Die Konzentration, die Sie hier fordern, haben wir bereits im Jahre 2006 vorgenommen. Wir haben beim Regierungspräsidenten in Darmstadt den nicht öffentlichen Datenschutz konzentriert. Ausweislich der Datenschutzberichte, die wir jedes Jahr miteinander debattieren, haben sowohl der Hessische Datenschutzbeauftragte für den öffentlichen Bereich wie auch die Datenschützer für
den nicht öffentlichen Bereich eine ganz hervorragende Arbeit gemacht. Ich finde, das sollte man hier auch noch einmal sagen.
Herr Kollege Greilich, ich will Ihnen auch zurufen, dass wir für den nicht öffentlichen Bereich bereits 20 dieser Datenschutzberichte im Hessischen Landtag vorgelegt bekommen und auch beraten haben. Das Land Hessen hat eine große Tradition beim Datenschutz. Wir machen dort eine hervorragende Arbeit.
Die Wirksamkeit des Datenschutzes hängt meiner Ansicht nach natürlich zuallerletzt von der Organisationsform ab, vielmehr davon, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit auf einer ordentlichen gesetzlichen Grundlage machen können.
Die Synergien, die hier vom Kollegen Weiß vorgetragen worden sind, sind natürlich fragwürdig. Denn wenn wir uns allein das Land Nordrhein-Westfalen anschauen, sehen wir, dass es dort eine Zusammenlegung gegeben hat und die Kompetenz aus dem nicht öffentlichen Bereich verloren gegangen ist, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gar nicht in die neue Behörde mitgegangen sind. Auch das halte ich für einen problematischen Vorgang.
Bei der Frage nach der Unabhängigkeit der Behörde müssen wir unser eigenes Verfassungsrecht gelegentlich einmal bemühen. Sie wissen, dass vor dem EuGH ein entsprechendes Klageverfahren läuft und dass eigentlich alle Bundesländer und der Bund dort gemeinsam der EUKommission widersprochen haben. Sie wissen, dass am Ende die Frage der Eingriffsbefugnisse dort zu verorten ist, wo wir exekutives Handeln und nicht irgendeine unabhängige Behörde haben. Insofern ist das auch hochgradig problematisch.
Ich komme zum Schluss. Die Vorkommnisse bei der Telekom sind völlig ungeeignet für eine solche Debatte, wie wir sie hier und heute geführt haben, weil Hessen überhaupt nicht zuständig ist. Die unerhörten Vorgänge und der kriminelle Datenmissbrauch müssen aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden. Das ist völlig unstrittig. Die Polemik gegen die notwendigen Veränderungen der Sicherheitsgesetze, die Sie hier angestrengt haben, dient nicht der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und damit nicht ihrer Freiheit. – Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Beuth. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Öztürk das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrter Herr Präsident! Ich stelle hier fest, dass im Hessischen Landtag von fünf Parteien vier der gleichen Meinung sind, dass das Kompetenzzentrum Datenschutz eine richtige Idee ist und dass mit unseren Daten viel sensibler umgegangen werden sollte. Der Meinung sind alle bis auf die CDU. Das möchte ich heute Morgen hier festhalten.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die ganze Telekom-Affäre, wie sie jetzt gerade läuft, durchaus auch etwas mit uns hier zu tun hat, denn es geht um sensible Daten.Wir Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, wo diese gesammelt werden – egal, ob in öffentlicher oder privater Hand. Das ist ein sensibles Thema, und es ist auch ein Thema, das in einer Aktuellen Stunde durchaus seinen Wert hat.
Daher möchten wir ausdrücklich die FDP beglückwünschen, dass sie sich mehr oder weniger einer langjährigen Forderung von uns GRÜNEN angeschlossen hat.
