Ich komme zu dem Gesetzentwurf. Wir können dem Grundsatz zustimmen, dass die Ortslandwirte künftig benannt werden, weil es heute eben nicht mehr wie im Jahre 1969 ist, als das Wahlverfahren für Ortslandwirte eingeführt wurde, dass 30 oder 40 Landwirte in einem Dorf zu finden sind. Das brachte der Strukturwandel mit sich.
Nur, nicht ersichtlich ist für uns, wer im Konfliktfall entscheidet. Nehmen wir an, in einem Dorf sind zwei oder drei Kandidaten. Dann ist doch die spannende Frage, wer im Gebietsagrarausschuss entscheidet, welcher der Kandidaten als Ortslandwirt benannt wird. Darauf hätten wir gern eine Antwort.
Sehr viel kritischer sehen wir die Umwandlung des Mitwirkungsrechts des Landesagrarausschusses in ein Anhörungsrecht. Denn gerade der Landesagrarausschuss ist eine Institution, die sich durch sehr hohe Sachkompetenz
auszeichnet, in der sehr intensiv zur Sache gearbeitet wird. Die Mitwirkung auszusetzen zeigt deutlich den Umgang,den diese Landesregierung pflegt,nicht nur bezogen auf den Gebiets- und den Landesagrarausschuss, sondern beispielsweise auch bei der Beschneidung der Rechte im Naturschutz.
Wir können dem Antrag der FDP-Fraktion zustimmen, hierzu im Landtag eine Anhörung aller relevanten Gruppen durchzuführen. – Vielen Dank.
Danke sehr, Frau Hoffmann. – Als Nächstem darf ich Herrn Wiegel für die CDU-Fraktion das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen die Änderung des Berufsstandsmitwirkungsgesetzes, gerade bezogen auf Ortslandwirte. 2003/2004 haben wir vor Ort in über 1.000 Wahlveranstaltungen gesehen, dass in fast 90 % der Fälle nur ein Kandidat vorhanden war. Ich bin davon überzeugt, auch wenn Herr Kollege Häusling das vielleicht nicht so sieht, dass die Landwirte, die Landfrauen, die mithelfenden Familienangehörigen – die gehören als Gruppe dazu – sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter es schon auf die Reihe bringen, einen Ortslandwirt zu benennen. Denn das wird nach wie vor dort geschehen müssen.
Im Gebietsagrarausschuss und im Landesagrarausschuss läuft es mittlerweile seit vier Jahren. Man kann hier wirklich Kosten sparen, dass die Mitarbeiter der Ämter nicht tagelang über Land fahren und diese Wahlveranstaltungen durchführen müssen. Wir sind davon überzeugt, dass der Gebietsagrarausschuss die Ortslandwirte ohne Mitwirkung des Amtes benennen kann. Es wird auch Stellvertreter geben, sodass das geht.
Zu § 3 Abs. 3, der von allen angesprochen worden ist. Das sehen wir auch so, dass wir im Rahmen der Arbeit im Ausschuss noch einmal darüber diskutieren sollten. – Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Wiegel. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir sind damit am Ende der Aussprache in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Berufsstandsmitwirkungsgesetzes.
Der Gesetzentwurf soll zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz überwiesen werden. – Kein Widerspruch. Dann können wir so verfahren.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Bauordnung – Drucks. 16/4194 –
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Neufassung der Hessischen Bauordnung ist seit nunmehr zweidreiviertel Jahren in Kraft.Sie hat einen tief greifenden Systemwechsel vor allem im bauordnungsrechtlichen Verfahrensrecht bewirkt: durch die Konzentration staatlicher Tätigkeit auf wesentliche Kernbereiche, durch die Verringerung der hoheitlichen Prüf- und Überwachungstätigkeit und schließlich durch die Stärkung der Eigenverantwortung der am Bau Beteiligten.
In der Umstellungs- und Einarbeitungsphase in das neue Recht hat es natürlich einige Schwierigkeiten in der Praxis gegeben. Wie sollte dies anders sein? In den Bundesländern, die vor Hessen diesen Systemwandel durchgeführt haben, war dies auch nicht anders. Die Erfahrungen aus diesen Ländern, die wir eingebaut haben, haben uns dennoch nicht davor schützen können, dass immer wieder solche Verfahrensanläufe entstehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, neben diesen Anlaufschwierigkeiten darf man heute feststellen, dass es sehr erfreulich ist, dass die ersten Vollzugserfahrungen mit der Bauordnungsrechtsreform keinen grundsätzlichen und durchgreifenden Bedarf für Rechtsänderungen ergeben haben.
Mit dem Ihnen heute vorliegenden Entwurf eines Änderungsgesetzes soll deshalb auch ganz bewusst nicht „das Tor aufgemacht werden“ für umfangreiche Rechtsänderungen. Dazu besteht kein Handlungsbedarf. Hier gilt es, Rechtskontinuität und Rechtsberuhigung zu gewährleisten, d. h. die notwendige Routine in der Rechtsanwendung zu erlangen. Sie sind die besten Garanten für einen möglichst reibungslosen Rechtsvollzug.
