Meine sehr verehrten Damen und Herren, das heißt, der Bundesrat hat mit seiner positiven Entscheidung die Bundesregierung erst einmal ermächtigt, bundeseinheitliche Ermächtigungen zu formulieren, die für die Ausbildung und das anschließende Fahren ab 17 gelten. Alles, was in einigen Ländern an Modellen durchgeführt wurde, ist in meinen Augen bis dahin nicht ganz rechtmäßig gewesen.
Das Bundesverkehrsministerium kann also demnächst die Fahrerlaubnisverordnung und die Fahrschülerausbildungsordnung ändern. Danach ist es Sache jedes einzelnen Bundeslandes, zu entscheiden, ob es diese Angebot für Fahranfänger einführen will oder nicht. Das bedeutet, dass die Verantwortung alleine bei den Ländern liegt.
Unfallverhütungsberichte und -statistiken weisen über Jahre hinweg aus, dass jeder fünfte Unfallbeteiligte zwischen 18 und 24 Jahre alt ist – die Zahlen haben wir schon gehört – und dass höhere Unfallzahlen nicht nur bei Fahranfängern, sondern bei allen jungen Erwachsenen zu verzeichnen sind. Das möchte ich hier besonders betonen.
Die einschlägigen Statistiken zeigen nicht nur die Risiken der 18- bis 20-jährigen, sondern auch die der 18- bis 24jährigen Fahrer. Es ist festzustellen, dass das Unfallrisiko nach zwei Jahren nur unwesentlich absinkt. Die Fokussierung der speziellen Sicherheitsbemühungen auf die ersten beiden Jahre nach der Erteilung der Fahrerlaubnis wird von der Datenlage also nicht getragen. 24-Jährige haben z. B. auch schon viel Fahrpraxis, aber sie verunglücken dennoch überdurchschnittlich oft. Besonders häufig passieren Unfälle am Wochenende, d. h. freitags und samstags.
Aufgrund dieser Erfahrungen plant Belgien ein Fahrverbot an Wochenenden für junge Verkehrsteilnehmer. Der Deutsche Verkehrsgerichtstag und viele Sicherheitsorganisationen fordern zudem seit langem ein generelles 0-Promille-Gebot für junge Fahranfänger.Selbst wenn ein solches Verfahren in Deutschland zu weniger Unfällen bei jungen Fahrern führen würde,was wichtig ist,so muss man aber auch einmal an die andere Verkehrsteilnehmer denken, z. B. an die Fußgänger oder die Radfahrer, die durch den zustande kommenden Mehrverkehr sehr deutlich benachteiligt würden. Das kann zu mehr Unfällen mit ihnen als Opfer führen.
Es ist aber auch noch ein anderer Aspekt anzusprechen, der Aspekt der Umwelt. So werden durch mehr Fahrer nicht nur mehr Fahrzeuge bewegt, sondern die zusätzlichen Fahrten werden oft auch zwecklos sein. Sie sind vielmehr reine Übungstouren und kommen so zu dem normalen Straßenverkehr noch hinzu.
Zwei grundsätzliche strategische Überlegungen sprechen gegen das frühe Fahren. Zum einen wird die unmotorisierte Sozialisationsphase kürzer und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass Alternativen, wie der ÖPNV, angedacht und praktiziert werden, wie es im Antrag der GRÜNEN gefordert wurde. Der RMV hat übrigens schon eine Jahreskarte für Schüler mit einer 24-stündigen Gültigkeit eingeführt.
Zum anderen hilft der Führerschein ab 17 Jahren den Jugendlichen nicht unbedingt bei der Bewältigung ihrer mobilen Alltags- und Wochenendprobleme. Gerade dann, wenn sie ein unabhängiges Fortbewegungsmittel benötigen, dürfen sie nicht alleine fahren. Die Unfallursachen sind meines Erachtens hauptsächlich eine falsche Einschätzung der Verkehrssituation und überhöhte, nicht angepasste Geschwindigkeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier stellt meine Fraktion eines der entscheidenden Grundprobleme fest. Was wir bei den Jugendlichen ab einem Alter von 17 Jahren größtenteils beobachten können, sind unterschiedliche Formen der Selbstüberschätzung, mangelndes Urteilsvermögen, zu geringes Verantwortungsgefühl und fehlende Reife. Die Praxis für das begleitete Fahren ab 17 Jahren würde doch folgendermaßen aussehen: Mit 16,5 Jahren beginnen die Jugendlichen mit der Ausbildung. Die praktische Prüfung soll mit einer Ausnahmegenehmigung schon einen Monat vor dem 17. Geburtstag möglich sein. Da muss man sich schon überlegen, insbesondere wenn man selbst Kinder hat, ob man dieses Risiko eingehen will. Es steht doch hier im Vorfeld fest, dass ein weiterer Jahrgang Jugendlicher mit allen sich daraus ergebenden Schwierigkeiten am Straßenverkehr teilnehmen wird. Deshalb spricht nach unserer Auffassung alles gegen eine Zulassung.
