Wie gesagt, ich glaube, wir können im Ausschuss zu einer sehr guten Beratung kommen. Ich würde mir, wie auch der Kollege Posch, wünschen, dass wir eine solche Initiative fraktionsübergreifend beschließen. Ich stimme Ihnen auch zu, Herr Kollege Posch, dass wir in unserem Antrag zwei Gegenstände behandeln. Der eine Gegenstand ist die Verkehrssicherheit. Da wollen wir Verbesserungen erreichen.Der zweite Gegenstand in unserem Antrag ist das generelle Mobilitätsbedürfnis von Jugendlichen.
Der erste Punkt, die Sicherheit, hat für uns natürlich Priorität. Das ist auch etwas, was man mit einem relativ geringen finanziellen Aufwand verbessern könnte, aber der zweite Punkt, das Mobilitätsbedürfnis von Jugendlichen, ist natürlich auch wichtig,weil der Wunsch nach Mobilität, sich frei fortbewegen zu können, bei jungen Menschen ja nicht erst mit 17 oder 18 Jahren oder mit dem Erwerb des Führerscheins beginnt, sondern sie haben dieses Bedürfnis schon weit vorher.
Deshalb würde ich mir wünschen, dass wir nicht nur einen konstruktiven Dialog über das begleitete Fahren im Ausschuss führen, sondern dass wir auch eine ebenso sachliche Diskussion darüber führen, ob wir es in unserem Bundesland Hessen hinbekommen – wie das bereits in anderen Verkehrsverbünden der Bundesrepublik der Fall ist –, ein Schülerticket für alle Schülerinnen und Schüler zu schaffen, damit alle Schülerinnen und Schüler das ganze Jahr zu einem fairen Preis alle öffentlichen Verkehrsmittel nutzen können.
Natürlich sind da Fragen zu klären. Herr Staatsminister Rhiel, die Finanzierung des ÖPNV ist so kompliziert, wie sie ist. Dazu haben viele beigetragen. Auch deshalb würden wir Sie noch gar nicht einmal bitten, dass wir uns festlegen, sondern dafür zu sorgen, dass wir eine Entscheidungsgrundlage im Ausschuss haben, was ein solches Schülerticket für alle Schülerinnen und Schüler kosten würde. Das wollen wir dann beraten und politisch entscheiden können,ob wir diese Priorität setzen wollen oder nicht. Für meine Fraktion kann ich sagen: Uns wäre das etwas wert. Sie haben es in den letzten Haushaltsanträgen unserer Fraktion gesehen. Das müssten wir dann debattieren, aber dass wir eine Beratungsgrundlage im Ausschuss hätten, das wäre schon, glaube ich, einmal ein guter Fortschritt bei diesem Thema.
Ich kann zusammenfassen, weil man es auch bei einem solchen Thema nicht länger machen muss als notwendig: Wir haben Einigkeit in der Sache begleitetes Fahren. Ich würde mir wünschen, dass es uns gelingt, die anderen drei Fraktionen in diesem Haus auch davon zu überzeugen, dass für ein preiswertes Schülerticket ein Schritt gegangen werden sollte. Ich glaube, das wäre zusammen ein Paket für eine sichere Mobilität junger Menschen, für eine preiswerte Mobilität junger Menschen und auch für eine umweltverträgliche Mobilität. Wenn wir da ein Stück weiterkämen, würde ich mich freuen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Posch, Sie haben ein sehr ernstes Thema aufgegriffen, und ich teile Ihre Auffassung, dass dieses Thema mit der gebotenen Sorgfalt und auch mit Sachlichkeit behandelt werden muss.
Die SPD-Fraktion hat sich sehr ausführlich mit dem FDPAntrag befasst und das Für und Wider sehr lange abgewogen und diskutiert. Eine Mehrheit in der Fraktion – nicht alle Mitglieder teilen diese Auffassung – hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt große Zweifel, ob das geforderte Modellprojekt ein geeigneter Weg ist, um die Verkehrssicherheit von Fahranfängern wirksam zu erhöhen. Vielmehr befürchtet man, dass das Absenken des Fahralters auf 17 Jahre auch angesichts einer Fahrbegleitung mit dem hohen Risiko einer weiteren Steigerung der Unfallzahlen verbunden sein kann.
Meine Damen und Herren,niemand kann das zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf der Grundlage der Ergebnisse voll und ganz ausschließen. Im Jahr 2001 sind auf Deutschlands Straßen rund 7.000 Menschen ums Leben gekommen. Davon waren 1.600 junge Menschen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren. Die Altersgruppe der Fahranfänger – Sie, Herr Posch, haben es hier dargestellt –, der 18- bis 20-Jährigen, ist am stärksten gefährdet. Dies besagen alle vorgelegten Untersuchungen. Ihr Unfallrisiko ist etwa fünfmal so hoch wie das Risiko im Durchschnitt aller Altersgruppen. Damit steht fest: Fahranfänger haben gleich zu Beginn ihrer Teilnahme am Straßenverkehr das allerhöchste Unfallrisiko.
