Protokoll der Sitzung vom 11.10.2005

Gegen eine offene Abstimmung erhebt sich kein Widerspruch.– Wer dem Vorschlag zustimmen möchte,den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich stelle fest, dass die Wahl einstimmig erfolgt ist. Damit ist Frau Kollegin Erfurth als stellvertretendes Mitglied der Landespersonalkommission gewählt.

Allen, die gewählt worden sind, darf ich herzlich gratulieren und eine gute Amtszeit wünschen.

Meine Damen und Herren, ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Regierungserklärung des Hessischen Ministers der Justiz betreffend „Hessischer Strafvollzug – modern und sicher wie nie“

Das Wort hat Herr Staatsminister Dr.Wagner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Entwicklung des Strafvollzugs in Hessen seit 1999 ist eine Erfolgsgeschichte.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Die Landesregierung unter Ministerpräsident Roland Koch hat Wort gehalten: Der hessische Strafvollzug ist so sicher und so modern wie nie zuvor. Die Fakten belegen dies eindrucksvoll.

(Widerspruch bei der SPD)

Meine Damen und Herren, als Symbol steht hierfür unter anderem die Justizvollzugsanstalt in Hünfeld.Noch in diesem Jahr wird sie in Betrieb genommen. Die Planung, die Verwirklichung und der Betrieb dieser Justizvollzugsanstalt stehen beispielhaft für die Modernität und Sicherheit des hessischen Strafvollzugs.

Bereits bei der Planung dieses Projekts wurde Neuland betreten. Mit der Verpflichtung eines privaten Generalplaners und eines Generalunternehmers sind erhebliche Kosteneinsparungen gelungen. Trotz massiver Preissteigerungen auf den Weltmärkten werden die im Landeshaushaltsplan veranschlagten Haushaltsmittel in Höhe von 71 Millionen c um 5 Millionen c unterschritten.

Und: Zwischen dem Erwerb des Grundstücks und der Inbetriebnahme der Anstalt liegt eine Rekordbauzeit von nur vier Jahren.

Das Konzept der Teilprivatisierung der Anstalt gilt schon heute als Meilenstein in der Geschichte des deutschen Strafvollzugs. Sämtliche Sicherheitsaufgaben und alle hoheitlichen Aufgaben bleiben in staatlicher Hand und werden von Vollzugsbeamten erledigt. Für den übrigen Betrieb der Anstalt ist ein privater Partner gefunden worden, der über langjährige einschlägige Erfahrungen verfügt. Der Staat besinnt sich auf seine Kernaufgaben und schafft Freiräume für Markt und Wettbewerb. Organisation und Führung der Werkstätten und Betriebe,Wartung und Instandhaltung der technischen Anlagen, das Rechnungswesen, das Versorgungswesen, die medizinische Versorgung der Gefangenen und ihre Ausbildung sind Aufgaben, die ein privates Unternehmen effizienter und rechtlich völlig bedenkenfrei erledigen kann.

Andere Bundesländer, z. B. Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, fragen mittlerweile das im Justizministerium gesammelte Know-how ab, um dem hessischen Beispiel zu folgen.

Für die Region Osthessen hat das Projekt positive Folgen. Die Justizvollzugsanstalt Hünfeld ist zum Jobmotor und Großinvestor geworden. Neben den 116 staatlichen Bediensteten finden 95 private Mitarbeiter einen neuen und sicheren Arbeitsplatz. 90 % der Mitarbeiter kommen aus Hünfeld und der angrenzenden Nachbarschaft.

Die regionale Bauwirtschaft hat Aufträge im Gesamtwert von rund 16 Millionen c erhalten. Auch nach der Inbetriebnahme wird ein Großteil der notwendigen Versorgungsleistungen, wie etwa die Gas-, Wasser- und Stromversorgung und die Versorgung mit Lebensmitteln, von Anbietern vor Ort bezogen werden. Allein für die Energie- und Wasserlieferungen bedeutet das ein Auftragsvolumen von rund 500.000 c pro Jahr.

Das Land Hessen und damit der hessische Steuerzahler profitieren ebenso.660.000 c wird Hessen an Kosten jährlich einsparen können.

Gleichzeitig wird die Resozialisierung durch ein erhebliches Mehrangebot von Gefangenenarbeitsplätzen deutlich verbessert.Ingesamt werden 370 Arbeitsplätze für die Gefangenen zur Verfügung stehen. Mit den 500 zusätzlichen Haftplätzen, die die JVA Hünfeld bietet, setzt die Landesregierung ihre erfolgreichen Bemühungen zum Abbau der Überbelegung in den hessischen Haftanstalten fort.

