freistellungen. Das alles wirft doch Fragen auf, die uns beschäftigen müssen. Denn das führt dazu, dass die Betriebe letztlich dazu übergegangen sind, derartige Hindernisse zum Anlass zu nehmen, Menschen nicht in Arbeit zu bringen.
Ein weiterer Punkt ist die Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes. Dazu gehört dann auch noch, den Mittelstand von der Bürokratie zu entlasten.
Das sind die zehn Punkte, die wir morgen zur Diskussion stellen werden. Sie haben mit keinem einzigen Satz dazu Stellung genommen. Das sind aber aus unserer Sicht die Punkte, die unbedingt in Form von Arbeitsmarkt- und Strukturreformgesetzen umgesetzt werden müssen. Dann kann es in Deutschland wieder mehr Arbeit und Wachstum geben.
Sagen Sie etwas zu der Frage, warum Sie gegen solche Reformen sind. Offensichtlich sind Sie nicht in der Lage, in Ihren eigenen Reihen eine entsprechende politische Mehrheit herbeizuführen. Deshalb haben wir unseren Antrag in dieser Form abgefasst.
Herr Kollege Klemm, Sie haben vorhin versucht, sich in einem Punkt zu distanzieren. Da wollten Sie eine andere Position einnehmen.
Ich will zu meiner Schlussbemerkung kommen. Wir müssen die Frage aufwerfen, in welchem Umfang Haushalte Arbeitgeberfunktion übernehmen können. Dabei geht es um einen Dienstleistungssektor, der rund 800.000 Ar
beitsplätze haben könnte.All das sind Dinge, die auf dem Tisch liegen. Wir sehen die Notwendigkeit und die sich bietenden Chancen. Offensichtlich ist aber Rot-Grün dazu nicht in der Lage.
Ich wünsche – und erhoffe mir das auch –, dass die Bundesregierung auf dem morgen stattfindenden Gipfel auf diese Punkte eingeht. Dann hätten wir die Chance, Deutschland wieder nach vorne zu bringen. Aber ich fürchte, dass Sie auch morgen leider wieder nicht die Kraft haben werden, so etwas umzusetzen. Deshalb sagen wir: Deutschland hat etwas Besseres als diese rot-grüne Mehrheit verdient. Wir brauchen eine neue Regierung, um unser Land in eine bessere Zukunft zu führen. – Besten Dank.
Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Denzin für die FDP-Fraktion. Herr Denzin, Sie haben fünf Minuten Redezeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich zwei Anmerkungen zu Ausführungen meiner Vorredner machen.
Herr Frankenberger hat davon gesprochen, dass die steuerliche Belastungsquote, gemessen am Bruttosozialprodukt, mit 21 % recht niedrig liege. Das trifft zu. Nur, warum trifft das zu? – Wir haben bei den direkten Steuern eine Überbelastung. Im Vergleich zu unseren europäischen Wettbewerbern sind wir beim Erheben der indirekten Steuern deutlich unterdurchschnittlich.
Wir haben das Problem, dass die direkten Steuern die Kosten der Arbeit erhöhen. Die indirekten Steuern hingegen haben wesentlich weniger unmittelbare wirtschaftliche Effekte. Darin ist also unser Wettbewerbsnachteil begründet.
Noch viel schlimmer ist etwas anderes. Bei den direkten Steuern haben wir eine Belastung bei den Grenzsteuern, wie es sie noch nie gab. Vor zehn Jahren lag der Spitzensteuersatz etwa bei dem Dreieinhalbfachen des Einkommens eines durchschnittlichen Angestellten. 1970 lag der Spitzensteuersatz bei dem Zehnfachen des Einkommens eines durchschnittlichen Angestellten. Heute greift der Spitzensteuersatz fast schon bei dem Einkommen eines durchschnittlichen Angestellten. Das sind genau die Belastungen, die Sie nicht wegreden können, auch wenn Sie davon sprechen, dass die steuerliche Belastung nur 21 % des Bruttosozialproduktes ausmachen würde.
Frau Schönhut-Keil, ich hatte schon, als wir das letzte Mal darüber sprachen, einiges aus dem internationalen Standortranking der Bertelsmann Stiftung angeführt.Da gibt es einen Parameter, der sich Erfolgsindex nennt. Zu 50 % gehen in ihn Werte aus dem Arbeitsmarkt ein. Dabei geht es um die Arbeitslosenquote und den Zuwachs bei der Erwerbstätigkeit. Zu 50 % geht es dabei um Wachstum, also
Ich will das jetzt nicht weiter ausführen. Sie haben aber davon gesprochen, dass es noch Belastungen aus der Zeit gibt, in der CDU und FDP in Bonn an der Regierung waren. 1998 hatten wir einen Indexfaktor von 81. Dann kam die rot-grüne Regierung. Dann gingen die Werte auf 78, 73, 74, 69, 66 und 66 zurück. Damit befinden wir uns inzwischen an der letzten Stelle der dort untersuchten 22 Industrieländer.Wir befinden uns an letzter Stelle.
Wir befinden uns mit deutlichem Abstand an letzter Stelle. Als Nächstes kommt dann Frankreich mit dem Wert 74.
Was sagt das denn aus? Das zeigt, dass sich die Regierung Schröder/Lafontaine am Anfang ihrer Regierungszeit auf der Suche nach einer Wirtschaftpolitik befunden hat.Herr Kollege von Hunnius hat das in seiner Kurzintervention schon angesprochen. Damals wurde nicht nur der demographische Faktor bei der Rente herausgenommen. Es kam nicht nur zu einer erheblichen Verschärfung des Arbeitsrechts. Dann wurde das wieder zurückgenommen. Die 400-DM-Jobs wurden zunächst einmal abgeschafft. Dann wurde das mit viel Bürokratie wieder eingeführt. Da musste es dann noch einmal eine Reform geben. Jetzt läuft das einigermaßen.
Das war dieses ganze Hin und Her. Das war die Suche nach einer neuen Theorie – ich könnte auch sagen: nach einer neuen ideologischen Grundlage – für die Wirtschaftspolitik.Diese neue Grundlage für eine Wirtschaftspolitik ist dann auch von Herrn Clement, der das anstelle des Herrn Lafontaine übernommen hat und der ideologisch darüber hinaus noch eine andere Ausrichtung hatte, nicht konsequent durchgehalten worden.Auch angesichts des Partners und der Abgeordneten bei den GRÜNEN, die diese Politik der SPD hätten mittragen müssen und die die neue Politik auch tatsächlich dann mittragen mussten, ging das natürlich nicht in der erforderlichen Radikalität. Darüber wurde hier schon viel gesprochen. Deswegen muss ich das hier im Einzelnen nicht wiederholen.
Deshalb hängen wir immer noch bei den einzelnen Reformen unseres sozialen Sicherungssystems. Deshalb sind die Arbeitskosten bei uns in einem Maße belastet, wie wir es auf Dauer nicht werden durchhalten können.
Tatsächlich haben wir nicht 5,2 Millionen Arbeitslose.Das soll keine Miesmache sein. Vielmehr soll auf die Dramatik hingewiesen werden.Wir haben weit mehr Arbeitslose. Denn dazu kommen noch all diejenigen, die sich in den Warteschleifen befinden. Das betrifft diejenigen, die auf einen Ausbildungsplatz warten oder die sich in Fortbildungskursen befinden und nicht wieder in den Arbeitsmarkt hineinfinden.