Meine Damen und Herren, dennoch gibt es zwei zwingende Gründe für eine Änderung der Hessischen Bauordnung, weshalb wir heute diese Novelle einbringen:
Erstens. Die Regelungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung müssen wegen europarechtlicher Vorgaben für das Baugenehmigungsverfahren für anwendbar erklärt werden.
Zweitens.Die am 30.September 2005 auslaufenden Übergangsregelungen für Sachverständige sind zu verlängern.
Bis zur Vorlage einer Sachverständigenverordnung sind die Personen oder Stellen, die für die Prüfung der bautechnischen Nachweise und für die Prüfung und Bescheinigung der Absteckung von Gebäuden verantwortlich sind, durch Übergangsregelungen bestimmt. Derzeit ist nicht gesichert – wir werden dies hier noch beraten –, dass rechtzeitig zum 1. Oktober dieses Jahres genügend sachverständige Personen anerkannt sind, um den reibungslosen Ablauf der bautechnischen Prüfungen und der hierauf bezogenen Bauüberwachung zu gewährleisten. Diese Übergangsregelungen sollen deshalb bis zum 31. Dezember 2008 verlängert werden.
Zum weiteren Inhalt des Gesetzentwurfs möchte ich Folgendes anmerken: Unter Beachtung der gebotenen Zurückhaltung wird die notwendige Änderung der HBO zum Anlass genommen, darüber hinaus kleinere Randkorrekturen in den Gesetzentwurf aufzunehmen, die die Rechtsanwendung und den Vollzug weiter erleichtern. Das gilt vor allem im Verfahrensrecht, wo folgende Änderungen vorgesehen sind:
Erstens. Mit dem 30. September 2005 läuft die befristete Wahlmöglichkeit zur Durchführung von Genehmigungsverfahren ab. Zwar ist die Wahlmöglichkeit mit den Zielen der Verfahrensprivatisierung nur schwer vereinbar. Die im Erfahrungsbericht zur Hessischen Bauordnung 2002 festgestellten Vollzugsdefizite sprechen aber ebenso wie der Anteil von ca. 22 % aller Bauherrschaften, die im Jahr 2003 anstelle der Genehmigungsfreistellung ein Baugenehmigungsverfahren gewählt haben, für einen – zumindest noch – bestehenden Bedarf in der Praxis. Daher soll die Wahlmöglichkeit verlängert werden.
Zweitens. Für die vorzeitige Benutzung einer baulichen Anlage soll eine Mitteilung genügen; auf eine ausdrücklich erforderliche bauaufsichtsrechtliche Zustimmung wird verzichtet.
Drittens. Erker und Balkone bis jeweils 30 m2 Bruttogrundfläche je Geschoss bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 3 und Hauseingangstreppen sollen in Zukunft ohne Baugenehmigung errichtet werden können. Es bedarf lediglich einer Mitteilung an die Gemeinde und der Mitwirkung einer für die Standsicherheit nachweisberechtigten Person.
Viertens. Die Gemeinde soll nach eigener Einschätzung pauschal erklären können – für das gesamte Gemeindegebiet oder auch für Gebietsteile der Gemeinde –, dass für die Ausführung bestimmter baugenehmigungsfreier Vorhaben, z. B. Parabolantennen, ihre Beteiligung nicht erforderlich ist. Es liegt also in der Kompetenz der Kommune, hier weiteren Freiraum zu schaffen.
Fünftens. In der Praxis hat sich gezeigt, dass es im Interesse der Gefahrenabwehr bei bestimmten baugenehmigungsfreien Vorhaben sinnvoll ist, deren Ausführung durch qualifizierte Personen zu überwachen. Die bei diesen Vorhaben schon beteiligten Nachweisberechtigten sollen das Erfordernis einer Bauüberwachung festlegen können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, so weit diese fünf Punkte im kleineren Randbereich, wie ich sie bezeichnet habe. An Änderungen im materiellen Recht ist vorgesehen:
Erstens. Es soll eindeutig bestimmt werden, dass Hohlräume zwischen der obersten Decke und der Bedachung, in denen Aufenthaltsräume nicht möglich sind, keine Geschosse sind. Das ist insofern sinnvoll, weil ansonsten das letzte, das Dachgeschoss, als Vollgeschoss ausgewiesen werden müsste, mit den entsprechenden materiellen Konsequenzen.
Zweitens. Bis zu drei Stellplätze sollen an einer Nachbargrenze zugelassen werden. Die bisherige Regelung ist nicht praxisgerecht.
Drittens. Die Nutzung untergeordneter Gebäude zu Abstellzwecken an der Grenze wird zugelassen – auch ein wichtiger Punkt, kleinerer Bedeutung zwar, aber materiell-essenziell und deshalb auch hier in die Veränderungen aufgenommen.
