Protokoll der Sitzung vom 13.10.2005

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.Damit ist die zweite Lesung durchgeführt.

Es ist der Antrag auf dritte Lesung gestellt. Demgemäß beschließen wir, dass der Gesetzentwurf zur Vorbereitung der dritten Lesung an den Ausschuss überwiesen wird. Widerspricht dem jemand? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zur Änderung des Hessischen Landesplanungsgesetzes – Drucks. 16/4507 zu Drucks. 16/4371 und zu Drucks. 16/4066 –

Berichterstatter, Kollege Milde, Griesheim, bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Beschlussempfehlung und zweiter Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Hessischen Landesplanungsgesetzes, Drucks. 16/4371 zu Drucks. 16/4066, hierzu der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/4448.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf in dritter Lesung mit folgender Änderung anzunehmen: In Art. 1 wird vor dem Wort „Landtag“ das Wort „Hessischen“ gestrichen.

Der Gesetzentwurf und der Änderungsantrag waren dem Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr in der 78. Plenarsitzung am 22. September 2005 nach der zweiten Lesung zur Vorbereitung der dritten Lesung überwiesen worden.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 29. September behandelt und ist mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen

die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu dem genannten Votum gelangt. Zuvor war der Änderungsantrag Drucks. 16/4448 mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN abgelehnt worden.

Der vorhin wiedergegebene mündliche Änderungsantrag des Abg. Boddenberg wurde einstimmig angenommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Berichterstatter, vielen Dank. – Zunächst hat Herr Abg. Boddenberg in der Aussprache für die Fraktion der CDU das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befinden uns in der dritten Lesung. Wir haben ausführliche Beratungen im Ausschuss hinter uns. Das hat Gottfried Milde gerade eben vorgetragen.

Zunächst einmal möchte ich den Mitgliedern der SPDFraktion dafür danken, dass sie zwischenzeitlich zu der Auffassung gelangt sind, dem Gesetzentwurf in dieser Form zuzustimmen. Das wurde so angekündigt, nachdem wir im Ausschuss über die Frage der Befassung des Landtags bei zukünftig anstehenden Veränderungen des Landesentwicklungsplans ausführlich diskutiert haben. Ich freue mich, dass die SPD-Fraktion nun zustimmen wird.

Wir haben insbesondere folgende Frage diskutiert: Welche Bedeutung hat es, dass sich die Legislative da auf einem Terrain bewegt, das nach der Verfassung alleine der Exekutive zusteht? – Wir haben über die Frage gesprochen: Kann es über den Zustimmungsvorbehalt hinaus eine konkrete Mitwirkung bei der Aufstellung einer Rechtsverordnung geben? Wir haben das klar voneinander getrennt und dabei die Zuständigkeiten gewahrt, die das Bundesverfassungsgericht in mehreren Urteilen aufgezeigt hat.

Ich glaube, wir können deshalb heute auf die Erörterung weiterer inhaltlicher Fragen verzichten. Wir wollen allerdings noch einmal sehr deutlich machen, dass uns daran gelegen ist,dass mit dieser Gesetzesänderung mehr Transparenz und Beteiligung des Parlaments geschaffen werden sollen. Das wird allein schon dadurch vorgegeben, dass der Gesetzgeber in die Lage versetzt wird, seine Zustimmung nur dann zu geben, wenn ihm bestimmte Informationen und Entscheidungsgrundlagen vorliegen. Dies wiederum bedeutet, dass die Exekutive, also die Landesregierung, aufgerufen ist, die entsprechende Beteiligung und Weitergabe der Informationen vorzusehen.

Wir wollten das nicht näher präzisieren, weil es auf den jeweiligen Einzelfall ankommt. Herr Posch, auch darüber haben wir ausführlich gesprochen. Es gibt Themen mit sehr hoher Komplexität. Möglicherweise wird es in Zukunft auch Themen mit geringerer Komplexität geben. Insofern wollen wir das jetzt nicht so festzurren, dass wir dann, wenn in Zukunft andere Projekte als die des Ausbaus des Frankfurter Flughafens anstehen, Änderungen am Gesetzestext vornehmen müssten.

Meine Damen und Herren, ich komme zu meiner abschließenden Bemerkung. Ich würde mich sehr freuen, wenn auch die GRÜNEN mittlerweile diese gemeinsame und offensichtlich von einer sehr starken Mehrheit getra

gene Auffassung teilen könnten. Ich bitte auch die Mitglieder der GRÜNEN um Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat der Kollege Riege für die Fraktion der SPD das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Boddenberg hat schon vieles gesagt.

Ich will noch einmal eines deutlich machen: Wir betreten in Hessen mit dieser gesetzlichen Regelung Neuland. Deswegen war es durchaus sympathisch, darüber nachzudenken, ob wir mit diesem Neuland betretenden Schritt nicht auch gleich dahin kommen sollten, dass die Beteiligung des Parlaments ein größeres Ausmaß haben könnte, als es jetzt vorgesehen ist.

