Protokoll der Sitzung vom 22.09.2005

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ob diese Erfolg haben wird – Herr Schmitt, das ist nicht gut, aber das ist typisch für Sie –, wird entscheiden, ob dieses Land zur Modernisierung seiner eigenen Ordnung fähig ist.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Alle, die hier erneut – Herr Schmitt, an und für sich waren Sie in dieser Frage vernünftig – aus Gründen der Parteitaktik blockieren, fügen diesem Land schweren Schaden zu. Diese Frage wird der Lackmustest für die Reformfähigkeit des Landes sein. Deswegen ist es richtig, dass dieses Thema hier aufgerufen wird.

(Beifall bei der FDP – Reinhard Kahl (SPD): Sagen Sie das einmal Ihrem Ministerpräsidenten!)

Meine Damen und Herren von der SPD, die Debatte im Hessischen Landtag und der fraktionsübergreifende Antrag vom Juli 2004 haben doch gezeigt, dass hier im Hause alle Fraktionen der Neustrukturierung des föderalen Systems zustimmen. Damit hat der Hessische Landtag doch einen vernünftigen Beitrag geleistet. Wir sollten dabei bleiben und hier weiter übereinstimmen. Warum also diese Zwischenrufe? Dass auf Bundesebene von Ihnen blockiert worden ist, das wissen Sie doch.

(Reinhard Kahl (SPD): Sie müssen einmal mit Ihrem Ministerpräsidenten reden!)

Lassen Sie uns also die heutige Debatte dazu nutzen,noch einige Schwerpunkte klarzumachen. Kollege Hahn hat hier einige genannt. Die Zeit ist zu kurz, um viele zu nennen. Wir Länder stimmen darin überein, dass die Rahmengesetzgebung und die damit verbundene Verteilung der Verantwortlichkeit auf Bund und Länder weitgehend abgeschafft werden muss. Das ist so, und da stimmen wir zu.

Aber wenn ich an diese unsägliche Diskussion um die Studiengebühren denke: Das kann so nicht sein. Natürlich müssen die Länder sicherstellen, dass ausgezeichnet ausgebildete Akademiker hervorgebracht werden können. Aber was der Bund in diese Diskussion eingebracht hat, wird keine Verbesserungen bringen. Da waren wir uns einig.

Oder nehmen wir den öffentlichen Dienst. Die gesamte Gesetzgebung für den öffentlichen Dienst muss in Zukunft von den betroffenen staatlichen Ebenen unabhängig und eigenverantwortlich wahrgenommen werden. Übrigens würde das einen enormen Zuwachs an politischem Gestaltungsspielraum für uns Länder bringen. Wo 90 % des öffentlichen Dienstes arbeiten, nämlich bei den Ländern und Kommunen, dort muss selbstverständlich auch die Entscheidungskompetenz sein. Das wollte der Innenminister nicht.

Ich könnte jetzt viele weitere Punkte anführen. Meine Damen und Herren, wer bestellt, bezahlt. Auch das Konnexitätsprinzip muss endlich in der Bundesverfassung fortgeschrieben werden.Wir haben es hier durchgesetzt – die CDU mit der FDP –, das wissen Sie.

(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da wir bereits jetzt zum Frieden aufrufen, da wir bereits 2004 den fraktionsübergreifenden Antrag zur Fortentwicklung des Föderalismus hier gemeinsam verabschiedet haben, wäre es gut, wenn wir diese Grundposition auch heute beibehalten würden und gemeinsam den damals aus parteitaktischen Gründen diskutierten Blockaden hier eine Absage erteilten.

(Reinhard Kahl (SPD): Da müssen Sie einmal nach rechts schauen!)

Wenn hier und da zunächst eine so genannte kleine Lösung, Herr Hahn, Sie haben das eben erklärt, festgeschrieben werden soll, z. B. in der Bildung – auch ein Parteifreund von mir, der saarländische Ministerpräsident, ist dabei –, dann halte ich das für falsch. Denn es zeigt exemplarisch, woran es in der deutschen Politik in den letzten Jahren gemangelt hat: als richtig erkannte Reformen durchzusetzen. Da dürfen wir nicht mit diesen Trippelschrittchen Stillstand produzieren. Das wäre nicht gut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich sage noch einmal: Es wäre ein gutes Signal für die Öffentlichkeit, wenn wir in Hessen in dieser Frage klar Flagge zeigen würden. Deswegen bitte ich auch Sie, die SPD, die GRÜNEN, diesem Anliegen in Ihren Reden zuzustimmen.Ich bin sicher,wenn wir heute hier in Hessen eine Übereinstimmung haben, wird davon ein gutes Signal für den Bund ausgehen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Walter, Vorsitzender der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Klein, ich bin immer begeistert, wenn Appelle an Gemeinsamkeiten kommen:Wir alle müssen das gemeinsam machen, wir alle sind für die Föderalismuskommission, aber an den Strolchen von den Sozialdemokraten in Berlin ist die ganze Geschichte gescheitert.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU und der FDP)

Das in einer Rede vorzutragen macht im Sinne einer geradlinigen Argumentation große Freude.

Ich sagte heute Morgen: Machen wir ein bisschen Föderalismusreform – wie das Herr Hahn begonnen hat –, „Mutter aller Reformen“. Die Notwendigkeit dafür haben wir hier lange diskutiert. Wir alle sind der Auffassung, dass dieses System der gegenseitigen Blockade reformiert werden muss.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Klein, man hat Ihnen die Geschichte dieser Föderalismuskommission nicht richtig aufgeschrieben. Denn in Berlin war man schon weitaus weiter, als Sie es hier beschrieben haben, und auch schon weitaus weiter, als es Herr Hahn hier beschrieben hat, der Mitglied dieser Kommission war. Im Wesentlichen wissen wir alle, was getan werden muss. Im Wesentlichen wissen wir auch alle, wohin wir wollen. Insofern gebe ich Ihnen Recht.

