Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf aus dem Ältestenrat berichten.

Der Ältestenrat empfiehlt dem Plenum, den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 17/262 in zweiter Lesung anzunehmen.

Der Gesetzentwurf und der Änderungsantrag Drucks. 17/189 waren dem Ältestenrat in der 8. Plenarsitzung am 15. Mai 2008 nach der ersten Lesung zur Vorbereitung der zweiten Lesung überwiesen worden. Der Änderungsantrag Drucks. 17/262 wurde dem Ältestenrat am 27. Mai 2008 vom Präsidenten überwiesen.

Der Ältestenrat hat in seiner Sitzung am 27. Mai 2008 den Gesetzentwurf beraten und ist mit den Stimmen der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP gegen die Stimme der Fraktion DIE LINKE bei Enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der eben wiedergegebenen Beschlussempfehlung gekommen.

Zuvor wurde der Änderungsantrag Drucks. 17/189 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und der FDP gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE bei Enthaltung der Fraktion der SPD abgelehnt und der Änderungsantrag Drucks. 17/262 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU, der SPD und der FDP gegen die Stimme der Fraktion DIE LINKE bei Enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN angenommen. – Danke schön.

Ich danke dem Herrn Kollegen Quanz für die Berichterstattung und eröffne die Aussprache. – Das Wort hat Herr Abg.Wintermeyer für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben heute die zweite Lesung des gemeinsamen Gesetzentwurfs von CDU, SPD und FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Abgeordnetengesetzes. Die wesentlichen Bestandteile haben wir schon in der ersten Lesung miteinander erörtert.

Erstens.Wir erhöhen die Grundentschädigung um 0,44 % ab dem 1. Juli 2008.Wie ich sehe, sind wir da etwas besser als der Deutsche Bundestag, der nach seiner versuchten Diätenerhöhung momentan überhaupt nichts erhöhen wird. Ich denke, es ist eine sehr angemessene Erhöhung, die wir im Hessischen Landtag vornehmen.

Wir erhöhen gleichzeitig auch die Diäten für die gesamte Legislaturperiode, nämlich jeweils zum 1. Juli 2009, 2010, 2011 und 2012.Allerdings passen wir die Diätenerhöhung auf 87 % der allgemeinen Einkommensentwicklung an. Das heißt, die Diäten können, wenn wir heute dem Gesetzentwurf zustimmen sollten, nicht nur steigen, sondern sie können auch fallen. Die Diäten werden an die durchschnittlichen Einkommenssteigerungen oder Einkommenssenkungen der Bruttoarbeitsverdienste von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern angepasst.

Meine Damen und Herren, ich sagte schon: Unsere Fraktion sieht die Anpassung der Diäten als angemessen an.

Wir begrüßen zweitens, dass der Änderungsantrag der GRÜNEN, über den wir im letzten Plenum miteinander diskutiert haben und bei dem es um die Transparenzregeln geht, um ein Jahr vertagt worden ist, bis wir uns mit dieser Frage wieder beschäftigen. Wir halten das als CDU-Fraktion für äußerst vernünftig. Denn seit dem 5. April 2008 gelten erstmals neue Transparenzregeln in diesem Haus. Ich glaube, es ist sehr vernünftig, dass man diese Transparenzregeln ein Jahr lang überprüft – evaluiert, wie man das heute so schön sagt – und dann entsprechend entscheidet, ob man sie vielleicht ein klein wenig anpasst. Nichts ist so gut, dass es nicht verbesserungsfähig wäre.

Meine Damen und Herren, auf die an dem Gesetzentwurf, den CDU, SPD und FDP vorgelegt haben, geübte Kritik möchte ich hier nochmals eingehen. Ich finde, hier haben sich die üblichen Verdächtigen gemeldet. Der Hessische Steuerzahlerbund war relativ schnell und hat sich gleich gemeldet. Ich habe in der ersten Lesung schon meine Meinung dazu gesagt.

