Protokoll der Sitzung vom 13.10.2005

Meine sehr verehrten Damen und Herren,das schreibt Ihnen Jörg-Uwe Hahn ins Stammbuch. Herr Staatsminister, die andere Frage, die sich hier stellt, ist:Was hätten Sie eigentlich nach einer solchen Serie von Skandalen getan, wenn ein Innenminister der SPD auf Ihrer Bank sitzen würde? Da möchte ich sehen, was Sie hier für Veitstänze aufgeführt hätten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Erinnern wir uns einmal, was alles passiert ist, z. B. die ganzen Skandale im Präsidium für Logistik und Technik. Da gab es keine Aktenführung, da wurden keine Aufträge vernünftig vergeben.Wir haben mittlerweile einen Untersuchungsausschuss,der sich damit beschäftigt.Da ist es so, dass der Landtag einen Untersuchungsausschuss einsetzt, wir aber seit fünf Monaten darauf warten,dass wir die Akten aus dem Ministerium zur Verfügung gestellt bekommen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was haben wir noch? Wir haben einen Überstundenbetrug. In diesem Bereich wird ermittelt.Der Innenminister hält es nicht für nötig, den zuständigen Ausschuss überhaupt über diese Dinge zu informieren. Er verweigert sozusagen dem Parlament die Information. Das Gleiche beim Knöllchenbetrug. Da wird zwar berichtet, da wird aber die Tatsache, dass sich das ausgeweitet hat, dass es mittlerweile um 17.000 Straftaten und um 600.000 c Schaden geht, dem Innenausschuss des Landtages nicht berichtet.

Auch zu den Pannen bei der Großrazzia hält es der Innenminister nicht für nötig,die Obleute des Innenausschusses zu unterrichten. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist wirklich skandalös, wie der Innenminister mit dem Parlament und dem Innenausschuss umgeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Sie werden uns vielleicht auch das nicht glauben, weil Sie sagen werden: Das sind die bösen GRÜNEN.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Auch da nehme ich als Zeitzeuge den Kollegen Hahn von der FDP.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Zu viel der Ehre! Bald kriege ich Honorar von euch!)

Der Kollege Hahn schreibt Ihnen einen Brief und sagt sinngemäß: Am Donnerstagmorgen wurde bekannt, dass die von der hessischen Polizei am vergangenen Dienstag durchgeführte Razzia durch einen Mitarbeiter der Polizei verraten wurde. Sie persönlich hätten uns darüber informieren müssen. – Das sagen nicht wir, sondern das sagt der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion Jörg-Uwe Hahn.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Frömmrich, Sie müssen langsam zum Schluss kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, fünf Minuten reichen leider nicht aus, um diese ganzen Skandale, die in den letzten Wochen im Zuständigkeitsbereit des MdI passierten, einmal deutlich anzusprechen. Herr Innenminister, aber ich kann Ihnen eines sagen: Bei Ihnen im Innenministerium brennt die Hütte. Wenn das unter der Verantwortung eines SPD- oder sonstigen Innenministers passiert wäre und Sie noch innenpolitischer Sprecher der CDU wären, dann hätten Sie in diesem Landtag Veitstänze aufgeführt. An diesen Ansprüchen werden wir Sie messen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es scheint sich mittlerweile schon fast zur Tradition zu entwickeln, dass wir uns in jedem Plenum mit den angeblichen Skandalen im Bereich des hessischen Innenministeriums beschäftigen.

(Reinhard Kahl (SPD): Das Wort „angeblich“ würde ich streichen!)

Trotz Wiederholungen werden Ihre Bemühungen, solche Dinge hier zu skandalisieren, wirklich nicht besser. Herr Frömmrich, Sie haben eben ein ziemlich beredtes Beispiel dafür abgegeben und haben einige Kurven gedreht, um eine schöne Pirouette zu tanzen. Es ist Ihnen nicht gelungen.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir reden schon zum wiederholten Mal über Einzelfälle, die ärgerlich sind, die aufgearbeitet werden müssen und aufgearbeitet werden. Sie haben das Beispiel Korruption – das hatten wir schon mehrfach in diesem Hause – beim Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung genannt. Bisher,jedenfalls nach meinem Kenntnisstand,geht es um Betrug und Untreue, nicht um Korruption.Wir, das haben Sie richtig ausgeführt, arbeiten das in einem Untersuchungsausschuss auf. Deswegen könnten Sie sich das eigentlich an dieser Stelle sparen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sind vielleicht die Akten gekommen?)

Knöllchenbetrug – auch das haben wir wiederholt gehabt. Überstundenbetrug – wir wissen bis zur Stunde nicht, ob es tatsächlich zu einem Überstundenbetrug gekommen ist. Sie haben aufgeführt – das finde ich schon einigermaßen beachtlich – die angeblichen Pannen bei der Islamistenrazzia in der vorvergangenen Woche. Das finde ich schon erstaunlich. Wir hatten uns damit im Innenausschuss sehr ausgiebig und sehr ausführlich beschäftigt, weil Sie auch da versucht haben, daraus einen dicken Skandal zu machen. Sie sind im Innenausschuss ziemlich kraftvoll wieder zurückgerudert, nachdem der Präsident des Polizeipräsidiums Frankfurt und der Präsident des Landeskriminalamtes berichtet hatten. Ich finde, die Polizei hat hier ganz hervorragend gearbeitet.