Sicherlich gilt es, die Mobilität von Jugendlichen, insbesondere wenn es um die Chancen auf dem Ausbildungsund Arbeitsmarkt geht, zu unterstützen, aber nicht auf Kosten der Verkehrssicherheit.Auch das ist vom Kollegen Posch schon angesprochen worden. Das sehen wir als genauso wichtig an.
Die Verkehrsdichte in Deutschland lässt aber doch eher vermuten, dass unsichere und ungeübte Fahranfänger auch mit einem Begleiter, den man sich nicht immer aussuchen kann, mit der Verkehrsituation in Deutschland überfordert sind.
Zudem lassen sich z. B. erste Ergebnisse aus Österreich, die schon angesprochen worden sind, nicht ohne weiteres eins zu eins auf Deutschland übertragen, wie sich auch die Ergebnisse nicht so einfach von einem Bundesland auf ein anderes Bundesland übertragen lassen.
Hamburg und Bremen starten z. B. den Modellversuch zum 01.06.2005, und beide haben sich für ein eigenes Modell entschieden. Niedersachsen hat diesen Modellversuch als erstes Bundesland in rund 18 Regionen eingeführt und weitet ihn seither auf das ganze Bundesland aus. Sie haben eine sehr scharfe Regelung für Begleitpersonen vorgesehen. Hier dürfen z. B. nur Erziehungsberechtigte auf der Beifahrerseite sitzen. Das bedeutet für Niedersachsen am Jahresende wieder eine Änderung durch die Bundesregelung.
Die Hamburger haben sich vor einigen Wochen dazu entschlossen, in ihrem Modellversuch nicht nur Eltern, sondern auch Dritte an der Seite der Fahranfänger zu dulden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden, z. B. ein Mindestalter von 30 Jahren und maximal 5 Punkte in der Verkehrssünderkartei. Bremen hat sich ebenfalls zum 01.06. für einen Modellversuch entschieden, bei dem wiederum nur Erziehungsberechtigte begleiten dürfen.
Ich meine, es kann nicht sein, dass jedes Land entscheidet, wie es gerade will, und die Rechtslage z. B. bei einem länderübergreifenden Fahren nicht eindeutig geklärt ist.
Der Fahrschüler kann sich auch nicht irgendein Modell aussuchen, sondern er ist durch das Wohnortprinzip gebunden.
Ich will noch einmal betonen: Der Vorschlag, der uns vorliegt, setzt auf einen Begleiter, der bestimmte Voraussetzungen erfüllt: ein Alter von mindestens 30 Jahren, der Begleiter muss einen seit über fünf Jahren gültigen Führerschein haben, und es gibt eine Punkte-, Alkohol- und Drogenregelung. Das müsste überhaupt nicht geregelt werden, denn Alkohol und Drogen gehören überhaupt nicht in den Straßenverkehr.
Wann gilt ein Begleiter eigentlich als geeignet? Wer soll das im Einzelfall überprüfen? Außerdem sind noch verschiedene versicherungstechnische Fragen des Schadenersatzrechtes ungeklärt sowie das Zeugnisverweigerungsrecht eines mit dem Fahrer verwandten Begleiters bei einem Unfall. Was geschieht denn, wenn plötzlich eine unvorhergesehene Situation eintrifft und der Begleiter eingreift? Wer haftet dann? Wer ist schuld, wenn etwas passiert? Was ist, wenn Missbrauch betrieben wird in der
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem, was die Bevölkerung, die Eltern, die Großeltern und die Fahrlehrer zur Einführung dieses Modellprojektes sagen, haben sich auch das Institut für Demoskopie Allensbach sowie Emnid in einer Umfrage beschäftigt. Beide kamen zu dem Ergebnis, dass die Mehrheit der Bevölkerung dem begleiteten Fahren ab 17 Jahren sehr kritisch gegenübersteht.
Beispielhaft für die Sicherheit im Straßenverkehr ist unseres Erachtens das Fortbildungsangebot für Fahranfänger, das der ADAC Hessen/Thüringen gemeinsam mit dem Fahrlehrerverband Hessen entwickelt hat. Die Hessische Landesregierung unterstützt das Konzept einer so genannten freiwilligen zweiten Ausbildungsphase, in der sich Fahranfänger in einem aus fünf Modulen bestehenden praxisorientierten Seminar schulen lassen können. Die Absolvierung einer Fortbildung sollte in unseren Augen obligatorisch für jeden Führerscheinerwerb werden und könnte eine wertvolle Hilfestellung zu einem vernünftigen, sorgsamen Verhalten als Fahrzeuglenker leisten.