Inzwischen kommt der von sich selbst als Parteienkritiker benannte Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim hinzu, der die Frage der Verfassungsgemäßheit hochwirft. Herr von Arnim hat am Montag einen Namensartikel in der „Frankfurter Rundschau“ geschrieben, nicht ohne den abschließenden Hinweis – das sage ich mit einem Augenzwinkern – auf seine neue Buchveröffentlichung.

(Michael Boddenberg (CDU):Aha!)

Herr von Arnim lebt nämlich nicht nur vom Kampf gegen die politische Klasse, sondern er lebt auch davon, dass er diesen Kampf in Buchform präsentiert und damit seine

Altersversorgungsbezüge – ich glaube, er war C-4-Professor, und meiner Kenntnis nach hat ein C-4-Professor etwa 4.700 c Altersversorgungsbezüge – etwas aufstocken kann.

Zum sachlichen Wahrheitsgehalt der Aussagen von Herrn von Arnim möchte ich noch etwas sagen. Er hat geschrieben, die Mitglieder des Hessischen Landtags wollten ihre Diäten in Zukunft automatisch steigen lassen. Diese Aussage ist falsch. Wir passen die Diäten an die allgemeine Einkommensentwicklung an. Das heißt, die Diäten können sinken, wenn die allgemeine Einkommensentwicklung der Hessinnen und Hessen sinkt.

Er sagt außerdem, die Dynamisierung der Diätenanpassung sei im Übrigen verfassungswidrig. Auch das ist nicht korrekt. Das Bundesverfassungsgericht, auf dessen Urteil wir uns schon in der ersten Lesung bezogen haben, hat am 5. November 1975 festgestellt, dass das Parlament in eigener Sache entscheiden muss, wenn es um die Festsetzung der Höhe der Diäten und die nähere Ausgestaltung der mit dem Abgeordnetenstatus verbundenen finanziellen Regeln geht; das Ergebnis muss vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen werden. Das Gericht verlangt nicht, dass jede Anpassung einer neuen Beschlussfassung zugeführt wird. Die Tatsache, dass unsere Kollegen in Baden-Württemberg und in Bayern eine ebensolche Regelung haben, wie wir sie jetzt in Hessen haben wollen, und diese Regelung in beiden Ländern von keinem Verfassungsgericht als verfassungswidrig gebrandmarkt wurde, zeigt,dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.Das Gesetz ist verfassungsgemäß. Es ist in höchstem Maße transparent und wahrt die Interessen der Öffentlichkeit ebenso wie die Interessen von uns Abgeordneten.

Mit der Neuregelung kann der Landtag nicht in die Versuchung kommen, einen angesichts der allgemeinen Konjunkturentwicklung unangemessen tiefen Eingriff in die Tasche der Steuerzahler zu beschließen. Ich glaube, das ist das Neue, was wir heute im Hessischen Landtag mit der Diätenanpassung beschließen werden.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. – Nächste Wortmeldung, Herr Abg. Schaus für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe bereits in der ersten Lesung sehr ausführlich für unsere Fraktion Stellung genommen und erklärt, dass wir den Gesetzentwurf auch in der jetzt vorgelegten Fassung ablehnen werden, und zwar sowohl hinsichtlich der allgemeinen Erhöhung als auch und vor allem hinsichtlich der sogenannten Dynamisierung, der automatischen Steigerung der Abgeordnetenentschädigung.

(Axel Wintermeyer (CDU):Anpassung, keine Steigerung!)

Herr Wintermeyer, ich habe mich schon gewundert. Es ist natürlich faktisch richtig, dass es theoretisch eine Reduzierung geben kann; aber dass diese Situation in der Bundesrepublik eintritt, d. h. dass sich alle Arbeitnehmereinkommen, die hier zugrunde gelegt werden, reduzieren, daran glaubt nicht einmal der Weihnachtsmann. Diese Situation möchte ich auch gar nicht erleben. Von daher gesehen ist dieses Szenario sehr aus der Luft gegriffen und

eher so etwas wie ein Nebelkerzenwerfen. Ich bleibe dabei: Es geht um eine automatische Steigerung der Diäten, die hier für die gesamte Legislaturperiode von fünf Jahren vereinbart werden soll.

