Das ist ein richtiger Schritt zu mehr Selbstverantwortung der Schulen, und er wird zu höherer Flexibilität in der Unterrichtsversorgung, aber auch in der Unterrichtsgestaltung führen, weil sich für die Schulen Möglichkeiten ergeben, kreativ – und nicht nur mangelverwaltend – unfreiwilligen Unterrichtsausfall durch Projekte und Angebote aufzufangen, die in sinnvoller Ergänzung zur Stundentafel stehen.
Es ist jedoch nur ein erster Schritt auf dem Weg, die Ressourcen für Bildung und Schulen des Landes und der Schulträger zusammenzuführen und den Schulen die Budgets für die Einstellung von Lehrpersonal zur eigenen Verwaltung zu übergeben.
Meine Damen und Herren,auch die Aufstockung der Vertretungsmittel in den nächsten beiden Haushaltsjahren ist ein notwendiger Schritt, um dem Unterrichtsausfall an den hessischen Schulen entgegenzuwirken. Aber an diesem Punkt fallen dann schon die versteckten Mängel auf – Herr Irmer –, die es verhindern, dass wir die neue Garantie so richtig ins Herz schließen können. Jeder, der ihren Entstehungsprozess beobachtet hat, muss sich nämlich fragen, was aus der großen Schwester, der Unterrichtsgarantie, geworden ist.
Bisher haben wir aus dem Munde der Kultusministerin vernommen, dass sie sich bewährt hat und der Unterricht zu 100 % abgedeckt ist. Jetzt erfahren wir, dass die Zweifel der Opposition, der Eltern und Lehrer an den Schulen berechtigt waren, denn nach Aussagen des Kultusministeriums fallen 7 % des zu 100 % garantierten Unterrichts aus.
Merkwürdigerweise sind das genau die Zahlen, die wir dem Zuweisungserlass entnehmen konnten:Nur 93 % des Unterrichts werden durch die Lehrerversorgung abgedeckt.
Herr Irmer, das ist ein Eingeständnis der Ministerin, dass es nicht gelungen ist, den Wortsinn der Unterrichtsgarantie so umzuinterpretieren, dass Sie damit nach außen glaubwürdig auftreten konnten.
Meine Damen und Herren, wir erinnern uns auch daran, dass die Umsetzung der Unterrichtsgarantie im vergangenen Jahr mit einer so genannten Sondermaßnahme von der Ministerin realisiert worden ist. Besonders an dieser Maßnahme war die Tatsache, dass vorher im Namen einer missglückten Zukunftsoperation 1.000 Stellen gestrichen worden waren – von denen man dann 500 über BAT-Verträge wieder besetzten musste. Die Kultusministerin wusste von Anfang an, dass der errechnete Ausgleich der 1.000 Lehrerstellen auf der Grundlage der höheren Stundenverpflichtung höchstens den Anforderungen an einen Presseartikel standhalten würde, nicht aber der Realität an den hessischen Schulen.
Deshalb ist die neue Unterrichtsgarantie Plus auch ein Ergebnis von Flickschusterei in der Personalpolitik, die leider nicht nur zu Unterrichtsausfall geführt hat. Sie hat auch bewirkt, dass viele junge Lehrer und Lehrerinnen Hessen den Rücken zugewandt haben und in andere Bundesländer gegangen sind, die ihnen noch sichere Stellen anbieten konnten.
Herr Irmer, bei dem zunehmenden Mangel an jungen Lehrkräften wird uns gerade diese Problematik in den kommenden Jahren nachhaltig beschäftigen. Insofern ist das Geschenk an die hessischen Schulen ein Danaergeschenk. Denn viele Schulen werde Mühe haben, geeigneten Ersatz für ausfallende Unterrichtsstunden zu finden. Dort, wo Universitäten Lehramtsstudiengänge anbieten – da gebe ich Ihnen Recht –, ist es sicher sinnvoll, auch Lehramtsstudenten den Weg in die Schulen über Vertretungsmittel zu eröffnen. Es sollte allerdings nicht Ihr Ernst sein,Herr Irmer,die Schulen zum bezahlten Einsatz von Lehrern zu animieren, weil Sie nicht in der Lage waren, eine vorausschauende Personalplanung zu betreiben.
Ich komme zum Schluss. Als Oppositionsabgeordnete stelle ich fest: Ihr ungebrochener Drang zu Garantieerklärungen führt Sie jetzt zur zweiten Auflage der Unterrichtsgarantie Plus.
Aber Sie können sicher sein, dass die inflationäre Bekanntgabe von Garantien nicht zur Vertrauensbildung an den Schulen beiträgt. Sie werden an Ihren Resultaten gemessen.Vielleicht wären Sie besser beraten gewesen, den von der VhU geprägten Begriff der Beschulungsgarantie zu wählen. Er lässt nämlich offen, was den Schülerinnen und Schülern während ihrer Anwesenheit in der Schule angeboten wird.
Einen Moment, bitte. Ich weiß nicht, was heute Morgen los ist. Ich bin ja froh, dass so viele gekommen sind. Aber ich bitte doch um etwas Aufmerksamkeit, damit die Redner hier vortragen können.
Die heute verkündete und hochgelobte Unterrichtsgarantie Plus, meine Damen und Herren, ist keine neue Garantie. Sie ist auch kein neues Kind. Das Kind ist nämlich bereits vier Jahre alt. Die Unterrichtsgarantie Plus wurde im Jahr 2001 in der Koalition zwischen FDP und CDU als Modellversuch ins Leben gerufen und an etlichen Schulen in diesem Lande ausprobiert.
