Protokoll der Sitzung vom 23.02.2006

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Einigung über Föderalismusreform – Drucks. 16/5333 –

Wer stimmt zu? – CDU und FDP.Wer stimmt dagegen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthaltung? – SPD. Damit ist der Dringliche Entschließungsantrag angenommen.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Vormittagsdebatte. Ich erlaube mir einen Hinweis zum Nachdenken: In § 32 unserer Geschäftsordnung, Aktuelle Stunde, heißt es in Abs. 7: „Die Aussprache in der Aktuellen Stunde dauert höchstens sechzig Minuten.“ Wir haben 160 Minuten für die Aktuelle Stunde benötigt. Dies mag jeder mitnehmen.

Ich unterbreche die Sitzung.Wir treffen uns um 14.15 Uhr wieder.

(Unterbrechung von 13.07 bis 14.20 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Mittagspause. Wir treten jetzt wieder in die Tagesordnung ein und kommen zu Tagesordnungspunkt 58:

Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Neubenennung der Vertretung des Landes Hessen im Kongress der Gemeinden und Regionen Europas im Europarat (KGRE) – Drucks. 16/5299 –

gemeinsam mit Tagesordnungspunkt 46:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Neubesetzung der Vertretung des Landes Hessen im „Kongress der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften“ (KGRE) – Drucks. 16/5285 –

Hier ist keine Aussprache vorgesehen. Wir müssen uns über das Verfahren einigen,weil hier zwei Anträge zu Personalvorschlägen sind und Herr Kartmann in beiden genannt wird. Deswegen gehe ich nicht davon aus, dass wir darüber zweimal abstimmen müssen. Gibt es da Vorschläge zum Verfahren? – Herr Kaufmann.

Frau Präsidentin, ich schlage vor, dass wir einfach so vorgehen, dass wir zunächst entscheiden, wer unser Vertreter sein soll. Da gibt es nur einen Vorschlag, der von verschie

denen Seiten gemacht wurde. Dann sollten wir als Zweites entscheiden, wer die Stellvertretung übernehmen soll. Da gibt es zwei Vorschläge. Über diese kann man alternativ abstimmen. Da wird sich eine Mehrheit finden – nehme ich an.

Herr Wintermeyer, bitte.

Frau Vizepräsidentin, wir haben damit keine Probleme, wenn wir das entsprechend getrennt behandeln, also zuerst über den Vertreter und dann über den Stellvertreter abstimmen.

Gut, dann lasse ich darüber abstimmen. Wer dem Vorschlag, den Herrn Präsidenten des Landtags, Norbert Kartmann, als Mitglied für den KGRE vorzuschlagen bzw. die Landesregierung zu bitten, diesen vorzuschlagen, die Zustimmung gibt,bitte ich um das Handzeichen.– Das ist das gesamte Haus.Also gibt es auch keine Gegenstimmen. Dann ist der Personalvorschlag hiermit angenommen.

Dann kommen wir zur Entscheidung über das stellvertretende Mitglied für den KGRE. Da gibt es den Personalvorschlag der CDU und der FDP, Frau Dorothea Henzler vorzuschlagen, und den Personalvorschlag der SPD, Frau Christel Hoffmann als stellvertretendes Mitglied vorzuschlagen. Darüber lasse ich jetzt alternativ abstimmen, wenn dem keiner widerspricht. Wer ist für den Vorschlag der CDU und der FDP, Frau Dorothea Henzler vorzuschlagen? – Das sind die Fraktionen der CDU und der FDP. Wer ist für den Vorschlag der SPD, Frau Christel Hoffmann vorzuschlagen? – Das ist die SPD-Fraktion. Enthaltungen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – Damit ist Frau Henzler als Vorschlag für das stellvertretende Mitglied gewählt. Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP)

Mir liegt nach § 88 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Wortmeldung des Kollegen Kaufmann zur Begründung der Abstimmung vor. Herr Kaufmann, Sie haben fünf Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Gemäß § 88 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung gebe ich namens meiner Fraktion die folgende Erklärung zu unserem Abstimmungsverhalten ab:

Der Kongress der Gemeinden und Regionen Europas ist gewiss nicht das überragende Machtzentrum in der europäischen Politik, sondern eher eine Plattform für Kontakte und Beziehungen zwischen den politischen Ebenen unterhalb der Nationalstaaten, also eine Plattform für Kommunikation und zum Austausch von Positionen.