Die durchaus moderate Erhöhung der Diäten um 0,44 % lehnen wir ebenfalls ab, weil wir – gerade nach den Erfahrungen, die wir jüngst in der Debatte um die Diätenerhöhung im Bundestag gemacht haben – nach wie vor der Meinung sind, dass wir hier ein wichtiges politisches Signal setzen und davon Abstand nehmen sollten.Außerdem glaube ich nicht, dass wir diese Erhöhung brauchen. Die Summe ist nicht riesengroß, das gebe ich zu.

Herr Kahl, Sie haben mich von dieser Stelle aus das letzte Mal gefragt, wie denn die Antwort des Gewerkschafters Schaus zu einer Erhöhung um 0,44 % lauten würde. Als Gewerkschafter Schaus würde ich immer sagen:0,44 % ist viel zu wenig. – Aber da geht es um andere Einkommensklassen.

(Reinhard Kahl (SPD):Wie bitte? – Weitere Zurufe von der SPD)

Da geht es im Kern um tariflich Beschäftigte. Die tariflichen Einkommen enden in der Regel bei 4.500 c, maximal 5.000 c. Für diese Beschäftigten habe ich mitverhandelt. Unser Einkommen liegt schon noch ein Stückchen darüber. Die Antwort auf Ihre Frage wollte ich aber auf keinen Fall schuldig bleiben.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken von Prof. von Arnim habe auch ich zur Kenntnis genommen. Wir von der Fraktion DIE LINKE haben seinen Verweis auf die Regelung, über die in Thüringen diskutiert wird, zur Kenntnis genommen. Er hat argumentiert, dass diese Dynamisierung, diese automatische Steigerung über die Landesverfassung abgesichert werden sollte. Wir wissen aber, dass die Hessische Verfassung nicht einfach per Parlamentsbeschluss, auch nicht mit Zweidrittelmehrheit, änderbar ist, sondern sie ist nur über eine entsprechende Volksabstimmung zu ändern.

Diese Bedenken tragen wir also nach wie vor. Wir nehmen sie ernst und prüfen die Verfassungsgemäßheit dieser Entscheidung nach wie vor intern.Aber selbst dann, wenn man zu dem Ergebnis käme, das sei alles verfassungskonform, bin ich nach wie vor der Meinung, dass es moralisch nicht akzeptabel ist, zu Beginn der Legislaturperiode eine so weit reichende Entscheidung zu treffen und fünf Jahre lang diese Dynamisierung, diese automatische Steigerung der Diäten aus der öffentlichen Debatte zu verbannen. Die Kontrolle durch das Volk, nämlich genau durch diese öffentliche Debatte, muss in jedem Einzelfall, in jedem einzelnen Jahr gewährleistet sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Genauso entschieden unterstützen wir den Antrag der GRÜNEN, der ebenfalls leider keine Mehrheit im Ältestenrat gefunden hat, dass die Transparenzregelungen verbessert werden sollen.Für uns war es kein einsichtiges Argument, weshalb man diese Regelungen nicht mit verabschieden, sondern angeblich ein Jahr warten will. Ich will für unsere Fraktion nur noch einmal erklären: Alle Mitglieder unserer Fraktion werden den Erhöhungsbetrag für soziale Projekte spenden und das nachvollziehbar und öffentlich darstellen.