(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der FDP – Jörg-Uwe Hahn (FDP): So lange gibt es euch doch noch gar nicht! – Zuruf der Abg. Nicola Beer (FDP))
Gestern haben wir gesagt, dass wir Gemeinsamkeiten aushalten müssen. – Dabei scheinen mir gleich zwei Parteitage eine Rolle gespielt zu haben, sehr verehrte Damen und Herren von der FDP. Einmal gibt es da den Bundesparteitag vom letzten Wochenende in München, auf dem die FDP das Papier „Datenschutz im nicht öffentlichen Bereich verbessern“ beschlossen hat. Da liegt es natürlich nahe, dass man diesen Beschluss hier noch einmal verkaufen möchte.Das möchten wir nur so zur Kenntnis nehmen.
Aber in diesem Papier steht nichts über die Schaffung eines Kompetenzzentrums Datenschutz. Deshalb bin ich der Meinung, dass ein Bezug zu dem angekündigten Landesparteitag der FDP am 7. Juni in Limburg naheliegt. Ich muss Ihnen ganz klar sagen: Ich betrachte das als einen Heiratsantrag.
(Zuruf von der FDP: Ich bin schon verheiratet! – Dr. Christean Wagner (Lahntal) (CDU): Sagen Sie denn Ja?)
Dadurch, dass Sie die Aktuelle Stunde heute angekündigt und diesen Entschließungsantrag eingebracht haben, scheint mir das ein Heiratsantrag an die GRÜNEN zu sein – und das diesmal auch unter dem Fenster oder auch nicht unter dem Fenster. Ich weiß es nicht. Herr Hahn, Ihre Äußerungen dazu auf dem Parteitag waren nicht ganz so verständlich.
Zum Kompetenzzentrum Datenschutz. Anlässe zur Besorgnis gibt es momentan genug. Da wurde heute Morgen der Telekom-Skandal erwähnt. Da gibt es mehrere Gesetze, die vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert sind und nicht standgehalten haben. Da ist das BKA-Gesetz mit zahlreichen Kompetenzen, die unserer Meinung nach direkt wieder in einen Konflikt mit der Verfassung geraten werden. In einer solchen Zeit, in der die technischen Möglichkeiten immer vielfältiger werden, ist es besonders wichtig, dass der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Übergriffen in ihre Privatsphäre – sei es von öffentlicher oder privater Hand – unbedingt gewährleistet sein und thematisiert werden muss.
In der Gesetzgebung ist eine Tendenz zu beobachten, dass Datenschutzbelange außer Acht gelassen werden. Bei vielfältigen Vorschriften und Aktionen, die teilweise durch das Bundesverfassungsgericht wieder korrigiert werden müssen, ragt die Onlinedurchsuchung heraus. Ich möchte hier ein Beispiel aus Bayern nennen. Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz hat jüngst Bayern als risikofreudigen Pionier auf dem Feld verfassungsrechtlich problematischer Regelungen bezeichnet, weil die Justizministerin Merk auch für Strafverfolgungsbehörden über die heimliche Onlinedurchsuchung und -überwachung hinaus sogar das heimliche Betreten und die Durchsuchung von Wohnungen zur Vorbereitung von Onlinedurchsuchungen erlauben will.
Wir kennen da auch andere Vorstöße. Aber sie sind im hessischen Parlament Gott sei Dank nicht möglich. In Bayern scheint da der Pioniergeist weiterhin aufrechterhalten zu sein. Wir GRÜNE würden das auch dort kritisieren. Die Justizministerin hat anlässlich dieser Pläne zum Thema Datenschutz nur gesagt, das sei wahrscheinlich kein Hindernis. Hier sieht man, wie unsensibel mit Datenschutz umgegangen wird.
Der Datenschutzbeauftragte in Bayern kritisiert auch, dass die Zusicherung, die Onlinedurchsuchung nur in wenigen Fällen schwerster Kriminalität zu erlauben, durch die Tatsache widerlegt sei, dass die Maßnahme bereits bei über 50 Straftatbeständen zulässig war.Weiter sei der Einsatz der Onlinedurchsuchung in Bayern auch für die Polizei und den Verfassungsschutz zur Gefahrenabwehr vorgesehen. Hier wird die Gefahr geschaffen, dass zukünftig die Onlinedurchsuchung in der Praxis als Standardmaßnahme auch in Fällen geringerer Bedeutung eingesetzt werden wird. Dem würden wir GRÜNE auf jeden Fall widersprechen. Das akzeptieren wir auf keinen Fall.
Meine Damen und Herren von der FDP, in Ihrem Antrag weisen Sie zu Recht darauf hin, dass durch die umfangreiche Nutzung personenbezogener Daten durch Unternehmen eine erhöhte Gefahr für Missbrauch gegeben ist.
Das verstärkte Sammeln von Daten von öffentlichen und nicht öffentlichen Stellen ist ganz klar problematisch. Es handelt sich um eine nicht klar zweckbestimmte Sammlung von Daten. Deswegen begrüßen wir Ihren Vorstoß, ein Kompetenzzentrum zu errichten. Wir legen hier noch Wert auf den Zusatz „unabhängig“.Nur ein unabhängiges Datenschutzzentrum kann nach außen vertrauenswürdig erscheinen und nach innen frei agieren.Wir möchten hier auf ein gutes Beispiel in Schleswig-Holstein hinweisen,wo das Datenschutzzentrum gleichzeitig auch als ein Dienstleistungszentrum zu verstehen ist.
Deswegen werden wir, zusammenfassend gesagt, sowohl Ihren Entschließungsantrag, der unserer Meinung nach ein grüner Antrag ist, als auch den Vorstoß der Aktuellen Stunde heute als sehr begrüßenswert unterstützen. – Danke schön.
Herzlichen Dank. – Bevor ich Herrn Staatsminister Bouffier das Wort erteile, darf ich auf der Besuchertribüne die hessische Milchkönigin Melanie Reuße recht herzlich begrüßen.
Ich darf hinzufügen, dass sie aus Büchenwerra kommt – einem wunderschönen kleinen Ort an der Fuldaschleife. Ich kann nur raten, Büchenwerra und die Königin dort zu besuchen.
Sie ist in Begleitung des Präsidenten des Hessischen Bauernverbandes. Herr Schneider, seien Sie uns herzlich willkommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Ehrerbietung der Königin! – Im Rahmen der Aktuellen Stunde ist es kaum möglich, auf die vielen Facetten hier einzugehen. Aber, verehrte Frau Öztürk, wir haben schon oft genug erlebt, dass gerade zwischen GRÜNEN und FDP eine heftige Diskussion geführt wird, wer denn bei solchen und anderen Fragen derjenige war, der das zuerst, am entschiedensten, am besten und am schönsten gemacht hat.
Aber Folgendes will ich einmal festhalten: Eines habe ich noch nie erlebt – trotz der vielen Jahre. Wenn Sie das Ganze als Heiratsantrag der Freien Demokraten aufgenommen haben, dann hätte uns alle gemeinsam unglaublich interessiert, ob Sie ihn annehmen. Sie könnten die hessische Landespolitik gewaltig nach vorn bringen.
(Allgemeine Heiterkeit – Beifall bei der CDU – Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Eine Ehe mit drei Partnern! – Norbert Schmitt (SPD): Zu zweit reicht!)
(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was bei der CDU alles möglich ist! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Fang noch einmal an!)
Meine Damen und Herren, ich bin gerne bereit, über diese Fragen zu sprechen. Ich freue mich, dass die GRÜNEN so gut gelaunt sind.
Lieber Herr Al-Wazir, wir wollten über Datenschutz sprechen.Wenn Sie mögen, können wir auch über die Befindlichkeiten der GRÜNEN und von Ihnen sprechen. Damit habe ich auch kein Problem. Es ist aber in der Aktuellen Stunde etwas schwierig; ich schlage vor, das machen wir später.
Zur Sache. Es sind einige Bemerkungen gemacht worden, die ich nicht einfach übergehen kann. Herr Dr. Wilken, das Bundeskabinett hat gestern eine Vorlage des Bundesministers des Innern und der Bundesministerin der Justiz zum Thema Bundeskriminalamt beschlossen.