Meine Damen und Herren, ich appelliere gerade an die CDU, die entsprechend dem, was der Ministerpräsident hier vor vier Wochen ausgeführt hat, eigentlich nur eines tun kann: dieses Thema auf den Tisch zu legen und vielleicht auch einmal den Mut zu haben, einen Krach in der Koalition zu riskieren. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat sich Herr Kollege Möller für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Richtig ist, wie wir eben von der antragstellenden Fraktion gehört haben, dass das Thema Kernenergie bei einer seriösen Betrachtung einer zukünftigen Energieversorgung in Deutschland mit Sicherheit nicht dauerhaft ausgeklammert werden kann. In diesem Punkte irrt sich meiner Ansicht nach auch Bundesumweltminister Gabriel; denn zu der Aussage, dass das Thema nicht diskutiert werden dürfe, macht der Koalitionsvertrag keine Angaben. Insofern nenne ich nachher bei der Zusammenfassung zu dem Antrag der FDP noch ein paar Details, die unser Abstimmungsverhalten mit Sicherheit erläutern werden.
Hintergrund des Energiegipfels sind natürlich die zunehmenden Probleme Deutschlands, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vor dem Hintergrund des Kyoto-Protokolls, des Klimawandels und der Bezahlbarkeit und Zuverlässigkeit eines Energieangebots in Deutschland eine Diskussion in die Wege zu leiten, die im Übrigen international bereits viel weiter vorangeschritten ist als bei uns in Deutschland.
Die Teilnehmer, also der Staat als solcher, die Bundesrepublik Deutschland, die Verbraucher, die Energieerzeuger, werden sich sehr wohl Gedanken machen müssen über alle Bestandteile zukünftiger Energieversorgung und auch über die Probleme, die derzeit hier herrschen. Im Übrigen: Vor dem Hintergrund der zukünftig zunehmenden Abhängigkeit von russischen Erdgasimporten halte ich es sehr wohl für erforderlich, dass der Punkt, den der Kollege von der FDP eben angesprochen hat, Bestandteil der Diskussion auf dem Klimagipfel wird.
Die Stellungnahmen der GRÜNEN hierzu, die wir mit Sicherheit nachher wieder hören werden, laufen immer nach dem gleichen Modell ab:Wir rufen ein Stichwort auf, und dann wird eine alte Platte herausgeholt, die exakt den gleichen Tenor abspielt.
Man kann irgendwann auch die Reden der GRÜNEN wiederholen. Ich weiß genau, was kommt, Frau Kollegin, bei allem Respekt.
Vor diesem Hintergrund finde ich einen Aspekt interessant, auf den ich gestoßen bin: Rot-Grün hat den Atomausstieg beschlossen, und man verweist von dieser Seite auch hier im Hause immer wieder auf die Entwicklung moderner Energietechnologien. Gleichzeitig hat aber Rot-Grün die Bundesmittel zur Förderung der Erforschung moderner Technologien von Ende der Neunzigerjahre bis 2004 auf 40 % des ursprünglichen Ansatzes reduziert. Das geht aus dem Statusbericht zur Vorbereitung des Energiegipfels hervor.
Aus dem Statusbericht geht übrigens auch hervor – deshalb können wir das ganze Thema wieder etwas niedriger diskutieren –, dass das Thema Kernenergie als solches sehr wohl Bestandteil der Diskussion vor Ort sein wird.
Aus dem Bericht geht nämlich die Feststellung hervor, dass Strom aus Kernenergie nach internationaler Konvention als heimische Energiequelle gewertet wird.
Aus dem Bericht gehen auch die Zahlen hervor, die wir eben gehört haben. Die Stromerzeugung in Deutschland basiert auf drei Säulen: auf Kernenergie zu 26 %, auf Braun- und Steinkohle zu 27 %, auf Erdgas zu 11 % und auf erneuerbaren Energien zu 10 %. Das bedeutet, das Thema Kernenergie ist bereits auf der Agenda des Energiegipfels.
Worum geht es? Es geht um eine ernsthafte Diskussion über den zukünftigen Energiemix. Es geht darum, wie der derzeit 26-prozentige Anteil der Kernenergie an der Stromversorgung in Deutschland in Zukunft aufgefangen werden soll. Für uns in Hessen stellt sich natürlich auch die Frage, wenn 60 % des Stroms durch Kernenergie erzeugt werden, wie es bitte weitergeht, wenn Biblis A bereits 2008 abgeschaltet wird. Das bedeutet eine Reduzierung der Stromversorgung in Hessen von 30 %. Beantworten Sie mir bitte die Frage, wo bis 2008 der Ersatz herkommen soll.
