Ich komme zum Schluss mit einem Satz, der vielleicht auch dem Innenminister zu denken geben sollte. Ich weiß, Sie waren neulich beim Landeshelfertag und haben beim Landeshelfertag auch das Ehrenamt gelobt und gesagt, wie wichtig das Ehrenamt ist. Da stimmen wir Ihnen vollkommen zu, Herr Innenminister, ohne Frage. Aber auch der ehrenamtliche Naturschutz ist ehrenamtliche Tätigkeit.
Den rasieren Sie vollkommen. Im Bereich der Regierungspräsidenten schaffen Sie die Naturschutzbeiräte ab, schaffen Sie die Fischereibeiräte ab, schaffen Sie die Forstbeiräte ab. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das ist Ehrenamt, und hier rasieren Sie das Ehrenamt und gleichzeitig den Naturschutz.
Wir appellieren noch einmal an Sie, den Gesetzentwurf in dieser Form nicht zum Gesetz zu erheben, weil er schlecht für das Land und schlecht für das ehrenamtliche Engagement in Hessen ist.
Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind nun in der dritten Lesung angekommen,und es gilt zu befürchten, dass trotz vernichtender Kritik der Fachleute und aus den Fachverbänden die CDU dieses Gesetz durchpeitschen will. Meine Damen und Herren, Sie haben aus der Anhörung nichts gelernt.
Daher werde ich für meine Fraktion die Redezeit nutzen, um Ihnen in der dritten Lesung und insbesondere für das Protokoll und die Nachwelt nochmals deutlich zu machen, dass wir bis zuletzt gute Gründe hatten, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Herr Minister, das mag Ihnen nicht gefallen. – Ich will das insbesondere an zwei Punkten festmachen. Zum einen wollen Sie die Widerspruchsverfahren bei den RPs abschaffen und verursachen damit einen Ansturm bei den Verwaltungsgerichten. Zum anderen führen Sie mit diesem Gesetz das Ehrenamt ad absurdum.
Sie sind bis heute auf die schwer wiegenden Bedenken aus der mündlichen Anhörung nicht eingegangen, und wir prophezeien Ihnen, dass Ihr beratungsresistentes Verhalten Sie noch teuer zu stehen kommen wird.
Insbesondere die Abschaffung der Widerspruchsverfahren wird eine Bauchlandung werden. Die Beispiele aus Niedersachsen und Bayern haben es gezeigt. Zeitverzögerungen, teurere Verfahren und negative Auswirkungen für die Wirtschaft werden die Folge sein.
Fast alle Anzuhörenden, selbst die Rechtsanwaltkammer oder auch der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs in Kassel, Herr Reimers – das hat auch Herr Kollege Frömmrich gesagt –, haben die Beibehaltung der Widerspruchsverfahren bei den RPs regelrecht gefordert. Die Begründung aller war einleuchtend und nachvollziehbar. Sie hätte Sie zum Einlenken bewegen müssen. Doch nun steht uns in Hessen eine Prozessflut ins Haus, eine Verdopplung der Zahl der Klagen bei den Verwaltungsgerichten und damit eine Erhöhung der Personalkosten in diesem Bereich.
Statt der angestrebten Erfolge werden Sie irgendwann lediglich resümieren können, dass die Stelleneinsparungen bei den RPs durch mehr Personal bei den Verwaltungsgerichten regelrecht aufgefressen werden. Es ist letztendlich nur eine Verschiebung der Kosten vom Innenministerium zum Justizministerium.
Meine Damen und Herren, das Ganze geschieht noch nicht einmal kostenneutral; denn – das hat die Anhörung auch gezeigt – es wird künftig im Verhältnis mehr Klagen geben, da die Widerspruchsverfahren bisher in vielen Fällen Gerichtsverfahren vermieden haben. Auch die Ab
schaffung des Devolutiveffekts wird zu mehr Klagen führen, da Sie damit sozusagen das Vier-Augen-Prinzip abschaffen. Künftig werden Kreise und kreisfreie Städte über ihre eigenen Bescheide befinden müssen.Sie werden erkennen, was dabei herauskommen wird.
Ein weiterer Punkt, den Sie, Herr Minister, in der Vergangenheit immer ignoriert haben, ist, dass Städtetag und Landkreistag auf die Mehrkosten im Personalbereich hingewiesen haben und auf die Konnexität gepocht haben. Auch hier zeigen Sie sich beratungsresistent.
Zum wiederholten Male verlagert das Land Aufgaben auf die Kommunen, und zwar ohne die entsprechende finanzielle Ausstattung mitzugeben. Da ist es kein Wunder, wenn Hessens Landkreise im bundesweiten Vergleich den höchsten Schuldenstand haben. Das liegt an Ihren kommunalfeindlichen Maßnahmen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Günter Ru- dolph (SPD): Die schlechteste Finanzausstattung haben sie in Hessen!)
Meine Damen und Herren, teurer wird es auch für eine andere Gruppe, und das sollte Ihnen Anlass zum Nachdenken geben. Teurer wird es für die Bürgerinnen und Bürger. Sie können künftig nicht mehr das schnelle und kostengünstigere Widerspruchsverfahren beim RP in Anspruch nehmen, sondern sie müssen sich mit Anwalt vors Gericht begeben. Sie nehmen damit den Bürgern einen preiswerten Rechtsschutz. Ein weiteres Mal verabschieden Sie sich hier von einer bürgernahen und bürgerfreundlichen Verwaltung, wie wir es bereits bei den 130 Behördenschließungen erlebt haben.
