Protokoll der Sitzung vom 17.03.2005

Es gibt in dieser Debatte genügend Widersprüche. Sie haben damals Herrn Brückmann gewählt. Natürlich hätten Sie Ihre Koalition auch gerne fortgesetzt. Das ist alles gut und schön.

Aber Herr Walter, worum es wirklich geht, ist doch etwas anderes. Der Landeswohlfahrtsverband befindet sich in einer schwierigen Situation.Er stellt für die Kommunen in einer Zeit, in der sie aufgrund der finanziellen Voraussetzungen, die gegenwärtig bestehen, kaum noch leben können, eine hohe finanzielle Belastung dar. Deshalb muss man gemeinsam nach einer Lösung suchen, wie man einerseits die finanziellen Belastungen für die Kommunen in Grenzen halten, aber andererseits den Landeswohlfahrtsverband für die Menschen mit Behinderungen, die es in diesem Land gibt, erhalten kann. Das muss doch der Weg sein. Dazu haben Sie nichts gesagt.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da sage ich ganz offen: Das stört mich auch an den Äußerungen der Kollegen, die sonst zu diesem Thema sprechen. Man konnte in den letzten Wochen kaum eine Zeitung aufschlagen, ohne auf die Thematik des Landeswohlfahrtsverbandes aufmerksam gemacht zu werden. Dabei waren die Diskussionen aber immer nur personalpolitisch geprägt.

Genauso verhält es sich auch mit dem, was Sie uns gerade vorgeworfen haben. Sie haben uns, den Mitgliedern der FDP, vorgeworfen, dass wir nichts bekämen. Sie können uns abnehmen, dass wir wirklich an einer ordentlichen inhaltlichen Reform des Landeswohlfahrtsverbandes interessiert sind. Herr Walter, dafür haben wir sogar Interessen hinsichtlich der Personalbesetzung zurückgestellt.

(Beifall bei der FDP)

Ich hoffe, dass es die Koalition im Landeswohlfahrtsverband, auf die wir große Hoffnungen setzen, hinbekommt, die notwendigen Reformschritte einzuleiten. Ich sage Ihnen auch ganz ehrlich: Die FDP wird das sehr kritisch begleiten.

Herr Kollege, auch Ihre Redezeit ist zu Ende.

Wir werden das kritisch und moderierend begleiten. Wir werden das Thema sicherlich nicht das letzte Mal im Hessischen Landtag debattiert haben. Mit der neuen Koali

tion wird die Situation aber sicherlich nicht schlechter als die werden, die vorher im Landeswohlfahrtsverband geherrscht hat. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Frau Dörr das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, in einem Punkt muss ich Ihnen widersprechen. Die Kooperation, die es zwischen SPD und CDU beim Landeswohlfahrtsverband gegeben hat, war keine des Stillstands.Wir haben tatsächlich, den Gegebenheiten entsprechend, einiges bewirkt. Aber zu unserem Bedauern muss ich etwas feststellen – ich kann sagen, dass das auch die anderen Kolleginnen und Kollegen bedauern,die Mitglied in dem Gremium des Landeswohlfahrtsverbandes sind –: Die SPD ist reformresistent.

Wir sind jetzt aber am Scheideweg angekommen. Das war auch der Grund, warum die Hessen 1999 gesagt haben: Diese Politik haben wir satt. – Sie hatten die Politik der SPD, die diese zusammen mit den GRÜNEN gemacht hat, satt. Dann konnten wir, die Mitglieder der CDU und FDP, endlich auch auf Landesebene die notwendigen Reformen durchführen.

(Beifall des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Kollege Walter, es handelte sich dabei nicht um eine Koalition, sondern um eine Kooperation mit der SPD. 20 Jahre lang bestand diese Kooperation mit der SPD.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist lange genug!)

Jetzt haben wir zusammen mit der FDP, den GRÜNEN, und den Vertretern der Kommunalen Spitzenverbände eine Zielvereinbarung abgeschlossen. Die Zielvereinbarung sieht vor, den Bestand des Landeswohlfahrtsverbandes zu garantieren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich kann Ihnen sagen: Der Landeswohlfahrtverband wird nicht aufgelöst werden. – Die Arbeit des Landeswohlfahrtsverbandes wird der Entwicklung angepasst.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, ich darf es auch hier noch einmal wiederholen: Hören Sie endlich auf, draußen ständig zu behaupten, die CDU wolle den Landeswohlfahrtsverband zerschlagen und werde dies auf dem Rücken der Behinderten und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landeswohlfahrtsverbandes austragen. – Das ist nicht der Fall.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Das ist eine große Sauerei!)

