Protokoll der Sitzung vom 24.01.2006

(Beifall bei der CDU)

Zur Überprüfung steht ein schon erprobtes Instrumentarium zur Verfügung. Dafür haben wir im letzten Jahr das Institut für Qualitätsentwicklung, das IQ, gegründet, das die zentrale Koordinierungsstelle für all diese Qualitätsmaßnahmen und -überprüfungen ist. Instrumentarien sind zum einen die Landesprüfungen in allen Schulformen, interne Vergleichsarbeiten, der landesweite Mathematikwettbewerb als die erste Stufe landesweiter Tests und zum anderen die internationalen Studien, an denen wir selbstverständlich teilnehmen, ob das in den Grundschulen oder in den weiterführenden Schulen sein mag. Neu kommt in Hessen die externe Schulinspektion hinzu. Derzeit läuft die Erprobung an 50 Pilotschulen. 25 haben sich frei dafür entschieden, und 25 wurden ausgelost. Ab nächstem Jahr wird das in ganz Hessen eingeführt.

Dieser Schul-TÜV will alle Stärken und Schwächen der Schulen aufzeigen. Den Schulen soll von außen ein Spiegel vorgehalten werden. Sie sollen auf dem Weg zu einer besseren Qualität unterstützt werden. Die Schulen erhalten mit diesen Inspektoren und, verbunden damit, auch mit der Schulaufsicht Hilfen und Zielvereinbarungen auf dem Weg zu einer qualitativen Weiterentwicklung jeder einzelnen Schule.

Meine Damen und Herren, das alles ist die Grundlage dafür, dass wir von Schritten zu mehr Eigenverantwortung reden können. Denn wir haben festgestellt: Durch Prozessfestschreibung lässt sich die Qualität nicht gewährleisten. Durch klare Zielvorgaben und die Möglichkeit, dass in der Schule selbst Verantwortung übernommen wird, lässt sich gewährleisten, dass die gemeinsamen Ziele tatsächlich erreicht werden. Verantwortung übernehmen heißt auch, entscheiden zu können, die Möglichkeit der Entscheidung zu haben und auf dieser Grundlage auch Schwerpunkte setzen zu können, wie man gewährleisten kann, dass man zum festgeschriebenen Ziel kommt. Das ist der Grundsatz der Subsidiarität: dass Entscheidungen möglichst dort getroffen werden können, wo sie sich auswirken, dort, wo die Entscheider für die Umsetzung einstehen. – Das ist unser Prinzip. Hier wollen wir weiterkommen.

Dafür gibt es gute Zeugen, etwa Jürgen Oelkers, der an der Universität in Zürich lehrt. Er sagt:

Die Schule muss Ziele oder Standards der verschiedenen Bildungsgänge auf ihre Schülerschaft hin umsetzen und dafür einen möglichst großen Spielraum zur Verfügung haben. Keine Verwaltung kann die örtlichen Gegebenheiten vorhersehen.Es ist die einzelne Schule, die ihre Ressourcen so einsetzen muss,dass die Probleme vor Ort gelöst werden können.

Auch PISA 2003 sagt nichts anderes, wenn empfohlen wird – ich zitiere –, „dass Schulen Entscheidungsspielräume und die Möglichkeit zur selbstständigen und eigenverantwortlichen Ausgestaltung der pädagogischen Arbeit vor Ort benötigen, um den Anforderungen des jeweiligen lokalen Umfeldes besser gerecht werden zu können“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, mehr Freiheit, mehr Entscheidungsspielräume und mehr Verantwortung – und das in drei Bereichen: bei dem Unterricht, dem Personal und dem Schulbudget. In diesen Bereichen haben Schulen in Schritten bereits mehr Verantwortung erhalten. In diesem Jahr werden wir erneut wichtige Weichen dafür stellen.

