Protokoll der Sitzung vom 21.09.2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was aber nicht sein kann, ist diese Lagerhaltung. Einer muss doch geschlafen haben. Vielleicht haben aber auch kollektiv einige geschlafen. Immerhin geht es um Geld des Steuerzahlers.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist doch nicht unser Geld.Das ist doch nicht Geld beispielsweise eines Unternehmens, das zu viel Zucker einkauft, sondern es geht darum, dass Steuergeld so effektiv und effizient wie möglich eingesetzt wird. Das wurde es im PTLV nicht.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als das Gutachten veröffentlicht worden ist, haben wir bereits darauf hingewiesen, dass die Fehlerquote viel zu hoch und in keiner Weise zu akzeptieren ist.Deshalb müssen Schlussfolgerungen daraus gezogen werden. Bei diesem Punkt unterscheide ich mich von Frau Kollegin Zeimetz-Lorz. Ich bin nicht der Auffassung, dass all diejenigen Maßnahmen, die der Rechnungshof vorgeschlagen hat und die auch sinnvoll waren, umgesetzt wurden. Ich will nur einen einzigen Punkt herausgreifen, weil ich ihn für symptomatisch für das Problem des PTLV halte. Im Zusammenhang mit der Forderung nach Abschaffung einer Vizepräsidentenstelle wird argumentiert, das ginge nicht, weil andere Sachen gemacht werden müssten.

Die FDP-Fraktion und Jörg-Uwe Hahn als innenpolitischer Sprecher sind immer noch voll und ganz für die Organisationsstruktur mit der Verteilung der Präsidien, wie wir sie gemeinsam in der Koalition vereinbart und umge

setzt haben. Es war klug, Aufgaben beim PTLV zusammenzufügen, die bisher verstreut bei anderen Institutionen waren.

Ob die Behördenleitung immer ordentlich gearbeitet hat, dazu sage ich jetzt nichts. Ich sage aber schon jetzt, dass ich die Behördenleitung dazu im Untersuchungsausschuss peinlich befragen werde, weil ich die Befürchtung habe, dass das nicht ganz so ordentlich gelaufen ist.

(Beifall bei der FDP – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Drei Präsidenten!)

Das ist aber noch nicht so sehr das Problem des Herrn Innenministers, weil er zu diesem Zeitpunkt sicherlich gar nichts davon wusste.

Ich unterstelle,dass er es nicht wusste.Denn er hätte sonst in den Koalitionsgesprächen oder mit den zuständigen Fachabgeordneten Armin Klein und Jörg-Uwe Hahn darüber geredet. Denn wir reden über Dinge, die zu einer Zeit passiert sind, als wir noch mit in der Verantwortung waren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nun so zu tun, als ob organisatorische Änderungen nicht notwendig seien, das ist falsch.

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen keinen Vizepräsidenten mehr. Wir brauchen ihn deshalb nicht mehr, weil eine Entscheidung, die der Innenminister auf Vorschlag von Herrn Eibelshäuser und seinen Damen und Herren Mitarbeitern getroffen hat, viel Arbeit vom PTLV weggenommen hat.Alle „polizeifremden“ Käufe sind nicht mehr dort, sondern sie sind dort, wo sie auch ansonsten vom Land Hessen abgewickelt werden.Also ist der Arbeitsaufwand schon um einiges reduziert.

Zweitens wird begründet, diese B-5-Stelle müsse es weiterhin geben und natürlich auch eine Person darauf, weil man entsprechende Umstrukturierungen im Haus durchführen wolle. – Lieber Herr Innenminister, das müssen Sie schon selbst machen, und das machen Sie auch selbst. Dafür gibt es auch ein LPP als die übergeordnete Behörde des PTLV. Das haben wir auch bewusst so gemacht. Herr Innenminister, ich habe deshalb in einer der letzten Sitzungen des Innenausschusses versucht, Ihre Staatssekretärin von der Wortwahl wegzubekommen, dass dieses LPP „unser“ Amt ist. Das ist es bewusst nicht mehr.Wir haben bewusst entschieden, dass eine Trennung zwischen dem Innenministerium und der Polizeiorganisation gemacht wird. Das heißt, die Abteilung III ist nicht mehr die Abteilung III des Innenministeriums,sondern ist jetzt eine eigenständige Behörde mit einem Polizeipräsidenten, der im Übrigen auch politischer Beamter ist.

Wir müssen hier ganz genau unterscheiden, und deshalb sagen wir als Liberale: Die Arbeiten, von denen Sie meinen, dass der Vizepräsident sie machen muss, müssen jetzt im LPP durchgeführt werden. Aber dann brauchen wir keinen Vizepräsidenten mehr in dieser Behörde.

(Beifall bei der FDP)

Alles andere – die Tatsachen – steht im Rechnungshofbericht.Vieles davon haben die Kollegen schon gesagt. Deshalb will ich es nicht nach dem Motto: „Es ist schon alles gesagt worden, nur nicht von mir“ wiederholen. Ich fasse zusammen:

Punkt 1. Es ist ein mehr als ärgerlicher Vorfall, ein Vorfall, den man als Regierungsfraktion nicht abtun sollte, indem

man sagt,es ist alles wieder gut,sondern bei dem man sehr nüchtern feststellen muss: Jawohl, da ist etwas passiert, was nicht sein darf.