Das Wort „Garantie“ – das wissen Sie genau, die FDP hat es immer gesagt – ist sehr gefährlich. Auch die jetzt verkündete Garantie ist natürlich keine richtige Unterrichtsgarantie. Sie ist lediglich der Einstieg in eine garantierte Schulzeit. Das ist immerhin ein Schritt in die richtige Richtung und ist zu begrüßen.
Der Modellversuch Unterrichtsgarantie Plus läuft jetzt seit vier Jahren in Hessen. Bei sehr vielen Schulbesuchen habe ich festgestellt, dass es Schulen gab, die völlig damit überfordert waren, sich eine Namensliste von Lehrern oder Vertretungskräften zuzulegen, die man morgens anrufen kann. Es gab und gibt aber auch Schulen in Hessen, die solche Listen haben und damit hervorragende Erfahrungen gemacht haben. Natürlich ist es sehr gut, wenn man eine Kooperation mit einer Universität hat und dort Lehramtsstudenten rekrutieren kann. Andere Schulen haben z. B. pensionierte Lehrer oder interessierte Eltern genommen und damit, wie gesagt, sehr gute Erfahrungen gemacht.
Abhängig war der Erfolg im Modellversuch sehr stark von der Kooperation der Staatlichen Schulämter, wie so vieles von der Kooperation der Staatlichen Schulämter abhängig ist. Deshalb ist der Weg jetzt, den Schulen das Geld direkt zu geben und ihnen den Abschluss von Verträgen zu erleichtern, ein Schritt in die richtige Richtung.
Die vier Jahre Modellversuch sind, nehme ich an, im Kultusministerium sicher ausgewertet worden.Ich bedaure es sehr, dass diese Auswertung dem Parlament nicht zur Verfügung gestellt wurde und wir im Ausschuss nicht darüber reden konnten.
Auch die Aufstockung der Mittel ist lobenswert.Trotzdem darf man diesen Begriff nicht so selbstbewusst vor sich hertragen. Denn hätte man die Mittel nicht 2004 von 34 auf 26 Millionen c gekürzt, könnte man sich nicht heute hinstellen und sagen:Wir haben sie wahnsinnig erhöht.
Der ganzen Aktion hätte es auch nicht bedurft, wenn Sie dem Rat der FDP gefolgt wären und die Erhöhung der Unterrichtszeit an den Schulen gelassen hätten. Dann könnten nämlich die Lehrer ihre zusätzliche Unterrichtsstunde für eigene Vertretungen benutzen, und dann wäre heute alles nicht mehr so wichtig.
Im Grundsatz begrüßen wir das Konzept. Es ist ein erster Schritt in die Selbstständigkeit der Schulen. Es ist eine Chance für jene Schulen, die damit schon sehr weit waren und schon sehr selbstständig agieren.Es ist eine Pflicht für die Schulen, die bei Vertretungsbedarf bisher eben noch nicht selbstständig agiert haben. Sie müssen nun ein Konzept erarbeiten. Betreuung vom ersten Tag an, auch wenn es keine ausgebildeten Lehrer sind und auch wenn in der Vertretung kein Fachunterricht erteilt wird, ist auf jeden Fall besser als Unterrichtsausfall. Für Eltern ist es schon sehr wichtig, dass sie wissen, dass ihre Kinder – und das bald bis zur 10. Klasse – nicht frühzeitig vor der Tür stehen.
Allerdings haben wir für das Konzept, das im Grunde gut ist, doch noch einige Verbesserungsvorschläge. Zum Beispiel sind wir der Meinung,dass das Geld komplett an den Schulen bleiben soll, wenn sie es nicht für Vertretungsverträge ausgeben müssen. Das wäre ein Anreiz für die Schulen und für die Lehrer an den Schulen, den Unterricht zu halten und eben keinen Stundenausfall zu produzieren. Deshalb sollten sie das Geld komplett behalten und es für Personalangelegenheiten wie Schulassistenten oder auch für Fortbildungsmaßnahmen ausgeben können.
Außerdem müssen die Mittel natürlich auch in das nächste Jahr übertragbar sein. Nur dann haben die Schulen wirklich den Anreiz, den Unterrichtsausfall selbst zu regeln und zu verbessern.
Die Servicefunktion der Schulämter muss stärker ausgebaut werden. Die Unterstützung der Schulen bei der Abwicklung der Vertretungsverträge ist dabei ein Anfang. Es ist sehr wichtig, dass die Staatlichen Schulämter nicht mehr so viel in die Schulen hineinregieren, sondern dass sie sich nur noch als Serviceleiter betrachten.
Eine weitere Forderung der FDP ist, dass endlich die Rangliste aufgelöst wird. Wir müssen eine Personalkartei oder einen Personalpool bilden, wo auch so etwas wie Vertretungen eingetragen wird. Wenn z. B. Lehramtsstudenten Vertretungen machen und sie auch gut machen, muss das Eingang in die Personaldatei finden und später für eine frühere Einstellung herangezogen werden können.
Wichtig ist auch, dass die Unterrichtsausfälle insgesamt verringert werden. Die Fortbildung, die jetzt für Lehrer verpflichtend ist, soll möglichst in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden. Leider liegen die meisten Angebote der staatlichen Einrichtungen für Fortbildung immer noch in der Schulzeit. Da muss dringend gegengesteuert werden.
Das Budget zur freien Einstellung von Vertretungspersonal an allen hessischen Schulen ist, wie gesagt, keine Unterrichtsgarantie. Aber es ist ein Einstieg in eine garantierte Schulzeit und ist deshalb zu begrüßen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist für eine Opposition nicht so ganz leicht, auf das Programm zu antworten, das hier vorgelegt worden ist.