Ich will als Erstes das Stichwort Unterricht nennen. Mit einer erhöhten Eigenverantwortung in der Organisation des Unterrichts geben wir unseren Schulen die Möglichkeit, ihren Unterricht gezielter auf die Bedingungen vor Ort, vor allem auf die Lern- und Förderbedürfnisse ihrer Schülerinnen und Schüler, abzustimmen. Ab dem kommenden Schuljahr erhalten die hessischen Schulen hierfür mehr Selbstverantwortung und Flexibilität in der Umsetzung der gesetzlichen Stundentafeln. Meine Damen und Herren, ab dem 01.08.2006 wird es eine Jahresstundentafel geben.

(Demonstrativer Beifall der Abg. Heike Haber- mann (SPD) – Zuruf des Abg. Dr. Walter Lübcke (CDU))

Dem Unterricht wird nicht mehr eine starr vorgeschriebene Wochenstundentafel zugrunde liegen. Es wird nicht mehr die Vorschrift geben, dass ich in einer Woche nicht mehr und nicht weniger als zwei Stunden Biologie, nicht mehr und nicht weniger als vier Stunden Deutsch und Englisch erteilen muss, sondern die Schule erhält, voraussichtlich sogar für zwei Jahre, die Möglichkeit, ihre Zeit einzuteilen. Sie kann die Zeit einteilen, wie sie mit Schwerpunkten, etwa in einem längerem Prozess Mathematik zu unterrichten, umgehen mag, wie sie bei begabungsgerechter Förderung auf Differenzierungen nach dem Leistungsstand eingehen mag oder wie sie damit umgehen mag, dass die Gegenstände verschiedener Fächer zusammengebunden werden. Es gibt die Möglichkeit fächerverbindender Projekte, die davon profitieren, dass Stunden zusammengelegt werden können – übrigens auch in höchst unterschiedlichen Gruppenstärken. Auf diese Weise kann ein nachhaltiger und verknüpfender Unterricht gehalten werden. Meine Damen und Herren, das wird ab dem Sommer möglich sein.

(Beifall bei der CDU)

Im Zusammenhang mit dem Unterricht steht das zweite Stichwort, nämlich die Eigenverantwortung der Schulen bei der Unterrichtsvertretung, die sie ab dem Sommer noch stärker übernehmen als bisher. Ich komme damit zum Thema „verlässliche Schule“, die ohne Frage auch

bundesweit ein Paukenschlag war und in der hessischen Schullandschaft und darüber hinaus wahrgenommen wird.

Nachdem wir seit 1999 mit mehr als 3.500 neuen Lehrerstellen und mit mehr als 1.600 neuen Referendarstellen 100.000 Stunden Unterrichtsausfalls pro Woche unter Rot-Grün abgebaut haben,der schon im Stundenplan eingeplant war, startet nun die zweite Stufe dieses Konzepts, nämlich den kurzfristigen Unterrichtsausfall zu beherrschen und damit die „verlässliche Schule“ in Hessen zu schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Mit dem neuen Schuljahr haben die einzelnen Schulen pro Stelle 1.000 c zur Verfügung, um mit ihren vor Ort vorhandenen flexiblen Mitteln die verlässlichen Schulzeiten des Stundenplans zwischen der ersten und der sechsten Stunde zu garantieren. Meine sehr verehrten Damen und Herren, mir liegt sehr viel daran, dass damit erstens die Qualität, die Verlässlichkeit des qualitätsorientierten Unterrichts unterstützt wird und dass sich zum Zweiten alle Eltern ab dem nächsten Schuljahr darauf verlassen können, dass ihre Tages- und Arbeitsplanung mit dem Stundenplan verbindlich abgestimmt ist.

Wir haben dies seit drei Jahren durch Modellversuche in allen Schulämtern vorbereitet. Wir haben dies in der gesamten Fläche des Kreises Groß-Gerau und überwiegend auch im Main-Taunus-Kreis vorbereitet. Jetzt können wir es flächendeckend einführen. Wir werden nicht einfach das Modell übertragen, sondern wir werden das Budget der einzelnen Schulen ausstatten und damit den Haushalt beim Vertretungsbudget in einer beachtlichen Weise erhöhen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Vertretungsbudget ist schon verfünffacht worden. Jetzt stehen 26 Millionen c zur Verfügung. In zwei Tranchen werden dann insgesamt 42 Millionen c zur Verfügung stehen, und zwar ohne Kürzung an anderer Stelle im Bildungsetat.

