Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Union: Das ist ein Akt der Untreue gegen die Finanzen des Landes Hessen und gegen die Menschen des Landes Hessen.
Nein, ich gestatte keine Zwischenfrage. – Ich stelle deshalb den Antrag, heute auf diese Abstimmung zu verzichten und sie bis zu dem Zeitpunkt zu verschieben, bis die von Frau Wagner angeregten Informationen eingeholt
sind und die Verhandlungen stattgefunden haben. Bis zu diesem Zeitpunkt wird noch nichts versteigert sein, und bis zu diesem Zeitpunkt wird der Graf immer noch keinen Antrag beim OLG eingereicht haben. Es besteht keine Gefahr im Verzug. Sie müssen sich jetzt entscheiden zwischen dem, was Ihr Ministerpräsident von Ihnen verlangt – nämlich die Zustimmung zu etwas, was er versprochen hat –, und dem, wofür Sie gewählt worden sind, nämlich die Interessen der Menschen in unserem Lande wahrzunehmen.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Ministerpräsident des Landes Hessen hat die geschichtliche Entwicklung zwischen der Landesregierung und dem Land einerseits und den Inhabern des Schlosses in Erbach andererseits sehr umfangreich dargelegt. Ich glaube, Herr Ministerpräsident, eine Schlussfolgerung kann man aus dem, was Sie vorgetragen haben, ziehen: Keine Landesregierung hat dieses Schloss bisher gekauft.
Deshalb in aller Ernsthaftigkeit und in aller Freundschaft, Herr Ministerpräsident, und unter Beachtung des gemeinsamen Tuns, das uns vier Jahre verbunden hat: So geht es nicht.
Das ist nicht erst heute hier gesagt worden,sondern das ist im vergangenen Herbst schon einmal probiert worden, indem Fischer-like ein Schreiben der damals amtierenden stellvertretenden Ministerpräsidentin an Sie, Herr Ministerpräsident, öffentlich gemacht wurde. Ich glaube, es stammt vom 01.12.2001,wenn ich mich richtig erinnere.So geht es nicht. Es hat keine Entscheidung der damals gemeinsam von FDP und CDU getragenen Landesregierung gegeben, dieses Schloss zu kaufen, nicht eine. Sonst würden wir heute nicht darüber diskutieren.
Aus diesem Grunde ist es mindestens unfair, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken – jetzt auch noch sehr deutlich nach dem Motto: du weißt doch, was wir getan haben – und so zu tun, als wäre die FDP – –
Herr Ministerpräsident, entspannen Sie sich doch bitte, ich war bei Ihrer Rede auch entspannt, obwohl Sie meine Partei heftig angegriffen haben.Das müssen Sie jetzt auch ertragen.
Meine sehr verehrten Kollegen, seien Sie doch ganz ruhig. Es kann doch nicht so getan werden, als ob entweder Herr Noack, Staatsekretär a. D. im hessischen Finanzministerium – der Name ist hier genannt worden –, oder die ehemalige Hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Ruth Wagner, dafür verantwortlich sei, dass heute
für 13,3 Millionen c viel,viel Stein in Erbach gekauft werden soll. Das lassen wir nicht durchgehen.
Ich bin überrascht, dass Sie das in der Union so emotional diskutieren und dass gerade die Zwischenrufe des Kollegen Gotthardt so emotional sind.Warum eigentlich?
Hätten Sie in dem Abwägungsprozess die Sicherheit, tatsächlich richtig zu liegen, würden wir uns mit diesem Thema rational und nicht emotional beschäftigen.
Ich muss für meine Fraktion leider sagen, dass sämtliche Beispiele, die Sie hier vorgetragen haben, Herr Ministerpräsident, nicht damit vergleichbar sind, dass Sie jetzt viele Steine in Erbach kaufen wollen.
Sie haben kein einziges Beispiel dafür genannt, dass eine Liegenschaft gekauft worden ist oder dass das Land Hessen möglicherweise den Fehler begangen hat, eine Liegenschaft nicht zu kaufen.
Sie haben Themen auf die Tagesordnung gesetzt.Wir können hier jeden Punkt abarbeiten, in dem es um den Kauf von Kunstwerken ging.