Das legt es nahe, ich will eher sagen, das macht es eigentlich selbstverständlich, dass es bei der Benennung unserer Repräsentanten nicht nach der parteipolitischen Orientierung, sondern nach der Fähigkeit zur Repräsentation des gesamten Hauses gehen sollte. Es wäre doch zu schön

gewesen, wenn es in der Tat noch Gelegenheiten gäbe, die zeigen, dass Parteizugehörigkeit nicht immer und überall das entscheidende Auswahlkriterium ist.

Schon im Vorfeld der soeben getroffenen Entscheidung mussten wir allerdings erfahren, dass das seitens der Mehrheitsfraktion leider nicht so gesehen wurde, sondern dass vielmehr wieder einmal eine Kuschelbeziehung mit ihrem Lieblingskoalitionspartner, der FDP, gepflegt werden sollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU))

Vielleicht trägt deshalb der Beschlussvorschlag Drucks. 16/5299 nicht ohne Hintersinn das Datum des 14. Februar, des Tags für Verliebte.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Deshalb kam die CDU auch auf die Idee – offensichtlich ohne Rücksprache mit der Betroffenen –, die Personalauswahl für die blau-gelben Kolleginnen und Kollegen gleich einmal mit zu entscheiden – nach dem Motto: Liebling, lass mal, das erledige ich schon für dich.

Niemand bestreitet, dass die Mehrheit auch in Fragen der Personalauswahl in diesem Hause entscheidet. Mehrheit ist dabei übrigens keineswegs mit Klugheit gleichzusetzen.

(Clemens Reif (CDU): Erklären Sie doch einmal Ihr Abstimmungsverhalten!)

Die Mehrheit hat es offensichtlich auch nicht nötig, über Fraktionsgrenzen hinweg zu einer Verständigung zu kommen, was in diesem Fall auch für das Ansehen unseres Parlaments nach unserer Auffassung deutlich besser gewesen wäre.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ich gerade gesagt habe, ist die Erklärung, warum wir uns bei den eben erfolgten Abstimmungen über das stellvertretende Mitglied der Stimme enthalten haben. Wir zeigen durch unser Abstimmungsverhalten, dass wir uns als Landtag durchaus von unserem Präsidenten gut vertreten sehen. Wir zeigen zugleich, dass die Auswahl des stellvertretenden Mitglieds des KGRE entlang von machtpolitischen Überlegungen von uns nicht mitgemacht wird. Eine Gelegenheit, in den KGRE eine Vertretung, die den gesamten Landtag repräsentiert, zu entsenden, wurde damit leider verpasst.

Darüber hinaus widert es einen schon an, wieder einmal zu erleben, wie eine Fraktion, die sich angeblich selbst eine Oppositionsrolle gewählt hat, de facto so eng mit der Regierungsfraktion verbandelt ist, dass sie bei jeder Personalentscheidung quasi automatisch berücksichtigt wird. Aber das ist eigentlich auch nichts Neues für die FDP, deren Existenzgrund im Wesentlichen schon immer das persönliche Wohlergehen ihrer Mitglieder und insbesondere die Postenverteilung war.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kaufmann. – Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 56:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend künftige Feststellung der Bauherrenkosten bei Infrastrukturprojekten des Landes – Drucks. 16/5297 –

Hier sind 15 Minuten Redezeit vorgesehen. Das ist der Setzpunkt der FDP.Deswegen hat als Erster Herr Kollege Posch für die FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP-Fraktion legt Ihnen heute einen Antrag vor, der zu der besonderen Spezies der Anträge gehört, von denen man nicht die Hoffnung aufgibt, dass man für sie eine breite Mehrheit findet.

(Beifall bei der FDP)

Der Antrag lautet, dass die Landesregierung gebeten wird, künftig bei allen Infrastrukturvorhaben die so genannten Bauherrenkosten separat auszuweisen, und in einem ersten Schritt wollen wir erreichen, dass die Verkehrsprojekte des Bundesverkehrswegeplanes entsprechend behandelt werden.

Erlauben Sie mir einen Hinweis, wie es zu diesem Antrag gekommen ist. Denn man könnte normalerweise der Auffassung sein, es müsste jederzeit abrufbar sein, wie hoch die Verwaltungskosten für bestimmte Akte sind. Das ist nicht der Fall.