Das macht gerade in Zeiten angespannter Haushalte wiederum sehr deutlich: In Hessen hat die Bildung eindeutig Vorfahrt. Aus den Vertretungsmitteln erhalten die Schulen 30 Millionen c zur Eigenbewirtschaftung, um bei kurzfristigem Unterrichtsausfall selbstständig,schnell und unbürokratisch Vertretungen organisieren zu können. Die Schulen sind jetzt dabei – dafür brauchen sie noch ein halbes Jahr der Vorbereitung –, sich hierfür einen Personenpool aufzubauen. Langfristige Vertretung werden gemäß bisheriger Übung durch die Staatlichen Schulämter sichergestellt, die hierfür 12 Millionen c zur Verfügung haben und zudem als eine Art Backoffice den Schulen bei der Erfüllung dieser Organisationsaufgabe helfen.

Eigenverantwortung im Personalwesen heißt vor allem, dass die Schulen – und speziell die Schulleitungen – künftig mehr Freiheit in der Personalauswahl erhalten. Was hilft es mir, wenn ich ein Schulprogramm machen soll, wenn ich dieses Programm in der Schule umsetzen soll und dabei keinen Einfluss darauf habe, wer an meiner Schule unterrichtet und an der Umsetzung des Schulprogramms mitwirkt? Wir müssen den Schulleitungen die Möglichkeit geben, sich schrittweise ein Kollegium nach den Beschlüssen der Schule zu formen, die ihren Ausdruck im Schulprogramm finden. Deswegen werden die Schulen bereits im kommenden Schuljahr die Möglichkeit bekommen, 50 % aller freien Stellen völlig eigenständig zu besetzen. Das Staatliche Schulamt wird diese Entscheidungen bestätigen.

(Beifall bei der CDU)

Das wird in den kommenden Schuljahren so weitergehen. Wir werden einen raschen Ausbau bis auf 100 % haben. Sobald die notwendigen überregionalen Versetzungen vollzogen sind, wird den Schulen offen gelegt, wie viele Lehrerstellen sie entsprechend besetzen können. Dann können die Schulen gezielt die Lehrer auswählen, die in ihr Programm passen. Dann können die Schulen entscheiden, ob sie eine nach dem Schulprofil oder einem besonderen Fachprofil formulierte Ausschreibung machen wollen oder ob sie in der Rangliste – die nach wie vor existiert und zur Einsichtnahme zur Verfügung steht – die Lehrkräfte finden, die in ihr Schulprofil passen.

Meine Damen und Herren, das bedeutet natürlich auch, dass die Schulen sehr sorgfältig analysieren müssen, wie der jeweilige Ergänzungsbedarf in ihrer speziellen Personalsituation aussieht, in welchen Fächern Lehrernachwuchs herangezogen werden muss, in welchen weiteren Aktivitäten der Schulen das Schulprofil geschärft werden muss.

Deswegen hat die größere Freiheit und Eigenverantwortung im Personalwesen auch wesentliche Auswirkungen auf die Rolle der Schulleiterinnen und Schulleiter in den Lehrerkollegien. Prof. Dubs, ein Schweizer Erziehungswissenschaftler aus St. Gallen sagte auf einer Tagung hessischer Schulleiter im vergangenen Dezember, dass eine eigenständige Schule nur dann erfolgreich sein könne, wenn sie zugleich eine geleitete Schule sei. Er hob damit zu Recht die Bedeutung der Schulleitungen, der Schulleiterinnen und Schulleiter in Person hervor. Das Berufsbild Schulleitung ändert sich mit der Eigenverantwortlichkeit von Schule. Die Gestaltungs- und Handlungsspielräume, aber auch die Verantwortlichkeiten von Schulleitungen – und damit ihre Verantwortung für die Qualität des Unterrichts – werden größer. Schulleiterinnen und Schulleiter werden Manager von Möglichkeiten.