(Beifall bei der CDU)

Die rot-grüne Vergangenheit überfüllter Haftanstalten ist jetzt erfolgreich bewältigt.

Ein weiterer substanzieller Punkt unserer Justizvollzugspolitik ist die Sicherheit im Strafvollzug. Auch diese hat sich seit 1999 erheblich verbessert.

(Jürgen Walter (SPD): Sieht nicht gut aus!)

Wir haben die rot-grüne Serie von Katastrophen im Strafvollzug beendet.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lachen Sie nicht. Sie können nur aus Unwissenheit lachen. – Seit 1999 gab es keine Gefangenenmeuterei mehr wie am 24. Juli 1994 in Kassel. Seit 1999 gab es keine Geiselnahme mit Tötung mehr, wie es 1976 und 1991 in der JVA Schwalmstadt geschehen ist. Seit Antritt der Regierung Koch hat auch kein Hafturlauber, der noch eine Reststrafe von vier Jahren abzusitzen hatte, mit einer

Splitterhandgranate bewaffnet eine Bank überfallen, wie im Juli 1997 geschehen.

(Norbert Schmitt (SPD): Es gibt ja keinen Urlaub mehr!)

Im April 1998 beging ein Freigänger, der zuvor wegen insgesamt 100 Straftaten verurteilt worden war, drei Raubüberfälle und eine Vergewaltigung. Nach 1999 hat sich so etwas nicht wiederholt. Das wollen wir hier klar und deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Juli 1998 – noch unter Rot-Grün – überfielen zwei Inhaftierte eine Bank. Zusammen hatten sie bereits mehr als 40 Jahre hinter Gittern verbracht. Gleichwohl war ihnen Hafturlaub zur Ordnung ihrer finanziellen Verhältnisse gewährt worden. Nach 1999 hätten sie diese Gelegenheit nicht mehr erhalten.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen. Es ist unstreitig, dass die Überbelegung der Justizvollzugsanstalten die Sicherheitslage ebenso wie die Resozialisierungsbemühungen beeinträchtigt. Der Abbau der Überbelegung muss daher Ziel jeder verantwortungsvollen Strafvollzugspolitik sein. Die Landesregierung ist diesem Anspruch durch jahrelange kontinuierliche Arbeit gerecht geworden.Am Ende der rot-grünen Ära im Jahre 1998 betrug die Überbelegungsquote in hessischen Gefängnissen 22 %. Am 1. Juni 2005 betrug sie 5,2 %. Auch das ist ein Ausweis unserer ständigen Anstrengungen und Bemühungen.

(Beifall bei der CDU)

Seit Mai 1999 wurden 647 neue Haftplätze geschaffen, und die Arbeit in diesem Bereich wird fortgesetzt. Wie deutlich die Verbesserung der Sicherheitslage im hessischen Strafvollzug seit 1999 tatsächlich ist, belegen folgende Zahlen. Unter Rot-Grün kam es im Zeitraum von 1991 bis 1998 zu durchschnittlich 54 Entweichungen pro Jahr. Im Jahr 2004 hingegen hatten wir nicht einen einzigen Ausbruch aus dem geschlossenen Vollzug und lediglich eine Entweichung aus dem offenen Vollzug. Ähnlich günstig sieht es bis jetzt für das Jahr 2005 aus. Es gab lediglich einen Vorfall, bei dem zwei Untersuchungsgefangene entkommen sind.

Ein sehr ähnliches Bild ergibt sich bei einem Blick auf die Zahl der Missbräuche von Vollzugslockerungen. Während im Jahre 1998 im geschlossenen Männervollzug 168 Missbrauchsfälle zu beklagen waren, gab es im Jahre 2004 im geschlossenen Männervollzug lediglich acht Fälle. Zwischen diesen Zahlen – ich wiederhole sie: 168 zu 8 – liegen Welten. Wir haben die Missbrauchsquote um über 90 % gesenkt. Dies bedeutet ein riesiges Mehr an Sicherheit auch für die Bevölkerung in unserem Lande.

