Protokoll der Sitzung vom 16.03.2005

(Beifall der Abg. Elisabeth Apel (CDU) – Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ein dünner Beifall!)

Die öffentlichen Versorger, die anwesend waren, haben ganz klar formuliert: Sie brauchen eine andere Rahmenbedingungen, damit sie sich im Wettbewerb anders und flexibler positionieren können, um Qualität, Kundenzufriedenheit und Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der vorliegende Entwurf die Rahmenbedingungen umsetzt, die die Wasserrahmenrichtlinie vorgibt,ohne dass dabei – das betone ich auch – Wettbewerbsbeschränkungen und Nachteile im Vergleich zu anderen Bundesländern und anderen EU-Mitgliedstaaten zu erwarten sind.

Ein weiterer, intensiv diskutierter Punkt – er wurde sehr positiv aufgenommen – ist die Streichung des Düngestreifens. Es ist sehr erfreulich, dass die SPD dies mit ihrem Änderungsantrag ebenfalls begrüßt.Wir halten es für ausreichend, die bundesrechtliche Vorgabe der Düngeverordnung im Hinblick auf den Schutz oberirdischer Gewässer und des Grundwassers einfließen zu lassen. Hier sind die Voraussetzungen ausreichend geregelt,sodass wir keinen zusätzlichen Regelungsbedarf sehen.

Hiergegen werden Vorwürfe vorgebracht; sie sind unbegründet. Es gibt genügend wissenschaftliche Untersuchungen, die beweisen, dass der ungedüngte Uferstreifen kaum Reinigungs- und Rückhaltefunktionen hat und keinen wirksamen Schutz vor Oberflächenabfluss darstellt. Hinzu kommt,dass es eine Weiterentwicklung in der Düngetechnik gibt. Insofern genügt es, die Vorgaben darauf zu beschränken, dass bei der Düngerausbringung der Abstand zum Wasser so zu regeln ist, dass kein Dünger in die Gewässer gelangt. Hier bedarf es eben auch der Bereitschaft, diese Erkenntnisse zu akzeptieren.

Das wird an einem Punkt problematisch. Denn die Fraktion der GRÜNEN macht mit ihrem Änderungsantrag nicht nur deutlich, dass sie an dem Düngestreifen festhalten will, sondern sie möchte auch eine Verschärfung der Vorschriften für die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln im Uferbereich. Da gehen wir keinesfalls mit.

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP) – Zuruf der Abg. Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Der Geist, der allein hierin zum Ausdruck kommt, geht durch den gesamten Änderungsantrag. Hier zeigt sich, wes Geistes Kind die grüne Fraktion ist.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Vorsichtig!)

Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie ist nicht nur die Umsetzung einer Richtlinie. Wenn man sich das, was Sie wollen, genau anschaut, sieht man, dass die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie für Sie ein Instrument zur Normierung von ökologischem Fundamentalismus in unserem Land ist.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das zeigt sich schon beim Einstieg. Neben der reinen Bewertung muss man einmal zeigen, dass Sie gleich unter Punkt 1 deutlich über die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie hinausgehen. Bei der öffentlichen Beteiligung – wir wollen sie alle – wollen Sie noch eine bürokratische Aufblähung. Wir haben einen Beirat, der seine Effizienz noch nicht einmal untermauert hat. Mit all denen, die Sie noch in die Beiräte hineinnehmen wollen, entstünde ein bewegungsloser Moloch.

(Beifall der Abg. Elisabeth Apel (CDU))

Dann muss man Ihren Ansatz sehen, die Gesamtstrategie des Hochwasserschutzes auf der Basis eines zweihundertjährigen Hochwassers vorzusehen. Frau Hammann, Sie wissen genau, dass das z. B. für das Hessische Ried die „nasse Enteignung“ wäre.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Ach, Quatsch!)

Die meisten landwirtschaftlichen Betriebe würden dadurch ihre Existenz verlieren.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der GRÜNEN-Fraktion, Sie entfernen sich deutlich von dem Ansatz auf der Bundesebene, die in ihrem Vorschlag von einem hundertjährigen Hochwasser ausgeht. Sie gehen von einem zweihundertjährigen Hochwasser aus, und der Bund will die Verhältnismäßigkeit der Gefahrenminimierung berücksichtigt wissen, was bei Ihnen überhaupt nicht vorkommt.

