Ich möchte jetzt ganz davon absehen, wie dort die Zuständigkeiten aussehen. Ich habe mir Ihre Änderungsanträge zum Haushaltsentwurf angeschaut.
Da steht an keinem einzigen Punkt, dass es darum geht, die Schulleitungen zu entlasten bzw. zusätzlich Verwaltungskräfte einzustellen. Das müssen Sie mir zeigen. Hier Wein predigen und hinterher bei der Abstimmung doch nur Wasser geben, das kann wohl nicht Sinn und Zweck sein.
Zum Abschluss noch etwas zum Budget. Wir haben im Haushalt 2006 zusätzliche Gelder für die Fortbildung eingestellt, und wir haben sie durch die Änderungsanträge zum Haushalt 2006 so umgestellt, dass die Mittel dorthin kommen, wo sie hingehören: an die Schulen mit einem klaren Budget,als zusätzliche Gelder.Das möchte ich hier noch einmal festgehalten haben.
Danke, Herr Weinmeister. – Herr Wagner, Sie haben Gelegenheit zur Antwort. Sie haben ebenfalls zwei Minuten Zeit.
Herr Kollege Weinmeister, normalerweise kommt die bildungspolitische Geschichtsstunde mit Ereignissen aus dem letzten Jahrhundert vom Kollegen Irmer. Heute kommt sie von Ihnen.
Herr Kollege Weinmeister, ich möchte Sie an etwas erinnern: In den letzten zehn Jahren hat sieben Jahre lang die CDU Verantwortung für die Bildungspolitik in unserem Land getragen.
In den letzten 20 Jahren hat elf Jahre lang die CDU Verantwortung für die Bildungspolitik in diesem Land getragen. Hören Sie also endlich auf, hier Geschichtsstunden aufzumachen. Sie kommen aus Ihrer Verantwortung nicht heraus, Herr Kollege Weinmeister.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))
Die Frau Kultusministerin sagt neuerdings immer:Es dauert zehn Jahre, um das Bildungssystem zu reformieren. – Frau Kultusministerin, sieben davon sind schon um, das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen. Sie sind schon sieben Jahre dran, und wir sind wirklich weit davon entfernt, unsere Schulen so reformiert zu haben, wie es notwendig wäre.
Herr Kollege Weinmeister, Sie sprechen unsere Haushaltsanträge an. Ich finde es gut, dass Sie sie lesen. Wenn Sie ihnen das nächste Mal zustimmen, sind Sie noch einen Schritt weiter.
Herr Kollege Weinmeister, verstehendes Lesen scheint schwierig zu sein. Wir haben in unseren Haushaltsanträgen vorgesehen, dass das, was Sie im Rahmen der „Operation düstere Zukunft“ an den Schulen angerichtet haben, nämlich 1.000 Lehrerstellen zu streichen, rückgängig gemacht wird.Wie Sie dann davon sprechen können, dass wir keine zusätzlichen Stellen bereitstellen wollen, das müssen Sie mir erklären.
Sie haben in einer Situation,in der sich alle in der Bundesrepublik einig sind, dass wir mehr Geld für Bildung brauchen, dass wir mehr Ausstattung für die Schulen brauchen, 1.000 Lehrerstellen gestrichen.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie haben doch den Ansatz gekürzt! – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))
Bei allen Fehlern, die auch Rote und GRÜNE in der Bildungspolitik gemacht haben – auf die Idee, 1.000 Lehrerstellen in dieser Situation zu streichen, sind wir wirklich nie gekommen.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Nein, Sie haben viel mehr gestrichen! Jedes Jahr sind 100.000 Stunden ausgefallen!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auf den Wettstreit, wer mehr Lehrerstellen gestrichen hat, wollen wir uns nicht einlassen. Ich glaube, wenn wir dies über Jahre hinweg sehen, dann waren es bei Rot-Grün viel, viel mehr Stellen als jetzt.
