Protokoll der Sitzung vom 13.10.2005

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist für eine Opposition nicht so ganz leicht, auf das Programm zu antworten, das hier vorgelegt worden ist.

(Andrea Ypsilanti (SPD): Na ja! – Nicola Beer (FDP): Die Kollegin Henzler hat das doch sehr pointiert gemacht!)

Was soll denn eine Opposition anders sagen als: „Es geht uns nicht schnell genug, es ist überhaupt nicht genug, und es könnte vielleicht auch scheitern“?

(Norbert Schmitt (SPD): „Täuschung Plus“ sagen wir dazu!)

Das alles zusammen ist doch nichts anderes als die Bestätigung, dass die Regierung mit dem, was sie vorgelegt hat, genau auf dem richtigen Weg ist und Sie sich scheuen, das offen anzusprechen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Oh! – Günter Rudolph (SPD): Dafür gibt es kaum Beifall von den eigenen Leuten!)

Lassen Sie mich deshalb zunächst einmal die Frage von Herrn Wagner beantworten: Warum braucht es eine Unterrichtsgarantie Plus? Die Frage ist sehr einfach zu beantworten: Wir brauchen die Unterrichtsgarantie Plus und legen sie deswegen auf, weil die Unterrichtsgarantie verwirklicht ist und wir mit der Unterrichtsgarantie Plus den nächsten Schritt gehen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD):Waren Sie selbst einmal in den Schulen? Wann waren Sie das letzte Mal in der Schule? – Michael Siebel (SPD): Wie ist das jetzt mit den 7 %?)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit und etwas mehr Ruhe im Haus. Das Wort hat der Herr Staatssekretär.

Herr Schmitt, ich war jedenfalls so lange in der Schule, dass ich noch eine relativ gute Erinnerung daran habe,wie es war, Schulleiter unter einer rot-grünen Landesregierung zu sein.

(Beifall bei der CDU)

Ich will Ihnen sagen, wie das war,

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD):Das muss anscheinend Ihr letzter Schulbesuch gewesen sein!)

weil Ihre Erinnerung an dieser Stelle offensichtlich leicht getrübt ist. Es war die Erfindung der neuen Prozentrechnung. Uns wurde vorgerechnet, dass der Unterricht, wenn 80 % der Lehrer da sind, ausreichend versorgt sei. 80 % gleich 100 %, das war Ihre Erfindung und Ihre Form von Unterrichtsabdeckung.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Die Vorstellung, dass es kurzfristig BAT-Verträge geben könnte, war abenteuerlich.

(Norbert Schmitt (SPD): So etwas ist bei uns Schulleiter geworden!)

Unter mindestens sechs Wochen Krankheit gab es keine Chance, Unterricht durch einen Vertretungsvertrag abgedeckt zu erhalten. Meine Damen und Herren, mit einer Resterinnerung an die Neunzigerjahre frage ich mich: Woher nehmen Sie den Mut – besser: die Dreistigkeit –, das, was jetzt aufgelegt wird, auch nur in Ansätzen zu kritisieren?

(Beifall bei der CDU)

Tatsache ist: Die Unterrichtsgarantie ist erfüllt.

(Michael Siebel (SPD): Können Sie nicht mit Kritik umgehen?)

Ich verzichte jetzt darauf, Ihnen zum wiederholten Mal den Zuweisungserlass zu erklären. Das hätte keine Aussicht auf Erfolg; das ist oft genug bewiesen worden.

Tatsache ist: Die Unterrichtsgarantie ist erfüllt. Tatsache ist: Die Unterrichtsversorgung in den Schulen war noch nie so gut, wie sie jetzt ist. Das erfahren wir bei jedem Schulbesuch. Immer wieder wird uns bestätigt: Es fällt kein Unterricht mehr aus dem Grund aus, weil Lehrer fehlen.

(Lachen bei der SPD – Norbert Schmitt (SPD): Das ist die glatte Unwahrheit! Glatt gelogen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt beginnen wir mit der Arbeit daran, dass auch die Unterrichtsgarantie – –

(Norbert Schmitt (SPD): Ich werde meinen Kindern die Beispiele nennen!)

Meine Damen und Herren, denken Sie daran: Es ist Donnerstag, und es soll auch Freitag und Samstag werden. Beruhigen Sie sich.

(Norbert Schmitt (SPD): Das kann man sich nicht mehr anhören! – Günter Rudolph (SPD):Wer so etwas erzählt, Herr Präsident!)

Bitte sehr, Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Tatsache ist, dass auch die Unterrichtsgarantie nicht verhindern kann, dass ein Lehrer krank wird und auch kurzfristig krank wird.Wir haben uns jetzt vorgenommen,dass die Schulen auch im Fall einer kurzfristigen Krankheit in die Lage versetzt werden, den Unterricht vom ersten Tag an abzudecken, und werden das auch realisieren.

Das ist keine leichte Aufgabe. Ich glaube, man macht sich etwas vor, wenn man die Vorstellung hätte, man könnte das heute beschließen und morgen verwirklichen. Das braucht eine solide Vorbereitung. Deswegen ist es Teil des Konzeptes, mit der Realisierung dessen, was wir vorhaben,im nächsten Schuljahr zu beginnen.Die Schulen müssen sich darauf einstellen. Die Schulen müssen sich den Personalpool besorgen, den sie brauchen. Die Schulen müssen Konzepte in Konferenzen beschließen, auch Konzepte für neue Unterrichtsformen.