Interessant ist auch, wie die Ihnen sonst so nahe stehende hessische Industrie reagiert hat. Herr Minister, wenn schon die Oppositionskritik nichts fruchtet, sollten die Stellungnahmen der hessischen Unternehmen und insbesondere der chemischen Industrie Sie zum Einlenken bewegen. Die Unternehmen sprechen aus Erfahrung, wenn sie berichten, dass bisher auf RP-Ebene bei Widerspruchsverfahren eine sehr gute Befriedung erfolgt ist und insbesondere bei den Umweltverfahren beiderseitige Befriedung ermöglicht wurde. Die Unternehmen warnen förmlich vor der Abschaffung dieser Widerspruchsverfahren; denn sie fürchten – ich denke, zu Recht – Verzögerungen. Ganz explizit wurde gesagt, dass auch die unternehmerische Tätigkeit dadurch behindert würde. Es wurde von Standortnachteilen und Wettbewerbsnachteilen in Hessen gesprochen.Gerade bei der Arbeitslosigkeit und der Ausbildungssituation in Hessen sollten Sie diese Aussagen der Unternehmen ernst nehmen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss mit der Bemerkung unseres zweiten Grundes, warum wir diesen Gesetzentwurf ablehnen müssen: die Beschneidung des Ehrenamtes. Die Mitwirkungsrechte bei Forst-, Fischerei- und
Naturschutzbeiräten haben Sie rasiert – eine Ohrfeige für das Ehrenamt. Richtiger wäre, auch an dieser Stelle den Sach- und Fachverstand der Bürgerinnen und Bürger zu nutzen, statt sie auszusperren.
Daher gibt es viele Gründe für die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wenn Herr Haselbach nach vorne kommt, wird er vielleicht doch noch über die Kehrtwende der CDU berichten. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte es für absolut überflüssig, alle bis zum Erbrechen ausgetauschten Argumente in einer dritten Lesung zu wiederholen, die ich insgesamt für überflüssig halte.
(Beifall der Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) und Axel Wintermeyer (CDU) – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Hätten Sie ein besseres Gesetz gemacht, hätten Sie keine dritte Lesung gebraucht!)
Meine Beurteilung ist: Die dritte Lesung haben Sie beantragt. Sie haben aber nichts unternommen, um sie zu begründen.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Die dritte Lesung steht uns zu! Wir haben einen Änderungsantrag eingebracht!)
Hören Sie auf, Herr Kollege Frömmrich. Der Klamauk steht einem langsam bis hierhin,und das bei so einer wichtigen Frage, die das Land Hessen nach vorne bringen soll.
(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN):Der Einzige,der Klamauk macht, sind Sie!)
Wir haben mit dem Dritten Verwaltungsstrukturreformgesetz die Strukturreform der Verwaltung des Landes Hessen vorläufig abgeschlossen. Während wir uns im ersten Gesetz um die Behördenstruktur – Auflösung und Integration der Sonderbehörden – gekümmert haben, so haben wir im zweiten Gesetz die Standortfrage geklärt. Wir haben darüber hinaus im Kommunalisierungsgesetz die staatlichen Landräte kommunalisiert, natürlich unter voller Beachtung des Konnexitätsprinzips. Mit dem Dritten Verwaltungsstrukturreformgesetz haben wir uns jetzt der RP-Ebene zugewandt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nicht verhehlen, dass wir uns im Jahre 1998 vor dem Wahlsieg fest vorgenommen hatten, die Ebene der Regierungspräsidien abzuschaffen. Das ist uns aus bekannten Gründen nicht gelungen. Herr Kollege Hahn und Frau Kollegin Wagner haben erheblich daran mitgewirkt. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, die Ebene der RPs auf ihre eigentlichen Kernaufgaben zu konzentrieren und sie zu einem höchst wirtschaftlichen Bereich zu entwickeln.
Aufgrund einer ausgiebigen,umfassenden Aufgabenkritik durch die RPs selbst sind wir jetzt zu dem Ergebnis gekommen, dass wir verschiedene Aufgaben bei den RPs überhaupt nicht mehr durchführen und anderes neu und sehr viel straffer organisieren, was dazu führt, dass wir am Ende 905 Personalstellen auf der Ebene der RPs werden einsparen können. Ich denke, das ist eine gewaltige Leistung.
Damit verschafft man sich bei Anhörungen nicht nur Freunde. Bei Verwaltungsreformen ist es sowieso äußerst schwierig, wenn Sie etwas Neues, wenn Sie Veränderungen verlangen.
Wenn Sie dann Zustimmung erwarten, ist das jenseits von Gut und Böse, will ich ganz vorsichtig sagen. Man muss wissen, was man will, und wir wollen das Land Hessen, seine Verwaltung und die Effizienz dieser Verwaltung nach vorne bringen. Ich denke, dass das mit diesem Gesetzentwurf gelingt. Die CDU-Fraktion steht voll hinter diesem Gesetz. – Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu diesem Gesetzentwurf ist schon alles gesagt, auch von jedem, auch von der FDP-Fraktion. Wir haben die Ehre, dass wir eine dritte Lesung haben, die man nicht haben muss, Herr Kollege Frömmrich, und die man auch nicht hat brauchen können.