Protokoll der Sitzung vom 28.04.2005

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)

Ich tue es jedenfalls, Sie sicherlich auch, wahrscheinlich die GRÜNEN und die SPD heimlich. Ich tue es ganz offen.

(Heiterkeit bei der SPD und des Staatssekretärs Dirk Metz)

Wir sind immer wieder über die reißerische Aufmachung der Schlagzeilen und der Bericht überrascht.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber nicht immer sind diese Berichte und Überschriften ganz ernst zu nehmen. Oft gibt es Anlass zu Übertreibungen. Man nimmt das auch zur Kenntnis. Meine Damen und Herren, wenn aber die Tatsachen auf den Kopf gestellt werden, ein Sachverhalt völlig aus dem Zusammenhang gerissen wird, dann ist die Sache zumindest für die Betroffenen ärgerlich. So gilt das auch für die heutige Schlagzeile der „Bild“-Zeitung mit der Überschrift: „Arbeitslose sollen Fußfesseln tragen – was hat sich Hessens Justizminister bloß dabei gedacht?“

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das fragen wir uns auch!)

Meine Damen und Herren, der Justizminister hat das eben klargestellt. Er hat in aller Deutlichkeit gesagt, für was der Einsatz der Fußfessel gedacht ist und wie er in Hessen auch praktiziert wird. Die elektronische Fußfessel – darüber sollten wir uns im Klaren sein – soll ausschließlich bei Straftätern eingesetzt werden, das haben wir immer im großen Einvernehmen festgestellt, nämlich nur bei denen, die zu einer Bewährungsstrafe verurteilt sind.

Meine Damen und Herren, wir alle haben uns informiert, wie sie in der Praxis eingesetzt wird. Sie soll allen die Chance geben, zu einem geregelten Tagesablauf zurückzukehren,damit sie nachher wieder in Arbeitsverhältnisse vermittelt werden können. Die Pressemitteilung, die der Justizminister mit Datum vom 10. März herausgegeben hat, befasst sich allein mit dieser Tatsache. Dieses Modell ist erfolgreich. Es findet überall Nachahmer. Jetzt will sogar Österreich die elektronische Fußfessel einsetzen.

Meine Damen und Herren, die Verurteilten müssen sich streng an einen Tagesablauf halten, der gemeinsam mit Bewährungshelfern erarbeitet wird. Diese Kontrolle der Überwachung ermöglicht es, dass sich die Sozialprognose der Verurteilten verbessert. Sie dient – das ist ganz entscheidend – der Resozialisierung, für die wir uns alle einsetzen. Die Idee ist das besonders Positive beim Einsatz der elektronischen Fußfessel.

Meine Damen und Herren, es geht darum – das will ich noch einmal feststellen –, dass die elektronische Fußfessel nur für Straftäter eingesetzt wird

(Beifall bei der CDU und des Abg. Michael Denzin (FDP))

und nicht bei Langzeitarbeitslosen oder therapierten Suchtkranken. Es wird hier suggeriert, Landzeitarbeitslose sollten zur Zwangsarbeit angehalten oder sogar zwangstherapiert werden. Das ist unrealistisch. Das ist falsch. Das ist verleumderisch.

(Beifall des Abg. Michael Denzin (FDP))

Die „Bild“-Zeitung hat mit diesem Bericht und mit dieser Überschrift in die Trickkiste gegriffen, und zwar in übelster Art und Weise die Wahrheit und die Tatsachen auf den Kopf gestellt. Sie sollte schnellstens diese Falschmeldung korrigieren. Das ist von einer seriösen Berichterstattung zu erwarten.

(Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Die Opposition fordere ich auf, nicht zu versuchen, Honig aus solchen Falschmeldungen zu saugen, wie Frau Hofmann es getan hat. Vielmehr sollten auch Sie sich an der Realität orientieren.

Weil die Fakten so klar sind – die elektronische Fußfessel ist ein erfolgreiches Projekt –, bitte ich Sie, unserem Dringlichen Antrag zuzustimmen, der aussagt,

dass die elektronische Fußfessel ein geeignetes und ausgesprochenes erfolgreiches Mittel des Justizvollzugs ist.

Ihr Einsatz wird so praktiziert, dass sie auch in Zukunft verwendet werden soll.

Anders lautende Spekulationen sind unberechtigt. Den Inhalt des Artikels der „Bild“-Zeitung sollten wir alle zurückweisen.Wir sollten uns an den Tatsachen orientieren. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Zurufe von der CDU: Bravo!)