Wir sind auf diese Frage gestoßen im Zusammenhang mit der Arbeit der Kommission, deren Leitung mir der Ministerpräsident übertragen hat, als es darum ging, Genehmigungsverfahren nach Möglichkeit zu beschleunigen. In der Diskussion, die wir mit Fachleuten geführt haben, stand im Vordergrund:Warum dauern Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte der Straße, der Luft und der Schiene so lange? Warum haben wir uns daran gewöhnt, dass 20 oder 30 Jahre dauernde Verfahren keine Seltenheit mehr sind? Dabei muss man redlicherweise versuchen, genau zu definieren, was eigentlich die Verfahrensdauer ist. Ist der Beginn die Idee, eine Infrastrukturmaßnahme zu realisieren, oder ist der Beginn der erste tatsächlich relevante Verfahrensschritt?

Gleichwohl, egal wie man das definiert, ist es so. Der Rechnungshof von Rheinland-Pfalz hat vor wenigen Jahren eine Untersuchung erarbeitet, aus der hervorgeht, dass Bundes- und Landesstraßen heute eine 15- bzw. 20jährige Planungsdauer haben und diese Zeiten keine Seltenheit mehr sind. In diesem Zusammenhang sind wir auf die Frage gestoßen, was uns eigentlich das verwaltungsrechtliche Verfahren kostet. Wir sind zwar in der Lage, wenn es um eine Straßen- oder Schienenausbaumaßnahme geht, die Investitionsvolumina zu benennen. Wir sind in der Lage, die Ingenieurleistungen zu beziffern. Aber wir sind nicht in der Lage, zu beziffern, wie hoch die reinen administrativen Kosten sowohl beim Vorhabensträger als auch beim jeweiligen Antragsteller tatsächlich sind.

(Beifall bei der FDP)

Was fällt darunter? Wir haben das in unserem Antrag am Beispiel der Vorplanung einmal aufgelistet: die Vorbereitung und Durchführung von Diskussionen oder Anhörungen, Besprechungen auf unterschiedlichsten Ebenen, der Erörterungstermin – Gegenstand vieler Diskussionen im Zusammenhang mit dem Ausbau des Frankfurter Flughafens, gerade in der letzten Zeit –, die Vorlageberichte, die

erstellt werden müssten, um die Planfeststellungsbehörde in die Lage zu versetzen, die entsprechenden Entscheidungen vorzubereiten und abzufassen, und die Ausfertigung der Planfeststellungsbeschlüsse selbst.

Wir haben uns daran gewöhnt, dass gesagt wird, ein Planfeststellungsbeschluss habe 300, 400 bis 500 Seiten. Aber was uns die Herstellung dieser 300 bis 500 Seiten kostet, das wissen wir bis zum heutigen Tage nicht. Ich glaube, es gibt Gründe, dies zu erfahren. Deswegen lassen Sie mich auf diese Gründe kommen.

Wenn wir die Landesregierung fragen, auf welche Höhe sich diese administrativen Kosten belaufen könnten, kriegen wir zur Antwort:Das sind etwa zwischen 10 und 15 %, wobei bei Bundesstraßenbaumaßnahmen hinzukommt, dass wir lediglich 3 % vom Bund als dem eigentlichen Straßenbaulastträger erstattet bekommen. Dass führt dazu, dass wir unsere eigenen Mittel auch für derartige Zwecke verwenden müssen.

(Zuruf des Abg. Dr.Walter Lübcke (CDU))

Bei diesen Diskussionen kann man feststellen, dass es Maßnahmen gibt – ich will einige nennen –, bei denen ich ziemlich sicher bin, dass dieser Ansatz zwischen 10 und 15 % nicht stimmt. Wir haben beispielsweise herausgefunden, dass bei einer kleinen südhessischen Kreisstraße, an Baden-Württemberg angrenzend, mit einer Länge von 2 km in dem Investitionsvolumen von 1,2 Millionen c nach Schätzungen 0,8 Millionen c Verwaltungskosten beinhaltet sind.

Meine Damen und Herren, das sind fast 80 %. Jetzt kann man natürlich sagen: Ja, ja, das sind Ausreißer. – Das kann man sagen. Wenn ich die Investitionssumme insgesamt in Relation zu den Kosten setze, dann sind 10 % manchmal auch nicht so viel. Bei einem Milliardenprojekt wie dem Frankfurter Flughafen sind 10 % gar nicht so viel. Deswegen sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass die prozentuale Betrachtungsweise das reale Problem nicht richtig wiedergibt.