Deshalb ist es wichtig, dass wir, wenn wir die Rechte der Schule stärken, wenn wir die Verantwortung der Schulleitungen stärken, zugleich auch Ja dazu sagen, dass es eine Kultur der Verbindlichkeit in den Schulen geben muss. Je mehr eine Schule im Konzert der Schulen frei ist, ihren eigenen Weg zu suchen, umso mehr muss der schulinterne Weg als verbindlich gelten, sei er noch so differenziert.

Das erstreckt sich auch auf den Bereich Fortbildung. Die Schulen bekommen für eigene Fortbildungsveranstaltungen – über das hinaus, was zentral an Fortbildung und an regionaler Fortbildung in Kooperation mit den Schulen angeboten wird – ein Budget, das sie frei verwenden können. Sie bekommen 40 c pro Stelle. Ich will ein Beispiel nennen.Wenn sich bei einer Schulinspektion herausstellt, dass eine Schule nach Abschluss einer Zielvereinbarung mit dem Schulamt sagt: „Wir haben in bestimmten Fächern einen bestimmten Fortbildungsbedarf“, oder: „Wir können uns als Kollegium verändern,damit bei uns Schulentwicklung stattfindet“, dann kann diese Schule mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Fortbildungsveranstaltungen selbst gestalten, organisieren und bezahlen.

Meine Damen und Herren, das bedeutet selbstverständlich auch, dass wir ein neues und verändertes Schulleitungsbild haben werden. Das bedeutet, dass „Schulleitung“ für den gelernten Pädagogen im Grunde eine zusätzliche Berufsbeschreibung ist, die eine Berufsqualifizierung und eine entsprechende Arbeitszeitregelung erforderlich macht. Deswegen werden wir den Umfang der Leitungszeit ausweiten und ausweisen. Wir werden zum

neuen Schuljahr die Schulleitungsdeputate,die wir bereits vor zwei Jahren vergrößert haben, um weitere 200 Stellen erhöhen. Das sind rund 5.400 Stunden, die den Schulleitungen für zusätzliche Aufgaben als Freiraum zur Verfügung stehen.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden bei dem Schulversuch „Selbstverantwortung plus“ überprüfen, wie sich Leitungszeit von Schulleitungen zu der Einstellung von unterstützenden Verwaltungskräften verhält, die insbesondere diesen 17 Berufsschulen zur Verfügung stehen und mit denen wir neue Erfahrungen gewinnen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Auf diese neuen Aufgaben haben sich die Schulleiterinnen und Schulleiter in den letzten Jahren bereits gezielt vorbereitet.Wir haben über eine eigenständige Abteilung innerhalb des Amts für Lehrerbildung organisiert, dass von 2001 bis 2005 insgesamt mehr als 4.500 Lehrkräfte,die auf dem Weg zur Führungskraft sind, auf die verschiedenen Aufgaben qualifiziert wurden, die eine Schulleitung erfüllen muss. Diesen Weg müssen wir konsequent – und konsequent ausweitend – gehen.

Ich komme zu den Budgets. Meine Damen und Herren, das ist ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt. Ich habe wesentliche Schritte bereits genannt, z. B. das Vertretungsbudget, das ab Sommer 2006 zur Verfügung steht. Es steht für eine eigenverantwortliche Vergabe und für eine verantwortungsbewusste Verteilung über das Jahr zur Verfügung.Das Fortbildungsbudget steht den Schulen komplett zur Verfügung. Beide Budgets können zu 70 % übertragen werden. Die Schulen müssen also nicht zusehen, dass sie die Mittel im jeweiligen Haushaltsjahr vollständig verausgaben.

