Protokoll der Sitzung vom 16.03.2005

Es fehlen ein paar Sachen,wie das Lagern von Stoffen,die die Wasserqualität gefährden. Es fehlt der Umgang mit Ölheizungen. Da war die Landesregierung schon ein bisschen weiter. Es fehlt – das gehört zu den Verbesserungen –, dass der Stand der Technik vorgeschrieben ist. Das ist auch ein rationaler Umgang, nicht etwa sozusagen beliebig. Dazu gehört, dass bei den Randstreifen ein bisschen neu agiert wird. Da ist die Frage, ob Sie 10 oder 5 m draußen oder drinnen in Ihrer Erwägung einbeziehen können.

Ganz fehlt aber die Frage, wer es bezahlt. An einer Stelle haben Sie im Gesetzentwurf eine Regelung getroffen. Aber wer bezahlt eigentlich die Deiche an den kleineren Flüssen? Bezahlen das alleine die Kommunen? Bezahlen das alleine die Eigentümer? Wenn Sie an dieser Stelle vernünftige Regelungen machen wollen, dann dürfen Sie Ihre Prinzipien der Konnexität nicht so locker auslegen, dass sie nur für die Großen zuständig sind, sondern auch für die Kleinen. Die SPD-Fraktion hatte einen Änderungsantrag, in dem sie eine klare Kostenteilung zwischen Kommunen und Land gefordert hatte. Denn wir glauben, dass diese Lasten,die von allen gemeinsam zu tragen sind, von allen gemeinsam getragen werden müssen. Ich denke, da können Sie nachbessern. Die dritte Lesung würde eine Möglichkeit dazu geben.

Die Beteiligung der Betroffenen haben wir angesprochen. Sie finden es übertrieben. Ich glaube aber, dass Lösungen besser werden, wenn Betroffene sich daran beteiligen können.Wir haben deswegen noch einmal die Beiratsformulierung gewählt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich glaube, wir werden noch darüber reden können. Daher will ich es nicht zu lange im Detail ausbreiten.

Der letzte Punkt betrifft die Privatisierung der Wasserversorgung. Relativ schlicht: Niemand will den Kommunen vorschreiben, wie sie ihre Wasserversorgung organisieren sollen. Wir haben auch überhaupt keinen Grund dazu. Wir wollen nur, dass die Kommunen die Kontrolle behalten, dass sie die Wasserpreise festsetzen können, dass sie die Versorgungsgebiete festsetzen können, weil sie im Interesse der Menschen eines der Grundlebensmittel absichern müssen. Das ist der Unterschied.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darm- stadt) (FDP))

Die Frage ist – ich glaube,an dieser Stelle ist eher die FDP die treibende Kraft –, ob Sie die Landnahme bei den freien Gütern weiter vorantreiben wollen.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ach Gott, ach Gott!)

Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, Natur, Landschaft, Wasser, die bisher gehandelt worden sind als freie, öffentlich verfügbare Güter.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Warum wollen Sie den Menschen zumuten, außer den nötigen Investitionen – durch bestimmte Haushaltsentscheidungen hat es schon Reduzierungen bei dem gegeben, was an Investitionen möglich ist; das betrifft auch die Grundwasserabgabe, ein spannendes Thema – auch noch die Gewinne derer zu finanzieren, die das Wasser privat anbieten wollen? Herr Lenhart, Sie haben gesagt, die Unternehmen gewährleisten dann Qualität, Kundenzufriedenheit und Sicherheit.

Ich sage Ihnen ganz schlicht: Wo können Sie sich beklagen? Die kommunalen Unternehmen, die das heute machen, haben eine Wasserqualität produziert, von der sich viele private Unternehmen eine Scheibe abschneiden können, und haben eine gute Versorgungssicherheit produziert.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke,dass wir an dieser Stelle das Kind nicht mit dem Bade ausschütten sollen. Keine Kommune ist gehindert, die Dienstleistungen auszuschreiben. Keine Kommune ist gehindert, das von Firmen besorgen zu lassen. Aber die volle Privatisierung ist ein Konzept, bei dem Sie ein öffentliches Gut in private Hand geben, ohne dass die Öffentlichkeit etwas dafür bekommt. Das ist ein Konzept, dem wir nicht zustimmen können.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön, Herr Grumbach. – Herr Lenhart hat sich zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet. Sie haben zwei Minuten Redezeit.

Vielen Dank, Herr Vorsitzender. – Die zwei Minuten werde ich nicht brauchen, sondern ich möchte nur den Blick von Herrn Grumbach auf Punkt 5 unseres Änderungsantrags lenken, der § 8 zum Inhalt hat, und dort insbesondere auf Nr. 4, in der ausdrücklich die Renaturierung angeführt wird. Wir haben diesen Punkt nicht ignoriert. Ich bitte Sie, unseren Änderungsantrag komplett zu lesen.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Das war jetzt sensationell!)