Wenn Sie keine Antwort wissen, sparen Sie sich Ihre Zwischenrufe. Sonst kommen Sie bitte nach vorne und erläutern mir das.
Es geht natürlich auch um den Klimaschutz. Wie soll der Verlust an Klimaschutz durch die Abschaltung von Biblis A im Jahr 2008 kompensiert werden? Beim letzten Beispiel – Obrigheim – haben wir gesehen, dass Obrigheim umgehend durch ein Kohlekraftwerk ersetzt wurde,
(Norbert Schmitt (SPD):Was für ein Stuss! – FrankPeter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie bitte?)
Es geht um dauerhaft niedrige Energiepreise. Das betrifft zum einen natürlich die privaten Haushalte, und das betrifft zum Zweiten die Notwendigkeit – da sind wir sehr nahe beieinander –,dass Deutschland im Verhältnis zu anderen Industrienationen, die längst umgedacht haben und die ideologische Brille unseres Erachtens längst abgenommen haben, dauerhaft wettbewerbsfähig ist.
(Norbert Schmitt (SPD): Haben Sie schon einmal davon gehört, dass Atomkraftwerke ein gewisses Restrisiko haben?)
Wir können nicht zwei oder drei Tagesordnungspunkte vorher – Herr Kollege, ich sagte schon, kommen Sie nach vorne und melden sich zu Wort; Sie haben noch Redezeit übrig – hier beklagen, dass wir keine Ausbildungsplätze haben, dass wir einen Mangel an Ausbildungs- und Arbeitsplätzen haben,
und zeitgleich das Thema so ideologisch einseitig diskutieren und dabei völlig verkennen, dass künftige Energiepreise und eine Zukunftssicherung des Energieangebotes sehr wohl ein Standortfaktor sind für die Entscheidung, in Deutschland zu produzieren und hier zu bleiben.
Es gibt aktuell eine Studie von McKinsey, die in der „Welt“ veröffentlicht wurde. Darin stehen ein paar sehr interessante Gedanken, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.
Da ist unter anderem die Rede davon: „Ohne eine Kehrtwende wird sich die Abhängigkeit der europäischen Stromversorgung vom russischen Erdgas bis 2020 nahezu verdoppeln“ – ausgerechnet von Russland.
Ich komme gleich zum Schluss. – Der Gasimport wird demnach um 130 % steigen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union gegenüber den USA und anderen Industriestaaten wird bis 2020 deutlich verschlechtert. Hauptgrund für diese Verschlechterung wird die Politik in Deutschland sein. Daher müssen wir überlegen, ob wir es wagen, fair, seriös und gleichermaßen über alle Energieträger zu diskutieren.
Deshalb sind wir – jetzt komme ich zum Schluss – mit dem Kern des Antrags der FDP einverstanden. Ich beantrage aber zeitgleich, den Antrag nach Absätzen abzustimmen. Das wird niemanden ernsthaft verwundern. Während wir inhaltlich und von der Zielrichtung her mit dem Antrag d’accord sind, möchte ich vor dem Hintergrund der Koalition in Berlin doch eines deutlich machen.
Ein letzter Satz, Frau Präsidentin. – Wir können und wollen als Union von hier aus nicht auf die Entscheidungen der Koalition in Berlin Einfluss nehmen und hier Entscheidungen treffen.
Zu Abs. 1 werden wir uns enthalten, unabhängig von den Zwischenrufen der SPD. Den restlichen Absätzen werden wir zustimmen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit, auch von den Kollegen der Sozialdemokraten.
Vielen Dank, Herr Möller. – Als nächster Redner hat nun Herr Grumbach für die SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat aus einem etwas älteren Text anfangen:
Das ist der Widerspruch unserer Zeit, dass der Mensch die Urkraft des Atoms entfesselte und sich jetzt vor den Folgen fürchtet...Aber das ist auch die Hoffnung dieser Zeit, dass der Mensch im atomaren Zeitalter sein Leben erleichtern,von Sorgen befreien und Wohlstand für alle schaffen kann, wenn er seine täglich wachsende Macht über die Naturkräfte nur für friedliche Zwecke einsetzt...
Der Text ist aus dem Jahre 1959.Es ist der Anfang des Godesberger Programms und der große Traum der Sozialdemokraten.