Hier ist doch keiner im Raum, der emotionslos – das sage ich sehr bewusst – zur Kenntnis nimmt, dass das Land Hessen möglicherweise mindestens zwei oder drei sehr wichtige Kunstwerke verlassen. Wir alle sind aber emotionsvoll – auch Sie, Herr Ministerpräsident, sonst hätten Sie nicht so reagiert, wie Sie reagiert haben –, wenn zu einem Zeitpunkt, zu dem sich das Land bewusst von eigenen Liegenschaften trennt, neue Liegenschaften gekauft werden sollen. Das ist doch Unsinn, was hier auf der Tagesordnung steht.
Zweitens.Herr Ministerpräsident,das,was Sie eben in Bezug auf Frau Wagner getan haben, war nicht ganz fair, gerade wegen des vorangegangenen gemeinsamen Arbeitens.
Kollegen von der CDU, Sie können sich so oft beschweren, wie Sie wollen. Wenn der Ministerpräsident eine solche Rede hält, dann muss er sich damit auseinander setzen, dass die FDP darauf sehr dezidiert antwortet.
Es ist nicht fair, so zu tun, als wenn sich Ruth Wagner ausschließlich für Darmstadt und die Kultur in Darmstadt einsetze. Sie, Herr Ministerpräsident, haben Frau Wagner vollkommen zu Recht zur Beauftragten der Landesregierung für die Kulturhauptstadtbewerbung von Kassel gemacht. Hören Sie auf, hier das Bild zu stellen, die FDP wolle dieses Schloss nicht kaufen, damit das eine oder andere Kunstwerk nach Darmstadt kommt. Ich lasse nicht
zu, Herr Ministerpräsident, dass solche Bilder über meine Partei und meine Vorgängerin im Amt gestellt werden.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Ministers Karlheinz Weimar – Weitere Zurufe von der CDU)
Der Kollege Ministerpräsident hat eben gesagt,wenn man dieses Objekt in Erbach nicht kaufe, könnte die Folge sein, dass das eine oder andere Kunstwerk nach Darmstadt kommt. Warum haben Sie das denn gesagt, Herr Koch? Doch deshalb, weil Sie das Bild stellen wollten, dass sich Frau Wagner nur für die Kultur in Darmstadt einsetzt. Das lasse ich an dieser Stelle nicht zu. Sie können hierzu gerne noch einmal Stellung nehmen.
Drittens. Ich glaube, dass wir als Landespolitiker einen großen Fehler begehen – da können wir noch so viele parteipolitische Diskussionen vor Ort führen –, wenn wir so tun, als ob es keinen Unterschied zwischen einer Metropolenkultur und einer Regionalkultur gäbe. Mir fällt eine Reihe von regionalen Museen in diesem Land ein, mir fällt eine Reihe von regionalen Einrichtungen ein,die keinerlei oder wenig Landesbezug haben, denen es finanziell ebenfalls nicht gut geht. Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister – eigentlich müsste ich den dafür zuständigen Wissenschaftsminister fragen –,
(Zuruf von der SPD: Der hat sowieso nichts zu sa- gen! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
was tut das Land eigentlich für diese Einrichtungen und Museen? Ich denke, das Land ist richtig beraten, dass es für sie nichts tut, denn es gibt regionale Aufträge, die regionale Kulturpolitik zu bearbeiten, und es gibt zentrale Aufträge, um die sich das Land Hessen zu kümmern hat. Deshalb halte ich es für sehr beachtlich, wenn Sie jetzt so tun, als ob das Land Hessen quasi gezwungen sei, aus seiner Verantwortung für sich und die Gesamtgesellschaft heraus den Schlosskauf zu organisieren. Nein, Herr Ministerpräsident, die Diskussion vor Ort zeigt, dass es, bis auf wenige ganz besondere Kunstwerke – das möchte ich extra noch einmal zu Protokoll sagen –, dort vieles gibt, was nichts mit zentraler, sondern mit regionaler Kultur zu tun hat. Ich will jetzt nicht polemisch werden, aber man könnte auf die Idee kommen, dass Sie die Holbein-Madonna mit Hirschgeweihen vergleichen. Daran wird deutlich, dass wir über zwei verschiedene Dinge diskutieren.
Wer so in den Wald hineinruft, der muss akzeptieren, dass sich andere so mit dem Thema auseinander setzen. Wer vorangegangenes gemeinsames Tun dazu missbraucht,politische Bilder zu stellen, um zu versuchen, uns zu zwingen, uns so zu verhalten, wie Sie meinen, dass wir uns verhalten müssen, der arbeitet nicht redlich.