Nach langen Überlegungen haben wir davon Abstand genommen, weil wir den Rahmenbedingungen nicht so recht trauen. Für die jetzt vorgesehene Änderung des Gesetzes haben uns alle Fachkundigen zugesagt: Das, was ihr da machen wollt, ist, juristisch gesehen, unstrittig, das wird auch in anderen Bundesländern schon praktiziert.

Wir haben in Hessen aber einen eigenen Verwaltungsgerichtshof. Ich bin zusammen mit den Mitgliedern meiner Fraktion der Auffassung, dass wir uns nicht zu viel zutrauen sollten.Wir sollten erst einmal mit dieser Form der geänderten Rechtslage Erfahrungen sammeln.

Es muss dabei bleiben, dass die Exekutive ihre Rechte wahrnehmen kann. Wenn wir im weiteren Fortgang mit den Verfahren gute Erfahrungen machen, ist es nicht ausgeschlossen, dass wir eines Tages den Schritt mit vollziehen, den die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bereits jetzt machen wollten. Dazu sind wir jetzt noch nicht bereit. Deswegen schließen wir uns der Vorlage der Landesregierung in der Form, wie sie eingebracht wurde, an und werden dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dieter Posch (FDP))

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Boddenberg, vielen Dank für die freundliche Einladung. Es tut mir Leid, dass wir ihr nicht folgen können. Das ist aber nicht so schlimm. Denn nach den Erklärungen, die dazu abgegeben wurden, wird in diesem Haus eine hinreichende Mehrheit zur Verabschiedung des Gesetzentwurfs vorhanden sein. Insofern kann man durchaus auch eine andere Position einnehmen.

Das, was Herr Kollege Riege gerade eben gesagt hat, gibt ein wenig Hoffnung. Herr Kollege, es ist schade, dass wir da nicht schon gleich das Stück weitergekommen sind.

Eines ist doch klar: Nachdem der erste Änderungsvorschlag, den wir gemacht hatten, von Herrn Boddenberg mündlich eingebracht und letzten Endes auch übernommen wurde, bestreitet niemand, dass das rechtlich korrekt ist. Man kann das also so machen. Das bestreitet keiner.

Die Frage ist aber: Ist das vernünftig? – An der Stelle gibt es genau ein Problem, das in der Anhörung diskutiert wurde und das wir auch in der letzten Ausschusssitzung intensiv besprochen haben. Dabei geht es um die Frage, in welchem Maß der Landtag einbezogen wird. Das heißt, es geht um die Frage:Wie kann er sich einbringen?

Meine Damen und Herren, man darf das auch ein bisschen lebenspraktisch durchdenken, selbst hinsichtlich der Formulierung in Gesetzentwürfen.Wir alle wissen: Es ist nicht realistisch, dass die Zustimmung nicht zustande kommt, wenn die Landesregierung den Entwurf des Landesentwicklungsplans bereits festgelegt hat und es zu seiner Umsetzung nur noch der rein formalen Zustimmung des Landtags bedarf. – Das sieht der Gesetzentwurf jetzt vor. Denn die die Regierung tragenden Fraktionen werden bzw. die die Regierung tragende Fraktion wird ihre Regierung nicht im Regen stehen lassen. Etwas anderes haben wir noch nicht erlebt. Das wird auch da nicht vorkommen. Vor allen Dingen wird es nicht der Fall sein, wenn es um so eine einzelne Frage geht. Das ist so. Das ist einfach pragmatisch gedacht.

Das heißt, der Landtag hat am Ende eigentlich gar keine andere Chance, als Ja oder Nein zu sagen. Damit erhebt sich aber die Frage: Wie kann er sich vorher vernünftig einbringen, ohne dass man die Konstruktion ändert, die Sie wählen wollen.

Herr Boddenberg, es gibt übrigens auch andere Konstruktionen. Es ist nicht richtig, dass nicht auch der Gesetzgeber diese Aufgabe übernehmen könnte. Diese Lösung haben wir alle nicht vorgesehen.Aber nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wäre das durchaus zulässig. Das wäre eine andere machbare Konstruktion. Die haben wir nicht gewählt. Ich wollte das nur sagen, um deutlich zu machen, dass die Konstruktion, die von Ihnen hier gewählt wurde, nicht die einzige ist, die machbar wäre.

Wenn sich der Landtag einbringen will, wie soll das geschehen? Ich spreche jetzt insbesondere die Mitglieder der SPD-Fraktion und Herrn Kollegen Riege an. Da gibt es nämlich folgendes, aus der Praxis des Lebens bekannte Problem.Wir haben das heute an anderer Stelle schon gehört. Es gibt einen sehr engen Kontakt hinsichtlich der Übergabe der Informationen zwischen der Regierungsfraktion oder den Regierungsfraktionen und der Regierung. Das ist vielleicht so nicht festgeschrieben. Aber die Praxis zeigt, dass es das so gibt.