Eine weitere Wortmeldung liegt vor. Frau Hammann, Sie haben Redemöglichkeit für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Hessi

schen Wassergesetzes wirft ein deutlich negatives Schlaglicht auf die Umweltpolitik dieser Landesregierung und – ich betone – auch auf die Mitwirkenden.Für mich sind das die Fraktionen der FDP und der CDU mit ihrem Änderungsantrag.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf, über den Sie hier entscheiden wollen, ist nicht fortschrittlich im Sinne eines vorsorgenden Wasserschutzes, sondern er wird einen Zustand herbeiführen, den wir vor dem Elbe-Hochwasser hatten. Das ist eine krasse Fehlentwicklung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Grumbach hat es bereits angesprochen: Der Gesetzentwurf wurde über ein Jahr verspätet in den Hessischen Landtag eingebracht. Die Fraktionen der CDU und der FDP haben es nicht geschafft, innerhalb von fast zwei Monaten einen Änderungsantrag dazu vorzulegen. Das schafft keine guten Beratungsmöglichkeiten.

Ich sage ausdrücklich:Wir haben ziemlich früh eigene Änderungsanträge eingebracht. Auch vonseiten der SPD lag etwas vor. Sie hatten es in der Sitzung am 03.03.2005 nicht einmal nötig, uns Inhalte zu nennen und darzustellen, wie Sie das Wassergesetz novellieren wollen. Das ist keine gute Vorgehensweise.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie haben mit Ihrem Änderungsantrag vieles negativ getoppt. Ich sage aber ausdrücklich, dass es auch einen Punkt gibt, den wir in der Presse bereits gelobt haben. Dabei handelt es sich um die Bebauung in Überschwemmungsgebieten im innerörtlichen Bereich. Das haben wir in der Presse so dargestellt.

Aber in der gesamten Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie bleiben Sie weit hinter dem zurück, was tatsächlich notwendig ist. Herr Lenhart, es stört mich sehr, wenn Sie von diesem Pult aus sagen, dass wir über die Wasserrahmenrichtlinie hinausgingen. Nein, das ist eben nicht der Fall. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie als verantwortungsvoller Politiker sich die Wasserrahmenrichtlinie einmal ganz genau anschauen. Ich habe einen Auszug aus der Wasserrahmenrichtlinie mitgebracht. Ich möchte gern auf drei Bereiche eingehen, die Sie schon einmal angesprochen haben.

Sie werfen uns vor, wir forderten in unserem Änderungsantrag die Einrichtung von Beiräten, also von künstlichen Akteuren, die in diesem Bereich etwas zu sagen haben. Meine Damen und Herren von der CDU und von der FDP, ich sage Ihnen ganz deutlich: Das ist ein Bestandteil der Wasserrahmenrichtlinie.Darin geht es nämlich um die Beteiligung der breiten Öffentlichkeit. Gerade was den Hochwasserschutz angeht, ist es absolut notwendig, dass wir die Menschen mit im Boot haben und dass wir ganz genau wissen, welche Entwicklungen zu starten sind, damit es zu einem besseren Schutz kommt. Das ist ein Bestandteil der Wasserrahmenrichtlinie.

Wenn Sie uns wieder vorwerfen, wir stellten Ökologie über alles, muss ich Ihnen entgegnen: Meine Damen und Herren, wir haben uns genau an das gehalten, was die Wasserrahmenrichtlinie vorschreibt. Das halten wir für ökologisch sinnvoll und notwendig.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Frank Gotthardt (CDU): Ein bisschen mehr!)

Auch das kann ich Ihnen darstellen. Die ökologische Überlegung, die Sie in Ihrem Änderungsantrag in keiner Weise berücksichtigt haben – ich gehe noch einmal auf den Punkt Renaturierung ein, den Sie eben angesprochen haben –, wird hier explizit eingefordert. Nicht nur die Gewässer, sondern auch die Auen und die Überschwemmungsgebiete sind zu sehen. Unter Art. 1 – Ziel – Buchst. a steht: „Vermeidung einer weiteren Verschlechterung sowie Schutz und Verbesserung des Zustands der aquatischen Ökosysteme und der direkt von ihnen abhängenden Landökosysteme und Feuchtgebiete im Hinblick auf deren Wasserhaushalt“. Das ist also ein Bestandteil der EUWasserrahmenrichtlinie, die es umzusetzen gilt.

Wenn Sie sagen, das die Regelung in § 8 – Renaturierung – weiterhin Bestand haben soll, antworte ich Ihnen: Sie grenzen die Renaturierung auf die natürlichen Gewässer ein. Sie haben in dem Änderungsantrag, den Sie uns vorgelegt haben, explizit festgestellt, dass die ausgebauten Gewässer weiterhin in einem ausgebauten Zustand zu halten sind.

