Man springt dabei sowohl hinsichtlich der Organisationsform und der Aufgabenstellung zu kurz als auch wegen des räumlichen Zuschnitts. Für einen solchen Notbehelf kann auch keine Dringlichkeit vorliegen, da bessere Vorschläge auf dem Tisch liegen, wie man im Augenblick sehen kann.
Das heißt, die Bildung eines Zweckverbandes taugt allenfalls als Drohung. Eine Lösung stellt er nach Ablauf der Frist von einem Jahr nicht dar.
Herr Ministerpräsident, dann darf aus unserer Sicht der von Ihnen gemachte Vorschlag nach Ablauf dieses Jahres auch nicht als unverrückbarer Maßstab dienen, an dem die eigenen Bemühungen der Region gemessen werden können. Das hieße, die Region zu überfordern.
Die Gutachten, die Sie dazu in Auftrag gegeben haben – das gilt insbesondere für das Gutachten des Herrn Prof. Pfäffli –,tragen dabei weniger zu einer Lösung als zu einer Verschärfung der vordergründig geführten Kulturdebatte bei. Anstatt um Kultur geht es gerade in dem Gutachten von Herr Prof. Pfäffli um die Schaffung eines Umverteilungsschlüssels, bei dem die reicheren Regionen des Umlandes die von finanziellen Nöten geplagte Stadt Frankfurt entlasten sollen.Was auf den ersten Blick wie ein wissenschaftlich fundiertes Konzept für eine gerechte Finanzierung aussieht, stellt sich in Teilen als eine grobe Vereinfachung des tatsächlichen Sachverhalts dar.
Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele nennen. Der Zeitraum der Zählung ist zu knapp ausgefallen. Er ist keinesfalls repräsentativ. Das wurde hier heute schon erwähnt. Aber auch die Liste der vom Ministerium für Wissenschaft und Kunst – das muss betont werden – vorgegebenen Kriterien ist zu hinterfragen. Sie passt vor allen Dingen überhaupt nicht zu den ausgewählten so genannten Leuchttürmen, also zu den 33 angeblich gemeinsam zu finanzierenden Einrichtungen.
Dabei fehlt auch das wichtigste Kriterium. Dabei geht es um die Frage: Muss die speziell betroffene Kultureinrichtung dann über einen Zusammenschluss geregelt, unterhalten und betrieben werden?
Ich will da jetzt keine Herabwürdigung vornehmen.Aber ich habe mir einmal die Liste angeschaut,die es für Frankfurt gibt. Ich kann als Frankfurterin bei diesem Beispiel durchaus auf Frankfurter Einrichtungen zurückgreifen.In dieser Liste findet sich das „Volkstheater Frankfurt Liesel Christ“, das „Fritz Rémond Theater im Zoo“ und „The English Theater“. Herr Ministerpräsident, diese Einrichtungen stellen doch kein Problem dar. Das sind Einrichtungen, die zu einem großen Teil privat finanziert und be
Aus meiner Sicht müssen diese Einrichtungen gar nicht einbezogen werden. Auch für das „Ensemble Modern“ und „The Forsythe Company“ gibt es schon eine Förderung des Landes, die die Region sehr begrüßt.Auch dafür benötigen wir keinen Zwangsverband, mit dem die Finanzierung neu sortiert werden soll.
Sie sollten sich einmal den Bericht der Kulturkommission anschauen,die unter Leitung von Hilmar Hoffmann tagte. Sie selbst haben heute aus diesem zitiert. Ihnen müsste dann doch aufgefallen sein, dass Hilmar Hoffmann und seine Kulturkommission eine wesentlich kürzere Liste überregional bedeutender Einrichtungen genannt haben, als es in dem von Ihnen in Auftrag gegebenen Gutachten der Fall ist.
Herr Ministerpräsident, ich bin der festen Überzeugung, dass Sie mit dem Einbezug einer Vielzahl der Einrichtungen die Aufgabe überfrachten. Diese Überfrachtung der Aufgabe wird aber zu einer Überforderung des Systems und damit zu einer Überforderung der Kommunen führen. Sie sollten sich einmal das Interview anschauen, das Landrat Banzer gegeben hat. Die Stadt Frankfurt erhebt zusammen mit dem Umland gemeinsam die Forderung, wenigstens in Ansätzen so ähnlich wie die Städte behandelt zu werden, die eine spezielle Förderung des Landes für ihre kulturellen Angebote erhalten. Ich spreche dabei von Darmstadt, Wiesbaden und Kassel, aber auch von Marburg und Gießen, die ebenfalls Landesbühnen haben.
Herr Ministerpräsident, eigentlich werden in Frankfurt und in der Region doch folgende Fragen gestellt: Wieso gibt es ein nennenswertes Engagement des Landes z. B. für die Landesbühne in Gießen, aber keines für die Städtischen Bühnen Frankfurts? Wieso bedient man sich für die Finanzierung der Sanierung der Staatstheater des Kommunalen Finanzausgleichs – da werden also alle Städte und Kommunen bis hin zur Stadt Frankfurt und die des Rhein-Main-Gebietes einbezogen; lassen Sie mich aber dabei betonen, dass ich das vom Ansatz her für richtig halte, denn alle Städte und Kommunen Hessens profitieren von den Staatstheatern –, aber warum werden die kulturellen Einrichtungen Frankfurts beim Kommunalen Finanzausgleich nicht ähnlich berücksichtigt? Hier brauchen wir einen gerechten Ausgleich unter Beteiligung des Landes.
Herr Ministerpräsident,ich denke,das ist auch der Grund, warum der in den Gutachten genannte Betrag von 120 Millionen c nicht nachvollziehbar ist, bei dem es um die Umverteilung zwischen der Stadt Frankfurt und dem Umland gehen soll. Gerade im Umland ist das nicht wirklich nachvollziehbar. Er lässt sich auch willkürlich in jede Richtung verschieben.
Ich rege an, dass wir vor dem Hintergrund der Überfrachtung der eigentlichen Aufgabe darüber nachdenken, ob man sich in der aktuellen Diskussion nicht vielmehr auf die Förderung einzelner Einrichtungen konzentrieren sollte. Das könnten etwa die Städtischen Bühnen sein.
Das könnte auch ein Museum mit überregionaler Bedeutung sein, das Landesbezüge aufweist. Ich will jetzt wirklich nur ein Beispiel in die Diskussion werfen, ohne mich dabei festzulegen. Das könnte z. B. das Archäologische Museum Frankfurt sein,das dabei im Verbund mit den anderen archäologischen Präsentationen des Landes stehen müsste.
Das wäre z. B. die Saalburg. Herr Ministerpräsident, danach wäre entsprechend der Logik, die Sie hier vorgetragen haben, nur noch eine Umfinanzierung von 60 Millionen c statt der 120 Millionen c ins Auge zu fassen. Das Umland und das Land müssten dann gemeinsam nur noch knapp 30 Millionen c aufbringen. Ich glaube, wir sollten über ein solches Abrüsten in der Diskussion wahrlich nachdenken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gleichzeitig muss ich aber insbesondere den Sozialdemokraten dieses Hauses zurufen, dass ihr Beitrag zur aktuellen Diskussion völlig unzureichend ist. Herr Kollege Walter, Sie haben hier heute vor dem Mikrofon gestanden und mit Schaum vor dem Mund auf den Zweckverband gestarrt.Sie haben sich darauf beschränkt, in einer pseudojuristischen Diskussion die bestehenden Klagemöglichkeiten aufzuzählen. In Ihrer Pressekonferenz, die Sie am Montag zusammen mit dem Oberbürgermeister der Stadt Offenbach gegeben haben, haben Sie auch angedroht, diese Klagemöglichkeiten zu nutzen. Herr Kollege Walter, wer so handelt, der hilft weder dem kulturellen Angebot im Rhein-Main-Gebiet, noch hilft er, die Gründung des Pflichtverbandes zu verhindern.
Von Ihrer Seite, aber leider auch vonseiten der Kollegin Sorge ist heute hier kein einziger Vorschlag gekommen, wie wir dem Handlungsbedarf in der Region Rhein-Main im Bereich der Kultur gerecht werden sollen.
Da ist mir doch ein Modell wie das der CDU und des Ministerpräsidenten lieber, wo ich in die Detaildiskussion gehen und sagen kann:„Da und da haben wir bessere Vorschläge“,als nur zu sagen:„Ich bin dagegen“,aber ansonsten kein eigenes Angebot habe, Herr Walter.
Die FDP setzt dagegen auf eine zügige und wirksame Stärkung des Kulturangebots der Region Frankfurt/ Rhein-Main, um vorhandene Stärken weiter zu nutzen, aber auch vorhandene Schwächen – auch das zeigen die Gutachten – bald zu überwinden. Ein freiwilliger Zusammenschluss ist hierzu sehr viel besser und effektiver als ein Zweckverband. Bei den von Ihnen, Herr Ministerpräsident, angeführten erfolgreichen Projekten – Sie haben auf die Wirtschaftsförderung verwiesen,Sie haben auf die Regionalparks verwiesen – wurde nirgends der Zweckverband gewählt, aber auch hier engagiert sich das Land mit erheblichen Anteilen,
Wir als FDP wollen, dass das Land bei der Förderung und dem Ausbau der Kooperation in der Kulturregion RheinMain eine aktive Rolle übernehmen soll. Die Kulturre
gion Frankfurt/Rhein-Main gGmbH bietet hier eine gute gemeinsame Basis für eine effektive Vernetzung und Zusammenarbeit und zudem den Vorteil, Herr Ministerpräsident, dass sie über den vom Ballungsraumgesetz definierten Rahmen hinausgeht, wenn sie beispielsweise schon jetzt die Region von Mainz bis Aschaffenburg mit einbezieht, was kulturpolitisch absolut notwendig ist.
Ich sage einmal etwas geflachst dazu: Herr Ministerpräsident, ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum Sie in einer Situation, in der die eigentlich handelnden Matadore in der Region fast alle von der CDU gestellt werden, die Bande nicht einfach einmal zusammenrufen und sagen: Jetzt wird hier einmal Tacheles geredet,und wir setzen uns einmal ein paar Stunden zusammen. – Es mag ja sein, dass Sie nach dem Ballungsraumgesetz diese Aufgabe der Oberbürgermeisterin von Frankfurt zugedacht hatten, aber wenn die Dame nicht zu Potte kommt, würde ich doch selber einmal in den Ring steigen. Das müsste doch möglich sein.
Für uns als FDP gehört als selbstverständliche Tatsache dazu, dass Mitfinanzierung auch Mitbestimmung bedeutet, damit jedem der Beteiligten auch ein kultureller Mehrwert vermittelt werden kann. Ich persönlich halte hierbei eine direkte Beteiligung, z. B. als Gesellschafter, an den Städtischen Bühnen für wesentlich besser und vor allem auch einflussreicher als die der Beteiligung an einem Zweckverband.
Wir als FDP sind auch für eine Vernetzung der kulturellen Angebote und schlagen Ihnen ganz konkret vor, dass die Regionalkonferenz zusammen mit der Kulturinitiative Rhein-Main innerhalb eines halben bis ganzen Jahres ein Konzept für die Zusammenarbeit von staatlichen, kommunalen und privaten Kultureinrichtungen im RheinMain-Gebiet erarbeitet und diese über die Kulturregion Frankfurt/Rhein-Main gGmbH umsetzen soll. Außerdem schlagen wir Ihnen vor, Herr Ministerpräsident, die Gründung einer Kulturstiftung zur Akquisition zusätzlicher privater Mittel zu initiieren. Dies wäre unseres Erachtens ein Punkt für das Engagement des Ministerpräsidenten, hier die entsprechenden solventen, aber auch tatkräftigen Leute zusammenzubringen.
Schließlich wollen wir,um auch in der Diskussion über die verschiedenen Finanzströme etwas abzurüsten, eine Überprüfung, ob die Anteile, die die Stadt Frankfurt zur Kulturförderung erhält, und zwar direkt vom Land oder über den Kommunalen Finanzausgleich, der bedeutenden überregionalen Kulturaufgabe gerecht werden.Eine Initiative meiner Fraktion zu diesem Teil ist schon in Vorbereitung. Es ist selbstverständlich, dass wir bei dieser Betrachtungsweise auch einbeziehen müssen, dass die Stadt Frankfurt im Rahmen des Kulturvertrags 1999 in wesentlichen Bereichen erheblich entlastet wurde.Aber es ist genauso richtig, einzubeziehen, dass die Stadt Frankfurt mit etwa 10 % ihres Haushalts – Sie hatten darauf hingewiesen: 267 Millionen c – weit mehr für Kultur und kulturelles Engagement tut als das Land mit 220 Millionen c im gesamten Landesetat und von daher dieses Engagement einen immens wichtigen Beitrag zur Kultur im RheinMain-Gebiet,aber auch über das Rhein-Main-Gebiet hinaus darstellt.
Wir als FDP-Fraktion denken, dass das Ballungsraumgesetz schon den nötigen Anstoß zur Zusammenarbeit im Bereich der Kultur im Rhein-Main-Gebiet gegeben hat, Herr Ministerpräsident, und dass sich die Landesregierung nun kreativ und konstruktiv anstatt mit Drohgebärden an diesen viel versprechenden Initiativen der Region beteiligen sollte. Die FDP ist bereit, die kulturelle Zusammenarbeit in der Region tatkräftig zu unterstützen, z. B.in der Person von Ruth Wagner,die sich schon einmal als Kulturbotschafterin für dieses Land verdient gemacht hat. – Herzlichen Dank.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Aus nordhessischer Sicht sozusagen! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem nötigen Abstand!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir ist es wichtig, darzustellen, dass durch die Debatte heute und die Diskussionen,die es gibt, die Bedeutung der Kultur anders herausgestellt worden ist. Ich habe auch den Eindruck, Herr Kollege Walter,Abgeordnete, die sich sonst eher selten mit Kultur beschäftigen, tun das auch einmal, und es ist wirklich nicht schädlich für unser Land, dass auch diejenigen, die wenig damit zu tun haben, einmal zur Kenntnis nehmen, welche Bedeutung die Kultur für unser Land hat.
Der hört nicht so zu. Der muss erst einmal ein bisschen mit dem Geburtstagskind reden. Das ist zunächst einmal wichtiger.
Ich will darauf hinweisen, dass die Kultur ein Standortfaktor ist. Frau Kollegin Beer hat eben darauf hingewiesen. Mir ist es auch wichtig, darzustellen, dass unter Ruth Wagner der erste Kulturwirtschaftsbericht des Landes Hessen erstellt worden ist, der zum ersten Mal belegt hat, dass Kultur nicht nur ein weicher Faktor ist, sondern auch ein harter Faktor und dass mit Kultur auch Wirtschaftspolitik gemacht wird. Genau aus diesem Grund reden wir natürlich auch heute darüber, nachdem die zwei Gutachten vorliegen, wie man die Kultur im Rhein-Main-Gebiet so positionieren kann, dass sie im internationalen Wettbewerb einfach anders sichtbar ist. Es ist vollkommen klar: Wir werden in Frankfurt nicht so wie die Mailänder Scala oder andere betrachtet, nicht so wie Paris, London oder – das hat der Ministerpräsident gesagt – die Region um New York, aber wir haben das Potenzial dazu, und die beiden Gutachten belegen, dass es darauf ankommt, das kulturelle Gesamtbild der Region Rhein-Main sichtbar zu machen. Darauf kommt es an.
An dieser Stelle muss man auch darauf hinweisen – meine Vorredner haben das weitgehend außer Acht gelassen –, dass es zwischen dem Rhein-Main-Gebiet, dem Umland und der Kernstadt Frankfurt massive Probleme gibt, was die Umverteilung angeht.Rund zwei Drittel der Besucher der Frankfurter Kulturangebote sind nicht Einwohner der Stadt, obwohl die öffentliche Finanzierung der Angebote weitestgehend von der Stadt sichergestellt wird. Die auswärtigen Nutznießer profitieren in hohem Maß von den
kulturellen Leistungen der Stadt. Herr Prof. Pfäffli hat dazu Folgendes gesagt:Es herrscht also ein deutliches Ungleichgewicht bei der Verteilung des finanziellen Aufwands. Dies birgt die Gefahr in sich, dass das Kulturangebot im Ballungsraum zurückfällt, weil die Bereitschaft der Frankfurter, umfangreiche Leistungen für nicht Ortsansässige ohne finanzielle Gegenleistung anzubieten, nachlassen könnte. – Das ist das Hauptproblem, das wir haben: auf der einen Seite die Positionierung der Kulturregion Rhein-Main und auf der anderen Seite das Problem, dass die Frankfurter Bürger – das muss man auch sehen – aus Steuermitteln einen Hauptteil derer, die im Umland wohnen, finanzieren.