(Beifall bei der CDU)

An der Stelle muss man einen Blick z. B. nach SchleswigHolstein lenken, wo die grüne Umweltpolitik zum Zuge gekommen ist. Die Folge war: Wirtschaftspolitische Standortfragen haben ohne Zustimmung des Naturschutzes keine Chance mehr.

(Zuruf des Abg. Martin Häusling (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Durch diese ökologische Klammerung ist Schleswig-Holstein in seiner wirtschaftlichen Entwicklung von anderen Bundesländern deutlich abgehängt worden. Dies hat der Steuerzahlerbund in Schleswig-Holstein ausdrücklich kritisiert. Hierzu sagen wir: Einer Umweltpolitik, welche die Gefährdung unseres Wirtschaftsstandortes zur Folge hat, werden wir keinesfalls folgen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wir sagen Ja zu einem vernünftigen Umweltschutz. Das heißt aber auch,

dass ökologische und ökonomische Fakten grundsätzlich gleich gewichtet nebeneinander stehen

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

und der ökologische Gedanke den ökonomischen nicht überwiegt. Auf dieser Basis sehen wir den Entwurf zur Novellierung des Hessischen Wassergesetzes mit dem gemeinsamen Änderungsantrag als ausgewogen an. Ich denke, die SPD dürfte mit ihrem Änderungsantrag, den sie eingebracht hat, grundsätzlich keine Bedenken haben, unserem gemeinsamen Antrag zu folgen.

(Reinhard Kahl (SPD): Erklären Sie dann einmal, warum Sie ihn abgelehnt haben!)

Wenn Sie nicht mit uns sprechen, aber die FDP, dann können wir auch nichts dafür.Wir haben keine Probleme, mit anderen Fraktionen zu sprechen, wie Sie gesehen haben.

(Reinhard Kahl (SPD): Das ist offensichtlich nur eine Frage der Kommunikation! Jetzt habe ich es verstanden!)

Abschließend haben wir hier noch ein rechtliches Handwerkszeug eingebracht, damit endlich das, was in der Novelle zum Naturschutzgesetz 2002 formuliert wurde, als politischer Wille zum Ausdruck gebracht werden kann. Es geht dabei um die Ermächtigungsgrundlage für eine Ökopunkteagentur und den Handel mit Ökopunkten, damit wir auch in diesem Punkt vorankommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Vielen Dank, Herr Lenhart. – Herr Grumbach, ich darf Ihnen das Wort für die SPD-Fraktion erteilen. Die Redezeit beträgt 15 Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in politischen Verhandlungen eine gewisse Tradition. Wenn es schwierig wird, werden die Uhren für einen Tag oder für zwei Tage angehalten. Ich stelle fest, die Landesregierung und die CDU-Fraktion haben es bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie geschafft, die Uhren um 16 Monate anzuhalten. Wir haben jetzt den 23.12.2003. Das ist der Tag,an dem das Gesetz hätte verabschiedet werden sollen. Herzlichen Glückwunsch dazu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es ist noch spannender. Es gibt eine Regierungsfraktion, die es nicht schafft, bis zur Ausschussberatung zur Vorbereitung der zweiten Lesung ihre Anträge vorzulegen.Herr Lenhart, ich bin gespannt: Wollen Sie heute abstimmen, oder möchten Sie eine dritte Lesung? Sie haben das nicht beantragt. Ich finde das ein spannendes Verfahren. Sie werden die dritte Lesung beantragen müssen;denn es sind Ihre Änderungsanträge, die vorliegen und noch nicht im Ausschuss waren. Sie müssen sehen, wie Sie mit dem Gesetzgebungsverfahren umgehen.

Ein anderer Punkt – ich habe es schon gestern bei der Regierungserklärung angesprochen – ist die Frage, wie eine Gestaltungsadministration agiert. Wir haben ein Gesetz, das sich jetzt in der zweiten Lesung befindet. In den Än

derungsanträgen für das Gesetz wird die Änderung eines anderen Gesetzes eingeflickt – ich will zu den Inhalten gar nichts sagen, mir geht es nur um das Verfahren –, das seit 2002 überfällig ist. Sie haben es in drei Jahren nicht geschafft, es so hinzukriegen, dass Sie ein eigenes Gesetz dazu machen können.Jetzt müssen Sie die Notbremse ziehen, weil Sie administrativ nicht in der Lage sind, das umzusetzen, was Sie politisch wollen. Das ist Ostblockadministration, und dabei bleibe ich.

