Die Tatsache, dass die Kooperation mit den GRÜNEN jetzt beendet ist, Herr Frankenberger, mag Sie ärgern oder freuen. Diese konsequente Haltung haben wir aber an vielen Stellen und über viele Jahre in der Landespolitik zwischen 1991 und 1999 bei Ihnen vermisst.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mir ging es wahrscheinlich wie vielen hier im Plenum: Es war hochinteressant, die neuesten Wasserstandsmeldungen aus dem Haupt- und Finanzausschuss in Kassel zu erfahren. Das ist aber nicht das zentrale Problem, wenn sich Landespolitiker mit dem Flughafen Kassel-Calden auseinander setzen müssen.
Soweit es die Kooperation zwischen Schwarz und Grün in Kassel angelangt, sind die Unionschristen dabei, ihre Wunden zu lecken. Auch das muss nicht Gegenstand der Diskussion im Hessischen Landtag sein.
Fest steht, dass sich das Kasseler Stadtparlament dazu durchgerungen hat, die notwendigen Verpflichtungsermächtigungen in den Haushalt einzustellen. Mit wessen Hilfe dies gelungen ist, ist mir eigentlich ziemlich egal.
Ich will auf das eingehen, was Herr Boddenberg zu der Situation in Nordhessen bzw. zum Flughafen Kassel-Calden gesagt hat. Herr Boddenberg, Ihre Einschätzung der Situation in Nordhessen teile ich nicht ganz. Es ist völlig richtig, dass wir in der Vergangenheit in Sachen Infrastruktur vieles gemacht haben. Ich muss aber auch feststellen, dass in vielen Unternehmen eine ausgesprochen depressive Stimmung herrscht, weil viele Belastungen, die wir aufgrund der Politik von Rot-Grün in Berlin zu spüren bekommen, viel größere Auswirkungen auf strukturschwächere Regionen haben als z. B. auf das Rhein-Main-Gebiet. Ich möchte daher dem entgegenwirken, dass wir hier etwas gesundbeten, was so gesund in der Tat nicht ist.
Zurück zum Flughafen Kassel-Calden. Sie kennen die Position der FDP,die wir zu diesen Fragen eingenommen haben. Wir wissen allerdings auch, dass der Wettbewerb im Luftverkehr härter wird. Wir wissen, dass die Regionalflughäfen untereinander in einem Wettbewerb stehen, es hier zu Veränderungen kommt.Wir gehen davon aus – ich weiß nicht, wer vonseiten der Landesregierung hierzu etwas sagt, ob der Aufsichtsratsvorsitzende dazu Stellung nimmt –, dass hier Veränderungen stattfinden und dass die Entwicklungen im Regionalflugverkehr sorgfältig beobachtet werden müssen. Das ist nämlich die Voraussetzung dafür, dass ein solches Projekt erfolgreich zu Ende geführt werden kann.
Die FDP-Fraktion würde in diesem Zusammenhang natürlich folgende Frage interessieren – vielleicht kann darauf eingegangen werden –: Die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens für diesen Flughafen steht unmittelbar bevor. Wir haben in den Ausschüssen und hier im Landtag darüber gesprochen, dass es darum geht, sowohl die Investitionen für diesen Flughafen als auch seinen Betrieb sicherzustellen. Gerade dann, wenn ein solcher Regionalflughafen im Wettbewerb mit anderen bestehen muss, geht es darum, jemanden zu haben, der über das Know-how verfügt, der über die Erfahrung verfügt, diesem Flughafen – auch was die betriebliche Auslastung anbelangt – zu einem Erfolg zu verhelfen.
Es ist uns seinerzeit mitgeteilt worden, dass die Übernahme des Betriebs des Flughafens einer Ausschreibung bedarf und es nicht ohne weiteres möglich ist, sich auf dem freien Markt einen Betreiber zu suchen. Ich bin davon ausgegangen, dass das Ausschreibungsverfahren vor der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens einer Entscheidung zugeführt wird. Das ist eine ganz wichtige Frage.Vielleicht wäre es möglich, in dem Zusammenhang aus der Sicht der Landesregierung hierzu etwas zu hören.
Wir stehen also zu diesem Projekt, wobei wir natürlich sehr sorgfältig beobachten – ich weiß aus meiner Tätigkeit im Beirat, dass der Aufsichtsratsvorsitzende und die Flughafen GmbH das in gleicher Weise tun –, welche Veränderungen gerade im Regionalflugverkehr stattfinden, in welchem Verhältnis der Regionalflugverkehr zum internationalen Luftverkehr steht.
Das, was sich im Kasseler Stadtverordnetenparlament diesbezüglich abgespielt hat, ist für uns nicht von Relevanz. Der Ausbau des Flughafens Kassel-Calden ist von Bedeutung. Die Entwicklung muss aber sorgfältig beobachtet und das Vorhaben sorgfältig weitergeführt werden, um die Chancen, die damit ohne Zweifel verbunden sind, realisieren zu können. Das ist die Haltung, mit der die FDP-Fraktion diese Maßnahme begleitet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es bleibt dabei, was ich zum Flughafen Kassel-Calden immer gesagt habe: Es soll Geld ausgegeben werden, das keiner hat, für ein Projekt, das keiner braucht.
Kein Logistiker plant, Kassel-Calden in sein Logistiknetz einzubeziehen. Die international tätigen Unternehmen in der Region, z. B. die B. Braun Melsungen AG und SMA in Niestetal, haben schon erklärt, sie brauchen Kassel-Calden nicht. Die Lufthansa und Air Berlin haben erst kürzlich erklärt, Regionalflughäfen wie Kassel-Calden seien so überflüssig wie ein Kropf. Das sind wahrlich keine fundamentalistischen Flughafenausbaugegner. Es gibt internationale Gutachten – und zwar nicht von Ausbaugegnern, sondern von Flughafenbefürwortern –, in denen festgestellt wird, dass Regionalflughäfen schädlich für die Regionalentwicklung und völlig ungeeignet für eine Wirtschaftsförderung sind. Es gibt also im Ergebnis nach wie vor kein einziges sachliches Argument für den geplanten Flughafenausbau. Es gibt nur ideologisches Wunschdenken.