Ich komme zum Schluss noch einmal auf den qualifizierten Begleiter zurück. Eine solche Einweisung ist nicht kostenfrei.Die den Landesbehörden durch das Ausstellen von Prüfungsbescheinigungen entstehenden zusätzlichen Personal- und Sachkosten sollen laut Berlin den jungen Fahranfängern aufgebürdet werden. Da meine ich, es wäre klüger, zu überprüfen, ob man dieses Geld nicht in eine kompetente Fahrausbildung der Jugendlichen investiert und den jungen Menschen ein Fahrtraining ermöglicht, wie es Motorsportklubs oder auch Testzentren der Automobilindustrie anbieten. Meine Damen und Herren, um das beurteilen zu können – ich hatte mehrere Monate Zeit, bis das heute behandelt worden ist –, habe ich persönlich ein solches Fahrtraining mitgemacht.
Haben Sie schon einmal ein Ausweichen vor Hindernissen, das Verhalten Ihres Fahrzeugs auf einer Eis- oder einer Aquaplaningstrecke geübt? Das ist nicht nur für die Jugendlichen sehr lehrreich, das sollten alle einmal machen. Dann könnten viele Unfälle vermieden werden. Überdies macht es auch noch Spaß.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Fraktion hält es für unbedingt notwendig und wichtig, nach Durchführung der jetzt genehmigten Modellversuche alle Vorund Nachteile sorgfältig gegeneinander abzuwägen und einer sehr genauen und kritischen Prüfung zu unterziehen. Wir werden im Ausschuss noch einmal darüber reden,aber für heute kann ich für meine Fraktion sagen:Wir stehen dem im Moment noch etwas kritisch gegenüber. Wir werden es noch einmal überprüfen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Hessische Landesregierung stimmt den Positionen der CDU-Fraktion sowie der SPD-Fraktion vollumfänglich zu.
Wir sehen, dass diese Positionen momentan im Hinblick auf die Zielsetzung, die hier geäußert wurde, dass es in erster Linie um Verkehrssicherheit geht, um die alarmierenden Zahlen der Verkehrsverletzten und der Verkehrstoten im jugendlichen Alter, ein sehr abgeklärtes, verantwortungsvolles Verfahren von uns erfordern. Ich denke, wir sind uns auch einig, dass wir das Stichwort „mehr Sicherheit“ als das zentrale Ziel haben und dass es nicht darum gehen kann, dass die Verkehrsicherheit den Mobilitätswünschen Jugendlicher geopfert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind in der Sorge vereint, dass die zu hohe Zahl an Verkehrsverletzten und Verkehrstoten gerade aus den Altersjahrgängen 18 bis 24 Jahre abgebaut werden muss und dass dafür alle Möglichkeiten genutzt werden sollen. Die Zahlen sind genannt worden: 23 % der Verkehrstoten, 22 % der im Verkehr Verletzten gehören der Altersgruppe der 18- bis 24Jährigen an. Gerade die Einsteigergruppe, also diejenigen zwischen 18 und 20 Jahren, hat das höchste Unfallrisiko. Es ist prozentual betrachtet fünfmal so hoch wie in vergleichbaren Altersgruppen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wird hier heute ein neuer Weg als Modell in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt.
Wenn wir neue Wege bewerten und beurteilen wollen und überlegen, ob wir solche neuen Wege einschlagen sollten, dann sollten wir uns auch zunächst einmal darüber Gewissheit verschaffen, wie es mit den bisherigen Entwicklungsschritten steht und wie das, was an Verbesserungen in den letzten Jahren in Form von technischen Instrumenten,aber auch von Vorschriften vorgenommen worden ist, gewirkt hat.
Herr Minister, trifft es zu, dass das Land Hessen im Bundesrat dem Bundesgesetz zugestimmt hat? Wenn ja, aus welchem Grund?
Ich komme noch darauf zurück, Herr von Hunnius. Lassen Sie mich zunächst einmal mit dem fortfahren, was ich gesagt habe.