(Beifall bei der SPD)

Interessant an dem Änderungsantrag von CDU und FDP sind die Änderungen zu § 8. Sie haben gute und schlechte Seiten. Die gute Seite ist, dass Ihnen gelingt, die Formulierung, über die alle gelacht haben, verschwinden zu lassen, ohne sie ausdrücklich zu streichen, die berühmten privaten Interessen.Das finde ich durchaus positiv:„überwiegende private Belange“ ist weg.

Aber die spannende Frage ist, welches Gleichgewicht zwischen Ökologie und Ökonomie Sie beschreiben.Denn die Eigendynamik ist gestrichen. Dahinter steckt, wenn Sie den Gesamtduktus angucken, eine altmodische Betrachtung der Natur. Anfang des letzten Jahrhunderts haben die Menschen Natur als ein wildes Übel betrachtet, das es zu zähmen gilt, dem es Einhalt zu gebieten gilt, dem Schritt für Schritt Fesseln angelegt werden müssen.Gegen Ende des letzten Jahrhunderts haben die Menschen gelernt, dass es vernünftiger ist, im Gleichgewicht mit der Natur zu leben. An dieser Stelle verteidige ich ganz ausnahmsweise die Vorlage der Hessischen Landesregierung;

(Zurufe der Abg. Heinrich Heidel und Ruth Wag- ner (Darmstadt) (FDP))

denn Ihre Änderungsvorschläge fallen hinter alles zurück, was in der politischen Diskussion in diesem Landtag von verschiedenen Landesregierungen angefallen ist. Sie fallen selbst hinter die Vorschläge Ihrer eigenen Landesregierung zurück.

(Beifall bei der SPD)

Sie betrachten – das ist gestern in einer Presseerklärung deutlich gesagt worden – Wasserläufe im Kern als Abflussrinnen und nicht als natürliche Gewässer, nicht als etwas, was herzustellen ist. Das ist eine solch altmodische Vorstellung,dass ich mir nicht vorstellen kann,dass sie auf Dauer Bestand haben wird. Ich glaube, diese Art von Politik wird auf Dauer nicht funktionieren.

Dazu gehört auch, dass Sie die Schäden nicht mehr beheben wollen. Im alten Gesetzentwurf der Landesregierung stand, der Zustand der Gewässer ist so weit wie möglich wieder herzustellen. Das ist eine ganz vorsichtige Formulierung, zu der es Änderungsanträge zur Verschärfung gab. Sie haben sie ganz gestrichen. Sie haben aufgegeben, dafür zu sorgen,dass Natur wieder Natur sein kann,wo sie das Recht dazu hat. Sie haben aufgegeben, ein Gleichgewicht zwischen Natur und Mensch herzustellen. Sie entscheiden sich gegen die Natur. Damit müssen Sie leben, aber das ist eine Politik, die nicht zukunftsfähig ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darm- stadt) (FDP))

Ohne ins Detail gehen zu wollen,habe ich noch eine kurze Bemerkung zu dem berühmten zweihundertjährigen Hochwasser. Herr Lenhart, wissen Sie, wir haben es nicht beantragt, weil wir glauben, die Geschichte wird uns in dieser Frage relativ schnell einholen. Das nächste Hoch

wasser der Dresden-Kategorie wird die Grenzen für das hundertjährige Hochwasser so verschieben, dass es dem heutigen zweihundertjährigen entspricht. Der Unterschied ist,dass die Menschen dafür erst einmal bezahlt haben werden.Das ist der kleine,aber feine Unterschied.An dieser Stelle brauchen wir keine Änderungsanträge zu stellen. Die Geschichte wird zeigen, dass sich das hundertjährige Hochwasser verändert und dass wir viel machen müssen und Sie nicht darauf vorbereitet sind.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will noch etwas loben, diesmal Fraktion gegen Landesregierung. In § 14 wollen Sie die Passage „außerhalb in Zusammenhang bebauter Ortsteile“ streichen. Es wurde lange gefordert, ist endlich gut, endlich Vernunft.

Es fehlen ein paar Sachen,wie das Lagern von Stoffen,die die Wasserqualität gefährden. Es fehlt der Umgang mit Ölheizungen. Da war die Landesregierung schon ein bisschen weiter. Es fehlt – das gehört zu den Verbesserungen –, dass der Stand der Technik vorgeschrieben ist. Das ist auch ein rationaler Umgang, nicht etwa sozusagen beliebig. Dazu gehört, dass bei den Randstreifen ein bisschen neu agiert wird. Da ist die Frage, ob Sie 10 oder 5 m draußen oder drinnen in Ihrer Erwägung einbeziehen können.