Nach Einschätzung zahlreicher Verkehrsexperten, übrigens auch des ADAC, wird durch die Aufnahme einer neuen, zusätzlichen Risikogruppe, einer Altersgruppe, die ja noch jünger ist als die bisherige Fahranfängergruppe, die Unfallrate möglicherweise anwachsen. Daher sehen wir in dem FDP-Vorschlag keinen Königsweg, der das Problem hinreichend lösen kann, sondern vielmehr die Gefahr einer Verschiebung des Problems auf noch jüngere Fahranfänger.
Keiner kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit Sicherheit sagen, welche Wirkungen eine solche Maßnahme im deutschen Autoverkehr längerfristig entfalten wird. Dazu reichen zumindest uns die niedersächsischen Erfahrungswerte noch nicht aus.Sie haben es hier dargestellt:Niedersachsen hat vor einem Jahr einen Teilversuch eingeführt, mittlerweile auf das gesamte Bundesland ausgedehnt.Danach können Jugendliche auf der Grundlage einer Ausnahmegenehmigung im Alter von 16 Jahren ganz normal die Ausbildung machen und die Führerscheinprüfung ablegen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus unserer Sicht ist bei diesem niedersächsischen Modell zu überdenken, dass die zu benennende Begleitperson – ein Erziehungsberechtigter – keine Einweisung in dieses Projekt erhält, der Fahranfänger sehr wohl. Das muss aus unserer Sicht an dieser Stelle nachgebessert werden.
Eine erste Trendauswertung aus Niedersachsen nach drei Monaten zeigt keine negativen Ergebnisse, sie zeigt aber auch keine endgültig überzeugenden Ergebnisse. Man muss aber einräumen, dass nur die Berichte von etwa 500 Personen von bislang 2.500 Teilnehmern ausgewertet
sind, die das Modell abgeschlossen haben. Zudem hat sich bisher erst etwa ein Drittel eines Jahrgangs am Projekt beteiligt.
Die jetzt vorgelegte Trendauswertung ist deshalb, wie ich bereits sagte, keine hinreichende und ausreichende Datenbasis, um gesicherte Erkenntnisse zu erlangen. Ich glaube, man braucht mindestens ein Jahr oder eine wesentlich längere Zeitspanne, um das ausreichend beurteilen zu können.
Die Begleitperson ist bis auf wenige Ausnahmen in der Regel weder ein geschulter Fahrlehrer noch eine pädagogisch geschulte Person. Ob sie daher auch in der Lage ist, stets die geforderte ideale Hilfestellung in gewünschter Weise und Qualität geben zu können,z.B.Tipps beim vorausschauenden Fahren, oder ob sie wirklich einen mäßigenden Einfluss auf den Fahrer in Belastungs- und Konfliktsituationen ausüben kann,wie das Modell es wünscht, ist vollkommen offen. Niemand kann ausschließen, dass besonders ungeschickte Erziehungsberechtigte durch Eingriffe ins Lenkrad oder durch verbale Verunglimpfungen zu zusätzlichen Problemen und Verunsicherungen des Fahranfängers führen.
Es ist auch zu bedenken,dass diese jungen Menschen vielfach noch in der Pubertät stecken und daher das Verhältnis zwischen Eltern und Fahranfängern nicht unbedingt immer konfliktfrei ist. Diese Fragen werden erst nach einer längeren Testphase beantwortet werden können. Klar ist für uns aber auch, dass die vorgelegten Unfallbilanzen uns nicht ruhen lassen können. Jeder junge Mensch, der bei einem Verkehrsunfall sein Leben verliert, ist ein Opfer zu viel. Jedes junge Unfallopfer, um das eine Familie trauert, ist ein Trauerfall zu viel.
Es muss alles darangesetzt werden, gegenzusteuern. Ich halte dies im Übrigen für eine wichtige, für eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen uns verstärkt diesem Thema widmen und Wege und Lösungsansätze suchen, um diese Situation zu entschärfen.
Ich begrüße es deshalb sehr, dass diese Fragen in den letzten sechs Jahren auf Bundesebene angepackt wurden und doch einiges zum Besseren bewegt werden konnte. Da ist zum einen die Verbesserung des Systems der Fahrerlaubnis auf Probe, eingeführt zum 1. Januar 1999. Da ist die Verschärfung der 0,5-Promille-Regelung, im Jahre 2001 eingeführt. Außerdem ist da die Regelung über die freiwillige zweite Ausbildungsphase – Sie haben das angesprochen –, die im Mai 2003 geschaffen werden konnte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Zusammenhang müssen wir durchaus auch die Diskussion führen, ob es gerechtfertigt ist, für Fahranfänger eine 0-Promille-Grenze einzuführen, da bei einem Großteil der Unfälle neben überhöhter Geschwindigkeit vor allem auch Alkohol im Spiel ist. Nach den Schätzungen der Bundesanstalt für Straßenwesen ist im Jahr 2004 bei den jungen Verkehrsteilnehmern im Alter von 18 bis 24 Jahren mit einem deutlichen Rückgang der Todesopferzahl von 1.392 im Jahre 2003 auf ungefähr 1.230 im Jahre 2004 zu rechnen. Das ist eine erfreuliche Bilanz, und sie zeigt, dass diese Verkehrssicherheitsmaßnahmen zu wirken beginnen. Daran müssen wir weiterarbeiten.