Viertens.Sichtschutzzäune und Terrassentrennwände zwischen Doppelhäusern und den Gebäuden von Hausgruppen sollen an Nachbargrenzen zulässig sein.
Fünftens. Die Anforderung an die Mindesthöhe von notwendigen Umwehrungen,wie es so schön heißt,soll an die aktuelle Fassung der Musterbauordnung und die entspre
chenden Regelungen der Länder angepasst werden – übrigens auch eine einheitliche Regelung im Sinne der Wirtschaftsförderung für Handwerksbetriebe, die bei bisher nach Ländern unterschiedlichen Regelungen in der Serienfertigung große Probleme hatten,optimale Produktionsabläufe sicherzustellen. Mit diesem Punkt entsprechen wir auch den neuen bauordnungsrechtlichen Regelungen des Arbeitsschutzrechts des Bundes.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie sehen, wenige Punkte, aber solche, die uns helfen, aus den Erfahrungen gespeist die Abläufe zu verbessern, um dem Geist der Bauordnung noch mehr zu entsprechen.
Diese Vorlage war in der Anhörung der Fachkreise, Organisationen und Verbände. Zunächst einmal darf ich grundsätzlich sagen: Der Gesetzentwurf wurde von den angehörten Verbänden weitestgehend befürwortet.
Es gab die eine oder andere Anmerkung, wie z. B. die des Hessischen Städte- und Gemeindebundes und des Städtetages bezüglich des Erfordernisses des gemeindlichen Einvernehmens. Hier sind wir der Meinung, dass dies nicht sinnvoll ist, weil wir generell dabei sind, die Einvernehmensregelungen abzubauen. Oder hat der Hessische Städtetag eine klarere Regelung zur Konzentrationswirkung der Baugenehmigung vorgeschlagen? Aber wir haben eben deutlich machen können, dass nach dem Konzept der HBO und der MBO,also der Musterbauordnung, diese nicht im Bauordnungsrecht, sondern im jeweiligen Fachrecht beheimatet sind. – Dies waren zwei Bemerkungen zu dem Ergebnis der Anhörung.
Ich hoffe, dass eine zügige Beratung eine rasche Verabschiedung des Gesetzentwurfs ermöglicht. Die Stellungnahmen der Verbände können dem Wirtschaftsausschuss hierzu zur Verfügung gestellt werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche mir eine zügige Beratung.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rede von Herrn Dr. Rhiel provoziert eigentlich, obwohl es so warm ist, eine satirische Nachbetrachtung des politischen Vortrags. Aber angesichts des in der Sache wenig spannenden Themas werde ich mir das an dieser Stelle ersparen. Vielmehr will ich ausschließlich über den Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Bauordnung sprechen.
Theoretisch könnte man diesen Gesetzentwurf durchwinken, was ich überwiegend auch tun werde. Trotzdem möchte ich einige Bemerkungen machen. Sie wissen, dass wir der HBO-Novelle im Jahr 2002 nicht zugestimmt haben, weil es erhebliche fachliche Bedenken gegen das Gesetz gab. Dies war auch Gegenstand der Anhörung am 17. April 2002.Aufgrund dieser Bedenken haben sich die Oppositionsfraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN damals gegen diese Änderung ausgesprochen.
In den Grundsatzstreit über die Frage, ob diese Änderung der Hessischen Bauordnung richtig war und ist, will ich ausdrücklich nicht einsteigen, sondern ich möchte ausschließlich über die vorgelegten Änderungen sprechen und einige Fragen stellen.
Ich will ausdrücklich erklären, dass, unabhängig davon, wie unser Abstimmungsverhalten zu diesem Gesetzentwurf aussehen wird, daraus keine nachträgliche Legitimation des eingeschlagenen Wegs der Reform der Hessischen Bauordnung abgeleitet werden kann, wenngleich völlig klar ist, dass auch wir für eine Vereinfachung von Genehmigungsverfahren sind.
Wir sehen deshalb in diesem Entwurf in der Tat den Versuch, die Bauordnung an einigen kleinen und an ein paar wesentlichen Punkten durch Klarstellungen in der Handhabung zu vereinfachen. Deswegen sehe ich jetzt hier davon ab, über die Anordnung von Stellplätzen, über die Absperrung zwischen Balkonen und etliches mehr zu diskutieren. Herr Minister, ich will aber ein paar kritische Fragen stellen, die sich im Wesentlichen mit den Befristungen in diesem Gesetzentwurf und mit auslaufenden Regelungen beschäftigen.
Erster Punkt. In der Tat ist es nicht ganz verständlich – dazu haben Sie eben nichts gesagt –, wieso die seit langem überfällige Änderung der Sachverständigenverordnung, die zum 01.10.2005 ausläuft und deren Geltung Sie in diesem Gesetzentwurf verlängern wollen, nicht stattgefunden hat. Diese Änderung ist längst überfällig.