Damit widersprechen Sie den Aussagen Ihres Mitabgeordneten und Umweltministers Herrn Dietzel diametral. Ich habe seine Presseinformation mit der Überschrift „Ministerkonferenz Flussgebietsgemeinschaft Weser: Erste Bilanz der neuen Wasserrahmenrichtlinie gezogen“ mitgebracht. Darin erläutert Herr Minister Dietzel die Ergebnisse. Es heißt darin:

„Nun müssen wir uns auf die Verbesserung der Gewässerstrukturen konzentrieren. In begradigten, mit Betonschalen versehenen Bächen fühlen sich die Fische nicht wohl“, schilderte er die Aufgaben der Zukunft.

Was machen Sie in Ihrem Änderungsantrag? Sie beharren auf den betonierten Abflussrinnen. Es ist ein Problem, dass Sie überhaupt nicht die Notwendigkeit erkannt haben, die Gewässer und die angrenzenden Gebiete in einem Zusammenhang zu sehen. Wir können die Selbstreinigungskraft der Gewässer nicht wieder herstellen, wenn wir all das,was links und rechts der Ufer liegt,ausblenden. Das ist die Sachlage. Das ist eine negative Entwicklung in Ihrem Gesetzentwurf. Sie widerspricht der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie diametral.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wurde Ihnen auch schon während der Anhörung ins Stammbuch geschrieben. Herr Lenhart, Ihre euphorische Presseerklärung, das Wassergesetz sei auf einem guten Weg, trifft nicht zu. Nein, das ist es eben nicht. Die Kritik, die in der Anhörung geäußert worden ist, haben Sie nicht aufgenommen. Sie haben zum Hochwasserschutz und zu den Gefahren, die mit einem Hochwasser einhergehen, nichts eingebracht. Das fehlt in Ihrem Gesetzentwurf völlig,Herr Lenhart.Herr Dr.Kron von der Münchner Rückversicherung hat Ihnen dabei ausdrücklich bescheinigt, dass dies Bestandteil einer Änderung des Wassergesetzes sein muss.

Der Hochwasserschutz ist ein ganz wichtiges Thema. Frau Kollegin Evelin Schönhut-Keil hat mir eben einen Artikel vorgelegt,in dem steht,dass auf dem Kilimandscharo erstmals kein Schnee liegt.

(Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Seit 11.000 Jahren!)

Seit 11.000 Jahren. – Das heißt also, die Gefahren durch Hochwasser werden zunehmen. Die Menschen erwarten eine Antwort und eine Hilfestellung vonseiten der Lan

desregierung, die eine Verantwortung in diesem Bereich trägt. Hochwasserschutz heißt, die Gefahren zu erkennen. Wir sind mit unserem Änderungsantrag auf einem sehr guten Weg; denn wir wollen, dass die Bevölkerung einbezogen wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen, dass Hochwasserpläne erstellt werden, damit die Bevölkerung genau erkennen kann: Was passiert bei einem Hochwasser? Wo sind die Fluchtwege bei bestimmten Überflutungshöhen? All das muss erarbeitet werden. Sie können sich nicht auf den Deichbau zurückziehen. Das ist lediglich ein Teil, eine technische Maßnahme.Aber aus den Erfahrungen der Vergangenheit wissen Sie genau:Alle guten technischen Maßnahmen bieten keinen hundertprozentigen Schutz.

Die Änderungsvorschläge, die wir gemacht haben, zielen genau in diese Richtung. Das heißt, wir wollen die Schadenspotenziale minimieren. Wir wollen, dass die Menschen, die hinter den Deichen wohnen, in einer größeren Sicherheit leben können. Es geht um kleinere Baumaßnahmen, die dort durchzuführen sind.

Meine Damen und Herren, ich erwarte von Ihnen, dass Sie,wenn Sie in der Regierungsverantwortung sind,genau diese Thematik aufgreifen und sie in Ihrem Gesetzentwurf umsetzen.

Kommen wir zu einem Punkt, der uns sehr am Herzen liegt. Das ist die Privatisierung des Lebensmittels Nummer eins, des Wassers. Auch hierzu kann ich wieder die Wasserrahmenrichtlinie heranziehen. Wir sehen uns in unserer Haltung absolut bestätigt.Auf Seite 1 können Sie nachlesen:

Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.

Ich sage Ihnen: In Ihnen hat das Wasser keinen Verteidiger, keinen, der dafür sorgt, dass es tatsächlich geschützt wird. Schon als wir zum ersten Mal über eine Änderung des Wassergesetzes geredet haben, habe ich Ihnen dargestellt, was es heißt, wenn man eine Vollprivatisierung zulässt.Eine Vollprivatisierung bringt massive Probleme mit sich. Um das zu erkennen, brauchen wir uns nur den Strommarkt anzusehen.