Das heißt, solange man gegenüber dem Landtag nicht darstellt, welche Art der Beteiligung stattfinden soll, wird im Wesentlichen eine informelle Beteiligung im Landtag über die Mehrheit stattfinden, die die Regierung dort hat. Das heißt, die Mitglieder der Opposition sind abgehängt. Zumindest ist das die Erfahrung, die wir oft schon gemacht haben. Die Mitglieder der Opposition wissen nicht das, was die Mitglieder der Regierungsfraktionen schon wissen.Denn bei Letzteren wird das direkt kommuniziert.

Damit ist eine Stellungnahme des Landtags als Ganzes bzw. die Einflussnahme des Landtags als Ganzes eher nur in reduziertem Umfang möglich. Das und nichts anderes ist der ganze Grund, warum wir vorgeschlagen haben, das in einer etwas anderen Form zu kodifizieren. Wir wollten

im Vorverfahren die Möglichkeit der Stellungnahme des Landtags schaffen. Am Schluss handelt es sich dann um ein Ratifizierungsverfahren. Da geben wir uns keinen Illusionen hin. Das ist so, obwohl Sie, Herr Boddenberg, für die Mehrheitsfraktion zugesagt haben, dass dieses Ratifizierungsverfahren nicht in einer Runde stattfindet, in der man das sozusagen fressen, also Ja sagen muss. Vielmehr sollen die Änderungen durchaus intensiv begründet und in den Fachausschüssen diskutiert werden.

Aber der Punkt ist doch folgender. Es gibt kaum eine realistische Chance, dass die Mehrheit des Landtags, wenn ihr der Plan an bestimmten Stellen nicht gefallen würde, sagen kann: Macht es doch lieber so. – Denn ein Änderungsverfahren ist nicht vorgesehen. Es ist nur vorgesehen, dass der Landtag Ja oder Nein sagen kann.

In diesem Punkt unterscheiden wir uns. Deswegen sagen wir: Es ist mit der Verbesserung der demokratischen Legitimierung des Landesentwicklungsplans nicht so weit her, wie Sie das gerne behaupten. Denn im Grunde genommen soll der Landtag am Ende nur noch Ja sagen.

Solange kein Verfahren kodifiziert ist, das zeigt, wie der Landtag seine Interessen einbringen kann, werden wir allein dem Wohl und Wehe der Mehrheit ausgeliefert sein. Das halten wir für keine sehr sinnvolle demokratische Konstruktion. Herr Boddenberg, deswegen erlauben wir uns, diesem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung nicht zuzustimmen.

(Beifall der Abg. Margaretha Hölldobler-Heumül- ler und Sarah Sorge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN))

Das Wort hat Herr Abg. Posch für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was wir heute diskutieren und zum Gesetz erheben werden, hat schon grundlegende Bedeutung. Ich darf einmal daran erinnern – zumindest diejenigen,die sich damit seit längerem befassen, wissen das –: Die Diskussion wird in den Fachausschüssen seit drei Jahren geführt. – Das ist also ungefähr der Zeitraum, in dem wir darüber nachgedacht haben, ob das sinnvoll ist und, falls das sinnvoll ist, in welcher Weise dann der Landtag, also das Parlament, in die Verabschiedung des Landesentwicklungsplans einbezogen werden kann.

Die Diskussion war auch deswegen nicht ganz einfach, weil dies immer vor dem Hintergrund des konkreten Projekts der Verabschiedung des Landesentwicklungsplans und bestimmter materieller Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Ausbau des Frankfurter Flughafens diskutiert wurde. Gleichwohl glaube ich, dass wir damit eine Zäsur erreicht haben, die sinnvoll ist.

Herr Kaufmann hat gesagt,es reiche ihm nicht aus,dass es nur um die Zustimmung des Landtags gehe, er wolle die Möglichkeit haben, dass der Landtag eine weiter gehende Stellungnahme erarbeitet. Darauf will ich eingehen.

Mitnichten ist es so,dass die Landesregierung sagen kann: Friss, Vogel, oder stirb. – Das zeigt doch gerade das Beispiel der Festlegung von Maßnahmen im Landesentwicklungsplan. Dazu hat im Vorfeld schon eine Vielzahl an Diskussionen stattgefunden, also lange bevor es um die

Fortschreibung des Landesentwicklungsplans geht. Dazu gibt uns die Landesregierung die Informationen dann entweder freiwillig, oder wir veranlassen sie dazu mit einer parlamentarischen Initiative. Es ist also keinesfalls so, dass man sagen könnte, das geht nach dem Motto: Friss, Vogel, oder stirb. – Es geht nicht nur darum, Ja oder Nein zu sagen.Wir haben umfassende und weit gehende parlamentarische Befugnisse und Rechte, uns die entsprechenden Informationen zu holen.