Im Übrigen haben wir, was die Frage der Abgeordnetenversorgung angeht, in der Zwischenzeit einen Antrag eingebracht, der die Debatte aufgreift, die auch in dem Arti

kel von Herrn von Arnim eine wesentliche Rolle gespielt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Nächste Wortmeldung, Herr Wagner für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Worum geht es bei dieser Änderung des Abgeordnetengesetzes? Es geht im Wesentlichen um vier Punkte.Zum einen sieht die Änderung des Abgeordnetengesetzes eine Anpassung der Diäten an die allgemeine Einkommensentwicklung in Hessen vor. Wir haben in Hessen seit vielen Jahren das Verfahren, dass wir uns bei der Anpassung der Diäten der Abgeordneten an der durchschnittlichen Entwicklung der Löhne und Gehälter in Hessen orientieren. Das ist ein sehr transparentes, ein sehr ausgewogenes Verfahren, und dieses Verfahren führt für dieses Jahr dazu, dass es eine Diätenerhöhung um 0,44 % geben soll. Insofern können wir dieser Diätenerhöhung ohne Probleme zustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der FDP)

Der Gesetzentwurf sieht eine Anpassung der Aufwandsentschädigung für Abgeordnete vor. Auch das erfolgt nach einem bewährten,jahrelang praktizierten Verfahren, indem wir schauen, wie sich die Lebenshaltungskosten in Hessen entwickelt haben. In dem Maße passen wir die steuerfreie Aufwandsentschädigung der Abgeordneten an. Auch das ist ein transparentes Verfahren. Auch dieser Änderung des Abgeordnetengesetzes könnten wir GRÜNEN zustimmen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir GRÜNEN haben vorgeschlagen, dass man in das Abgeordnetengesetz auch andere, bessere Transparenzregelungen für die Nebentätigkeiten von Abgeordneten aufnehmen sollte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir GRÜNEN sind der Meinung, wir Abgeordneten haben nichts zu verstecken. Wir Abgeordneten können gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft ablegen darüber, was wir an Diäten bekommen, darüber, was wir an steuerfreier Aufwandsentschädigung bekommen, aber auch darüber, was wir neben unserem Mandat noch tun; denn die Information, welche Einkünfte wir gegebenenfalls neben dem Mandat haben, kann den Bürgerinnen und Bürgern einen Hinweis darauf geben, ob das Mandat im Mittelpunkt unsere Arbeit steht und ob das Mandat frei von den Interessen Dritter ausgeübt wird.

Diese Änderung der Transparenzregelung hätten wir gern aufgenommen. Dafür war aber im Hessischen Landtag keine Mehrheit zu finden.Das bedauern wir ausdrücklich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn nämlich dieses Mehr an Transparenz im Hessischen Landtag eine Mehrheit gefunden hätte und wenn die anderen Fraktionen bereit gewesen wären, diesen Weg mitzugehen, hätten wir über einen anderen Punkt hinwegse

hen können, der in diesem Gesetzentwurf auch geändert wird und der eindeutig weniger Transparenz bedeutet.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Diäten künftig nach einem automatischen Mechanismus angepasst werden. Es wird also nicht mehr jedes Mal einzeln über eine Anpassung entschieden, sondern diese Diätenanpassung soll nun jedes Jahr automatisch erfolgen,sei es nach oben oder nach unten. Das ist eindeutig ein Weniger an Transparenz. Die Bürgerinnen und Bürger können weniger gut nachvollziehen, wie die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten aussehen.

Deshalb hat uns diese Regelung von Anfang an Bauchschmerzen verursacht. Wir haben gesagt: Wir können das heilen, indem wir an einer anderen Stelle mehr Transparenz schaffen. – Dann hätten wir einen Kompromiss mit den anderen Fraktionen schließen können und wären bereit gewesen, dieser Änderung des Abgeordnetengesetzes insgesamt zuzustimmen. Für ein solches Gesamtpaket, was die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten betrifft, hat sich leider keine Mehrheit gefunden. Deshalb macht unsere Fraktion das, was wir bereits bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs angekündigt haben: Wir werden uns enthalten.

Wir sagen eindeutig: Dieses Gesetz ist kein Anlass zu populistischen Maßnahmen, von welcher Seite auch immer. In der Summe ist weniger Transparenz vorhanden. Wir wollten aber mehr Transparenz erreichen. Deshalb werden wir uns enthalten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.