Die finanzielle Kraftanstrengung, die Vertretungsmittel am Ende auf 42 Millionen c auszuweisen, und die Arbeit der Schulen werden zusammen dazu führen, dass das Vorhaben – es wird bei kurzfristigem Ausfall reagiert, vom ersten Tag an wird kein Kind mehr vorzeitig nach Hause geschickt – erfolgreich sein und realisiert wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, letzte Bemerkung. Das ist ein großer Einstieg in das Konzept „Mehr Selbstverantwortung für die Schulen“.Wir machen Ernst damit,Aufgaben auf die Schulen zu übertragen. Wir versetzen sie in die Lage, diese Aufgaben auch zu lösen. Die Schulen erhalten von uns eine neue Aufgabe. Sie erhalten aber auch die Hilfe, und sie erhalten das Budget, diese Aufgabe zu realisieren. Genau das ist das, was wir uns unter „Mehr Selbstverantwortung für die Schulen“ vorstellen. Die Schulen sollen in die Lage versetzt werden, das, was vor Ort am besten gelöst werden kann, auch vor Ort zu lösen. Deswegen wird die Unterrichtsgarantie Plus genauso ein Erfolg, wie die Unterrichtsgarantie ein Erfolg geworden ist.

(Beifall bei der CDU und Zurufe von der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Jacobi. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zu Punkt 49.Damit ist diese Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 50 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Beispiellose Serien von Skandalen im Verantwortungsbereich des Innenminis- ters) – Drucks. 16/4550 –

Das Wort hat der Kollege Frömmrich, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie sehr dieser Landesregierung der Sinn für die Realität abhanden gekommen ist, hat man gerade an dem Redebeitrag von Staatssekretär Jacobi gesehen. Wir wollen uns einer anderen Realität zuwenden. Die betrifft den Bereich der Innenpolitik, den der Innenminister hier zu vertreten hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in den vergangenen Wochen haben wir uns im Bereich der Innenpolitik mit Skandalen und mit Pannen zu beschäftigen gehabt. Wir haben Korruption im Präsidium für Logistik und Technik. Wir haben eine Verwaltung, die eigene Korruptionserlasse nicht einhält. Wir haben einen Knöllchenbetrug im Polizeipräsidium Frankfurt – 17.000 Straftaten, 600.000 c Schaden. Wir haben einen Überstundenbetrug bei den Personenschützern in Frankfurt. Wir haben Pannen bei der Razzia in Frankfurt.Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Innenministerium und im Bereich des Innenministers geht es drunter und drüber.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Diesem Innenminister ist der Blick für die Realität in diesem Lande auch deshalb abhanden gekommen, weil er – genau wie der Staatssekretär eben –, diese Tatsachen einfach nicht zur Kenntnis nimmt und so tut, als sei alles in Ordnung. Um Ihnen ein paar seiner Schlagzeilen, die er in den vergangenen Tagen und Wochen fabriziert hat,einmal vor Augen zu führen, will ich das schlaglichtartig tun. Wir entnehmen die natürlich der Presse, die wir zur Verfügung haben. Der Innenminister lebt ein bisschen in der veröffentlichten Meinung der „Polizeirundschau“. Die spiegelt aber nicht die Realität in diesem Lande wider.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Wir haben eine Debatte um einen „Betrug im Polizeipräsidium“, wir haben einen „glücklosen Innenminister, der im Bereich des Innenministeriums in Bedrängnis kommt“, Herr Daschner soll jetzt „die Korrupties im Präsidium für Logistik und Technik jagen“, ein Präsidium der Polizei „kultiviert Missstände“, wir haben einen „Leibwächterskandal“ – die „Bild“-Zeitung beschreibt das – und eine Razzia, die „vom Schreibtisch des Polizeipräsidiums aus verraten worden ist“. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht in diesem Präsidium und in diesem Innenministerium drunter und drüber.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Der Innenminister wird gleich wieder sagen: Das ist alles Getöse der GRÜNEN, das stimmt alles gar nicht, die haben es sowieso nicht so mit der Polizei.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): So ist es!)

Weil ich das genau weiß, will ich Ihnen jetzt jemanden zitieren, der mit Ihnen jahrelang verbunden war. Das sagen nämlich nicht nur wir, sondern das sagt z. B. der Vorsitzende der FDP-Fraktion Jörg-Uwe Hahn. Jörg-Uwe Hahn sagt in einer Pressemitteilung: „Ich bin nun schon 17 Jahre innenpolitischer Sprecher im Hessischen Landtag. Eine derartige Serie von Skandalen habe ich noch nicht erlebt.“

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,das schreibt Ihnen Jörg-Uwe Hahn ins Stammbuch. Herr Staatsminister, die andere Frage, die sich hier stellt, ist:Was hätten Sie eigentlich nach einer solchen Serie von Skandalen getan, wenn ein Innenminister der SPD auf Ihrer Bank sitzen würde? Da möchte ich sehen, was Sie hier für Veitstänze aufgeführt hätten.