(Beifall bei der FDP und der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Dieser Glaube ist ein Irrglaube!)
Herr Kollege Wagner, Sie haben Frau Merkel zitiert. Damit will auch ich anfangen. Sie hat gesagt: „mehr Freiheit wagen“. Das ist etwas, was man, insbesondere wenn man die Schulen in die Selbstständigkeit entlassen will, wirklich tun sollte. Das sollten auch die Schulen tun.
Der Titel der Regierungserklärung heißt: „Mehr Eigenverantwortung für Hessens Schulen – Schlüssel zur Qualität“. Dieser Titel weist eindeutig den richtigen Weg.Andere Staaten wie die skandinavischen Länder, Schottland und die Schweiz haben eindrucksvoll bewiesen, dass mehr Eigenverantwortung der einzelnen Schulen und auch mehr Wettbewerb zwischen den Schulen die Qualität des Unterrichts erhöhen und dass damit auch die individuelle Förderung des einzelnen Schülers verbessert wird.
Autonomie in der Organisation und in der Gestaltung des Unterrichts lässt die Schulen ihr Profil stärker ausbilden. Daher müssen sie sich in der Konsequenz das Personal, das zu ihrem Profil passt, selbst aussuchen können. Das ist angesprochen worden. Autonomie ermöglicht einen stärkeren Wettbewerb zwischen den einzelnen Schulen und den einzelnen Schulformen – zum Glück haben wir noch eine ganze Menge verschiedener Schulformen –, sodass die Qualität des schulischen Angebots im ganzen Land steigt.
Autonomie ermöglicht somit, dass die Schulen in ihrer Organisationsform – also nicht in ihrem Output – wie ein erfolgreiches Unternehmen funktionieren und arbeiten können. Eine selbstständige Schule kann ihre Corporate Identity ausbilden, sich motiviertes Personal beschaffen, das an einem Strang zieht, und das Unternehmen Schule damit zum Erfolg führen. Das Ziel einer erfolgreichen Schule – und damit meine ich nicht die Organisationsform – muss es sein, zu einem Lebens- und Lernort zu werden, der Lust am eigenständigen, lebenslangen Lernen weckt
und alle Schüler zu einem, ihren jeweiligen Begabungen entsprechenden, erfolgreichen Abschluss führt.
Das hat jetzt nichts mit schwarzer oder grüner Pädagogik zu tun. Diese Farbspiele im Bereich der Pädagogik kann ich überhaupt nicht verstehen.
Das hat auch nichts mit der Schulform zu tun, Frau Habermann. Man sollte, wenn man im Glashaus sitzt, den anderen nicht die ideologische Brille vorwerfen. Man hat sie selbst meistens auch auf.
Der staatliche Bildungsauftrag bedeutet aus liberaler Sicht nicht, dass eine Schule eine staatliche Behörde sein muss, die dem Kultusministerium nach- bzw. untergeordnet ist.
Der staatliche Bildungsauftrag lässt sich viel besser in weitestgehend unabhängigen, selbst organisierten Einrichtungen verwirklichen. Allerdings setzt dies gleiche Bildungsstandards und vergleichbare Abschlussprüfungen für alle Schulen voraus.
Je mehr Eigenständigkeit auf dem Weg zum Ziel gewährt wird, umso klarer müssen die Anforderungen an den Abschluss sein.
Wie ist der derzeitige Sachstand in Hessen auf dem Weg zu mehr Selbstständigkeit der Schulen? Die Landesregierung ist bislang in einzelnen kleinen Schritten vorangegangen, die zwar in die richtige Richtung weisen, jedoch ein Gesamtkonzept vermissen lassen. Das hat auch Frau Habermann angeführt, und da stimme ich ihr einmal zu: Das ist auch nach der Regierungserklärung nicht besser geworden.
Das Ziel ist nicht klar definiert. Was soll am Ende die Selbstständigkeit der Schule bedeuten? Dabei sind folgende Fragen offen: