Von daher ist es eben so, dass die Veröffentlichung von Einkommensklassen aus dem nebenberuflichen Bereich, also gerade nicht dem Abgeordnetenbereich, einen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt.Wenn Sie sich einmal die juristische Fachliteratur dazu ansehen,stellen Sie fest,das gilt auch für die von Ihnen vorgesehene gestufte Veröffentlichung. Das erkennen Sie, wenn Sie es an den Grundsätzen messen, die das Bundesverfassungsgericht für dieses Grundrecht festgehalten hat, dass nämlich Eingriffe nur aus überwiegendem Allgemeininteresse erlaubt sein können, dass der Verwendungszweck bereichsspezifisch geregelt sein muss und dass vor allem ein Schutz gegen Zweckentfremdung gewährleistet sein muss. Gerade am letzteren Punkt, nämlich dem Schutz gegen Zweckentfremdung, aber auch schon bei der Frage des bereichsspezifischen Verwendungszwecks kommen Sie über die Hürde der Verfassungswidrigkeit nicht hinweg, Herr Kollege.
Ein aus meiner Sicht noch wesentlicherer Eingriff in Grundrechte erfolgt bei Art. 12, nämlich der Berufsfreiheit. Die Nebentätigkeiten von Abgeordneten fallen unter dieses Berufsfreiheitsrecht, denn ein Abgeordneter ist eben kein Funktionär, er ist kein Beamter des Landes, sondern wird gerade separat von diesen in unserem demokratischen System gedacht. Der Abgeordnete reprä
sentiert das Volk. Ein Beruf, wenn auch nur subsidiär neben dem Mandat ausübbar, ist eine Rückkopplung zu diesem Volk, Herr Kaufmann. Dafür steht er auch unter dem Schutz unseres Art. 12 Grundgesetz.
Gerade Selbstständige und Freiberufler würden in ihren beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten entscheidend getroffen, Herr Kollege Kaufmann, wenn sie Umsatz- oder Gewinnzahlen veröffentlichen müssten. Das erklärt sich nur so, dass Sie selber nie als Freiberufler oder Gewerbetreibender tätig waren,
Die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens oder auch einer Sozietät betrifft extrem sensible Daten, deren Vertraulichkeit für den wirtschaftlichen Erfolg, für das berufliche Fortkommen erhebliche Bedeutung hat. Das können Sie sich vorstellen, wenn Sie sich allein einmal überlegen, was die Veröffentlichung derart sensibler Daten im Hinblick auf die im wirtschaftlichen Bereich existierenden Konkurrenten oder auch Geldgeber für einen Unternehmer, für einen Freiberufler bedeutet, Herr Kollege Kaufmann. Hier haben Sie wiederum die Unkontrollierbarkeit des Verwendungszweckes. Denn das war eigentlich nicht der bereichsspezifische Zweck, für den Sie die Daten veröffentlicht haben wollten.
Von daher kann man hier mit den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts darlegen, dass eine objektiv berufsregelnde Tendenz einer solchen Veröffentlichung besteht, sodass damit diese Geschichte auch wiederum verfassungsrechtlich scheitern muss.
Des Weiteren muss darauf hingewiesen werden,Herr Kollege Kaufmann, dass diese Veröffentlichung, wie sie von Ihnen geplant ist, den Abgeordneten auch in seinem Grundrecht aus Art. 38 trifft. Denn die Veröffentlichung trifft die verschiedenen Berufsgruppen in diesem Parlament höchst unterschiedlich. Für ehemalige Beamte, z. B. ihren Beruf jetzt nicht ausübende Richter, Lehrer oder andere, hat die Veröffentlichung überhaupt keine Probleme. Denn ihr Verhältnis zum Land Hessen ruht in dem Moment, in dem sie das Mandat annehmen. Sie können diesen Beruf nicht weiter ausüben.Von daher trifft sie die Veröffentlichung nicht.
Für Freiberufler und Gewerbetreibende sind die Folgen wesentlich stärker. Dort erschweren sie das berufliche Tätigwerden oder werden es vielleicht sogar unmöglich machen. Das heißt, Sie schwächen den einzelnen Abgeordneten auch in seiner beruflichen Unabhängigkeit.
Letztendlich – Herr Kollege Kaufmann, das müsste meines Erachtens selbst Ihnen einleuchten – greifen Sie mit solch einer Veröffentlichungspflicht auch in geschützte Grundrechtspositionen Dritter ein. Das betrifft z. B. Mitgesellschafter einer Personengesellschaft, Sozietätspartner eines Anwalts oder eines Steuerberaters, aber auch Arbeitgeber von abhängig Beschäftigten, die dann gezwungen werden, z. B. außertarifliche Regelungen offen zu legen, was wiederum den Betriebsfrieden gefährden könnte.
Rechtfertigungsgründe für den Eingriff in die Grundrechtsposition dieser geschützten Dritten bestehen nicht. Von daher kommt in der Anhörung des Deutschen Bundestages z. B. Professor Waldhoff von der Universität
Bonn dazu, dass auch für eine gestufte Regelung unüberwindbare verfassungsrechtliche Hindernisse bestehen.
Unserer Meinung nach wäre es jedoch denkbar,Herr Kollege Kaufmann, dass man, um die von Ihnen gewünschte Transparenz mit den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts in Einklang zu bringen, über eine Veröffentlichung gegenüber dem Landtagspräsidenten diskutieren könnte.
Für unausgegoren hält die FDP-Fraktion jedoch Ihren Vorschlag, Herr Kaufmann – Sie haben schon quasi als vorweggenommene Verteidigung darauf hingewiesen –, im Hinblick auf die Ausgestaltung, Stichwort: Bruttoeinkünfte. Finanzwissenschaftlich ist die Definition dieser so genannten Bruttoeinkünfte, die Sie hier wählen, nämlich ausgesprochen weit gefasst. Da hätte Ihnen, weil Sie so etwas lächelnd darüber hinweggezogen sind, der Blick in eines der Standardwerke der Finanzwissenschaften weitergeholfen. Denn ich glaube nicht, dass Sie genau all diese Kategorien mit erfassen wollten.
(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Tun wir auch nicht, Frau Kollegin! Das wissen Sie auch! Sie sprechen völlig am Thema vorbei!)
Herr Kollege Kaufmann, hören Sie mir doch einfach zu. Ich habe Ihren Ausführungen,obwohl ich sie inhaltlich für völlig falsch halte, auch zugehört.
Sie werden im Hinblick auf die zu nennenden Tätigkeiten, nämlich abhängige Beschäftigung, Gewerbetreiben und freiberufliche Tätigkeiten, auch mit angeben müssen: Bruttonominalentgelte, Bruttonaturalentgelte, zugerechnete Einkünfte, Lohnersatzzahlungen, Wertzuwächse, Erbschaften und Geschenke, Glückspielgewinne, Herr Kollege Kaufmann.Das bedeutet z.B.,um bei der eigenen Fraktion zu bleiben und nicht auf andere Kolleginnen und Kollegen zurückzugreifen, dass, wenn Sie einen Landwirt wie den Kollegen Heidel haben, der einen Nebenerwerbsbetrieb hat, dieser, wenn er nicht zu veröffentlichende Einkünfte hat, mit einem Zentner oder zwei Zentnern selbst geernteter Kartoffeln plötzlich über die entsprechende Meldepflicht rutschen könnte.
Halleluja! Machen Sie sich doch nicht so lächerlich! Zum Thema „Wertzuwächse“: Das bedeutet, wenn Sie jemanden wie die Kollegin Wagner nehmen, die nebenbei künstlerisch tätig ist, zum Teil Bilder auch veräußert, aber auch Bilder noch in Eigenbesitz hat, dass, wenn Kollegin Wagner ihre Bilder in ihrer Wohnung hängen hat und diese im Wert steigen, sie diesen Wertzuwachs angeben müsste. (Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein! Das wissen Sie auch! Das steht überhaupt nicht drin!)
Herr Kollege Kaufmann, das können wir sicherlich noch in der Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf diskutieren. Aber auch die Ausübung eines künstlerischen Berufes ist eine freiberufliche Tätigkeit, die anzugeben wäre.
Sie können auch das Beispiel nehmen, dass ich mit einer Kanzlei in einem eigenen Haus sitze und dann die Wertzuwächse dieser Immobilie anmelden müsste. Ich weise Sie auch darauf hin, Herr Kollege Kaufmann, dass Sie im Hinblick auf den Bruttoumsatz keinerlei Absetzungsbeträge, sei es für Personal, sei es für Raumkosten, Strom, anderes, nicht einmal die entsprechenden Mehrwertsteuerverrechnungen mit hineingenommen haben.
Von daher ist schon der Aussagewert der von Ihnen hier in die Diskussion gebrachten Bruttoeinkünfte überhaupt nicht tragbar.
Es bleibt das Fazit, Herr Kaufmann, egal, wie sehr Sie sich aufregen, dass Sie sich im Vorfeld nicht intensiver mit den Details der von Ihnen vorgeschlagenen Regelungen beschäftigt haben. Es bleibt im Ergebnis, dass Ihr Vorschlag unausgegoren ist.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei der Initiative von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geht es im Kern um eine Neuregelung der Nebentätigkeiten im Abgeordnetengesetz oder, noch genauer gesagt, um eine Veröffentlichung der Höhe der Nebentätigkeitszeiten in Größenklassen. Das ist im Kern das, was hier vorgelegt worden ist.
Erinnern wir uns in diesem Zusammenhang: Durch die Affären Laurenz Meyer, Hermann-Josef Arentz und der zwei Landtagsabgeordneten aus Niedersachsen wurde das Thema „Nebentätigkeiten“ über Wochen zu einem beherrschenden Thema in der Öffentlichkeit. Es gab viele Diskussionen dazu in der Öffentlichkeit, und es ist notwendig und richtig, dass Politik auf diese Diskussionen reagiert.
Der Bundestag hat mit seiner rot-grünen Mehrheit – ich betone und bedauere das eigentlich: nur mit seiner rotgrünen Mehrheit – bei Enthaltung der CDU/CSU und Gegenstimmen der FDP nach mehrmonatigen intensiven Beratungen unter Einbeziehung von verfassungsrechtlichen Gutachten eine Regelung getroffen, die im Kern unsere volle Zustimmung auch hier in Hessen findet, um das vorweg klar zu sagen.
In dem Zusammenhang muss man sehr klar sagen, dass die CDU/CSU in dieser Frage zu keiner Regelung gekommen ist – ich bedauere das sehr –, obwohl es Ansätze dazu gab. Nur bei der FDP ist die Position vollkommen klar, und das hat eigentlich auch die Rede der Kollegin Beer hier deutlich gemacht: viele, viele vorgeschobene Scheinargumente, meine Damen und Herren.
Um was geht es bei dieser Regelung für den Deutschen Bundestag? Ich will die Bestimmungen noch einmal zusammenfassen. Nebentätigkeiten sind grundsätzlich erlaubt. Die Wahrnehmung des Mandats steht aber im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Abgeordneten. Darauf darf in diesem Zusammenhang einmal hingewiesen werden.
Abgeordnete dürfen keine Zuwendung ohne entsprechende Gegenleistung annehmen. Der Unterschied zwischen einer mandatsbegleitenden Berufstätigkeit und einer Nebentätigkeit wird aufgehoben. Es gibt eine Anzeigepflicht über die Höhe der Nebeneinkünfte gegenüber dem Präsidenten.Angaben zur Höhe der Nebeneinkünfte werden in pauschalierter Form – wie der Kollege Kaufmann schon gesagt hat –, in drei Stufen, veröffentlicht. Es gibt ein Sanktionssystem für Verstöße gegen diese Bestimmungen. Das sind die Kernpunkte der Regelung für den Deutschen Bundestag.Wir halten sie für sehr richtig.
Wir sind bereit, die Regelungen, die im Bund getroffen worden sind, auf das Hessische Abgeordnetengesetz zu übertragen.
Herr Kollege, dazu komme ich gleich. – Die hessischen Regelungen und die Regelungen für den Bundestag haben unterschiedliche Ausgangspositionen. Das ist unbestritten. Deshalb sagen wir ganz offensiv: Hessen hat schon seit mehreren Jahren – wohl als einziges Bundesland und auch im Gegensatz zum Bund – die klare Regelung, dass Abgeordnete keine Zuwendung ohne Gegenleistung annehmen dürfen. Dies war eine richtige Entscheidung im Hessischen Abgeordnetengesetz.
Dazu stehen wir. Das haben wir gemeinsam in das Gesetz hineingeschrieben. Woran es an der Stelle vielleicht ein bisschen fehlt, Herr Kollege Gotthardt: Wie sieht es mit der Kontrolle dieser Regelung aus, und wie sieht es gege
benenfalls mit Sanktionsmöglichkeiten aus? Beides sind offene Fragen, die in Hessen noch nicht geregelt sind.