Wie wir wissen, ist der Landeswohlfahrtsverband seit 50 Jahren im Auftrag der Kommunen tätig. Er hat zahlreiche soziale Aufgaben übernommen. Er betreibt psychiatrische Kliniken, Werkstätten für Behinderte und Pflegeheime. Er kümmert sich um die Belange der Kriegsopfer und Obdachlosen.

(Reinhard Kahl (SPD):Wie geht es da weiter?)

Als überörtliche Träger der Sozialhilfe betreut der Landeswohlfahrtsverband 53.000 Behinderte.

Fakt ist aber auch – das ist bei den heute gehaltenen Reden ein bisschen zu wenig dargestellt worden –: Die Steigerung der Fälle wird sich unvermindert fortsetzen. Die nach dem Sozialgesetzbuch vorgesehene Änderung von Zuständigkeiten stellen die Städte und Landkreise vor kaum lösbare Probleme hinsichtlich ihrer Haushalte. Städte und Landkreise sind nämlich hauptsächlich die Träger dieses Verbandes. Sie sind auch die hauptsächlichen Geldgeber.

Als Vertreter in der Verbandsversammlung – in der Verbandsversammlung sind ja auch SPD-Kolleginnen und -Kollegen – haben wir in der letzten Woche bei der Verabschiedung des Haushalts erfahren, dass Einsparpotenziale, wie wir sie bis jetzt registrieren konnten, ausgereizt und nicht mehr möglich sind. Die Rücklage, die wir zum Ausgleich des Haushalts und zu einer Reduzierung der Umlage herangezogen haben, existiert nicht mehr.

(Jürgen Walter (SPD): Das stimmt!)

Wer aber muss die Mehrbelastungen künftig tragen? Es sind die Landkreise und die kreisfreien Städte.

(Reinhard Kahl (SPD): Sie holen sich das von den Gemeinden!)

Sie haben die Vertreter im LWV gebeten, endlich eine grundlegende Strukturreform im Verband herbeizuführen.

(Jürgen Walter (SPD):Was heißt das?)

Ich danke der Ministerin dafür, dass sie hier die Moderation übernommen hat.

(Jürgen Walter (SPD): Was ist denn eine grundlegende Strukturreform?)

Wir wissen:Wenn wir diesen Schritt nicht gehen,

(Norbert Schmitt (SPD):Welche? – Reinhard Kahl (SPD): Nur ein Hinweis, was Sie machen wollen!)

werden die Träger die Akzeptanz des LWV ganz aufkündigen.

(Jürgen Walter (SPD):Welche Schritte denn?)

Ich habe es eben gesagt. Die Kommunalen Spitzenverbände, die CDU, die FDP und die GRÜNEN haben eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen,

(Jürgen Walter (SPD): Was wollen Sie denn machen?)

die auf der Basis gesicherter Daten und bei einem sachlichen Austausch der Argumente die Gesamtreform berät.

(Jürgen Walter (SPD):In welche Richtung? Sie wissen ja überhaupt nichts!)

Kollege Walter, ich musss sagen: Die SPD und der derzeit noch amtierende Direktor des LWV sagen: Es ist falsch, den LWV mit einer Strukturdebatte zu überziehen; der Verband muss bleiben, was er ist. – Aber gerade das können wir nicht mehr.

(Reinhard Kahl (SPD):Was wollen Sie denn? – Jürgen Walter (SPD):Was wollen Sie denn?)

Frau Abgeordnete, Sie müssen zum Schluss kommen.

Wir haben in der Zielvereinbarung festgelegt, dass künftige Haushalte unter dem Gebot der Sparsamkeit und der Wirtschaftlichkeit stehen

(Norbert Schmitt (SPD): Jetzt wissen wir es!)

und dass Kostensteigerungen mit dem Träger verhandelt werden.

(Jürgen Walter (SPD): Das ist bis jetzt auch schon geschehen!)

Außerdem werden Maßnahmen getroffen, die auch für die Behinderten zu einem selbst bestimmten Leben führen,

(Reinhard Kahl (SPD):Das persönliche Budget haben wir doch schon! Das ist doch nichts Neues! – Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

ambulante und teilstationäre Hilfen statt stationäre Unterbringung, und es werden noch andere Maßnahmen sein.