Das ist aber nur der Anfang. Wir wollen demnächst in Form regionaler Schulhaushalte weitermachen. Das erproben wir im Moment im Modellprojekt „Schule gemeinsam verbessern“, und zwar erfolgreich. Die regionalen Schulhaushalte, in denen die Mittel des Schulträgers und des Landes zusammenfließen, also nicht auf der Seite des Schulträgers oder des Landes stehen bleiben, sondern den Schulen zur Verfügung stehen, werden wir 2007 flächendeckend einführen. Im Haushaltsjahr 2007 wird es möglich sein, alle Haushalte zu regionalisieren. Im Jahre 2007 wird es für alle Schulträger, die sich dem anschließen und mit uns eine entsprechende Vereinbarung schließen, möglich sein, solche regionalisierten Budgets zu bekommen, die dann wiederum auf die Schulen herunterzubrechen sind. Wir werden mit der weiteren Haushaltsentwicklung auch zu entsprechenden Schulbudgets kommen. Im Rahmen des Projekts „Selbstverantwortung plus“ können die Schulen, die das Schulbudget in den nächsten Wochen zugewiesen bekommen, daraus flexible Möglichkeiten schöpfen.

Meine Damen und Herren, damit wird es möglich, dass in den Schulen schnell und effizient gehandelt wird, dass die Schulen nicht mehr lange Antragsverfahren durchlaufen müssen, wie es bei einem Teil der Schulträger immer noch notwendig ist. Sie müssen nicht mehr überlegen, ob sie Mittel des Landesbudgets oder des Kreisbudgets ausgeben, sie müssen nicht mehr überlegen, wie sie auch den letzten Cent ausgeben, um zu verhindern, dass sie Geld verlieren.

Die Schulen, die vor Ort ihr Programm mit einem eigenen Budget gezielt vorantreiben können,wissen genau,wie sie

diese Mittel konzentriert und zeitgerecht einsetzen und damit die Qualität ihrer eigenen Schule sinnvoll verbessern. Ich komme darauf gleich noch einmal zurück. Wir haben dieses Projekt nämlich bereits. Wir brauchen es nicht mehr zu erfinden.Wir müssen den Schulen nicht sagen: Wir machen etwas ganz Neues, es überfällt euch etwas ganz Neues. – Nein, wir können darauf hinweisen, dass dieses schon funktioniert, z. B. in Groß-Gerau und in der Stadt Rüsselsheim. Natürlich ist mit Neuerungen Unsicherheit verbunden. Wer will das verschweigen? Das sollten gerade die sehen, die sich darüber beschweren, dass manches nicht schneller geht.

Ich kann Ihnen versichern:Das,was wir machen,ist für die Schulen keine Zumutung, sondern wir schaffen für die Schulen einen Freiraum, der erprobt und außerordentlich sorgfältig vorbereitet ist.Wir können auf positive und gelungene Beispiele von Schulen und Schulämtern verweisen. Daher können wir den anderen Schulen und Schulämtern Pfadfinder, Piloten zeigen, die dafür stehen, dass es funktionieren kann – und zwar nicht in Form reiner Pflichterfüllung, sondern als Chance, Freiräume zu nutzen und damit Gestaltungsräume zu eröffnen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Schulen müssen nicht zugreifen und Stundentafeln verändern. Die Schulen müssen nicht die Eigenauswahl betreiben – sie können auf die Landes-Rangliste zurückgreifen. Aber sie bekommen die Gestaltungsräume. Sie bekommen gezeigt, es geht auch anders. Sie können davon Gebrauch machen, dass ihnen diese Räume offen stehen und ihnen dort keine Einschränkungen mehr im Wege stehen.

Zu den gelungenen Beispielen – ich will das noch einmal erwähnen – gehört der Modellversuch „Schule gemeinsam verbessern“. Im Kreis Groß-Gerau, im Main-TaunusKreis, in der Stadt Rüsselsheim und in Kelsterbach sowie im Hochtaunuskreis und im Wetteraukreis – letztes Jahr begonnen – gibt es dieses Modell.Es gibt Erfahrungen mit den Schulbudgets. Die beteiligten Schulen haben schrittweise ausbauend – am Anfang mit großem Misstrauen – ihre Entscheidungsspielräume genutzt.