Wir sollten, bevor wir neue Wege überlegen, darüber nachdenken, was die bisherigen Maßnahmen und Weichenstellungen gebracht haben. Denn der Unterricht für Fahranfänger hat sich gegenüber den Jahrzehnten zuvor grundlegend geändert. Heute absolvieren Fahranfänger
eine Fahrausbildung, die in allen Bereichen, in Theorie und Praxis, deutlich umfangreicher geworden ist und die vor allem unter dem pädagogischen Aspekt wesentlich weiterentwickelt worden ist. Das hat glücklicherweise dazu geführt, dass die Zahl der 18- bis 24-Jährigen, die im Straßenverkehr ums Leben gekommen sind, in der Zeit von 1991 bis zum Jahr 2002 von damals 2.749 auf 1.550,um also immerhin 43,6 %, gesunken ist.
Das ist einerseits bereits ein beachtlicher Erfolg, aber andererseits ist jeder Verkehrstote ein Verkehrstoter zu viel. Deshalb sind wir der Meinung, dass die weiter gehenden Weichenstellungen der letzten Jahre genauer beobachtet werden müssen. Ich nenne das Stichwort Fortbildungsseminare für Inhaber der Fahrerlaubnis auf Probe als wirksames Instrument der Verkehrssicherheit. Diese zweite Ausbildungsphase auf freiwilliger Basis läuft im Land Hessen seit Anfang 2004. Ich hoffe, dass sie auch auf freiwilliger Basis eine breite Akzeptanz gewinnt.Aber genau dieser Weg macht deutlich, dass es auch Weiterentwicklungen bei der bisherigen grundsätzlichen Entscheidung zum Thema Führerschein ab 18 Jahren gibt, die wir auswerten wollen und von der wir Erkenntnisse darüber gewinnen wollen, ob diese zweite Phase der Ausbildung möglicherweise obligatorisch gemacht werden kann, sodass dann auch die Chance besteht, die Probezeit durch ein positives Ergebnis bei einer solchen Teilnahme abzukürzen.
Wir lehnen das Thema begleitetes Fahren mit 17 Jahren nicht rundweg ab.Aber wenn wir von einem Modell sprechen, dann gibt es doch einen grundsätzlichen Zusammenhang zu dem Vorgehen daraus abzuleiten, wie ein solches Modell in der Praxis umgesetzt werden kann. Ein Modell ist dann kein Modell,wenn es flächendeckend eingeführt wird. Ein Modell ist nur dann ein Modell, wenn die in einem solchen Modellversuch gewonnenen Erkenntnisse mit den anderen Wegen, der konventionellen Vorgehensweise, der Weiterentwicklung, wie ich sie eben beschrieben habe, und mit dem zweiten Ausbildungsweg verglichen werden können. Es muss also Referenzebenen zum Vergleich der im Modell gewonnen Erkenntnisse geben.
Deshalb sind wir dafür,Herr von Hunnius,dass ein Gesetz eine Grundlage dafür bietet, dass in den Ländern einheitlich vorgegangen werden kann. Das war bisher nicht der Fall. Denn Niedersachsen ist ohne rechtliche Grundlage auf Bundesebene diesen Schritt schon gegangen. Das habe ich hier nicht zu bewerten. Wir wollen die Erkenntnisse abwarten, die in den Ländern gewonnen werden, die dieses Modell eingeführt haben oder einführen werden. Wir wollen abwarten, ob sie einen wirklichen Beitrag liefern.
Wir haben nämlich auch zu realisieren,dass es sich in Hessen vorwiegend um einen Verdichtungsraum handelt. Gerade im Rhein-Main-Gebiet sind die Anforderungen an Fahranfänger deutlich höher als in ländlichen Regionen, wo diese Modelle derzeit durchgeführt werden. Deshalb steht die Landesregierung auf dem Standpunkt, dass wir das Testen dieser Modelle in anderen Ländern abwarten sollten. Wir gehen davon aus, dass die Modelle gründlich ausgewertet werden und dass sie uns auch wirklich belastbare Daten und Erkenntnisse bieten. Solange dies nicht der Fall ist, werden wir einen solchen Modellversuch im Land Hessen nicht starten.Wir werden aber die Modelle, die im Land Hessen derzeit auf freiwilliger Basis stattfinden und eine sehr gute Akzeptanz finden, weiter auswerten und prüfen, ob das möglicherweise im Vergleich zu dem anderen doch der bessere Weg ist.
Ich glaube, das ist eine rationale Vorgehensweise, die im Sinne der Ziele steht, die hier heute noch einmal deutlich proklamiert worden sind. Denn die Sicherheit im Straßenverkehr hat oberste Priorität. Es geht vor allem darum, die Unfallgefahr und die Zahl der Unfälle, wie sie in der Gruppe der Fahranfänger zu verzeichnen sind, zu reduzieren.Dafür müssen wir uns alle bemühen,diesen Weg zu gehen.Ich hoffe,wir werden gemeinsam – auch im Ausschuss – den richtigen Weg finden. – Vielen Dank.