Das Wort hat Herr Abg. Al-Wazir für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Clemens Reif (CDU): Der hat es schwer!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, erste Feststellung: Dass die CDU anfängt, die „Bild“-Zeitung so zu beschimpfen, ist zumindest mir noch nicht vorgekommen. Ich habe das jetzt vorsichtig ausgedrückt. Verehrter Herr Kollege Gerling und sehr verehrter Herr Kollege Wagner,ich möchte darauf hinweisen,dass zumindest die Wehleidigkeit neu ist. Wenn ich mich daran erinnere, wie der damalige rechtspolitische Sprecher Wagner mit dem damals amtierenden Justizminister umgegangen ist, dann muss ich feststellen:Diese Wehleidigkeit ist auch unangebracht. – Das stellt man fest, wenn man an die Vergangenheit denkt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Was war mit Claudia Roth und der „Bild“Zeitung? Ich sage nur: Landgericht Hamburg!)

Zweite Feststellung. Diese Debatte ist auch nicht absurd. Herr Kollege Dr. Jung, sie kann nicht richtig absurd sein. Denn wenn die Debatte völlig absurd wäre, hätte sich die CDU-Fraktion nicht bemüßigt gesehen, dazu einen Dringlichen Antrag einzubringen, mit dem sie sich von dem Justizminister distanziert.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich komme zur dritten Feststellung. Die Äußerung in der Presseerklärung vom 10. März 2005 ist sehr eindeutig. Sie ist auch nicht verdreht worden. Der Satz lautet:

Die elektronische Fußfessel bietet damit auch Langzeitarbeitslosen und therapierten Suchtkranken die Chance, zu einem geregelten Tagesablauf

zurückzukehren und in ein Arbeitsverhältnis vermittelt zu werden.

(Frank Gotthardt (CDU): Lesen Sie den vorhergehenden Satz auch vor!)

Da steht nichts von Straftätern. Da steht nichts von Verurteilten. Da steht nichts von Bewährung.

(Frank Gotthardt (CDU): Herr Al-Wazir, lesen Sie einfach mal den Satz davor vor!)

Herr Justizminister, ich sage Ihnen: Der Satz, so wie er da steht, ist sehr eindeutig. Aber ich glaube Ihnen, dass Sie das, was da so eindeutig steht, so nicht sagen und ausdrücken wollten.

(Frank Gotthardt (CDU): Herr Al-Wazir, lesen Sie doch einmal den Satz vor,der davor steht! – Weitere Zurufe)

Herr Kollege Gotthardt, soll ich Ihnen das grundsätzliche Problem der hessischen CDU und des Justizministers nennen? Das grundsätzliche Problem dieses Justizministers besteht nicht darin, was er da sagen oder nicht sagen wollte. Vielmehr besteht das grundsätzliche Problem darin, dass man ihm das zutraut. Genau das ist der Punkt, um den es hier geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Frank Gotthardt (CDU): Herr Al-Wazir, lesen Sie doch einmal den Satz davor vor!)

Genau das ist der Punkt,um den es hier geht.Genau darin besteht das grundsätzliche Problem.

Herr Justizminister, wenn Sie aus Ihrer Sicht aus dieser Debatte eine Konsequenz ziehen wollen, dann wäre die Konsequenz zu ziehen, dass ein Justizminister nicht nur dafür da ist, sich als härtester Durchgreifer zu gerieren. Vielmehr hat der Justizminister auch Bewahrer des Rechtsstaats zu sein. Außerdem sollte ein Justizminister auch der Bewahrer der Gerechtigkeit in einem Land in einem umfassenden Sinn sein. Weil Sie das nicht sind, traut man Ihnen zu, dass Sie das gesagt haben könnten. Das ist das eigentliche Problem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Abg. Nicola Beer (FDP) geht zum Rednerpult.)

Frau Kollegin, da es seit einiger Zeit die Kurzintervention gibt, bitte ich doch, zu warten, bis Sie aufgerufen werden. Ich muss Sie jetzt nämlich zurückschicken. Ich bitte den Kollegen – –

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Bei fünf Minuten Redezeit gibt es keine Kurzintervention! – Weitere Zurufe)

Das ist richtig.

(Heiterkeit und Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Frau Kollegin Beer, dieses Mal haben Sie Recht. Aber in zwei Fällen während dieser Woche ist es passiert, dass es andersherum war.Alles klar. Sie haben das Wort.

Herr Präsident, herzlichen Dank. – Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss sagen: Ich halte die Debatte, die hier jetzt zu diesem Thema gehalten wird, für mehr als absurd.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Ich halte es für absurd, dass sich 110 Landtagsabgeordnete von einem Presseorgan, das mit einer solchen Meldung nur seine Auflage steigern will, heute am Nasenring durch das Parlament ziehen lassen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Frau Kollegin Hofmann, ich halte es für absurd, dass Sie jetzt auch noch mit dem Kopf schütteln. Wenn man die Presseerklärung des Herrn Minister Wagners liest, stellt man fest,dass von der Überschrift über sämtliche Absätze bis zum letzten Satz nur über Straftäter und Verurteilte gesprochen wird. Das konnte man gar nicht anders verstehen. Es geht da nur um Verurteilte.