Sie haben etwa selbstständig Vertretungspools erstellt und Vertretungsunterricht organisiert, sodass dort das, was wir jetzt generell mit der „verlässlichen Schule“ erreichen wollen, bereits gewährleistet ist. Sie haben den Unterrichtsausfall weitestgehend eliminiert. Damit haben sie gezeigt, dass die „verlässliche Schule“ funktioniert. Sie haben Förderunterricht für Schülerinnen und Schüler mit Lese- und Rechtschreibschwäche gegeben. Sie haben Hausaufgabenbetreuung organisiert. Sie haben mit den Geldern Bibliotheken und Mediotheken ausgestattet oder besondere Schwerpunkte des Schulprogramms damit ausprägen können, etwa im Bereich Musik, Sprachen oder Sportangeboten.

Meine Damen und Herren, „Selbstverantwortung plus“, das Projekt für 17 berufliche Schulen – diese Schulen nutzen die Möglichkeit der erhöhten Eigenverantwortung. Sie haben eine große Anzahl von innovativen Projekten entwickelt, mit denen sie ihre Unterrichtsqualität verbessern wollen. Ab sofort können sie mit dem neuen Haushalt, den wir in dieser Woche beschließen werden, 5 % ihres Personalbudgets flexibel verwenden, und zudem bauen viele dieser Schulen an einer neuen Schulverfassung mit einer neuen Gremienstruktur. Dieser Versuch wird für uns in der Hinsicht sehr interessant sein, inwieweit diese neue Gremienstruktur übertragen werden kann. Diese Schulen bauen intern – unter sich – an fachlicher und darüber hinaus an regionaler Vernetzung – et

was, das wir uns, wie ich finde, sehr genau anschauen und besichtigen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben es in den letzten Jahren geschafft, dass in den Schulen und in den Schulämtern sehr viel mehr Verbindlichkeit und sehr viel mehr Zielorientierung entstanden sind. Der Laissezfaire-Stil früherer Jahre unter Rot-Grün hat Schaden angerichtet, übrigens sehr großen Schaden.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei der SPD)

Er wird schrittweise beseitigt. Ich will es mit einem sagen, der es als Leiter des Instituts für Bildungsforschung und Bildungsrecht so formuliert, wenn auch sehr pointiert kritisch. Frank-Rüdiger Jach sagt: „Wenn Schulen in pädagogischen, personellen und finanziellen Aufgaben selbstverantwortlich entscheiden können, wird sich in der Schule endlich wieder eine Kultur der Verantwortlichkeit entwickeln.“ Das ist das Entscheidende, was wir erreichen wollen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Das wollen wir unterstützen. Der gesamte Umbauprozess wird, wie Wissenschaftler einschätzen, etwa zehn Jahre dauern. Das ist ein normaler Transformationsprozess. Das ist die Erfahrung in Kanada, Holland, der Schweiz und auch in Schottland.

Meine Damen und Herren, dieser Umbauprozess ergreift nicht nur die Schule – die zum Teil schon davon ergriffen ist –, sondern ergreift noch mehr, als dies bisher schon erfolgt ist, etwa auch die Schulaufsicht und die Unterstützungssysteme.Auch diese werden sich schrittweise zu verändern haben.

All dies wird nicht in einem Ministerium am grünen Tisch entschieden, sondern gemeinsam erarbeitet – etwa im Rahmen der Bildungsforen im letzten Jahr, mit Schulleitungen und auch mit der Schulaufsicht. Es ist im Lande Hessen ein gemeinsames Projekt geworden. Das verstehen wir unter Verlässlichkeit und unter Sorgfalt, die wir schuldig sind.

Wir haben Projekte anzuschieben, die gut überlegt sind, keine unausgegorenen.Wir haben mit hessischen Schulen nicht zu experimentieren, sondern wir haben alle gemeinsam Verantwortung für das zu übernehmen, was wir tun.