Punkt 2. Wir müssen uns Beratung von außen holen, wie es gelaufen ist.Vielen herzlichen Dank, Herr Prof. Eibelshäuser für die Arbeit, die Sie im Auftrag der Landesregierung, im Auftrag des Innenministers geleistet haben.

Punkt 3.Die Dinge müssen jetzt aber auch umgesetzt werden, und sie müssen vollständig umgesetzt werden.

Punkt 4. Herr Rudolph und Herr Kollege Frömmrich, es ist richtig, der Untersuchungsausschuss ist wichtig geworden. Wir haben es früher etwas anders gesehen. Wir werden gemeinsam abarbeiten, wie es sich in einem Untersuchungsausschuss gehört, ob nun Verantwortlichkeiten vorhanden sind oder nicht. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Das Wort hat der Innenminister, Herr Staatsminister Bouffier.

Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Damit es gleich zur Begrüßung klar ist: Selbstverständlich trage ich die Verantwortung. Das kann überhaupt keine Frage sein.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Was ist die Konsequenz daraus?)

Die Konsequenz daraus ist, dass ich Ihre Vorwürfe entschieden zurückweise, weil es einen entscheidenden Unterschied gibt. Das, was Sie hier lautstark beklagen, können Sie nur deshalb beklagen, weil ich überhaupt gehandelt habe.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben den Eindruck erweckt,es habe irgendeines Einsatzes von Ihnen bedurft – –

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie glauben das doch nicht wirklich!)

Aber natürlich. Deshalb werde ich es jetzt detailliert darlegen. Wer hat den Rechnungshofbericht in Auftrag gegeben? Das war ich.

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Rudolph, wir waren nicht von Ihnen, nicht von der Presse,von niemandem getrieben.Zu der Zeit,als wir diese Aufträge erteilt haben, hatte niemand von Ihnen auch nur den Hauch einer Vorstellung von all diesen Fragen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Deswegen haben Sie den Bericht so lange zurückgehalten!)

Nein, den haben wir nicht zurückgehalten.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): 23. Juni!)

Jetzt müssen wir zu den Fakten kommen, das tut euch nämlich weh.

(Lachen bei der SPD)

Ich komme schon dazu, keine Sorgen. Ich halte zunächst fest: Gerade weil die Dienst- und Fachaufsicht funktioniert hat und weil wir gehandelt haben, weise ich die Vorwürfe zurück.Sie haben hier den Eindruck erweckt,als sei der Rechnungshof irgendwann eingeritten und habe etwas aufgedeckt. Das ist doch totaler Unsinn. Der Rechnungshof war im Jahre 2000 aus eigenem Antrieb dort, und das werden wir im Untersuchungsausschuss zu diskutieren haben.

Wir haben ihn im letzten Jahr beauftragt,weil ich nicht zufrieden war mit den Dingen, wie sie dort waren, ohne Einzelheiten zu kennen. Deshalb haben wir eine neue Behördenleitung. Deshalb sind sämtliche Punkte, die der Rechnungshof genannt hat, mittlerweile abgearbeitet – mit einer Ausnahme, was den Vizepräsidenten angeht. Darüber lasst uns diskutieren.

Die Dinge sind nicht so einfach, wie sie hier gelegentlich vorgetragen werden, um das von vornherein abzuräumen. Da heißt es immer, 80 % seien freihändig vergeben worden. Dann muss man fairerweise aber auch hinzufügen: Bis 10.000 c ist das nach der Haushaltsordnung ausdrücklich zulässig.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die Aufträge sind doch gestückelt worden!)

Langsam, wir werden das im Einzelnen zu diskutieren haben. Ich will nur dem Vorwurf entgegentreten, das sei alles sozusagen von finsteren Mächten getrieben.

(Zurufe von der SPD)

Ich bleibe dabei. Ich hatte eine eindrucksvolle Begegnung mit einer Journalistin, die mich gefragt hat: Sagen Sie einmal, wenn Sie den Rechnungshofbericht nicht in Auftrag gegeben hätten, dann hätte das doch keinen Menschen interessiert? – Darauf habe ich gesagt:Dann hätte die Opposition jetzt nicht ein paar nette Stunden, aber dann wäre die Sache nicht in Ordnung.

Mir macht das keine Freude, damit das auch klar ist.

(Günter Rudolph (SPD): Den Untersuchungsausschuss haben wir beantragt, um das deutlich zu sagen!)

Deshalb halte ich fest: Dienst- und Fachaufsicht haben funktioniert, indem wir zu einem Zeitpunkt, als es überhaupt keine öffentliche oder sonstige Debatte gab, diesen Gutachtensauftrag des Rechnungshofs, wie es korrekt heißt, erbeten haben – ausdrücklich auch von mir in Person.

(Zuruf der Abg.Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der nächste Punkt. Ich – sonst niemand – habe Sie von diesem Auftrag unterrichtet. Das gehört zur Wahrheit. Ich habe im Innenausschuss von diesem Auftrag berichtet, und zwar vor Monaten. Ich habe Ihnen damals zugesagt, Sie bekommen diesen Bericht.Es bedurfte überhaupt keiner Tätigkeit von Ihnen. Sie sind sozusagen nebenher gelaufen.Ich sage noch einmal:Freude macht das nicht,aber es ist gehandelt worden, und zwar entschieden.