Protokoll der Sitzung vom 22.09.2005

Meine Damen und Herren, 96 Mitglieder sollen der künftigen Verbandsversammlung angehören. Der Kreis Bergstraße stellt davon elf Vertreter.

Am 28.April dieses Jahres – das ist der Verfahrensstand – hat die Ministerkonferenz für Raumordnung in der Rhein-Neckar-Region dies anerkannt. Ich denke, dass auch politisch die Weichen zwischen den beteiligten Ländern,ihren Regionen und Landkreisen,aber vor allem mit der handelnden Wirtschaft und den Kommunen so gestellt sind, dass wir diesen Staatsvertrag so verabschieden können. Ich möchte ihn heute zur ersten Lesung einbringen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. – Wir kommen zur Aussprache. Wir haben fünf Minuten Redezeit je Fraktion verabredet. Herr Schmitt, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nach streitigen Erörterungen heute Morgen kann ich an dieser Stelle wenigstens für die SPD-Fraktion sagen, dass wir den Staatsvertrag zur Weiterentwicklung der Rhein-Neckar-Region unterstützen werden. Wir glauben, dass er die richtige Antwort auf die Verflechtung im Rhein-Neckar-Gebiet ist. Der Kreis Bergstraße, der hier betroffen

ist und in den neuen Raumordnungsverband Rhein-Neckar dazukommen soll, ist sehr stark mit Rhein-Neckar verflochten. 60 % der Pendler gehen in die Gebiete Mannheim, Ludwigshafen, Heidelberg. Die Verkehrsverflechtungen liegen auf der Hand. Die wirtschaftlichen Verflechtungen, die kulturellen – Stichwort: Kurpfalz –, zum Teil die sportlichen sind eng. Der Staatsvertrag ist darauf die richtige Antwort.

Voraussetzung für unsere Zustimmung – der Minister hat es eben mit dem Hinweis angedeutet, dass diese Frage etwas knifflig war – ist aber, dass im Staatsvertrag weiterhin geregelt bleibt, dass die Planungsversammlung Südhessen das Letztentscheidungsrecht hat. Das heißt, es wird in dem Raumordnungsverband Rhein-Neckar von der dortigen neuen Planungsversammlung geplant, die aber die Landesplanung des Landes Hessen für den Kreis Bergstraße beachten muss. Dann wird die Letztentscheidung hier in Hessen getroffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Damit wird auch einer gefährlichen Idee eine Absage erteilt. Ich sage auch: Es ist ein Unsinn, den insbesondere der Bergsträßer Landrat verfolgt hatte, wenigstens über eine gewisse Zeit, dass das Letztentscheidungsrecht für den Kreis Bergstraße der neue Raumordnungsverband hat. Das wäre aus zweierlei Gründen problematisch gewesen. Der Kreis Bergstraße hat natürlich nicht nur Verbindungen nach Süden in den Rhein-Neckar-Raum, sondern auch wichtige Verflechtungen nach Norden. Die Wirtschaftsbeziehungen zum Rhein-Main-Gebiet sind auch vielfältig. Deswegen glauben wir, dass möglicherweise der Kreis Bergstraße ein wichtiges Scharnier ist, wir glauben sogar, der gesamte Bereich Starkenburg. Sie wissen,dass die hessische SPD eine Regionalreform anstrebt. Sie will die Landkreise in diesem Bereich zu einem Regionalkreis Starkenburg zusammenfügen, der dann auch die Regionalplanung vornehmen soll. Deswegen haben wir den Gesetzentwurf bzw. den Staatsvertrag auch an dieser Frage überprüft: Ist er kompatibel mit den Vorstellungen, die wir nach der Landtagswahl im Jahr 2008 umsetzen werden? Wir können feststellen, dass er kompatibel ist. Auch das war ein wichtiger Punkt für unsere Zustimmung.

Also, der Staatsvertrag ist die richtige Antwort auf die Verflechtungen, auch die richtige Antwort auf hessische Interessen. Ich bin mir ganz sicher, er ist auch die richtige Antwort auf die Interessen des Kreises Bergstraße und der gesamten Starkenburg-Region, die zu gewissen Teilen, übrigens auch im Odenwaldkreis, durchaus auch Verbindungen in den Süden und in den Rhein-Neckar-Raum hat. Deswegen ist das die richtige Antwort.

Gestatten Sie mir zum Abschluss eine Detailkritik. Die Bürgermeister werden sehr stark als Vertreter in der Planungsversammlung gestärkt. Als Sozialdemokraten haben wir keinen Grund, darüber zu klagen. Von vier Bürgermeistern aus dem Kreis Bergstraße, die entsandt werden, stellt die SPD drei. Trotzdem bleibt natürlich die Frage des Demokratieprinzips. Da wäre, glaube ich, eine Regelung besser gewesen, die nicht einfach die Bürgermeister größerer Städte als geborene Mitglieder vorsieht.