Sie planen eine gigantische Investitionsruine. Jetzt streitet sich die linke Seite mit der rechten Seite des Hauses darum, wer am vehementesten und am engagiertesten für den Ausbau von Kassel-Calden eintritt. Meine Damen und Herren, im Ergebnis streiten Sie sich darum, wer die Haushalte des Landes Hessen und der Stadt Kassel am besten ruinieren kann.
Das Planfeststellungsverfahren wird nach unserer Überzeugung beweisen, wie unsinnig, überflüssig und demzufolge auch unzulässig dieser Flughafenausbau ist. Im Übrigen ist es bezeichnend,dass die Flughafen GmbH das Planfeststellungsverfahren immer noch nicht beantragt hat, obwohl es schon mehrfach angekündigt wurde.
Zur Situation in Kassel:Aus meiner Sicht war die schwarzgrüne Kooperation in Kassel erfolgreich. Sie war vor allem deshalb erfolgreich, weil wir nicht gesagt haben, wir machen eine fest gefügte Koalition, wo der eine mit dem anderen in jeder Frage fest verbunden ist, sondern wir vereinbaren konkrete Projekte, die wir verwirklichen.Wir wollen z. B. einen gemeinsamen Haushalt verabschieden, aber wir sagen den Menschen auch klar, wo wir nicht einer Meinung sind. Das war die Grundlage dafür, dass die Zusammenarbeit funktioniert hat.Wie nicht anders zu erwarten: Nachdem die GRÜNEN wieder in die politische Verantwortung gekommen sind, ist es in den letzten eineinhalb Jahren in Kassel tatsächlich wieder vorangegangen.
Kassel ist lebenswerter und vor allem auch kinderfreundlicher geworden. Ich darf die Erfolge kurz aufzählen:Ver
abschiedung der Tarif- und Betriebsordnung für Kindergärten,Ausbau der Betreuung unter Dreijähriger, Bau eines neuen Horts in Rekordzeit, voraussichtliche Erhaltung fast aller Kasseler Schulen und – hören Sie gut zu,das ist eine antizyklische Entwicklung – Einrichtung neuer integrierter Gesamtschulen. Die Schulsozialarbeit wird gefördert, und es finden Beteiligungsprojekte für Kinder und Jugendliche statt. Das sind nur einige Beispiele.
Anne Janz, unseres grünes hauptamtliches Magistratsmitglied, ist der Aktivposten im hauptamtlichen Magistrat.
In der Tat kam es in der letzten Woche zu diesem merkwürdigen Chaos um die Veränderungsliste zum Haushalt 2005.
Die CDU war zuerst für eine Verpflichtungsermächtigung. Dann war sie im Ausschuss mit uns – wie wir finden: zu Recht – dagegen. In der Sitzung war sie dann wieder dafür. Bei der SPD war es genau antizyklisch. Die war erst gegen den Haushalt, einschließlich der Verpflichtungsermächtigungen. Nachdem Sie mitbekommen haben, Sie haben eine politische Chance, sind Sie plötzlich umgekippt und haben alles mitgetragen, was Sie vorher noch vehement abgelehnt haben. So viel einmal zur politischen Redlichkeit.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Denzin (FDP): Es ist einmal informativ, Kasseler Interna zu hören!)
Das Ergebnis war klar: kein gemeinsamer Haushalt mit der Union,Vertrag gebrochen, Kooperation beendet.
Denn wir haben, für jeden nachvollziehbar, von Anfang an immer klar gesagt: Wer ohne Not solche Verpflichtungsermächtigungen in den Haushalt 2005 hineinbringen will – dort gehören sie nicht hinein –, der provoziert eine Ablehnung durch unsere Fraktion. Das war jedem bekannt. Das war jedem klar. Das war eine eindeutige, nachvollziehbare, für jeden verständliche Linie.
Im Übrigen zeigt die Entscheidung der CDU nach meinem Dafürhalten nicht – wie Herr Holler über die Presse verbreitet hat – die Glaubwürdigkeit der Union, sondern es ist schlicht und ergreifend ein Einknicken vor der politischen Provokation des SPD-Kämmerers, nichts anderes.
Der hat den pawlowschen Reflex der Union auf alles, wo „Kassel-Calden“ draufsteht, gut einkalkuliert und die Zustimmung herbeigeführt.
Im Übrigen müssen wir uns anschauen, was weiterhin mit der SPD passiert. Der gewählte Oberbürgermeister, Herr Hilgen, erklärt im Augenblick überall, er wolle keine Koalition mehr. Dann aber erleben wir, dass sich die SPDFraktion bei der erstbesten Gelegenheit wieder der Union an den Hals wirft – in der großen Koalition der Calden-Befürworter.
Uns für schwarz-grün zu beschimpfen, selbst aber schwarz-rot zu betreiben, das ist die interessante neue
Wir werden weiterhin Kurs halten. Wir werden in der Stadt Kassel wie im Hessischen Landtag unsere inhaltlichen Projekte einbringen. Wir werden eine sachbezogene Politik machen. Dazu gehört für uns auch, dass wir überzeugt sind:Am Ende wird sich erweisen, es gibt keine vernünftigen Argumente für Kassel-Calden.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In welcher Funktion? – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aufsichtsrat? Schuldenverwalter? Alleinunterhalter? In welcher Rolle?)