(Beifall bei der CDU)

Auch innerhalb der Haftanstalten hat sich die Sicherheitslage erkennbar verbessert. Gab es unter Rot-Grün 350 Fälle, in denen ein Gefangener der Begehung einer Straftat in einer Haftanstalt verdächtigt wurde, belief sich diese Zahl im Jahr 2004 auf lediglich 240 Fälle. Es ist gelungen, die Zahl der Straftaten in den Anstalten gegenüber 1998 um 30 % zu senken.Auch das ist ein Faktum und ein deutliches Ergebnis unserer ständigen Anstrengungen

und Bemühungen um mehr Sicherheit in den Vollzugsanstalten.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für das Sicherheitsempfinden der Bürger ist die Entwicklung der Zahl der Straftaten der Gefangenen außerhalb der Haftanstalten von größter Bedeutung.Auch hier sprechen die Fakten für unsere Politik. Seit der erstmaligen statistischen Erfassung im Jahr 1993 hat es noch nie so wenige Verdachtsfälle von Straftaten – begangen durch Gefangene außerhalb der Anstalten – gegeben.Im Jahr 1998 war ein Spitzenwert von 210 Fällen zu verzeichnen. Wir haben heute 90 % weniger Straftaten außerhalb der Anstalten, die von rechtskräftig verurteilten Straftätern begangen werden, die eigentlich einsitzen müssten, als damals.

(Beifall bei der CDU)

Dieses hohe Niveau der Sicherheit in hessischen Justizvollzugsanstalten zu erhalten und zu steigern verlangt ständige Aufmerksamkeit und konsequentes Handeln. Der hessische Justizvollzug erfüllt diese Aufgaben vorbildlich. Eine bedarfsgerechte Personalausstattung und umfangreiche Sicherungsmaßnahmen sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren. Die Landesregierung hat den Justizvollzug personell immer besser ausgestattet. Zu keiner Zeit hat es in Hessen so viel Personal in den Justizvollzugsanstalten gegeben wie heute. Während im Jahr 1998 im allgemeinen Vollzugsdienst 1.970 Stellen zur Verfügung standen, sind es nunmehr 2.057. Durch die Verlängerung der Wochenarbeitszeit besitzt der hessische Justizvollzug gegenüber 2003 eine um 150 Stellen verbesserte Personalausstattung.

Ein weiterer Punkt, den ich zum Thema Sicherheit vortragen will:Von 1991 bis 1998, also zu Zeiten von Rot-Grün, kam es insgesamt nur zu fünf Durchsuchungsaktionen in hessischen Haftanstalten. Von 1999 bis 2005 hingegen wurden in den Justizvollzugsanstalten 30 groß angelegte Durchsuchungsaktionen durchgeführt, um gefährliche und unerlaubte Gegenstände sicherzustellen und aus dem Verkehr zu ziehen.

(Heike Hofmann (SPD): Sie haben aber nichts gefunden!)

Wir haben die Intensität der Durchsuchungen also um das Sechsfache erhöht. Bei der Drogenbekämpfung haben engmaschige Urinkontrollen deutliche Erfolge gezeitigt. All das gab es unter Rot-Grün nicht.

(Zurufe von der SPD)

Der Drogenkonsum in hessischen Gefängnissen konnte stark zurückgedrängt werden. Seit einigen Jahren ist ein kontinuierlicher Rückgang sowohl der Zahl der Drogenfunde als auch der Zahl der mit positivem Kontrollergebnis aufgefallenen Gefangenen festzustellen. Rot-Grün ließ es auch zu – das ist teilweise schon vergessen worden –, dass ein Bandenchef seine kriminelle Organisation per Festnetztelefon aus dem Gefängnis heraus dirigierte. Wir haben die Möglichkeit, unkontrolliert aus den Haftanstalten nach draußen zu telefonieren, flächendeckend abgeschafft.

(Beifall bei der CDU)

Der Strafvollzug ist eine wichtige Säule des Rechtsstaats. Für das Rechtsgefühl der Bürger und auch für die innere Sicherheit in unserem Lande ist die konsequente Vollziehung einer Strafe nach begangener Tat von großer Bedeutung. Die Strafe hat den Zweck, Unrecht zu sühnen,

von dem Begehen von Straftaten abzuhalten und die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen.

Der Strafvollzug hat aber auch das zentrale Ziel – das will ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen –, den Täter in ein Leben ohne Straftaten zurückzuführen, ihn also zu resozialisieren. Ich betone: Hierbei lässt sich die Landesregierung von niemandem übertreffen.