Eine weitere Anmerkung zum Verwaltungshandeln, weil Staatsminister Grüttner heute Morgen bei der Föderalismusdiskussion die Stärkung der Landesparlamente angesprochen hat. In Rheinland-Pfalz und in Baden-Württemberg wurde dieser Staatsvertrag zu einem Zeitpunkt vorgelegt und im Parlament behandelt, zu dem noch nicht al

les unterschrieben war, sodass man auch Einfluss auf bestimmte Details hätte nehmen können, die ich eben kritisiert habe. So sind wir wieder einmal vor die Situation gestellt: Vogel, friss oder stirb. Das ist z. B. in RheinlandPfalz anders gewesen. Da ist der Innenausschuss vor der Unterzeichnung am 21. April dieses Jahres damit befasst worden.

Auch diese Frage werden wir in Hessen noch einmal erörtern müssen.An diesem Beispiel und an anderen Beispielen müssen wir darüber diskutieren, welche Rechte und welche Möglichkeiten der Einflussnahme das Landesparlament hat, bevor die Ministerpräsidenten einen solchen Vertrag unterzeichnen.

Trotzdem stimmen wir in der Sache zu. Das ist die richtige Antwort, und es ist verhindert worden, dass manche aus durchsichtigen Gründen eine falsche Entscheidung für die Region Starkenburg und insbesondere für den Kreis Bergstraße treffen konnten, nämlich den Kreis von den Entscheidungen der Regionalen Planungsversammlung Südhessen abzukoppeln.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr von Hunnius für die Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Rhein-Neckar-Dreieck, zu dem der Kreis Bergstraße gehört, ist ein Gebiet mit extrem großen Chancen. Die Metropolregion Rhein-Neckar ist der siebtgrößte Ballungsraum in Deutschland mit 2,5 Millionen Einwohnern. Der besondere Charme der Region besteht darin, dass sie auf der einen Seite eine Verbindung zum RheinMain-Gebiet, auf der anderen Seite aber auch eine Verbindung zu Baden-Württemberg und zu Rheinland-Pfalz hat, unter anderem zu Ludwigshafen, dem größten Chemiestandort der Welt.

Diese Region hat Chancen, die eine ganze Menge wirtschaftlicher, kultureller und touristischer Möglichkeiten eröffnen. Diese Chancen sind bisher dadurch eingeschränkt, dass die Landesgrenzen zwischen den drei Ländern auch Grenzen im Denken und im Handeln bedeuten, insbesondere Grenzen in Bezug auf Planungen mit sich bringen.

Die Zerschneidungen werden jetzt durch diesen Vertrag und durch die Gründung des Verbandes Region RheinNeckar zum Teil aufgelöst. Ich kann für die FDP-Fraktion schon jetzt sagen, dass wir die Gründung dieser Region befürworten und dass wir auch dem Staatsvertrag vom Inhalt her zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Ich komme zu den Vorteilen im Einzelnen.Wir haben erreicht, dass eine einheitliche Regionalplanung für das Rhein-Neckar-Dreieck erfolgt, ein Dreieck, das kulturell und wirtschaftlich zusammengehört. Das Gebiet ist – im Vergleich zum Raumordnungsverband Rhein-Neckar – erweitert worden. Es ist auf das Gebiet der gesamten Metropolregion Rhein-Neckar ausgedehnt worden. Das ist positiv. Besonders wichtig ist, dass die Aufgaben der regionalen Gremien über die pure Planungskompetenz hinaus in Richtung Wirtschaftsförderung, Standortmarke

ting, Trägerschaft für Erholungseinrichtungen, integrierte Verkehrsplanungen, Trägerschaft von Kongressen und auch Tourismusmarketing erweitert worden sind. All das haben wir uns lange Zeit gewünscht. Jetzt ist es wahr geworden. Das ist ausgesprochen positiv.

Ich muss allerdings – ebenso wie der Kollege Schmitt – auch einschränkende Bemerkungen machen. Wir müssen auf jeden Fall vermeiden,dass die Überwindung der einen Grenze, nämlich die Überwindung der Grenze zu BadenWürttemberg und zu Rheinland-Pfalz, dazu führt, dass eine neue Grenze errichtet wird, nämlich eine Grenze zwischen dem Kreis Bergstraße und seinen hessischen Nachbarkreisen.

(Beifall bei der FDP)

Wir sind und bleiben selbstverständlich ein Teil Hessens. Ich meine sogar, die Bergstraße ist der schönste Teil Hessens.

(Heiterkeit)

Leider nur vereinzelter Beifall. Sie müssen einmal zu uns kommen und sich die Landschaft anschauen.

Ich komme zu den einschränkenden Bemerkungen, die den Vertrag selber betreffen. Ich rede davon, dass die Planung, die demnächst durch den neuen Verband Region Rhein-Neckar erfolgt, von der Regionalversammlung zu berücksichtigen ist. Das Wort „berücksichtigen“ eröffnet, wenn man es nicht genau definiert, weitere Fragen. Wir wollen zwar die letztgültige Planung in der Regionalversammlung durchführen, wir müssen aber vermeiden, dass zusätzlich Abstimmungsprozesse entstehen. In dieser Hinsicht ist das Wort „berücksichtigen“ durchaus auslegungsfähig, auch in Bezug auf einen weiteren Punkt, den ich gleich noch erwähnen werde.