Da nicht nur der Alkoholgenuss und überhöhte Geschwindigkeit eine herausgehobene Rolle bei den Unfällen der Fahranfänger spielen, sondern auch die fehlende Fahrpraxis oftmals zu falschem Fahrverhalten in brenzligen Situation führt, halte ich ein verpflichtendes Sicherheitstraining für eine geeignete und wirksame Maß
nahme, denn sie erhöht die Sicherheit im Umgang mit Risikosituationen und kann die Fahrpraxis verbessern.
Mit großem Erfolg bieten im Übrigen inzwischen einige Kommunen in Hessen im Rahmen ihrer kommunalen Jugendpflege solche Sicherheitstrainings in Zusammenarbeit mit der Verkehrssicherheitswacht oder dem ADAC an.
Die Idee, den Führerschein mit 17 zu erwerben und anschließend ein Jahr in Begleitung zu fahren, ist nicht neu. Sie haben hier dargestellt: Österreich hat dieses Modell eingeführt. Es gibt aber auch eine ganze Reihe von europäischen Ländern, wie die Niederlande, Griechenland, Kroatien, Italien, Dänemark und Finnland, die dieses Modell bzw. diese Maßnahme nicht einführen wollen. Auch auf Bundesebene war man da sehr zurückhaltend. Das will ich an dieser Stelle einräumen.
Mittlerweile hat sich dies geändert.Der Bundestag hat auf der Grundlage einer Gesetzesinitiative der Fraktionen von SPD und GRÜNEN den Weg für Modellprojekte in den einzelnen Bundesländern frei gemacht. Am vergangenen Freitag hat der Bundesrat ebenfalls diesem Gesetzentwurf zugestimmt, sodass die Bundesländer, die ein solches Modellprojekt umsetzen möchten, dies jetzt tun können. Sie haben es hier dargestellt: Mittlerweile hat nicht nur Niedersachsen einen solchen Modellversuch eingeführt. Bremen und Hamburg werden es tun, ebenso Schleswig-Holstein und das Saarland.
Unsere Position ist: Wir möchten uns diese Projekte sehr gerne nach einer längeren Testphase ansehen. Die Ergebnisse müssen evaluiert werden. Sie müssen wissenschaftlich ausgewertet werden. Auf dieser Grundlage möchten wir als SPD-Fraktion dieses Thema dann neu auf die Tagesordnung setzen.
Im Falle des Erfolges, wenn sich eine solche Maßnahme bewährt, werden wir auf dieser Grundlage eine neue Position dazu bestimmen.Wir werden daher dem FDP-Antrag nicht zustimmen können.
Ein kurzes Wort noch zu dem Antrag der GRÜNEN. Ich glaube sehr, dass man diese beiden Themen nicht miteinander verbinden kann, Herr Wagner. Ich kann das Schülerticket nicht mit dem Führerschein für 17-Jährige verbinden.
Gerade im ländlichen Raum – das ist von Herrn Kollegen Posch deutlich gemacht worden – gibt es oft keine Alternative, um die Mobilität junger Menschen zu sichern, als den Führerschein zu erwerben.
In diesem Sinne halten wir es für ein bisschen wirklichkeitsfremd, diese Sachen miteinander zu verquicken. Im Übrigen können wir uns sehr gerne im Ausschuss mit diesen Fragen vertieft befassen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Abg. Judith Lannert begibt sich auf Krücken zum Rednerpult und nimmt dort auf einem Stehhocker Platz.)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon gut, dass dieses Thema so lange nicht hat behandelt werden können; sonst hätten vielleicht die Kolleginnen und Kollegen der FDP heute Morgen keinen Setzpunkt gehabt.
Aber wir sind uns einig,dass in Sachen Verkehrssicherheit ein erheblicher Handlungsbedarf besteht. Das ist keine Frage, und das ist heute noch einmal deutlich geworden.
Da gerade der CDU-Fraktion die Verkehrssicherheit so wichtig ist, sind Modellprojekte, wenn sie ein bisschen aktionistisch sind, sicherlich nicht dazu geeignet, das bewährte System zu verlassen. Wir reden heute nicht nur über den FDP-Antrag in Hessen und über den Antrag der GRÜNEN, bei dem ich Probleme habe, weil die Thematik nicht ganz passt, sondern wir reden heute auch über einen Gesetzentwurf von Rot-Grün in Berlin, dem der Bundesrat in seiner Sitzung am 8. Juli dieses Jahres zugestimmt hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt, der Bundesrat hat mit seiner positiven Entscheidung die Bundesregierung erst einmal ermächtigt, bundeseinheitliche Ermächtigungen zu formulieren, die für die Ausbildung und das anschließende Fahren ab 17 gelten. Alles, was in einigen Ländern an Modellen durchgeführt wurde, ist in meinen Augen bis dahin nicht ganz rechtmäßig gewesen.