Natürlich ist es ärgerlich, wenn ein Mitarbeiter des Polizeipräsidiums diese Razzia verrät. Aber wie gesagt, wir hatten das wiederholt. Das ärgert mich dann schon ein Stück weit. Sie blasen hier angebliche Skandälchen auf, machen daraus dicke Skandale, nehmen Überschriften aus der Zeitung und schaden damit der Polizei insgesamt. Nehmen wir den Korruptionsverdacht: ein einzelner Mitarbeiter, der gekündigt ist, der in Untersuchungshaft sitzt, und 200 Mitarbeiter beim PTLV, die hervorragende Arbeit leisten. Eine Razzia in Frankfurt, die übrigens in 20 Städten in Hessen stattgefunden hat: hervorragende Arbeit. Die Polizei hat prima gearbeitet, war hervorragend vorbereitet, übrigens im Kontext mit anderen Bundesländern.

Sie mussten in der Innenausschusssitzung doch stark zurückrudern. Sie hatten vorher dem Innenminister vorgeworfen, er habe diese Razzia durchführen lassen, um Aktionismus zu zeigen und damit von seinen Skandalen und Skandälchen, die angeblich vorgefallen sind, abzulenken.

Davon wollten Sie in der Innenausschusssitzung nichts mehr wissen. Da sind Sie zurückgerudert. Jetzt fangen Sie zu früher Morgenstunde wieder an, hier Dinge aufzublasen, die eigentlich nicht aufzublasen sind.

Herr Kollege Frömmrich,ich wundere mich,dass Sie nicht den neuesten angeblichen Skandal aufgegriffen haben, den die Zeitung mit den vier Buchstaben gemeldet hat, die offensichtlich das neue Kampfblatt von Rot und Grün dieses Hauses ist.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auf jeden Fall haben Sie eine Schlagzeile dieser Zeitung zum Anlass genommen, dem Innenminister „wichtige“ Fragen zu stellen, die er heute in der Mittagspause beantworten wird. Ich finde, Sie haben recht damit getan, das Thema nicht zu nennen. Denn Herr Degen hat im „Wiesbadener Kurier“ all Ihre Fragen beantwortet.

Ich kann Ihnen dazu auch nur Folgendes sagen: Sie versuchen hier, Dinge aufzublasen, ohne sich zu erkundigen. Sie hätten schon vor über einem Jahr in den Zeitungen lesen können, was da vorgefallen war. Das war alles hinlänglich bekannt.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist in Ordnung,dass Sie immer wieder versuchen,dieser Landesregierung zu schaden.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Landesregierung schadet dem Land, das ist das Problem!)

Es ist auch in Ordnung, dass Sie versuchen, der CDU zu schaden. Das wird Ihnen nicht gelingen. Das kann ich Ihnen heute wieder versichern.Aber Sie schaden der Polizei insgesamt. Das macht mich richtig wütend. Das muss ich wirklich sagen.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Oh!)

Last, but not least schaden Sie sich auch selbst. Da bin ich mir sicher. Ich finde, das ist in Ordnung.

Lassen Sie mich vielleicht abschließend noch Folgendes sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, Sie hätten Ihre Aktuelle Stunde für den heutigen Tag anders betiteln sollen. Ich kann Ihnen da einen Vorschlag machen. Nehmen Sie die Schlagzeile des „Wiesbadener Kurier“ von gestern: „Viel heiße Luft und hohe politische Wellen“.

Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Hahn, der Fraktionsvorsitzende der FDP.

(Nicola Beer (FDP): Der hat doch schon geredet! – Günter Rudolph (SPD): Herr Hahn, aber nichts zurücknehmen! – Weitere Zurufe)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Durch die beiden vorhergehenden Redebeiträge konnte ich zur Kenntnis nehmen, dass die „Bild“Zeitung das Kampfblatt von Rot und Grün und Jörg-Uwe Hahn der Kronzeuge ist. Irgendwie ist das eine total verrückte Welt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN – Minister Volker Bouffier: Das sehe ich auch so!)

Ich glaube, wir müssten die Debatte heute nicht führen, wenn der Minister und die Staatssekretärin in den letzten Wochen ein bisschen anders reagiert hätten.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, des BÜND- NISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Ich glaube, wir alle wissen, dass wir der hessischen Polizei nicht schaden wollen. Frau Kollegin Zeimetz-Lorz, entschuldigen Sie bitte, dass ich eben etwas flapsig „Tempotaschentuch“ dazwischengerufen habe.

(Heiterkeit der Abg. Petra Fuhrmann (SPD) und Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Es kann nicht angehen, dass denjenigen, die auf Missstände hinweisen, entgegnet wird: Wenn ihr das tut, schadet ihr der Polizei.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses Ritual nehme ich nicht an. Dieses Ritual hat auch früher Volker Bouffier nicht angenommen.Das Ritual hat auch Christean Wagner früher nicht angenommen. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, dieses Ritual immer wieder durchzuführen. Denn das hat alles eine Vorgeschichte.