Ein weiterer Punkt betrifft die Verbandsversammlung, die, mit Verlaub, mit 96 Personen ein Ausmaß annimmt, bei dem man sich fragen kann, ob das dem Gebot des Bürokratieabbaus entspricht.

(Beifall bei der FDP)

Die Verbandsversammlung ist faktisch eine Bürgermeisterdienstversammlung. „Normale“ Abgeordnete aus einem Kreistag, die nicht auch Bürgermeister sind, werden in dieser Versammlung kaum zu finden sein. Die Verwaltung bestimmt in dieser Versammlung also die Verwaltung. Das ist aus unserer Sicht negativ zu beurteilen. Die Zusammensetzung der Verbandsversammlung hätte durchaus anders festgelegt werden können.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt künftig das Instrument Raumordnungskommission.Die Raumordnungskommission besteht aus je einem Vertreter der drei Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Die Raumordnungskommission beschließt – in Art. 13 des Vertrages geregelt –, verbindlich, unter anderem über Form und Inhalt der Regionalplanung. Sie kann verbindliche Weisungen erteilen. Das bedeutet faktisch – wenn man es wörtlich auslegt –, dass mit der Mehrheit von Rheinland-Pfalz und BadenWürttemberg verbindliche Weisungen erteilt werden können,welchen Inhalt der Plan für den Kreis Bergstraße hat. Das widerspricht in ganz erheblichem Maße der Priorität hessischer Planung.

(Beifall bei der FDP)

Man kann nämlich nicht immer sicher sein, dass das, was Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gut finden, auch mit den Interessen Hessens harmoniert.

Es gibt also einige Konstruktionsprinzipien, über die man streiten kann. Das wird sicherlich auch noch geschehen.

Herr von Hunnius,Ihre Zeit,Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Meine Zeit hoffentlich noch nicht, Frau Präsidentin.

(Heiterkeit)

Darüber wird man streiten müssen. Wir haben das Problem,dass die eine weitgehend theoretische Übung bleibt, weil der Vertrag schon unterschrieben ist. Wir bekennen uns zum Prinzip des Vertrages, aber wir hätten gern einige Details geändert. Ob das noch möglich sein wird, daran darf man füglich zweifeln.Trotzdem bleibt das Gesamturteil positiv. Wir empfehlen die Annahme des Staatsvertrags.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege von Hunnius. – Selbstverständlich ist Ihre Zeit nicht abgelaufen. Die jungen Abgeordneten haben heute eine Kampfansage ausgesprochen. Wir älteren Abgeordneten werden uns zusammenrotten und zeigen, wie nötig wir noch sind.

(Heiterkeit – Mathias Wagner (Taunus) (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Das Beste kommt noch!)

Das Wort hat Herr Dr. Herr für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da das Ganze nicht kontrovers gesehen wird und der Vertrag auch schon unterzeichnet ist, will ich die Redezeit nicht ausschöpfen. Es geht auch kürzer. Der Mittag naht.

Der Rhein-Neckar-Raum ist die siebtgrößte Region in Deutschland. Dem ist durch die Anerkennung als europäische Metropolregion Rechnung getragen worden. In diesem Zusammenhang ist das Ganze zu sehen.

Die Raumordnung soll einfacher werden, soll intensiver gestaltet werden. Das ist auch gut so, weil dieser Raum wichtig und länderübergreifend ist. Betroffen sind die Regionalplanung, die Regionalentwicklung und das Regionalmanagement.

Das Verbandsgebiet wird um die Südpfalz und um den Neckar-Odenwald-Kreis erweitert. Darin ist der Kreis Bergstraße eingeschlossen – wie auch die Gebiete der Planungsgemeinschaft Rheinpfalz und des Regionalverbandes Rhein-Neckar-Odenwald eingeschlossen sind.All das geht in dem Verband Region Rhein-Neckar auf.

Der zweite Punkt ist der wichtigere. Es geht um die Aufstellung, die Fortschreibung, die Änderung und die Umsetzung eines einheitlichen Regionalplans. Daran waren bisher vier verschiedene Verbandsversammlungen beteiligt. Künftig wird das von der Verbandsversammlung in Angriff genommen – wobei die Auswirkungen auf den

Kreis Bergstraße schon genannt worden sind. Der Beschluss gilt als Planentwurf, der in die Feststellung des Regionalplans Südhessen einfließt. Das ist das Entscheidende. Von den 96 Mitgliedern der Verbandsversammlung werden Elf aus dem Kreis Bergstraße kommen. Wer Mitglied wird, ist in der Vorlage geregelt. Das muss ich hier nicht ausführen.