Die Kommission hat im Jahr 2004 getagt. Im Dezember 2004 spitzte es sich dramatisch zu.So etwas wird immer im Dezember geklärt: Schaffen wir es, den Knoten zu durchtrennen? – An dieser Stelle ging es nicht nur um Fragen zwischen SPD und CDU,GRÜNEN und FDP,sondern im Wesentlichen um Fragen der Geld- und Machtverteilung zwischen reichen Ländern und so genannten ärmeren Ländern. Angesichts der Schwierigkeit dieser Materie war man sehr,sehr weit gekommen.Der Kompromiss umfasste fast 95 %.An einer einzigen Stelle ist er gescheitert. Herr Kollege Klein, er ist an der Frage der Zuständigkeit für die Bildung gescheitert. Das war der Grund, an dem er gescheitert ist.

Sie sagen jetzt, es sei an der Sozialdemokratie gescheitert. Aus CDU-Sicht würde ich das ebenso sagen.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Roland Koch)

Tatsächlich ist es genau umgekehrt. Herr Klein, Sie haben ein einziges Beispiel eines Problems angesprochen: die Hochschulen. In der Tat hat die rot-grüne Bundesregierung die unglaubliche Drohung ausgesprochen, den Ländern zu helfen, die Hochschulen zu verbessern. Die Bundesregierung hat angedroht, den bundesdeutschen Hochschulen 1,9 Milliarden c für einen Wettbewerb der Exzellenzen zur Verfügung zu stellen. Der Ministerpräsident – immer ein Retter des Landes Hessen – hat gesagt: Wenn ihr uns dieses Geld zur Verfügung stellt, gehen wir sofort zum Bundesverfassungsgericht.

(Widerspruch des Ministerpräsidenten Roland Koch)

Herr Ministerpräsident,Sie haben sich drei,vier Monate lang gewehrt und Ihre Ministerpräsidentenkollegen aus

den anderen Ländern dazu bewogen,diesem Kompromiss nicht zuzustimmen.

(Reinhard Kahl (SPD): So ist es!)

Es kam dann letztlich doch zu der vernünftigen gemeinsamen Entscheidung, den Hochschulen im April oder Mai – ich weiß es nicht genau – diese 1,9 Milliarden c zur Verfügung zu stellen.

(Zuruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir tatsächlich die Föderalismuskommission weiterbringen wollen, dann müssen wir uns wiederum über die gemeinsame Verantwortung für die Bildung unterhalten und über die Position, die der Ministerpräsident – jedenfalls öffentlich – sehr, sehr lange vertreten hat. Nachher ist er dann doch auf die vernünftige Linie der gemeinsamen Verantwortung eingeschwenkt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Walter, gestatten Sie – außerhalb der üblichen Gepflogenheiten – eine Zwischenfrage des Abg. Koch, von der Ministerbank aus?

Da ich meines Abgeordnetensitzes beraubt bin, darf ich meine Frage von hier aus stellen.

Herr Kollege, könnten Sie bestätigen, dass der Forschungsförderung, die Gegenstand der 1,9-Milliarden-cFrage war, niemals Gegenstand der Beratungen der Föderalismusreformkommission war, weil Forschungsförderung unstreitig eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern bleibt und wir uns lediglich um die Finanzierung des Hochschulbaus gestritten haben? Da bin ich nach wie vor der Auffassung, dass das eine Länderaufgabe werden sollte. Deshalb konnte die Föderalismusreform nicht am Streit um die Forschungsförderung scheitern – damit wir bei der Sache bleiben.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Nicola Beer (FDP) – Zurufe der Abg.Michael Siebel (SPD) und Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Abg. Koch, wir sind beide der Auffassung, dass man die 95 %, die geklärt waren, hätte umsetzen können – wenn Sie nicht die Auffassung vertreten hätten,wegen der streitigen 5 % aus dem Bildungsbereich lassen Sie alles andere scheitern, unstrittig mit dem Ergebnis, dass wir keinen Millimeter weiter gekommen sind. Herr Ministerpräsident, wir waren schon relativ weit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine Person, die Opinion-Leader innerhalb der christdemokratischen Familie war, und die heißt nun einmal Roland Koch, Ministerpräsident des Landes Hessen. Er hat bewirkt, dass das Ganze gescheitert ist.

Zur Aktuellen Stunde mit dem Titel „Föderalismusreform – jetzt notwendiger denn je“:Ja,wie immer Ja von allen Fraktionen. An dieser Stelle haben wir aber das Pro

blem. Herr Kollege Hahn, wir als Sozialdemokraten sind natürlich bereit, mit Ihnen ganz konkret über die Föderalismusreform zu reden. In Berlin wissen wir momentan noch nicht genau, mit wem.Wir hören von dort, dass Herr Gerhardt und Herr Westerwelle die Frage des Fraktionsvorsitzes jetzt möglicherweise streitig zu klären haben.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Wenn fest steht, mit wem wir zu reden haben, werden wir auf Sie zukommen. Kommen Sie auf uns zu. Gemeinsam können wir sicherlich auch das Thema Föderalismusreform klären.

(Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Aber Herr Kollege Hahn, das ist doch alles nicht so schwierig. Die neue Linkspartei macht es euch doch vor, wie man das organisieren kann. Die haben eine Doppelspitze Gysi/Lafontaine.

(Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die haben auch den Gebrauch des Dienstwagens organisiert.